Gedichte-Eiland

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Schamansky 19.01.2014 04:37

Stammeln
 
Es stößt der Wind an keiner Wand sich wund.
Es frißt kein Rind am Tellerrand sich rund,
man tut mir nicht ein Kind, das Kant kennt, kund,
und daß du mich nicht liebst, ist nicht okay.

Ich weiß nicht, wer den Sand zum Strand gesandt,
und was der Elefant im Pfandhaus fand,
und was Brabant mit dem Trabant verband,
doch daß du mich nicht liebst, ist nicht okay.

Nein, daß du mich nicht liebst, ist nicht okay.
Ich könnt's ertragen, tät mein Herz nur weh,
das ging' in Ordnung, doch es stinkt mich an,
daß ich seit Tagen nur noch stammeln kann!

Ich kann nur stottern, weil ich nicht versteh',
daß ausgerechnet ich in deine Kralle falle.
Du Schnalle machst mir mein Gelalle alle,
Nein, daß du mich nicht liebst, ist nicht okay.

Daß du, die die da, die da die nur sehn,
die du da siehst, auch sieht, nicht richtig siehst,
das ist ein daß-Satz, den man besser dreimal liest,
und ist noch besser als du zu verstehn.

Denn daß du mich nicht liebst, ist nicht okay.
Denn daran, daß sich mein Verstand verwirrt,
mein Sprechvermögen Unvermögen wird
und mein Gehirn schon im Geviert rotiert,
bist du alleine schuld, wie ich das seh'.
Und darum ist das einfach nicht okay,
daß du mich nicht liebst,
oder wie oder was.

Thomas 19.01.2014 08:52

Lieber Schamansky,

das "Stammeln" ist meiner Meinung nach gut geraden, es ließt sich erst wie eine Blödelei, wird dann aber doch ernster als man denkt. Spätestens bei den metrisch umkippenden beiden Schlusszeilen merkt der Leser die zugrundeliegenden Verzweiflung, welche durch die Wiederholung des Refrain-Satzes "dass du mich nicht liebst, ist nicht okay" immer mehr hervortritt und dazu führt, dass die scheinbar lustigen Vergleiche rückwirkend vom Leser anders bewertet werden. Die Strophe mit dem Dass-Satz ist der Höhepunkt, genauer gesagt ihre Letzte Zeile.

Eine Kleinigkeit. In der dritten Zeile der ersten Strophe liegt der Ton auf "ein" (welches zwischen zwei Hauptwörtern steht, welche eigentlich den Ton verlangen), vielleicht kannst du statt:
"man tut mir nicht, daß ein Kind Kant kennt, kund,"
sagen:
"man tut mir nicht ein Kind, das Kant kennt, kund,"
oder ähnlich, bzw. besser.

Liebe Grüße
Thomas

Erich Kykal 19.01.2014 13:48

Hi, Schamansky!

Eine Sprachspielerei vom Feinsten. Manche Stellen müssen "richtig" gelesen werden, um im Sprachtakt zu bleiben, aber das Opus ist eine zweite Lektüre allemal wert.:D
Die Apostrophe von versteh' und seh' würde ich streichen, derlei Verkürzungen sind eigentlich schon anerkannter Sprachgebrauch.

Gelungen, der Schmäh mit dem Liebeswehweh...

LG, eKy

Schamansky 19.01.2014 15:44

Danke für eure Antworten.

Ich hatte eher einen ziemlichen Verriß erwartet und obendrein Kritik für die Plazierung des Textes unter "Liebesträume". Ich habe selber eine Weile geschwankt, ob es nicht besser in den Experimentalbereich gehört hätte. Aber am Ende ist es wohl doch ein Liebesgedicht.

Thomas, bezüglich der kleinen Synkope in Z3 kann ich dir nicht widersprechen. Ich übernehme deinen Vorschlag, er ist sowohl metrisch wie syntaktisch besser. Besten Dank.

Falderwald 20.01.2014 21:09

Moin Schamansky,

ich kann dem Text auch keinen Verriss erteilen, dafür ist er einfach zu originell.

Ich sehe auch keine experimentelle Lyrik hier, sondern durchdachte Wortspielereien, die auf ein gutes Sprachgefühl und -vermögen hinweisen.
Ich finde das sehr gelungen.

Allerdings habe ich auch noch eine Anmerkung zur Metrik und zwar in S5 / Z4:

"und ist noch besser als du zu verstehn."

Das bekomme ich nicht richtig betont, denn ich muss unwillkürlich bei jedem Lesen das "du" betonen und dann ist der Jambus im Eimer.

Vielleicht könntest du das in dieser Art und Weise umändern:

das ist ein daß-Satz, den man besser dreimal liest,
und besser noch, als du bist, zu verstehn.

Es braucht in der letzten Zeile kein "ist" mehr, denn man kann durchaus das "ist" aus der vorhergehenden Zeile dafür nutzen.

Ansonsten alles paletti.


Gerne gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Narvik 18.05.2014 08:32

Hallo Schamansky,

wenn es so gekonnt ausgeführt wird, weiß dieses Stammeln auch mir zu gefallen.
Man sagt ja nicht umsonst, er oder sie bringt mich um den Verstand, warum also nicht auch um das Sprachvermögen.
Anfangs war ich etwas skeptisch, was das Gedicht betraf, aber Zeile um Zeile verflog diese auch wieder und machte einer grinsenden Zustimmung Platz.
Die zum Teil ungewöhnliche Ausdrucksweise muss man auch erst einmal so beherrschen.
Was ziemlich lustig beginnt, wird Stück für Stück immer ernster und endet in der völligen Konfusion des Lyrischen Ichs.
Natürlich, und das muss man sagen, ist dies nur eine einseitige Betrachtung der Sachlage, denn was die Angebetete denkt, kommt hier nicht zum Tragen.
Ist vielleicht auch besser so für den Stammelnden.
Das hat mir gefallen.

Herzliche Inselgrüße

Narvik


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