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Alt 19.03.2012, 11:01   #1
Galapapa
Galapapa
 
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Standard Zeitenstrom

Er steht im Bachbett seines Lebens,
zu beiden Seiten fließt die Zeit.
Sie aufzuhalten wär vergebens
weil sie sich stets aufs Neu befreit.

Sind viele Jahre dann vergangen,
ward aus dem Bach ein breiter Strom.
Im Fluss der Zeit ist er gefangen -
in ihm scheint Freiheit ein Phantom.

Die groben Planken seines Floßes,
auf dem er hilflos weitertreibt,
sind die Bestimmung seines Loses,
das ihn sich restlos einverleibt.

Bis er in seinen letzten Stunden
das Ziel erreicht, das ihn befreit;
den Frieden hat er dann gefunden
im Ozean der Ewigkeit.

Geändert von Galapapa (20.03.2012 um 09:22 Uhr)
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Alt 19.03.2012, 19:29   #2
Dana
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Lieber Galapapa,

schon den Titel - Zeit und Strom - beide Worte kann man verbunden und getrennt sehen. In den letzten "Zeitstunden" erreicht er das Ziel, den befreienden Frieden und mündet in der Ewigkeit. Dazwischen findet Leben statt, das unaufhaltsam mit allen Gegebenheiten der Zeit unterliegt.

Ein wunderschönes Gedicht, unendlich wortverspielt, wahr und doch ohne Antwort. (Das bestimme ich für mich - denn ich wünsche mir immer noch eine fassbare Erklärung für das Sein an sich und erst recht für das Münden im Ozean.)

Ich denke, du wolltest nicht ausschließlich den Lauf eines Flusses darstellen.
Ein Strom ist auch jedes Menschenleben. Jedes Leben (ob Mensch, Tier oder Pflanze) mündet demnach im Ozean der Ewigkeit.
Sag mir deine Gedanken dazu. Was beinhaltet diese "zeitlose Ewigkeit"?
Wenn sie der Ursprung allen Seins ist, wie ist sie darin spürbar, bzw. wie wird sie wahrgenommen? Alles, was ist, muss demnach ein Teil von ihr sein.
Wenn ich nur körperlich fühlen kann und mit dem Gehirn denken kann - dann muss ohne diese Teile doch noch mehr bleiben, oder? Verstehe ich nur dann und vergesse in der Zeit (Vergänglichkeit)?
(Fühle dich nicht überfordert - ich sammle nur Gedanken dazu.)

Ich sende dir einen Gruß in den Ozean, mal sehen ob er danach ankommt.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 20.03.2012, 09:14   #3
Galapapa
Galapapa
 
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Liebe Dana,
ganz lieben Dank für Deinen Kommentar und Dein Lob für meinen Text!
Irgendwie scheint mir in Deinen Worten und Gedanken eine gewisse Traurigkeit mitzuschwingen, auch so etwas wie Ratlosigkeit.
Ich will Dir gern Deine Fragen beantworten und versuchen, Dich vielleicht auch ein wenig aufzuheitern, wenngleich ich natürlich auch nicht in der Lage bin, all diese Fragen, die im Gedicht anklingen, befriedigend zu lösen.
Ich habe versucht, eine Parallele aufzuzeigen zwischen dem Leben und dem Verlauf eines Flusses. Die Idee kam mir, als ich in einem Bach stand und das Wasser betrachtete, das links und rechts an meinen Beinen vorbeifloss.
"Es ist wie die Zeit," dachte ich dabei.
Es sammelt sich immer mehr Zeit um uns, je länger wie leben und der Bach wird zum Fluss, der Fluss zum Strom.
Unsere Reise beginnt da, wo die Zeit uns mitnimmt und wir dieser Kraft, die ich Schicksal oder Los nannte, ausgeliefert sind.
Sicher, wir können Einfluss nehmen, unser Leben verändern, ihm eine neue Richtung geben, doch ob schwimmend, im Boot oder auf dem Floß, ob wir gegen den Strom anrudern, uns drehen oder das Ufer zu erreichen versuchen, letztlich zieht uns der Fluss zur Mündung.
So nimmt die Lebenszeit zu und geht schließlich im Ozean mit seinen scheinbar unendlichen Wassermengen auf.
Soweit man Deine Fragen beantworten kann, hast Du mit Deinen Worten bereits die Antwort gefunden. Wir sind Teil eines unendlichen, ewigen Ganzen, in dem die Antwort für alle Fragen steckt, allein unser Verstand reicht nicht aus, um zu begreifen, was es beinhaltet und warum.
Unser hoch entwickelter Verstand hat uns große Vorteile gebracht, aber auch den Nachteil, seine Grenzen nur schwer oder gar nicht akzeptieren zu können.
Es ist, als ob Du auf Deinem Weg an eine Mauer kommst, die so hoch ist, dass Du ihr oberes Ende gar nicht sehen kannst. Sie ist unüberwindlich.
Der Versuch, mit Hilfe der Phantasie die Grenzen des Verstandes zu überwinden ist wie sich an die Mauer setzen, die Augen schließen und sich vorstellen, einen Tunnel darunter durch zu graben oder sich in die Luft zu erheben und darüber hinweg zu fliegen.
Das beruhigt für den Moment, bringt einen aber keinen Naometer weiter und schon gar nicht auf die andere Seite der Mauer.
Auch ich habe versucht, zu graben bis mir die Hände bluteten und habe mit den Armen zu flattern versucht bis sie müde waren.
Es gibt für uns nur einen Weg: In Demut zu warten und uns in der Zufriedenheit zu bescheiden, dass wir Teil eines unbegreiflich gewaltigen Ganzen sind.
Das hat Siddhartha (Hermann Hesse) nach all seinen Irrwegen erkannt, als er den großen Fluss betrachtete und sich in einem Wassertropfen wiedererkannte.
Ich sehe natürlich auch, dass diese Erkenntnis immer noch nichts sagt über das Warum und das Woher.
Wer sagt denn, dass wir die Mauer überhaupt überwinden müssen?
Gewiss, es ist nicht leicht, sich so in sein Schicksal zu ergeben und sich selbst als höchst unvollkommene "Krone der Schöpfung" zu erkennen, dabei können wir noch nicht einmal das begreifen, was wir als "Schöpfung" bezeichnen. Doch ist es eine sehr effiziente Übung in Bescheidenheit, die keine menschliche Grundeigenschaft zu sein scheint.
In der Zufriedenheit ist das Glück verborgen, dem wir alle nachjagen.
Nicht wir bestimmen den Weg, den wir gehen, sondern der Strom. Aus Bescheidenheit können wir die Kraft gewinnen für das Vertrauen, uns treiben zu lassen, im sich Treibenlassen steckt der Frieden.
Ich bin mir sehr wohl darüber im Klaren, dass dies auch keine geniale Lösung für Deine Fragen ist, vielleicht aber ein kleiner Anstoß, einmal in eine andere Richtung zu gehen bzw. zu denken.
Dies alles ist ein Teil meiner Gedanken, mit denen ich gelernt habe, in Repekt und Achtung meinen Mitmenschen und meiner Umwelt zu begegnen und in der ich meinen Frieden gefunden habe.
Nochmals danke, liebe Dana, und herzliche Grüße an Dich!
Galapapa
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