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Die Angst des Hellhörigen
Die Angst des Hellhörigen
Es ist ein feines Klingen nur, wie eine schneeverwehte Spur, die dennoch in die Tiefe weist, auf etwas Wildes, das vereist noch schlummert, aber dennoch bald hervorbricht und uns mit Gewalt so mächtig dröhnend überfällt, dass unsre kleine, heile Welt zerbricht und in dem Strudel kreist, der alles Leben mit sich reißt. Dann wird, auf's Rad der Weltgeschichte geflochten, unser Sein zunichte. Oder vielleicht besser in moderner Schreibung Die angst des hell-hörigen Es ist ein feines klingen nur wie eine schneeverwehte spur die dennoch in die tiefe weist auf etwas wildes, das vereist noch schlummert aber dennoch bald hervorbricht und uns mit gewalt so mächtig dröhnend überfällt dass unsre kleine heile welt zerbricht und in dem strudel kreist der alles leben mit sich reißt dann wird auf's rad der weltge- schichte geflochten unser sein zu nichte. |
poetische und kluge Zeilen, lieber Thomas, die mir in der 1. Variante ausnehmend gut gefallen.
Die zweite ist nichts für meinen Geschmack, wirkt zerstückelt und grob. Ob es die beiden Schlusszeilen braucht? "Dann wird, auf's Rad der Weltgeschichte geflochten, unser Sein zunichte.". Es geh ja hier um metaphorischen, persönlichen Weltuntergang. Dieser zerstört die heile Welt, aber nicht das SEIN. Ein Mensch lebt dennoch weiter, existiert. Aufs Rad der Weltgeschichte geflochten...hm, nee. Ich würde die beiden Zeilen weglassen. Sie wirken wie ein erzwungenes Pathos, das es nicht braucht. Ohne sie fände ich es perfekt. :Blume: LG von Koko |
Liebe Koko,
vielen Dank für den Denkanstoß. Ich muss nachdenken, denn das Bild finde ich eigentlich stark. Liebe Grüße Thomas |
Mir gefällt die erste Version auch bedeutend besser, lieber Thomas!
Und die abschließenden Zeilen Zitat:
Aufs Rad geflochten - das deutet ein gewaltsames Ende an und zugleich auch Bestrafung für unser Tun und unseren Hochmut. Das menschliche "Sein", auf das wir voller Stolz (vielleicht auch Hochmut) mittels der Weltgeschichte blicken, ist, worum es hier geht. Und um dessen Vergänglichkeit und Nichtigkeit. Weltgeschichte ist bei genauerer Betrachtung auch unser Mittel zur Auflistung der Errungenschaften unserer "überlegenen" Gattung (die unschönen Kapitel blenden wir - kollektiv betrachtet - nur allzu leicht und gerne aus oder verbrämen sie als Eroberertum und Pioniergeist). Das letzte Kapitel der Weltgeschichte wird jedoch leider jenes sein, das davon handelt, wie wir selbst unseren schönen Planeten (die "kleine, heile Welt") ausgebeutet haben bis zur völligen Zerstörung. Und es wird auch niemanden mehr geben, es zu schreiben, geschweige denn zu lesen. Dein Gedicht habe ich aber gelesen und das noch dazu sehr gerne! Lieber Gruß, fee |
Hi Thomas!
Zur 2. Version: Das Gedicht so zu schreiben, kann nur zum Ziel haben, den dekonstruktivistischen Hang moderner Lyrik zu persiflieren. Wiewohl ich derlei gut finde - führt es doch jedem Leser vor Augen, welch aufgesetzte und bemühte Narretei sich da austobt - gefällt es mir gerade bei diesem Thema doch nicht, weil es vom eigentlichen Inhalt nur ablenkt, was dieser - gerade in diesen Zeiten - nicht verdient hat. Versteh mich: Ein Gedicht über moderne Lyrik selbst so zu zerhäckseln, macht Sinn und zeigt den Unsinn manchen Bemühens in dieser Richtung, und da passt es auch, weil es im Werk ja genau darum geht. Hier allerdings verliert die wichtige Botschaft deines Textes durch die Spielerei mit der Form unverdient an Wirkung - so als ginge es dir gar nicht darum, und alle Dichtkunst wäre ohnehin nur ein Spiel. Also: 1. Version sehr gern gelesen! :) LG, eKy |
Liebe Fee,
herzlichen Dank für deinen ausführlichen Kommentar und die Erklärung zu den beiden Schlusszeilen. Das ist sehr hilfreich. Lieber Erich, auch dir vielen Dank. Mit der zweiten Version wollte ich eigentlich nicht persiflieren, mir ist sie eingefallen, weil ich gerade mal wieder über freien Vers nachdenke und mich fragte, ob man für diesen Inhalt eine derart gebrochene Darstellung wählen könnte. Wahrscheinlich doch nicht, obwohl für mich Ohrenmensch, der ich bin, beide gleich sind, nur unterschiedlich schwer zu lesen. Liebe Grüße euch beiden Thomas |
Hi Thomas!
Der Text ist ja identisch, nur die Zeilenstruktur wird aufgeöst, eher beliebig abgeteilt, die Satzzeichen gestrichen sowie die Großschreibung - also eigentlich alles unternommen, um den Text schwer lesbar und unrhythmisch zu machen, damit nur ja nicht lyrisch wirkt! Typisches Merkmal jener geistesgestörten Attitüde des "krampfhaft-nach-Neuem-Suchen" in der sog. modernen Lyrik. Diese geistlose Verbeliebigisierung ist meines Erachtens vielmehr ein Attentat als eine Weiterentwicklung, eine bewusste Sabotage schöner Sprache und harmonischen Gleichklangs, nur für die elitär abgehobene Effekthascherei pseudointellektueller Möchtegernliteraten zelebriert, denen partout nichts Besseres einfiel, um sich noch irgendwie zu profilieren! :mad::Aua So opferten sie das Schöne, Klare und Anerkannte auf dem Altar ihrer eierköpfigen Karrieresucht, einzig für ein paar ebenso eierköpfige Literaturkritiker, die daraus so vollmundig wie realitätsfern einen "neuen Aufbruch" zwangskonstruierten! Was für eine armselige Kopfgeburt! Kein Wunder, dass heute noch kaum jemand ernsthaft Lyrik lesen möchte! Oh, ich könnte stundenlang toben und wüten!!! :mad::mad::mad::eek: |
Lieber Erich,
ich weiß, wie sehr dich das stört und es tut mir leid, dass ich dich in Rage gebracht habe. Sieh es einfach als Experiment, denn mehr ist es auch nicht. Sinnvoll ist so etwas für mich, weil ich denke, dass sich die Poesie nicht allein in den bestehenden Formen erschöpft. Rilke hat ja auch wilde Dinge geschrieben - ja, er konnte es eben. Aber ich versuchte halt trotzdem meinen Spaß zu haben. ;) Liebe Grüße Thomas |
Hi Thomas!
Dir mache ich keinesfalls einen Vorwurf - DU hast mich nicht wütend gemacht: Das war ich schon längst und bin es immer noch (und werde es immer sein!), und zwar auf jene, die diese indifferente Beliebigkeitschose überhaupt erst erfunden haben - wie ich ja ausführlich darlegte. LG, eKy |
Lieber Thomas,
auch ich bin für die 1. Version.:) Das Szenario wirkt "fantastisch" bedrohlich und man kann nur hoffen, dass es so nicht stattfindet. (Ach, was schreibe ich da, es findet ja schon statt.) Die zwei Schlusszeilen gefallen mir auch, weil ich mir diesen "Untergang" als endgültig vorstelle.:eek: Nichts und niemand kann es mehr beweinen und nichts und niemand wird sich schuldig fühlen - nur das (All)Rad wird sich ohne uns weiter drehen. Sehr gern gelesen. Liebe Grüße Dana |
Lieber Erich,
das ist lieb, aber ich habe halt, wenn auch unbeabsichtigt, eine alten Wunde aufgerissen. Liebe Dana, vielen Dank für deine umfassende und tiefe Interpretation. Vor allem hast du die Gefühle erfasst, die ich beim Schreiben hatte. Aber da ich ein optimistischer Mensch bin, habe ich so etwas nur selten und versuche es in einem kleinen Gedicht festzuhalten. Liebe Grüße euch beiden Thomas |
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