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Cheeny 05.07.2017 10:48

es ist nichts
 
ich steh stille
und seh dabei zu
wie die welt sich dreht
wie ein tag nach dem andern
einfach vorübergeht

nach jahren
wachsender unsicherheiten
beim wandern
durch berg und tal
beim jonglieren
auf giebeldächern
war der mond so fahl

nun steh ich stille
und seh dabei zu
wie menschen vorüberziehn
wie vergangene zeiten
einfach ins nichts entfliehn

nach endlos
durchwachten nächten
beim waten
durch zähen morast
nach schwimmen
in tiefen gewässern
mach ich auf der insel rast

und steh einfach stille

fee_reloaded 05.07.2017 13:15

Ein Gedicht, das mich zutiefst berührt, liebe Liara.

Nicht zuletzt wegen des vielsagenden Titels, der den Text erst in Beziehung so richtig "tiefenwirksam" macht - und dabei dennoch so leise bleibt wie auch der Rest deines Gedichtes.

Das Stillhalten, der Stillstand nach Jahren vergeblichen Jonglierens, das Waten durch zähen Morast (ich lese ihn als einen Sumpf aus Schweigen und ungelebtem Leben), das Entgleiten von Geschichte...hat nun zu einem Innehalten von LI geführt. Es mag ev. aus Resignation oder Orientierungslosigkeit geboren sein, dennoch hat es etwas Gutes - denn es unterbricht den Strudel des Kreisens um Unbeantwortetes, Ungreifbares, Verschwiegenes, Kleingeschwiegenes (das mit den Worten "es ist nichts" machtvoll und effektiv hinter einer unsichtbaren Mauer zurückgehalten wird).

"Es ist nichts" kann zugleich auch schon mit dem Blick ins Hier und Jetzt und nach vorne als tröstlich gelesen werden. Jetzt und hier, auf der Insel, herrscht Stille im Sinne von Frieden. Eine Auszeit oder vielleicht sogar ein leises Betrauern und Loslassen von bedrückenden Altlasten (Familienerbe, das man zurückgeben kann an die Vorfahren?).

Da ich mich selbst gerade intensiv mit dem Thema des Schweigens innerhalb von Familien über Generationen und den damit verbundenen Auswirkungen beschäftige, habe ich dein Gedicht auf diese Art gelesen. Es steht allerdings sicherlich ganz universell für das Hinterfragen der eigenen Geschichte und den damit verbundenen möglichen oder unmöglichen Perspektiven, wenn eine solche "fehlt" und nur als tiefes Gewässer - also fehlender Boden unter den eigenen Füßen - existiert.

Ich weiß, wie sich das anfühlt. Daher habe ich mich von deinem Gedicht sehr abgeholt gefühlt. Danke!

Lieber Gruß,
fee

Cheeny 06.07.2017 08:21

Guten Morgen, liebe Fee,

ja, was soll man sich denn mehr wünschen, als mit seinen Worten verstanden zu werden und gleichzeitig jemanden damit zu erreichen.
Danke dir! :Blume::)
Mit Generationen-, Familien- und Beziehungskonflikten kann man viele Seiten füllen. Diese hier war sicherlich noch nicht die Letzte.
Und manchmal hilft nur noch das Innehalten oder der Ausstieg bevor es zum Desaster kommt.

Liebe Grüße von der Insel, hab einen sonnigen Tag
Liara


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