Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 12.10.2012 08:00

Gedanke eines Augenblicks
 
Und wieder steigt die bunte Sonne auf,
beleuchtet still die nämliche Kulisse.
Das Leben streckt sich und nimmt seinen Lauf,
verplätschert wie das Wasser in den Bächen.
So recht scheint mir nicht klar, was ich vermisse,
doch treibt ein Ahnen mich: Es wird sich rächen!

Thomas 12.10.2012 18:04

Hallo Erich,

interessantes Reimschema, die "doppelte Klammerung" hält einen Augenblick fest. Die Ausdrücke "bunte" Sonne und "treibendes" Ahnen sind mir etwas befremdlich. Vielleicht kannst du bei Gelegenheit erklären warum du sie wählst. Wie von dir gewohnt ein sehr gutes Gedicht, finde ich.

Liebe Grüße
Thomas

Falderwald 12.10.2012 19:31

Servus Erich,

der Text fließt wunderbar und ist gut zu lesen.

Wenn ich den Inhalt richtig interpretiere, dann erlebt der Protagonist des Gedichtes einen neuen Morgen.
Er ist zwar noch da, aber mit jedem neuen Morgen ist auch ein Lebenstag vorher verstrichen.
Es scheint ihm nach unseren Maßstäben recht gut zu gehen, doch irgendetwas vermisst er trotzdem.

Und da im gesamten Text nur von ihm allein die Rede ist, vermute ich, daß es sich dabei um einen Partner handelt.
Denn was könnte sich schlimmer rächen als eine drohende Einsamkeit im Alter?

Ich hoffe, ich habe das so einigermaßen richtig erfasst.

In diesem Sinne haben mir die Zeilen gut gefallen...:)


Gerne gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Erich Kykal 12.10.2012 19:58

Hi, Thomas!

Die "bunte" Sonne spielt darauf an, dass die tiefstehende Sonne von anderer Farbe ist als das Gestirn zu Mittag. auch atmoshärische Einflüsse können die Farbnuancen beeinflussen - weiß, gelb, orange, rot - sogar leicht grünstichig ist möglich! Na, wenn das nicht bunt ist!
Das Attribut sollte auch den Morgen andeuten und unterstreichen, da zu diesem Zeitpunkt die Sonne eben "bunt" ist im Vergleich zum normalen Bild.

Das Ahnen "treibt" mich im Sinne von Rast- und Ruhelosigkeit, ein ständiges Jucken im Hinterkopf sozusagen, das mich durchs Leben treibt, ohne dass ich ein klares Ziel vor Augen hätte, eher bloß ein vages Ahnen eben.

Hi, Faldi!

Alles richtig! Allerdings war ein möglicherweise fehlender Partner nur Teil der Überlegung. Es könnte ein Lebensinhalt an und für sich sein, oder so etwas Banales wie ein fehlendes Hobby. Was wir vermissen, ist wie wir: vielgestaltig!


Vielen Dank euch beiden für eure Gedanken!

LG, eKy

Thomas 13.10.2012 17:17

Hallo Erich,

das mit dem treibt habe ich verstanden, aber die bunte Sonne begründest du nicht gut. Weiß ist keine Farbe und verschiede Gelbtöne sind nicht bunt. Aber ganz abgesehen davon, reizt das Wort an dieser Stelle meiner Meinung nach zu sehr zum Nachdenken an, wo du doch (wenn ich es recht verstehe) den Leser in eine eher passiv betrachtende Haltung versetzen möchtest. Oder?

Liebe Grüße
Thomas

Erich Kykal 13.10.2012 19:10

Lieber Thomas!

Bei einem Gedicht geht es um Emotionen und nicht um Farblehre. Wie letztere entstehen und dass Schwarz und Weiß eigentlich nicht dazugehören, ist mir schon klar, indes, hier soll eine Stimmung vermittelt werden, und das mit möglichst knappen Worten. Mag sein, das ist in diesem Fall nicht so ganz geglückt, wenn du dich so an diesem einem Wort stößt, aber mir ist dort noch nichts besseres eingefallen. Ich werde aber weitergrübeln, versprochen.

LG, eKy

Thomas 13.10.2012 23:14

Lieber Erich,
ich wollte nicht "Frablehren". Wir verstehn uns, denke ich. Wenn mir etwas besseres eingefallen wäre, hätte ich es schon geschrieben.
Liebe Grüße
Thomas

Cebrail 13.10.2012 23:53

Hallo Erich,
zuerst einmal,
ich mag deine Zeilen.

Deine Wortwahl ist mal wieder treffend und transportiert diese
süße Melancholie so, dass ich den Moment gut nachvollziehen kann.
Vielleicht aber auch, weil ich diese Situation zu gut kenne, also etwas
von mir in den Worten finden kann bzw. erkenne.

Das Vermissen als solches, so würde ich es beschreiben.

Was den Punkt mit dem „bunt“ anbelangt, ich denke mal das „bunt“ schon zutrifft
um es zu umschreiben und klar gibt es immer eine andere Umschreibung, wenn
man denn nur sucht, aber ob das denn muss?

Nur mal Rande, als ich letztens eine Tasse Tee trank und mir seine Farbe angeschaut habe,
nun ja, da hatte ich einen Sonnenuntergang. Es war ein Assamtee, einer von den
Guten. Er hatte eine rot goldene Farbe und der Geschmack war seidig und glänzend,
ohne dieses stumpfe Gefühl auf der Zunge. Ein kleiner Sonnenuntergang halt.
Was ich eigentlich sagen wollte, die Worte liegen überall herum, oder so, aber ich schweife ab.

Ich persönlich bleibe immer an der dritten Zeile hängen, obwohl es von allen
gedichtsspezifischen Gesichtspunkten aus schlüssig geschrieben ist.
Mag sein, dass es an mir liegt.

Auf jeden Fall, ein schönes Stück Momenterleben.
Danke dafür
Nen Gruß
C.

Erich Kykal 15.10.2012 11:10

Hi, Cebrail!

Vielen Dank für deinen Zuspruch! Der Vergleich des Tees mit einem kleinen Sonnenaufgang gefällt mir sehr, auch wenn ich absolut kein Teetrinker bin.

Die 3. Zeile: Das Leben streckt sich (im Sinn von "reckt sich" wie ein Erwachender) und nimmt seinen Lauf.

Dein Avatar erinnert mich an den Stuhl von van Gogh, scheint aber nachgemalt zu sein. Bei der Größe ist es leider kaum erkennbar.

LG, eKy

Cebrail 15.10.2012 22:47

Hallo Erich,
den Sinn der Worte in der dritten Zeile meinte ich nicht, der ist angekommen.
Ich meinte, dass ich beim Lesen immer stolpere, aber wie schon erwähnt, ich denke es liegt an mir.

Und wenn du keinen Tee trinkst, dann schau dir einfach mal deinen Kaffee an.

Der Avatar, gut erkannt, es soll Gauguines Stuhl sein, natürlich von van Gogh.
Manchmal, wenn ich mich in einem Wortvakuum befinde, dann tausche ich
die Feder gegen Kohle und Kreide und versuche mich im Malen.
Hier der Stuhl so wie ich ihn sehe und mit meinen begrenzten Fähigkeiten
in der Lage bin, ihn zu zeichnen.
Ich bin seit einem Besuch in Amsterdam von dem Werk dieses Menschen
fasziniert. Gerade die beiden Stühle von ihm und die dahinter stehende
Symbolik haben es mir angetan.

Liebe Grüße
C.


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