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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 11.12.2011, 16:57   #1
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
Standard Winterhimmel

Am Winterhimmel, schleiergrau
mit Wolkentuch verhangen,
kommt silberhauchend, leisen Schritts,
die Winternacht gegangen.
Verdunkelt sich und funkelt Licht
und hüllt in ihre Schatten
die Träume und die Hoffnungen,
Erfüllung, die wir hatten.

Sag an, mein Herz, was hoffst du nun
für all die dunklen Stunden?
Was wahrst du dir und trägst es heim,
was hältst du eingebunden
in Liebe und Geborgenheit?
Dein Acker mag nun träumen.
Die Einsicht keltert still wie Wein
und reift in dunklen Räumen.

Ich grüße dich, du Winternacht
und halte dich in Ehren.
Dein Schnee ist kalt, doch mag er sacht
den bittren Frösten wehren.
Nun deck mich zu und halt mich still,
du ruhiger Schattengarten.
Was immer kommen mag, ich will
geduldig seiner warten.

Am Winterhimmel, schleiergrau
mit Wolkentuch verhangen,
kommt silberhauchend, leisen Schritts,
die Winternacht gegangen.
Und Atemzug um Atemzug
verströmt sich alles Leben,
und hat im Ursprung erst genug
genommen und gegeben.



Neufassung:
Am Winterhimmel, schleiergrau
mit Wolkentuch verhangen,
kommt silberhauchend, leisen Schritts,
die Winternacht gegangen.
Verdunkelt sich und funkelt Licht
und hüllt in ihre Schatten
die Träume und die Hoffnungen,
Erfüllung, die wir hatten.

Sag an, mein Herz, was hoffst du nun
für all die dunklen Stunden?
Was wahrst du dir und trägst es heim,
was hältst du eingebunden
in Liebe und Geborgenheit?
Dein Acker mag nun träumen:
Er keltert Einsicht, still wie Wein -
sie reift in dunklen Räumen.


Ich grüße dich, du Winternacht
und halte dich in Ehren.
Dein Schnee ist kalt, doch mag er sacht
den bittren Frösten wehren.
Nun deck mich zu und halt mich still,
du ruhiger Schattengarten.
Was immer kommen mag, ich will
geduldig seiner warten.

Am Winterhimmel, schleiergrau
mit Wolkentuch verhangen,
kommt silberhauchend, leisen Schritts,
die Winternacht gegangen.
Und Atemzug um Atemzug
verströmt sich alles Leben,
und hat im Ursprung erst genug
genommen und gegeben.
__________________
Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!

Geändert von a.c.larin (31.12.2011 um 08:06 Uhr)
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Alt 11.12.2011, 18:06   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Standard

Hi, larin!

Das klingt wunderbar lyrisch und innig, indes - ein paar "rote Stellen" kann ich dir nicht ersparen:

Zitat:
Zitat von a.c.larin Beitrag anzeigen
Am Winterhimmel, schleiergrau
mit Wolkentuch verhangen,
kommt silberhauchend, leisen Schritts,
die Winternacht gegangen.
Und dunkelt sich und funkelt Licht Kann man "sich" dunkeln? Etwas dunkelt, klar, aber so klingt es einfach falsch. Ebenso wie: Sie (die Nacht) "funkelt Licht". Auch das kann man, fürchte ich, so nicht sagen. Sie funkelt. Okay. Sie funkelt im Licht. Auch okay. Aber deine Version ist falsch.
und hüllt in ihre Schatten
die Träume und die Hoffnungen, Hier muss ein Komma hin.
Erfüllung, die wir hatten.

Sag an, mein Herz, was hoffst du nun
für all die dunklen Stunden?
Was wahrst du dir und trägst es heim, Das klingt etwas seltsam. Sollte "bewahren" sein, klar, aber in verkürzter Form - wenn auch vielleicht nicht falsch - klingt es irgendwie...nackt.
was hältst du eingebunden
in Liebe und Geborgenheit?
Dein Acker mag nun träumen.
Die Einsicht keltert still wie Wein Kann Wein keltern? Der Winzer keltert, nicht der Wein. Der reift! Alternative: "Die Einsicht reift wie guter Wein / in dunklen Kellerräumen. (in stillen, dunklen Räumen.)"
und reift in dunklen Räumen.

Ich grüße dich, du Winternacht
und halte dich in Ehren.
Dein Schnee ist kalt, doch mag er sacht
den bittren Frösten wehren. Tippfehler: Ein "n" zuviel.
Nun deck mich zu und halt mich still,
du ruhiger Schattengarten.
Was immer kommen mag, ich will
geduldig seiner warten. Klingt etwas gestelzt. "geduldig ihn erwarten." klänge entspannter.

Am Winterhimmel, schleiergrau
mit Wolkentuch verhangen,
kommt silberhauchend, leisen Schritts,
die Winternacht gegangen.
Und Atemzug um Atemzug
verströmt sich alles Leben,
und hat im Ursprung erst genug: Wäre es ohne den Doppelpunkt hier sprachlich nicht noch schöner?
Genommen und gegeben.
Ausgesprochen gern gelesen! Herrliche Sprache, tiefe Bilder. Nach (hoffentlich wohlwollend unternommenen) Korrekturen sicher ein Topthema!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.12.2011, 18:47   #3
a.c.larin
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hallo erich,

vertippselungen sofort entfernt! bei den übrigen vorschlägen muss ich noch nachdenken.
dieses gedicht ist nämlich einer meiner "alten hadern" - an den hab ich mich schon ziemlich gewöhnt.

zu str. 1:
die nacht verdunkelt sich , verdunkelt den tag - und dann funkelt sie auch licht - nämlich sterne!
ich könnte es aber in "verdunkeln abändern, denn "und" am zeilennanfang, naja - darüber bin ich ja vielelicht doch schon hinaus....

etwas zu wahren klingt mir nicht nackt - ich lass es erstmal und warte da noch andere meinungen ab.

übers "keltern" muss ich mich noch ein wenig schlauer machen. bislang hat in all den jahren an dieser stelle noch nie jemand anstoß genommen.
unter "kelter" steht im österreichischen wörterbuch u a. auch "fruchtpresse"
auch einsichten kommen ja manchmal unter großem druck zustande, werden gewissermaßen aus dem leben herausgepresst - so wie der wein (also eigentlich der traubensaft) aus den trauben. das werde ich noch mal übergrübeln.

"seiner warten" klingt dir zu gestelzt? du - als freund alter formen - graulst dich vor dem genitiv? kann ich das glauben?
vielleicht sollte ich an diese stelle besser "dessen" verwenden? (gemeint ist ja nicht der winter sondern das, was kommt.)

nach wohlwollend übernommenen korrekturen (, sei unbesorgt!)
wünsche ich dir noch einen schönen sonntagabend!
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Alt 12.12.2011, 12:25   #4
Aurora
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Liebe larin,

mit konstruktiver kann ich leider nicht aufwarten, da ich eher nur Gedichte schreibe, als sie auseinanderzunehmen und zu bewerten. Dennoch möchte ich dir sagen, dass ich dein Werk sehr gern gelesen habe. Es hat eine Leichtigkeit, die mich anrührt. Wirklich ein sehr schönes Gedicht.

Viele liebe Grüße, Aurora
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Jedes meiner Werke ist mein gedankliches Eigentum. Also schön hierlassen!

Mar thoradh ar mo cosán le todhchai neamhchinnte... Cé a fhios cad waits ag deiread na dom...
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Alt 13.12.2011, 09:02   #5
Stimme der Zeit
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Beiträge: 1.836
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Hallo, liebe larin,

ich kann mich eKy und Aurora nur anschließen. Das Gedicht ist wirklich schön und lyrisch geschrieben.

"Sinninhaltlich" möchte ich es gerne als "Ganzes" betrachten und daher weniger auf die einzelnen Strophen eingehen, sondern lieber auf die Gesamtheit. Das Gedicht "geht wirklich leisen Schrittes" einher. An mich vermittelt es Ruhe, Frieden und Akzeptanz. Die Fragen in Strophe 2 verdeutlichen das, denn auf mich wirken sie eher "rhetorisch", die Antworten gibt der Inhalt des Gedichts: Einsicht und Erkenntnis.

Die Metaphern sind wirklich gut gewählt, es fällt mir direkt schwer, hier etwas herauszusuchen, denn sie sind alle sehr schön. Aber es gibt doch einige Stellen, die mir besonders gut gefallen, und die ich daher gerne erwähnen möchte:

Zitat:
Verdunkelt sich und funkelt Licht
Das assoziiere ich mit Weihnachten und mit Hoffnung - wobei ja das eine eigentlich auch das andere besagt (oder besser ausgedrückt: besagen sollte ).

Zitat:
Die Einsicht keltert still wie Wein
und reift in dunklen Räumen.
Das ist schön geschrieben. Die "dunklen Räume" haben hier etwas "Behütendes". (Auf das "Keltern" gehe ich weiter unten noch ein, ich beziehe mich hier auf das "Reifen in dunklen Räumen", das für mich eine schöne Formulierung ist.)

Zitat:
Ich grüße dich, du Winternacht
und halte dich in Ehren.
Das ist (für mich) eine "besondere" Stelle. Sie verleiht dem Inhalt etwas sehr Positives, denn der Winter wird "begrüßt" und "in Ehren gehalten". Er wird, im "guten Sinne", angenommen.

Zitat:
Nun deck mich zu und halt mich still,
du ruhiger Schattengarten.
Was immer kommen mag, ich will
geduldig seiner warten.
Ja. Ruhe und Geduld. Was künftig auch kommt, das LI lässt es ruhig auf sich zukommen.

Zitat:
Und Atemzug um Atemzug
verströmt sich alles Leben,
und hat im Ursprung erst genug
genommen und gegeben.
Das "Ende" des Gedichts hat eine tiefere Bedeutung. Hier kann ich auch ein wenig "weiterdenken" und komme zur Erkenntnis, dass der "Ursprung" nichts Bedrohliches an sich hat, sondern eine Rückkehr dorthin nur die natürliche Folge des "Nehmens und Gebens" ist. So natürlich wie das Atmen und das sich darin verströmende Leben.

Ich wollte gerne diese Stellen ein wenig hervorheben, aber ehrlich: Am liebsten hätte ich das ganze Gedicht zitiert.

Formal kann ich nach Erichs Anmerkungen nur sagen: Jetzt ist es "rund". Metrisch ist es einwandfrei und das Reimschema gefällt mir. Dass sich in den ersten beiden Strophen nur jeder zweite Vers reimt, fiel mir erst beim "näheren" Hinsehen auf. Die Wiederholung der ersten vier Verse in der letzten Strophe ist ebenfalls gut gemacht, wie eine "Rückführung" im Sinne des "Nehmens und Gebens".

Was eKys Hinweis auf das "Keltern" betrifft, ich glaube, dass er recht hat; ich denke auch, dass es der Winzer ist, der den Wein keltert. Wenn ich auch etwas vorschlagen darf, man könnte es etwas "umstellen", so dass außer dem Wort "Keltern" eigentlich nichts wirklich geändert wird, auch die "Stille" bleibt so erhalten:

Die Einsicht reift heran wie Wein
in dunklen, stillen Räumen.

Was meinst du? (Ich muss sagen, dass ich hier die Satzstellung nicht als inversiv empfinde - aber das ist ja bekanntlich "Geschmackssache", ich kann nicht beurteilen, wie andere das sehen.)

"Was wahrst du dir ..." Ich finde, das kann so bleiben, denn "wahren" bedeutet ja "schützen, verteidigen, (etwas) aufrechterhalten"; und "bewahren" bedeutet zwar beinahe das Gleiche, dort liegt der "Bedeutungsschwerpunkt" aber eher beim (auf)bewahren, aufheben, d. h. im "Behalten". Es bedeutet zwar auch "beschützen", aber für mich (ganz persönlich) wirkt "wahren" hier, auf den inhaltlichen Kontext bezogen, eine kleine "Nuance" besser. (Die Meinungen sind eben verschieden. )

Und was "geduldig seiner warten" betrifft, ich würde es eher so belassen, denn ich wiederum könnte mich an dieser Stelle nicht mit "dessen" anfreunden.

Ich hinterlasse gerne ein Lob für ein sehr schönes Gedicht, dessen "Nachdenklichkeit" sich hier in einer "ruhigen Besinnung" zeigt.

Sehr gerne gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.



Geändert von Stimme der Zeit (13.12.2011 um 09:07 Uhr) Grund: Kleine Änderung.
Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.12.2011, 08:03   #6
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Standard

liebe aurora,
vielen dank für deine anerkennenden worte!

hallo stimme der zeit,
die mühe, die du dir beim interpretieren und kommentieren gibst, ist kaum zu toppen - dafür jetzt einmal eine "standing ovation".
deinen vorschlag bezüglich des "kelterns" lass ich mir durch den kopf gehen - ich hänge aber immer noch an dem Wort. es gefällt mir in dem zusammenhang einfach zu gut

ich probier mal eine neufassung.

liebe grüße, larin
__________________
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a.c.larin ist offline   Mit Zitat antworten
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