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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 04.10.2014, 19:32   #1
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Ort: Inselstadt Ratzeburg
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Standard Schicksal



Schicksal


Da sitzt ein kleiner Tropf, ein armer kalter,
er tropft wie kleine Tröpfchen vor sich hin
und fragt sich oft, macht dieses Tropfen Sinn,
das Klopfen seiner Tropfen Lebensalter?

Hier hockt ein Wiedehopf und dort ein Falter,
die fragen nicht, solang ich denke bin
ich auch, für sie heißt es seit Anbeginn,
es überlebt sich nur als Selbstverwalter.

So frisst der Wiedehopf den Tropf, ach nein,
den Falter, denn das Tropfen klopft noch immer
im Selbstmitleid zu seiner Seelenpein.

Dem Tropf hilft auch kein Schmetterlingsdesign,
das Leben tropft nicht nur zu kurz, nein schlimmer,
es klopft dabei auch manchmal hundsgemein.


Falderwald
. .. .


__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 04.10.2014, 20:37   #2
momo
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Beiträge: n/a
Standard

Hallo Falderwald,
ich habe fast Tränen gelacht, als ich deine tiefenpsychologischen Sonett-Zeilen las, die wie aus dem Leben gegriffen sind!
Meine Lieblingsstellen sind die 3-4 Str.:
Das Tropfen klopft im Selbstmitleid zu seiner Pein! - Super Idee - und wie wahr, wie wahr!

Die 4.Str. finde ich einfach nur genial. Dein Gedicht hat meinen Abend zu einem hellen Tag verwandelt. Danke dafür.

Nun hätte ich vielleicht eine Anregung für die Str.2, Z.4.: man überlebt selbst nur....usw

In der Str. 2 Z.2 würde ich die Kommas wie folgt setzen:
die fragen nicht, solang ich denke, bin


und
ich bin begeistert!

Liebe Grüße
momo
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Alt 06.10.2014, 19:01   #3
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
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Beiträge: 13.001
Standard

Hallo Faldi,
Zitat:
Zitat von momo
ich habe fast Tränen gelacht, als ich deine tiefenpsychologischen Sonett-Zeilen las,
lachen, wie momo, konnte ich nun gar nicht über dein Gedicht - eher weinen, aber auf jeden Fall nachdenken über das,
was man Schicksal nennt.

Den Tropf(en) hat eine ganz massive Depression erwischt, er fragt sich, was das Leben, sein Leben,
ausmacht und ob es überhaupt noch lebenswert ist, weil er über kurz oder lang aufgesaugt wird,
durch was und wen auch immer.
Dann gibt es die, die Wiedehopfs und Falter, die nehmen, wie es kommt und was auch kommt.
Denen geht es besser, sie machen sich keinen Kopf um der Dinge Fort- und Ausgang.
Sie preschen durchs Leben und pflegen ihren Egoismus.

Schicksal ist das, wohinein man geboren wird.
Ist, was man daraus macht, auch Schicksal, oder haben wir es selbst in der Hand?

Ein starker Text. Den Bezug zu mir als Leser - den behalte ich für mich

Egal, ob meine Interpretation deine Intention trifft: Mich hat dein Sonett
zu diesen Gedanken animiert.


Lieben Gruß,
Chavi



__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*

Geändert von Chavali (06.10.2014 um 19:07 Uhr)
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.10.2014, 20:41   #4
momo
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Beiträge: n/a
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Hallo Chavali,

genau genommen habe ich geschrieben: Ich habe Tränen gelacht.
Nein, ich habe nicht über den TROPF gelacht, sondern über die Tragikomödie des Lebens. Diese tragikomisch-ironische Melodie in dem Gedicht (genau 1.Str) habe ich ganz deutlich aufgenommen, ich hörte sie heute in mir den ganzen Tag klingen. Hast du nicht verstanden, dass ich über mich selbst gelacht habe? Ja, ich habe mich ganz genau in dem Gedicht wiedergefunden, in allen drei Gestalten.
Vielleicht habe ich in meiner Begeisterung nicht deutlich meine Interpretation erklärt.

Der griesgrämig depressive Tropf, der lebensfrohe Falter, der nüchterne Wiedehopf. Das alles kennen wir aus dem Leben. Jeder von uns unterordnet das eigenes Leben den eigenen Zielen.
Jeder von uns kann auf eigenes Schicksal einwirken. Gestern war ich vielleicht der Tropf, heute werde ich zum Falter, um morgen als ein Wiedehopf auferstehen?
Ich allein bin verantwortlich für mein eigenes Schicksal, für das was aus mir werde. Ich kann entscheiden, ob ich als ein Tropf herumhängen will und alle um mich herum beschuldigen möchte. Ich kann aber auch einen ausgestreckten Hand suchen, nach dem Licht streben und nach und nach aus der Dunkelheit herauskommen.

Aber nö. Der Tropf tropft weiter, bis er in dem eigenen Selbstmitleid ertrinkt. Es ist ja weniger anstrengend, den Schuld für das "Schicksal" jemandem in die Schuhe zu schieben, als aufzustehen und etwas dafür zu tun, damit sich die Situation ändert.
Naja. Da kann man ja gar nix machen.


LG momo

Geändert von momo (07.10.2014 um 02:25 Uhr)
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Alt 08.10.2014, 18:19   #5
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.908
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Hi Chavi,

deine Gedanken zielen in die richtige Richtung.

Lässt sich das Schicksal beeinflussen?

Das ist eine gute Frage, an der sich schon andere Geister versucht haben. Ich denke, das muss jeder für sich selbst entscheiden, denn die Lebenssituationen sind nun mal grundverschieden.

Bist du ein Wiedehopf, dann brauchst du den Falter zur Ernährung und damit zur Lebenserhaltung.
Bist du ein Falter, dann versuchst du den Wiedehopf, ebenfalls aus Gründen der Lebenserhaltung, möglichst zu meiden.

Wie du es auch drehst, alles ist von unbewusst oder bewusst getroffenen Entscheidung abhängig, jeder Schritt, der gemacht wird, entscheidet über das Leben.

Das Problem dabei ist, du kannst nicht alle Möglichkeiten einplanen und so können auch die Entscheidungen anderer dein Schicksal beeinflussen.

Also könnte man die obige Frage nur bedingt beantworten.

Was am Ende richtig oder falsch war, bleibt dabei eigentlich irrelevant.

Vielleicht könnte man sagen: Wir sind das Schicksal, Widerstand ist zwecklos.

Aber verändern kann man immer was, egal in welche Richtung sich das dann entwickelt.

Letztendlich ist dein Schicksal vorprogrammiert, davon bin ich überzeugt, denn es kommt so, wie es logisch erfolgen muss, weil eben die Bedingungen dafür bereits erfüllt sind.

Wenn jemand einen Flug absagt und der gebuchte Flieger abstürzt, dann war es eben sein Schicksal und sein Tag war noch nicht gekommen.
Für diejenigen im Flieger erfüllte sich ein anderes Schicksal.

Und alle Schicksale entstanden aus der logischen Verknüpfung und Verkettung der verschiedensten Ereignisse.

Trof, tropf, tropf...


Vielen Dank für deine Gedanken und deinen Kommentar...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


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