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Walther 04.02.2011 16:57

Ein leeres Glas
 
Ein leeres Glas


Ein Stein, der sich von meinem Herzen rollte,
Fiel auf den Tisch, vor dem ich traurig saß.
Verlust und Ängste waren Seelenfraß,
Dem bisher ich stets nur Missachtung zollte:

Nun traf es mich. Das war kein schlechter Spaß,
Nein, bitterernst: Nicht dass sie einfach schmollte
Und sich in einen dunklen Winkel trollte:
Sie war gegangen, fort - ein leeres Glas,

In meinen Händen drehte ich‘s am Stiel,
War in Gedanken mit dem Blick zur Decke,
Die – dämmernd grau – wie Schatten auf mich fiel.

Mein Alptraum wartete in einer Ecke.
Für meine Trauer gab es kein Ventil.
Wie Schleim zog durch die Nacht die Zeit als Schnecke.

a.c.larin 05.02.2011 10:14

Hm ,
das zähe Warten mit dem leeren Glas in der Hand ( starkes Bild!) hast du super eingefangen!
Hör ich da im Hintergrund nicht auch noch eine Uhr ticken?
Tick- Pause - Pause - tack- Pause - Pause - tick- Pause -Pause - tack.....
Das lastet ganz schön auf dem Gemüt.
Ich kann die Fassungslosigkeit deines Protagonisten über "ihren" Weggang ziemlich gut nachvollziehen.

Ziemlich düster, schnecklich realistisch dargestellt!
lg, larin

Walther 06.02.2011 18:47

Lb. larin,

danke für Deinen mitfühlenden Eintrag. Das Gedicht ist fiktiv - wie das meiste meiner Lyrik nicht aktuelle Ereignisse reflektiert sondern aus Gedanken heraus entsteht, die dann in einen Text einfließen.

Es freut mich, wenn ich diese Stimmung und begleitenden Gefühle dieser Situation gut getroffen habe.

Frohes Dichten und Werken.

LG W.

Dana 19.02.2011 22:34

Lieber Walther,
ich zeige zuerst auf, was mir unsagbar gefällt, auch wenn ich sofort "krittele":o

Zitat:

Zitat von Walther
Ein Stein, der sich von meinem Herzen rollte,
Sprang auf den Tisch, vor dem ich traurig saß.

Der Stein, der sich vom Herzen rollt - sollte er nicht vorerst auf den Tisch fallen oder auf den Tisch treffen? Das "Springen" stört die anhaltende Traurigkeit - für mein Empfinden.
(Ich darf es so sagen, das weiß ich.;))

Du hast die "Blindheit" in feinsten Metaphern verdichtet und ganz besonders die "Überraschung" des lyr. Ich. Sehr realitätsnah auch das "Schneckentempo" zur Erkenntnis.


Nun traf es mich. Das war ein schlechter Spaß,
Nein, bitterernst: Nicht dass sie einfach schmollte
Und sich in einen dunklen Winkel trollte:
Sie war gegangen, fort - ein leeres Glas,

In meinen Händen drehte ich‘s am Stiel,
War in Gedanken mit dem Blick zur Decke,
Die – dämmernd grau – wie Schatten auf mich fiel.

Mein Alptraum wartete in einer Ecke.
Für meine Trauer gab es kein Ventil.
(treffend und gut!)
Wie Schleim zog durch die Nacht die Zeit als Schnecke.

Gerne gelesen und was selten geschieht, ein wenig "bekrittelt".
Es gefällt mir, gerade ob der Traurigkeit.

Liebe Grüße
Dana

Walther 25.02.2011 20:12

Lb. Dana,

danke für Deinen tiefschürfenden und den Überlegungen nachspürenden Worte. Was nicht immer gelingt, wenn man schreibt, scheint hier wenigstens näherungsweise erreicht werden zu sein: ein gefühl authentisch erahnen, erfühlen, ausmessen und in ordentliche Metaphern und Bilder zu fassen.

Ich habe die Ursprungsform des 2. Verses aufgrund Deines Hinweises wieder hergestellt. Nachdem ich diesen Vers aufgrund anderer Überlegungen geändert hatte, schien mir Dein Gedankengang doch der richtigere zu sein. So wachsen Texte mit kritischen Lesern, und dafür sind wir ja hier.

Die Überlegungen haben eine Weile gebraucht, daher habe ich auch mit der Antwort gezögert.

Vielen Dank nochmals für Deine Hilfe.

LG W.


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