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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 06.02.2010, 19:33   #1
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
Ort: Im Wilden Süden
Beiträge: 3.210
Standard Zuckerschlecken

Zuckerschlecken


Was soll das Geschrei bezwecken?
Sterben nicht die letzten Recken?
Sag es laut und ohne Schmu:
Gutes geht, die Tür fällt zu.

Narr zu sein - kein Zuckerschlecken:
Ehrlichkeit ist am Verrecken.
Wer noch sagt, was er sich denkt,
Wird am nächsten Ast gehenkt.

Den, der’s wagt, laut anzuecken,
Wird man in die Klapse stecken:
Geh mit Gott, geh in den Tod,
Halt den Mund, willst du vom Brot.

Achte drauf, dich zu verstecken,
Züngle nicht beim Ärschelecken:
Nimm nichts ernst, doch zeig es nicht.
Schweigen ist die höchste Pflicht.

Was will dein Geschrei bezwecken:
Enden nicht zuerst die Kecken?
Böses kommt, die Tür geht auf.
Stell dich nicht in seinen Lauf.
__________________
Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt
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Abdruck von Werken ist erwünscht, bedarf jedoch der vorherigen Zustimmung und der Nennung von Autor und Urheberrechtsvorbehalt

Geändert von Walther (07.02.2010 um 12:55 Uhr)
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Alt 06.02.2010, 21:16   #2
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Beiträge: 9.908
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Guten Abend Walter,

das ganze Leben ist kein Zuckerschlecken.

Kaum hast du dich an etwas gewöhnt, ändert es sich auch schon wieder und du musst dich neu orientieren.

Das kann man natürlich auch positiv sehen und sagen, nun denn, dann wird es auch nicht langweilig.
Pessimisten hingegen halten diese Aussage für reinen Zynismus.

Aber, aber, wer wird denn gleich?

Sehnen wir uns nicht alle, nach etwas Konstantem, etwas, an dem man sich fest halten kann?

Nun denn, die Zeiten ändern sich und aus der Sicht deines erzählenden LI's wohl nicht zum Guten.
Da kannst du noch so laut schreien, die letzten Säulen der "alten Garde" treten gerade so nach und nach ab.

Und der Otto Normalverbraucher? Der muss sich dumm stellen, denn Ehrlichkeit wird heute nicht mehr belohnt. Im Gegenteil, du musst den Mund halten, sonst bekommst du die Sanktionen zu spüren, indem du z.B. den Arbeitsplatz verlierst.

Oder sie nennen dich verrückt, weil du gegen den Strom schwimmst und isolieren dich gesellschaftlich.
Es kann sogar sein, daß sie dich im Namen Gottes in einen Krieg schicken, wenn sie es befehlen.
Und wenn du zu all dem nicht schweigst, bekommst du nicht einmal mehr ein Krümelchen vom großen Kuchen.

Das, was du wirklich denkst, verbirgst du besser, indem du dich an den richtigen Stellen gefügsam duckst.
Wenn du dir das alles zu Herzen nimmst, gehst du daran zugrunde, also tue es nicht. Das aber darfst du dann wiederum auch nicht zeigen.

Also nützt Geschrei überhaupt nichts, denn es kommt immer so, wie es kommen soll.
Die großen Kuchenstückbesitzer, sind sowieso die ersten, die es trifft.
Wenn ihnen ihr Kuchen nämlich nichts mehr nützt, sind sie aufgeschmissen.
Und auch sie wird es in den kommenden bösen Zeiten treffen, also lass den Dingen ihren Lauf.


Tja, ein fürwahr traurige und düstere Lebensanleitung für die kommenden Generationen.
Kinder, lasst euch nicht verbiegen, aber zeigt es bloß nicht.


In diesem Sinne gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 07.02.2010, 20:59   #3
Dana
Slawische Seele
 
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Beiträge: 5.637
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Lieber Walther,
das ist wirklich finstere Nacht - doch leider wahr.

Dein Gedicht hat sogar zu einer privaten Diskussion geführt, die zwar wichtig und wertvoll gewesen ist - doch:

Zitat:
Zitat von Walther
Was will dein Geschrei bezwecken:
Enden nicht zuerst die Kecken?
Böses kommt, die Tür geht auf.
Stell dich nicht in seinen Lauf.
auch wir endeten mit eben dieser Strophe.

In diesen deinen Versen steckt sehr viel - Rebellion und Ausweglosigkeit zugleich.
Geht man in Geschichten der Kulturen zurück, kann man sehr gut verfolgen:

Jede Kultur strebt das Höchste an. Erreicht sie es, kommt ihr Untergang in jeweils zeitlich bedingter Relation, so sicher, wie das Amen in der Kirche.
Die Kreise schließen sich.

Mit nachdenklichen Grüßen
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.02.2010, 19:01   #4
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
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Beiträge: 3.210
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Lb. Falderwald,

zum Einen: Originale sind nicht auf der Beliebtheitsskala weit oben. Zum Anderen: Die aktuellen Ereignisse (China, Iran, Russland, Casinius-Gymnasium etc.) reizten dazu, dieses Thema verdichtet aufzugreifen.

Du hast schon recht: Nur nicht anecken, nur kein Mut, bloß nicht in Konflikte geraten, das ist ein Credo unserer Zeit.

Danke für Deinen Eintrag und Deine tiefen Gedanken.

LG W.

Lb. Dana,

es liegt an uns, ob das beschriebene Menetekel eintritt. Wir können es verhindern, indem wir uns für den Widerstand entscheiden, geradlinig bleiben, aufrecht, selbstbewußt und ehrlich.

Das kann mühevoll sein. Aber vielleicht kann es sich auch lohnen.

Danke und lieber Gruß W.
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