Gedichte-Eiland

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Angelika 07.01.2017 07:49

Die Tücke des Sonetts
 
Wie trunken schrieb so mancher sein Sonett.
Nur klingen musste es, der Rest war Schweigen,
wohin es wollte, würde sich schon zeigen.
Recht meisterhaft klang es und sehr honett.

Da lag es vor ihm, und es war komplett:
So wenig Sinn, so schön der Silbenreigen -
beinahe wollt er sich vor ihm verneigen.
Den Musen dankte er für dies Korsett.

Die Tücke des Sonetts kennt jeder Dichter,
auch wenn er denken mag, es wird schon werden,
nur Ignoranten kommen mit Beschwerden.

Und prompt zur Stelle war auch das Gelichter.
Es mäkelte, fand kaum den Grund fürs Lesen:
Huch, das - das wäre ein Sonett gewesen?

Kokochanel 07.01.2017 18:51

was für eine Antwort erwartet ein Dichtender auf solch ein Werk, Angelika?

"Nur klingen musste es, der Rest war Schweigen...".

Dies unterstellt in einer provokanten und banalen Denkweise dem Sonett reine Klanghörigkeit. Es unterstellt, das ein Sonett keine inhaltliche Aussage hat.

Insofern ist es müßig, sich damit auseinanderzusetzen.
Dieses kleine, unschöne Teilchen entlarvt sich selbst ( und seinen Dichtenden).

Glückwunsch zu diesem Werk, Angelika.
Ach ja, unglaublich spaßig...weil es ja unter Spaß steht. GGGGGGGGGGGGGGGGGGG

Angelika 08.01.2017 07:43

Liebe Kokochanel, nett von dir, dass du mein Sonett kritisch siehst. Nicht unerwartet, ich habe mit Kritik gerechnet, denn ich weiß, dass es einige Poeten ein bisschen ärgert, wenn ich ins Schwarze treffe, und das soll es ja auch. Ich schreibe ja nichts zu bestimmten Sonetten oder Sonett-Schreibern, sondern ganz allgemein über die Sonett-Praxis, wie ich sie erlebt habe und leider immer noch erlebe - hier und anderswo. Immerhin bestätigst du mit deinem Kommentar meine Beobachtungen. Du fühlst dich getroffen? Tut mir leid. Aber lies mal Goethes Sonette, und dann weißt du, wo der Unterschied zwischen dem, was so allgemein produziert wird, und wirklichen Sonetten liegt. Schon, dass jeder Fixfax im Sonett gereimt wird, widerspricht dem Sonett zutiefst. Aber lassen wir das. Leuten, die sich für unübertroffen halten, soll man eben nicht mit Humor kommen, sondern ihnen täglich ein dickes Lob spenden. Auch wenn das sehr traurig wäre. Für das Sonett, und letzten Endes auch für den Schreiber. Tja.

Angelika

Thomas 08.01.2017 09:55

Liebe Angelika,

dein Sonett ist derart, dass ich nicht kommentieren möchte, aber "ins Schwarze getroffen" hast du ganz und gar nicht. Das kann deshalb nicht der Grund für Kokos Kommentar sein, wie du sagst.

Liebe Grüße
Thomas

P.S. Goethes Sonette finde ich fast alle sehr gut. Da kann man was von lernen.

Erich Kykal 08.01.2017 13:16

Hi Angelika!

Zitat:

Zitat von Angelika (Beitrag 99062)
Wie trunken schrieb so mancher sein Sonett.
Nur klingen musste es, der Rest war Schweigen,
wohin es wollte, würde sich schon zeigen.
Recht meisterhaft klang es und sehr honett.

Da lag es vor ihm, und es war komplett:
So wenig Sinn, so schön der Silbenreigen -
beinahe wollt er sich vor ihm verneigen.
Den Musen dankte er für dies Korsett.

Die Tücke des Sonetts kennt jeder Dichter,
auch wenn er denken mag, es wird schon werden,
nur Ignoranten kommen mit Beschwerden.

Und prompt zur Stelle war auch das Gelichter.
Es mäkelte, fand kaum den Grund fürs Lesen:
Huch, das - das wäre ein Sonett gewesen?


Der Furor tut deiner Klangsprache jedenfalls sehr gut! :D
Ich finde hier kaum Obstruktionen und unrunde oder gemeinsprachliche Phrasen, wie du sie sonst bisweilen gern einbaust, um "modern und nüchtern" zu klingen, als dürfte man darin die einzige Möglichkeit sehen, einen Inhalt authentisch zu transportieren. :rolleyes:

Hier allerdings führst du dich damit quasi selbst ad absurdum, da offenbar gerade deine emotionale Beteiligung deiner Sprache Flüssigkeit und Schwung verleiht! :D

Auf wen das gemünzt ist, bedarf keiner Erörterung, und es stört mich auch nicht, sehe ich meine eigene Einstellung zur Lyrik hier in diesen deinen Versen doch auf's Augenfälligste bestätigt! :) Vielen Dank dafür!
Dass ich mit der inhaltlichen Aussage, die durch deine Sprachhabung hier beinahe lächerlich machend konterkariert wird, nicht übereinstimme, muss nicht weiter ausgeführt werden - jedes weitere Wort dazu ist obsolet. ;)

Sehr gern gelesen! :Blume: Chapeau, du kannst es ja! :)

LG, eKy

Angelika 08.01.2017 13:58

Na, sag ich doch, Thomas. Und vor allem: Goethe schreibt nur dann ein Sonett, wenn es das Thema hergibt. Das Sonett als "Königin des Gedichts" wird ja vor allem deshalb so genannt, eben weil in ihm immer die "großen Themen" abgehandelt werden. Aber wenn du mal in die Foren hineinsiehst, so findest du thematisch Sonette, die besser im schlichten Kreuzreim hätten geschrieben werden sollen, nicht aber, dass sich die Verfasser "auch mal am Sonett versuchen". Nichts gegen Versuche, sie müssen nur gelingen, ehe man sie der Öffentlichkeit vorstellt. Na, selbstverständlich habe ich ins Schwarze getroffen, sonst gäbe es die Reaktion von Kokochanel nicht. Sie fühlt sich offensichtlich angesprochen, obwohl sie dafür von meiner Seite aus keinen Grund hat und ich nur ganz allgemein gewitzelt habe.

Mein Sonett ist einwandfrei, Thomas. Darauf habe ich schon geachtet, muss ich ja, wenn ich über die Sonetterei herziehe. Ich sage mir: Spaß muss sein. Es ist Satire, und wer das nicht bemerkt, nimmt sich zu wichtig. Das alles nicht so ernst nehmen, ein bisschen lockermachen, locker vom Hocker. Mein Rezept.

Angelika

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Lieber Erich, schön, dass du dir den "teutonischen" Furor gespart hast. Weiß ich zu würdigen. Satire ist immer ein bisschen angriffslustig, wäre sie das nicht, wäre sie keine Satire.

Erich, du solltest die deutsche lyrische Sprache nicht auf das österreichische Deutsch zur Zeit Kaiser Franz Josephs beschränken. Das verlief sich ja erst im Laufe der dreißiger Jahre und näherte sich dem Deutsch der Preußen an. Ich seh es dir nach, will dir aber nicht nacheifern. Viele Autoren haben Sonette in Umgangssprache geschrieben, eben um das Schreiben mit dem goldenen Teelöffel zu verhohnepiepeln. Wenn du einen Stoff hast, der wirklich gut ist und Hand und Fuß hat, ist die Sprachebene nicht das Wichtigste. Ich habe das alles mal in der Theorie pauken müssen, gelernt aber, wie ein Sonett aussehen soll, habe ich bei Goethe, und zwar bei diesem Sonett:

Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen
Und haben sich, eh man es denkt, gefunden;
Der Widerwille ist auch mir verschwunden,
Und beide scheinen gleich mit anzuziehen.

Es gilt wohl nur ein redliches Bemühen!
Und wenn wir erst in abgemeßnen Stunden
Mit Geist und Fleiß uns an die Kunst gebunden,
Mag frei Natur im Herzen wieder glühen.

So ist's mit aller Bildung auch beschaffen:
Vergebens werden ungebundne Geister
Nach der Vollendung reiner Höhe streben.

Wer Großes will, muß sich zusammenraffen;
In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister,
Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben.

Sauber und klar ausgedrückt, nichts wird verschwurbelt, es ist die Sprache Goethes, des 18./19. Jahrhunderts, und heute noch in jedem Wort verständlich. Und er sagt uns sehr genau, worum es beim Sonett geht und weshalb er es geschrieben hat: um sich selbst zu disziplinieren. Goethe war dem Sonett sehr lange abgeneigt, weil zu seiner Zeit die Sonetterei die unwahrscheinlichsten Volten schlug. Hinz und Kunz schrieb seinerzeit nur noch Sonette.

Und hier noch ein Sonett, ein moderneres, zum selben Thema:

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Text wegen Verstoßes gegen das Urheberrecht entfernt.

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Den Namen des Dichters verrate ich dir nicht, du wirst mit ihm nichts anzufangen wissen. Das Sonett ist 1945/46 geschrieben worden. Und du siehst, er hat sogar mit dem Reimschema gespielt.

Erich, du kannst eigentlich nur schwer ein Urteil über mein Schreiben abgeben, ich habe hier lediglich ein paar Gedichte gepostet, aber mein Schreiben durchlief wie bei jedem Schreiber bestimmte Phasen und änderte sich auch mit dem Alter und dem Wissen über das Schreiben. Wobei ich das satirische Element immer etwas bevorzuge, das drückt meine Persönlichkeit aus.

Ich danke dir recht herzlich dafür, dass du mir bescheinigst, dass ich es kann.
Und glaub mir, gemünzt ist das Sonett auf keine bestimmte Person, sondern auf bestimmte Sonette. Und dann mal ehrlich, lieber Erich, wir haben doch alle Mann schon mal schlimme Sachen verbrochen. Oder nicht?

Angelika

Erich Kykal 08.01.2017 17:30

Hi Angelika!

Nett, was du mir so alles unterstellst - das beweist, dass du kaum etwas von mir gelesen hast. Würdest du mein Werk in größerem Umfang verfolgen, fändest du durchaus viele Werke, die einem Goethesonett näher liegen.

Nebenbei muss ich mal fragen, was du unter "Geschwurbel" eigentlich verstehst. Soweit ich es überblicke, befleißigen sich meine Sonette einer durchaus ähnlichen Sprachhabung wie deine hier "positiv" angeführten Beispiele.

Ich erlaube mir jetzt einfach mal, dir bezüglich meiner Lyrik ein Vorurteil zu unterstellen, für dessen Stützung du dir so manches zurechbiegst und anderes übersiehst oder leugnest. Anders kann ich mir deine Aversion gegen mein "Geschwurbel", das sich kaum von deinen Beispielen unterscheidet, nicht erklären. (Es sei denn, ich unterstellte dir einen Mangel an Begabung, die sprachliche Komplexität längerer Sätze zu erfassen und nachzuvollziehen - und das wäre kränkend und unempathisch von mir.)

In diesem Forum stehen über 600 Gedichte von mir - lies man ein wenig quer und finde heraus, ob du überhaupt richtig liegst, ehe du im Brustton der Überzeugung oberflächlich und fehlsichtig über meine Arbeit hinweginterpretierst.

LG, eKy

Kokochanel 08.01.2017 18:56

:)ach Gottchen, Angelika. Wenn du Erich und mir ein Lehrstück erteilen wolltest, dann hast du dich da selbst ins Abseits gestellt. Erich hat für seinen Teil seine Position erklärt.
Ich für meinen Teil habe nicht kommentiert, weil ich mich angesprochen fühle in dem Sinne, dass meine Sonette keinen Inhalt hätten. Ich weiß, welchen Inhalt sie haben, schließlich habe ich sie ja geschrieben.:)
Vielmehr ist die Problematik, dass DU komplexere Inhalte nicht nachvollziehen kannst.
Ich schreibe viele Genres, auch Sonette.

Warum habe ich dann aber kommentiert?
Um das zu sagen, was ich im Kommi gesagt habe.

Dass das Gedicht möglicherweise auch eine personengerichtete Provokation sein soll, das ist nicht schön für eine Forengemeinschaft, zumal einer kleinen, wo jeder den anderen eigentlich fröhlich unterstützen sollte.

Ob man nun zudem Goethe als Vorreiter für gute Sonette nehmen muss, bleibt jedem persönlich überlassen...:).

Sprödes Lächeln von Koko

Eiland-Moderation 08.01.2017 19:37

Hallo Angelika,

deine Beiträge #6 und #7 sind zusammengeführt worden. Bitte keine Doppelposts unter den Texten.

Um einen Beitrag zu ändern oder ihm etwas hinzuzufügen bitte künftig die Änderungsfunktion desselben verwenden.

Zudem wurde das dort veröffentlichte Sonett wegen Verstoßes gegen das Urheberrecht entfernt.

Es wird darum gebeten, in Zukunft solche Dinge zu unterlassen.


Danke.

I. A. der Moderation



Walther 10.01.2017 11:44

Loitz,
bitte dieses sonett nicht persönlich nehmen. da steht man drüber. wer sich angegriffen fühlt, tappt in die ausgelegte falle.

in der tat gibt es viele versuche, die den gemachten vorhalt begründen könnten. ich habe selbst einige dutzend davon geschrieben und stehe dazu. schließlich braucht man die übung, und vielschreiber, davon bin ich einer, produzieren zwangsweise eine menge schrott. in diesem forum steht sicherlich einiger davon aus meiner feder, so what, ist teil des vergnügens.
ich finde den obigen versuch übrigens gar nicht so besonders gelungen. das liegt zum einen daran, das schon S1V4 einfach metrisch nicht zusammengeht, ohne gegen den sprachfluß zu lesen. auch, schlimmer, der satz wird hingebogen, damit das sicherlich starke "honett" sich verdammt noch mal auf "Sonett" reimt. in S2V3 brauchen wir gleich zwei elisionen, damit das metrum hält, was es verspricht, und in S2V4 würde es schon helfen, das "dies" vor dem korsett durch ein "das" zu ersetzen, um eine weitere elision zu vermeiden (das "dies" ist nicht nötig, da ja die ganze zeit vom korsett die rede ist, denn die (alt)kluge klage lautet ja: form killt inhalt).
in den terzetten passiert dann, was immer passiert, wenn die idee nicht weit genug trägt: sie werden schwach. in diesem fall erkennen wir das am logikbruch in S3, in dem zwei nicht verbundene aussagen aus reimatischen gründen in einen gedankengang müssen. was hat, bitte sehr, die beschwerdenlage des sonetters mit ignoranten zu tun? nichts.
das zweite terzett toppt das noch: jetzt werden die ignoranten, hatten wir schon in S3, diese aussage, zu gelichtern, damit's auch dichter sich reimt. ich habe dieses reimpaar schon so oft gesehen (und zu meiner schande auch selbst benutzt, wenn ich über meine mitdichter herzog, weshalb ich mich jetzt am öhrchen ziehe), daß ich das nicht mehr ertragen kann (ich bin auch ein schlimmer finger, was dichterdissen angeht, aber wer von uns ist das nicht, der werfe bitte jetzt den ersten stein).
warum der leser keinen grund fürs lesen findet und warum im letzten vers auf einmal umgangssprache bemüht werden muß, damit die chose auch aufgeht, keine ahnung - sei's drum, die architektur des sonetts ist in schieflage, die sprache und die ausführung sind solala: ein solches satiresonett müßte glänzen, das tut es nicht, es ist mehr als matt geraten und damit eigentlich ein fehlgriff, der der autorin, plumms, auf die füße fällt.

so, ihr lieben, und jetzt laßt uns diese sache abschließen und daran gehen, glänzende sonette zu schreiben. da haben wir alle eine heidenaufgabe, denn das ist richtig schwer. ich weiß, wovon ich rede! ;)

lg W.


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