Gedichte-Eiland

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-   -   Stilfrage - oder: warum ich lieber "verschwurbelt" schreibe (http://www.gedichte-eiland.de/showthread.php?t=16317)

Erich Kykal 01.01.2017 12:35

Stilfrage - oder: warum ich lieber "verschwurbelt" schreibe
 
Man riet mir ernstlich, nüchterner zu schreiben,
zu schwülstig überladen sei mein Dichten,
zu negativ, beladen von Gewichten
der Inhalt, den die Zeilen übertreiben.

Ich solle bei moderner Sprache bleiben,
um offen klare Worte aufzuschlichten,
geradeaus wie Stämme hoher Fichten,
durch die man wandelt, ohne sich zu reiben.

Wie wäre Lyrik mir gefühlsbereinigt
und seelenloser, wenn ich dem willführe!
Wer wahre Schönheit mit Gemeinem steinigt,

erhebt den Leser nicht, verschließt die Türe
zu Klang und Tiefe, und sein Stammeln peinigt
des Lauschers Ohr mit humpelnder Allüre!

Kokochanel 01.01.2017 13:48

So lass uns humpelnd durch die Neuzeit eilen,
sonst müsste man gedanklich noch verweilen.
So lass uns stammeln, wenn's am Geist gebricht.
Sonst mag man uns am Ende nicht:D:D


Kleiner Gedanke dazu meinerseits , Erich.
GG von Koko

Erich Kykal 01.01.2017 14:40

Hi, Koko!

Ach soll doch jeder schreiben wie er möchte,
wie's ihm genehm ist und dem Geiste heilig,
der ihn betreibt. Der Erde Vielfalt flöchte
sich nicht so vielgestaltig fort in Worten,
mal nüchtern schlicht, mal bunt und tausendteilig,
die wir zu lyrischem Behufe horten.


Vielen Dank für die gereimte Replik! :)

Entspannte Grüße, eKy

Angelika 01.01.2017 18:35

Erich, was soll ich denn dazu sagen? Du bist mir ein Schlitzohr. Aber gut, jeder Anfang ist schwer, du nimmst dich hier schon etwas zurück und bist für mich sogar verständlich. Schuft!

Angelika

Erich Kykal 01.01.2017 21:25

Hi Angelika!

Ich weiß! :D Ich genieße diese Momente! ;):Kuss:cool:

LG, eKy

Dana 12.01.2017 21:06

Lieber eKy,
hättest Du heute Geburtstag, würde ich so gratulieren:
"Alles Liebe und Gute für Dich und sei wie Du bist, ganz besonders im "verschwurbelten" lyrischen Erguss.":Blume::Blume::Blume:

Wir sind von Nüchternheiten fast umzingelt, einst und heute. Man nehme Politik, Lebensstandart, Wissen usw. Darin kann sich jeder nüchtern, sachlich und möglichst unverschwurbelt austoben.
Poesie aber ist eine Reise, ein Ausflug in etwas Besonderes, Anderes, Schönes.
Sie darf nicht gefühlsbereinigt und schon gar nicht der Mode unterworfen sein. Mode vergeht und kehrt wieder.

Sehr schönes Sonett gegen die Nüchternheit und erfrischend der Ausgang der Diskussion darüber.:)

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal 12.01.2017 22:24

Hi Dana!

Ich könnte gar nicht anders als Rilke nacheifern! Diese Art von Lyrik, dieser Zauber der Sprache sind es, die mich bewegen, überhaupt zu schreiben!

Wie du sagst - nüchtern abhandeln kann ich alles in Prosa, von der Bedienungaanleitung bis zur Doktorarbeit.
Ich verhehle nicht, dass nüchterne Lyrik bei passender Thematik durchaus besser geeignet ist als ein sprachverliebter Stil - aber die Magie der "edlen" Sprache liegt mir nun mal im Dichterblut! :D

Vielen Dank für die moralische Unterstützung! :)

LG, eKy

Falderwald 06.02.2017 20:19

Servus Erich,

bleib mal schön bei deinem verschwurbelten Stil, dann kann man uns beide auch gut voneinander unterscheiden...:D;):)

Es würde mich kaum tangieren, wenn mir jemand schriebe, meine Texte seien verschwurbelt.
Die Hauptsache ist doch, man ist selbst vom Ergebnis überzeugt.

Da gibt es ganz andere Wahnsinnige, die glauben, die einzig wahren Dichter zu sein und bekommen tatsächlich keinen einzigen Satz korrekt hin.
Die reimen sich irgendwas Pathetisches zusammen und glauben, das sei ganz große Lyrik.

Dagegen ist auch der verschwurbelste Kykal ein Hochgenuss, denn meist sind seine Texte absolut stimmig.
Man muss nicht immer mit den Aussagen übereinstimmen, aber so ist das nun mal.

Das ist ein passendes und schönes Sonett...:)


In diesem Sinne gern gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald



Erich Kykal 07.02.2017 11:50

Hi Faldi!

Wir kennen "die Wahnsinnigen"!;):D

Du hast recht - wir können nun mal nicht aus unserer lyrischen Haut. Ich könnte sehr wohl kreuznüchtern und reimlos schreiben - nur wäre das dann bei aller möglichen Qualität nicht ICH! Ich kann mich nun mal nur so verwirklichen, wie es mir selbst nahe steht und gefällt. Ich habe es mir nicht ausgesucht - aber ich bin nun mal in der gediegenen Sprachwelt zuhause, wo alles fließen und klingen will, weil sich in meinen Zeilen die Sprache selbst feiert.
Die Inhalte sind mir stets zweitrangig - das ist vielleicht auch mein Versagen, denn wirklich große Lyrik entsteht nur, wenn Sprache und Aussage im Wesen des Dichters Hand in Hand gehen - wenn man im Lesen begreift, dass der Autor nicht nur Sprache feiern wollte, sondern dass ihm auch die Botschaft am Herzen lag.
Mein Herz allerdings ist ein zynisches, verschrumpeltes, verstaubtes Ding, dem kaum noch etwas wichtig sein mag, abgesehen vielleicht vom eigenen mühseligen Dahinschlagen ... es ist ein Ebenezer Scrooge geworden über die Jahre ... :rolleyes::Aua

LG, eKy

Jongleur 04.03.2017 13:21

Hallo Erich,

Kann man Worte tatsächlich "gefühlsbereinigen"? Verraten sie sich nicht über den Kontext? Geht es in diesem Konflikt überhaupt um einzelne Worte? Geht es nicht um komplexe Inhalte? Um die Filme im Kopf des Schreibers und seiner Leser?

Wer oder was löst diese Sequenzen aus? Nüchtern beschriebene Details oder Meinungen über etwas, das näher zu beschreiben der Erzählende für unnötig erachtet?

Welche dinglichen Details bietet MIR dein Gedicht? Vor allem fällt mir ein Vergleich mit Fichtenstämme ins Auge.

Zitat:

Ich solle bei moderner Sprache bleiben,
um offen klare Worte aufzuschlichten,
geradeaus wie Stämme hoher Fichten,
durch die man wandelt, ohne sich zu reiben.
Ich kann es nicht stoppen: Sofort sehe ich Fichtenstämme in die Höhe ragen. Leider nicht gerade aus. - Was will mir die Metapher nun erklären? Das ist zu hoch für mich. Gleich am Anfang kommt mir das Wort "aufschlichten" in die Quere. "Ordentlich auf einander stapeln" - erklärt mir das Netz. Da ist also die Rede von ordentlich aufzustapelnde Worte, gradeaus wie die Stämme hoher Fichten, durch die man wandelt, ohne sich zu reiben. Ähm... jaaaa..... : Ratlosigkeit!

Das verstehe ich nicht! Wie stapelt man geradeaus? Und falls das überhaupt geht: Was hat dieser Akt mit Baumstämmen zu tun, durch die man wandelt, ohne sich zu reiben?

Bin ich zu dumm - oder handelt es sich hier um eine Katachrese, einen Bildbruch, entstanden durch eine semantisch unstimmige Verbindung mehrerer sprachlicher Bilder in einer Texteinheit?

Oder bezieht sich "durchwandeln" etwa auf die VOR den Stämmen erwähnten "Worte"? Wäre nicht auch DAS verquast?

Oder verstehe ich nur schlicht aufschlichten nicht? Aber warum benutzt der Autor ein ungebräuliches Wort, um für Klarheit zu sorgen? Entsteht "Tiefe" nicht erst durch eine anschauliche Kamerafahrt in eine wortwörtliche Tiefe?

Nehmen wir ein zweites Beispiel:

Zitat:

Wer wahre Schönheit mit Gemeinem steinigt,

erhebt den Leser nicht, verschließt die Türe
zu Klang und Tiefe, und sein Stammeln peinigt
des Lauschers Ohr mit humpelnder Allüre!
.
Vergessen wir mal das Relative wahrer Schönheit. Da ist von einer geschlossenen Tür zur Tiefe die Rede und von einem Stammeln, gleich einem humpelnden Gang, der das Ohr des Lauschers peinigt.

Und DAS alles setzt Erich mit moderner Sprache gleich? Und ihr beklatscht das auch noch mit Eurer stammelnden, humpelnden, modernen Art zu kommentieren? ;-)

Denn Erich bezieht sich ja nicht etwa die Aufforderung, gemein zu sprechen. Er nimmt Bezug auf den Rat, bei der modernen Sprache zu bleiben.

Und jetzt im Klartext: ich verstehe unter "verquast" im engeren Sinne schiefe Bilder, die entstehen (können), wenn nicht der Inhalt, sondern vor allem der vom Schreiber als "schön" empfundene Klang der Mitteilung beeindrucken soll. Dazu bekennt sich Erich nicht nur in diesem Gedicht.

Ich wiederum bin ein Freund des Haikus: ich genieße lieber den Nachhall eines präzise beschriebenen Momentes in der Außenwelt. Sprachliche Präzision ist für mich kein Gegner eines tiefen Gefühls, sondern eher seine Voraussetzung.

Erich, ich las in einigen Threads, auf die du dich scheinbar beziehst. Ich fand "moderne Sprache" einen viel zu breit gewählten Begriff. "Nüchtern" trifft mein Bedürfnis nach präzisem Ausdruck besser.

Seltsam, da kämpfst du (wie beispielsweise auch ich) so engagiert um das treffende "Wie" und bagatellisierst gleichzeitig so engagiert das "Was".

Um im Bild zu bleiben: Irgendwie erinnert mich das an einen Lauscher in der Tiefe, der gierig dem Klang der vielen Schritten über ihm lauscht, ohne sich jedoch sonderlich für die Gehenden zu interessieren. Mir drängt sich der Begriff "Klangfetisch" auf.

Warum nicht? Kunst ist ein weites Feld...

Lg

Erich Kykal 04.03.2017 23:32

Hi Jongleur!

Das "geradeaus" bezieht sich nicht auf das Aufschlichten (ein Terminus, der sehr wohl für das Stapeln von Holz verwendet wird), sondern auf die "klaren Worte", die nüchtern, klar, sprich "geradeaus" sein sollen, wenn man manchen "modernen" Lyrikern glauben will.
Des weiteren bezieht sich die ganze Z4 von S1 auf die Fichten in Z3, durch deren Stämme, die "geradeaus", sprich kerzengerade wachsen, man wandeln kann, ohne ständig anzustreifen oder sich zu verheddern wie in einem Dickicht (der Worte, womit man meine bevorzugte lyrische Sprache zuweilen vergleichen könnte). Ein Bild für leichtere, klarere Verständlichkeit simplen Sprachstils.
Ob solche eine Sprache aber auch im klassisch-lyrischen Sinne "schön" sein kann, das sei dahingestellt. De gustibus non est disputandum, wie es so schön heißt - aber in diesem Sonett geht es eben darum, warum MIR etwas besser gefällt!

Demgemäß sind die Terzette auch keine Verurteilung mit Anspruch auf allgemeine Gültigkeit, sondern meine ganz persönliche Ansicht zur Materie. Der Titel des Gedichtes kündigt es ja schon an.

Daß ich ein Klangjunkie bin, will ich nicht abstreiten - im Gegenteil, es erfüllt mich mit Freude! Aber auch der Inhalt muss sinnvoll sein und klar verständlich rüberkommen, bei aller Wortverliebtheit und allem Faible für komplexe Satzstrukturen und Verschachtelungen!
Wenn ich das nicht immer schaffe, dann eben weil ich kein Genie bin wie ein Rilke - und das würde ich auch nie von mir behaupten!


LG, eKy

Jongleur 06.03.2017 19:39

Lieber Erich,

Ich will DICH nicht auseinander nehmen. Dazu erinnert mich das Thema zu sehr an das Leben. Ich erwarte auch keine direkte Antwort. Ich fühle nur, dass meine Erfahrung mich anstachelt, deiner Absage an die moderne Sprache etwas näher zu beleuchten.

Was bedeutet nüchternes Wahrnehmen oder Schreiben überhaupt? Es bedeutet für mich, sich als zerrissenes Subjekt in einer zerrissenen Welt wahr zu nehmen. Als Mensch, der oft von sich widersprechenden Gefühlen gelähmt wird. Oder als Mensch, der sich dabei ertappt, Begeisterung, Anteilnahme, Liebe teilweise vorzutäuschen .
Lakonisches Schreiben bedeutet, in solchen Moment vieler Gefühle im Kopf auszuhalten.... und nicht nur den Fluchtimpulse ins Idyllische.

Was hingegen bedeutet "wahre Schönheit"? Für mich nicht mehr als ein flüchtiges Wolkenbild. Nichts währt ewig!
Deine Worte wie "Allüren" über "willführe" bis hinzu "wahre Schönheit" werden für mich nicht von Gefühlsstürmen durchweht, sondern von virtuellen Lüftchen virtueller arkadischer Gärten.
Was sehe ich beispielsweise , wenn kann ich "durch hohe Fichten wandeln, ohne mich zu reiben"? Nichts! Eher sehe ich mich dichtend mehr oder wenige müd durch Metropolen oder Natur irren, immer mit der Befürchtung, sowieso auf dem falschen Weg zu sein.

----

Schwülstige oder antiquierte Sprache entspringt mMn permanenter Weltflucht. - Die Welt, in der wir leben, ist oft zu grausam und prosaisch. Ich kenne beispielsweise keine Herzlichkeit ohne egoistische Hintergedanken. Nur Momente, wo es so scheint. Wie gern wäre ich anders und hätte edelmütigere Weggefährten.
Doch gerade die nächtlichen Jünger eskapistischer Ausbrüche enttäuschen mich regelmäßig, wenn sie äußerlich "nüchtern" wirken. Dann fehlt es ihren an Begeisterungsfähigkeit. Und an der Kraft, Anderen zu zu hören. Dann sitzen sie längst wieder in ihrem Elfenbeinturm und referieren von oben herab leise auf arkadisch.

Die seelisch Nüchterneren hingegen haben bescheidenere Ziele, zu denen sie von ihren kleinen Plattformen täglich starten. Sie reden zurückhaltend mit mir. Quasi immer im Gehen. Selbst wenn sie rasten. Checken wach, ob wir uns nützlich sein können. Sie wollen mich in ihre Abenteuer rein ziehen. Legen schon deshalb Wert darauf, klar, wendig und überzeugend aufzutreten. Ihr Tatendrang ist ansteckend. Die Möglichkeit, eiskalt ausgenutzt zu werden, steigt mit den Werten, um die es geht.

Gerade bei diesen Menschen lande ich wieder bei einem der Kernsätze meiner Jugend: ich kann alles, ich darf nur nicht mehr versprechen, als ich besitze.

Einen Schreiber kann Zurückhaltung natürlich in den Wahnsinn treiben. Aber dieser Konflikt zwischen bescheidener Sprache und überquellender Sehnsucht ist eben deshalb nicht "gefühlsbereinigt", sondern er droht den Betroffenen emotional zu zerreißen.

Der Schwärmerische vergeudet sich nutzlos. Ich kenne kein schöneres Schreiben, als Worte permanent so weit abzukühlen, bis ich nicht mehr zwischen Geschriebenen und Gelebten unterscheiden kann. Je nüchterner ich schreibe, um so präziser treffe ich damit meine verlogene, verbogene, bedrängende, verlockende und heilsame Realität

Erich Kykal 06.03.2017 19:59

Hi Jongleur!

Nochmals: Ich dichte so, weil mir diese "alte", ausdrucksreichere und melodische Sprache viel besser gefällt. Nach Rilke (und vielleicht noch Hesse) gab es keinen namhaften Dichter mehr, dessen lyrische Sprache (oder was er dafür hält) noch meinen Geschmack vorbehaltlos getroffen hätte (abgesehen von sarkastisch/komischen Poeten wie Kästner). Für mich muss Lyrik klingen - und ich bleibe dabei, auch wenn ich dafür 100 Jahre zu spät geboren bin!

Nenne es Weltflucht oder wie immer du sonst willst, ich schreibe, wie es mir gefällt und gedenke mich nicht dafür zu rechtfertigen, was immer auch an Motiven oder Mängeln man mir dazu unterstellen mag. Das muss auch nicht philosophisch durchdiskutuert werden - wenn du mit meinem Stil und seinen Implikationen aus deiner Sicht nicht konform gehst oder sonstwie zurechtkommst, lies mich eben einfach nicht.

Ich mache das so in den Foren: Ich kommentiere nur Werke, die mir gefallen. Andernfalls könnte ich mich mit meiner spitzen Zynikerzunge und meiner offenen Ehrlichkeit allzu unbeliebt machen ...

LG, eKy

Jongleur 06.03.2017 20:43

Hallo Erich,

Ja siehst du - und ich betrachte eben Gedichte generell als Anregungen. Und würde mich gern mit den Autoren darüber unterhalten. Gelegentlich. So bin ICH eben. :-)

Willst du gar nicht anregen? Verstehe ich da auch deine sonstigen zahlreichen Vorschläge falsch? - Und hast du kein klitzekleines ungutes Gefühl dabei, indirekt zu übermitteln: lobe überwiegend oder schweig lieber?

Findest du nicht, dass dein Gedicht tatsächlich einer groben Kampfansage gleicht? An wen auch immer? - "wer wahre Schönheit mit Gemeinem steinigt / erhebt den Leser nicht..." starker Tobak!

Hm... schade, dass beispielsweise Thomas Tranströmers moderne Sprache dein Klangempfinden nicht erweitern konnte. Aber in Sachen Geschmack sind natürlich jeder Diskussion Grenzen gesetzt.

Ich bekenne mich allerdings zu einer Sprache, deren klanglosestes Bestandteil so epochal werden kann, wie eine lockere Schraube in einem Flugzeuggetriebe. Vor übertriebenen Sprachvorurteilen ( in welche Richtung auch immer) oder vor einer Bagatellisierung von Inhalten schrecke ich mehr zurück, als vor temporärer Ungnade... einzelner Avatare. :-)

Also gut: Vorhang zu... und alle Dinge offen. ;-

Lg

Erich Kykal 06.03.2017 21:30

Hi Jongleur!

Ich wollte nichts anregen, nur ein Statement setzen, eine schlichte Erklärung abgeben, warum ich lieber "altmodisch" schreibe. Nichts weiter, und teuflisch ernst gemeint war das auch nicht, ich wollte mir bloß Luft machen.

Eine Erklärung zum persönlichen Geschmack ist NICHT gleichbedeutend mit der Verkündung eines behaupteten Dogmas mit erwünschtem Anspruch auf Allgemeingültigkeit, soweit ich weiß!

Keinesfalls wollte ich damit eine lyrische Grundsatzdebatte vom Zaun brechen!
Ich gönne jedem seinen Schreibstil, mit dem er lustig ist - ich muss es ja nicht lesen, wenn es mir nicht gefällt, so wie umgekehrt auch nicht.

Kampfansage ist es jedenfalls mit Sicherheit keine. Weder an dich noch an sonstwen. Punkt.

fee_reloaded 07.03.2017 12:48

Zitat:

Zitat von Erich Kykal (Beitrag 98926)
Man riet mir ernstlich, nüchterner zu schreiben,
zu schwülstig überladen sei mein Dichten,
zu negativ, beladen von Gewichten
der Inhalt, den die Zeilen übertreiben.

Ich solle bei moderner Sprache bleiben,
um offen klare Worte aufzuschlichten,
geradeaus wie Stämme hoher Fichten,
durch die man wandelt, ohne sich zu reiben.

Wie wäre Lyrik mir gefühlsbereinigt
und seelenloser, wenn ich dem willführe!
Wer wahre Schönheit mit Gemeinem steinigt,

erhebt den Leser nicht, verschließt die Türe
zu Klang und Tiefe, und sein Stammeln peinigt
des Lauschers Ohr mit humpelnder Allüre!


Hach ja, lieber Erich,

das erinnert mich doch an so manche eher gruselige Erfahrung, die ich als (gar nicht mal so ganz) frischgebackene Lyrikforen-fee seinerzeit machen "durfte" (nicht hier auf dem Eiland!!!). So gut wie alles, was du hier als Ratschläge anführst, habe ich ziemlich genau so auch von irgendwelchen selbsternannten Lyrikforen-Größen seinerzeit als "einzig wahre Dichtkunst" eingetrichtert bekommen (natürlich immer Hand in Hand mit sehr rigorosen Abkanzelungen meiner Gedichte, mit denen ich offensichtlich ihre empfindsamen Ansprüche an "gute Lyrik" beleidigte).

Wenn man da nicht den entsprechenden Dickkopf oder das nötige Selbstvertrauen mitbringt, kann man schon ins Wanken geraten. Und ich kann mich auch beim besten Willen an keinen einzigen solchen Kommentar erinnern, wo auch nur ansatzweise versucht worden wäre, das behutsam und halbwegs wohlwollend zu erläutern. So, dass man sich eingeladen fühlt.
Da war schon eher das Gefühl, man hatte denen da was "zugemutet" mit seinem garstigen Geschreibsel und müsse nun dafür gradestehen (aber nicht allzu grade und auch das nicht allzu lange...ich glaube, das Kleiner-machen und Auf-die-Knie-zwingen angesichts einzig wahren Expertentums auf diesem Gebiet war das eigentliche Ziel und Programm).

Heute kann ich darüber nur noch grinsen. Damals hatte ich zum Glück zwar den nötigen Dickkopf (wie alle hier, die mich schon länger kennen, sicher wissen :D ), aber verunsichert und vor allem viel von der Freude genommen hat es dennoch. Und das, obwohl ich für mein Empfinden ohnehin schon "nüchtern" schreibe.

Ich kann mich auch erinnern, dass es total verpönt war (und in solchen Kreisen vermutlich auch noch immer ist), persönliche Befindlichkeiten oder Gefühl an sich in Gedichten zu transportieren. Igittigitt! "Befindlichkeits-Lyrik! Pfui-Bäh!" Sowas will keiner. Da reibt zu viel und bleibt womöglich ungut haften.

Klar, die Grenze von "genau richtig" zu "zuviel des Guten" ist schon mal leicht überschritten und etwas Distanz zu den eigenen Texten schadet auch nicht - aber man kann es auch in die andere Richtung übertreiben. Es gibt erschreckend viel gefühlsüberladene Schwullstlyrik - keine Frage! Aber es gibt auch genau so erschreckende "Moderne Lyrik" - nur nicht in ähnlich großer Zahl, weil ja elitär und so... :cool:

Gut möglich, ich bin einfach wirklich nicht "gebildet" genug, um diese Art von Lyrik zu verstehen. Aber ich muss ja auch nicht. Solange ich mir nicht einbilde, es besser zu wissen und andere ähnlich belehren zu müssen... überhaupt: ich kann dieses "So und nicht anders gehört das gemacht! Und ICH muss es ja wissen, denn..." nicht leiden. In keinem Lebensbereich, wo es um Freude am Tun geht. Wenn mein Nachbar an der Staffelei neben mir eine große Freude mit seinen naiv gemalten Landschaftsbildern hat, dann ist das doch schön! Nur, weil ich selbst mit naiver Malerei nix am Hut habe und eher die klassische Moderne mag, heißt das ja noch lange nicht, dass ich etwas besser kann oder verstehe.

Und ich muss auch nicht überall raushängen lassen, falls ich mal wirklich meine, etwas besser zu wissen. Ich bin da gänzlich lehr- und wettbewerbsbefreit - und je älter ich werde, um so freier werde ich. Auch wenn es darum geht, ob und wievielen gefällt, was ich schreibe oder male. Ich tue es für mich, ich freue mich über jede Auseinandersetzung mit meinen Texten und ich genieße vor allem den Austausch und die Inspiration, die ich durch das Lesen der Gedichte anderer finde. Und dann finde ich besonders spannend, wenn diese Gedichte so ganz anders gemacht sind als meine eigenen.

Aber egal wie man es dreht und wendet und in welche Richtung man nun tendiert - für mich ist IMMER wichtig, dass ich Gefühl und Seele in und zwischen den Zeilen lese. Und das geht bei jeder Form von Lyrik - vorausgesetzt, es ist etwas davon vorhanden. ;)

Du siehst, lieber Erich, ich habe das "Gemeine" also eher im Sinne von "wenig nett" interpretiert als im Sinne von "gewöhnlich". Aber das geht beides ohnehin oft Hand in Hand. So rein menschlich betrachtet. :D:cool:

Schreib du, bitte, weiter, wie es dich am glücklichsten macht. Aber bei dir mach ich mir da ohnehin keine Sorgen. lol

Lieber Gruß,
fee

Erich Kykal 07.03.2017 15:13

Hi Fee!

Ich wurde zwar von Beginn an viel gelobt, aber eben nicht nur. Und manche Kommentatoren habe auch ich so erlebt wie du - herablassend und elitär, mit Fremdwörtern und Fachtermini um sich werfend, um nur jeden wissen zu lassen, wieviel besser sie Bescheid wussten als alle andern!

Allerdings bin ich ebenso dickköpfig wie du und schreibe, wie es MIR Freude macht und punktum! Ebenso wenig klebe ich an Regeln und Normen, ich experimentiere mit Formen, egal wie sehr sich die Puristen und Lyrikpharisäer aufplustern.

Einzig wenn etwas gegen meine innere "Melodie" geht, bin ich etwas verstimmt, wenn mein Rat nicht angenommen wird, aber nicht wegen "Autoritätsverlust" oder so - das ist mir herzlich wurscht! - sondern weil ich es schade finde um ein ansonsten gutes Gedicht!

Deshalb mache ich auch immer nur "Vorschläge" und werde nicht müde, dies zu betonen, und wenn ich kritisiere, sage ich klipp und klar, dass es in stilistischen Fragen meine persönliche Ansicht ist, die ich höflich darlege, keine Abkanzelung.

Und dennoch gibt es welche, die erleben mich ebenso herablassend und arrogant wie jene, die einst ich erlebte. Ich bin dann immer einigermaßen erstaunt, denn ich vergesse, dass man mit den Jahren hier zwangsläufig einiges mitbekommt, was man zu wissen dann automatisch bei anderen voraussetzt, und wenn man dann mit diesen Fachbegriffen um sich wirft, kann es schon sein, dass man schulmeisternd und elitär rüberkommt.

Zudem ist dies ja ein stark eingeschränktes Medium. Ohne sichtbares Mienenspiel weiß der Leser nie, unter welcher emotionalen Prämisse man einen Satz geschrieben hat - und ein und derselbe Satz kann durchaus völlig unterschiedlich interpretiert werden, wenn sich der Leser den Schreiber mit einem böse verkniffenen oder mit einem wohlwollend lächelnden Gesicht dabei vorstellt - oder einem zynisch feixenden! Die Smileys helfen ein wenig...

LG, eKy

fee_reloaded 07.03.2017 15:29

Zitat:

Zitat von Erich Kykal (Beitrag 100951)
Zudem ist dies ja ein stark eingeschränktes Medium. Ohne sichtbares Mienenspiel weiß der Leser nie, unter welcher emotionalen Prämisse man einen Satz geschrieben hat - und ein und derselbe Satz kann durchaus völlig unterschiedlich interpretiert werden, wenn sich der Leser den Schreiber mit einem böse verkniffenen oder mit einem wohlwollend lächelnden Gesicht dabei vorstellt - oder einem zynisch feixenden! Die Smileys helfen ein wenig...

Stimmt, lieber Erich!

Das macht die Sache definitiv nicht einfacher. :cool:

Erich Kykal 02.04.2017 16:28

Hi Fee!

Umso wichtiger, zivilisiert miteinander umzugehen. In manch anderen Foren vermisse ich - zumindest nach subjektivem Empfinden während meiner Präsenz - diese Grundhaltung!
Dort scheint jeder leicht beleidigt und unterstellt anderen sofort, oft sogar präventiv, unlautere Motive oder absichtlich bemäntelte Metaebenen im Gesagten, so als sei jeder, der dort schreibt, per se darauf aus, alles um sich herum zu erniedrigen und zu entblößen, nur weil er Dinge sagt, die seiner Meinung nach gesagt sein sollten. Selbst wenn das höflich und wertneutral geschieht, kommt immer mindestens einer sofort an und nörgelt: "Spielst du damit jetzt auf mich an oder was!?" - so als würden dort alle nur drauf warten, sich gekränkt fühlen zu können, um augenblicklich mit voller Härte zurück- oder allgemein um sich schlagen zu dürfen!
Dort scheint man das Schlimmstmögliche jeder Aussage grundsätzlich für den Normalzustand und das heimliche Ziel des Sprechers zu halten - ein ständiger Eiertanz zwischen erbosten Kombattanten und verletzten Eitelkeiten ...

So, genug "off topic" - zurück zum Thema "Verschwurbelt".

LG, eKy

Hans Beislschmidt 04.04.2017 16:43

Hey Eky,
es ist keine Übertreibung aber wenn mir nach ergötzlicher Sprache ist, schau ich schon öfters mal in deinen roten "Riesenwälzer". Und dabei ist es auch egal welche Seite ich aufschlage, denn sie sind alle wunderbar verschwurbelt und genau deswegen lese ich darin.
Hab ich auf themenorientierte Lyrik (die gibt zwar auch bei dir) Lust, lese ich allerdings wen anderen.
Gruß vom Hans

Erich Kykal 04.04.2017 19:01

Hi Hans!

Vielen Dank für die liebe Werbung!

Dabei gibt es jetzt schon drei Bücher von mir, das vierte ist unterwegs (kommt Ende Mai oder so). :D;)

Verschwurbelt würde ich meine Lyrik im Grunde nicht nennen, das geschah hier in Reaktion auf jemanden, der diesem "klassischen" Stil solches pauschal unterstellte.

Es ist Reimlyrik mit Schwerpunkt auf schöner, runder, fließender Sprache - ganz meins eben! :):cool:

LG, eKy


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