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Alt 01.10.2012, 17:53   #3
Hans Beislschmidt
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Hey Faldi,

Danke für den ausführlichen Kommentar und Gedanken.

Du hast viele Deutungen zu dem Text ausgearbeitet und einiges davon kann ich gut nachvollziehen. Ich muss also etwas ausholen, warum ich diesen Text geschrieben habe und die Intention, die dahinter steckt. Ich habe die Sommermonate dazu benutzt Seminare über Kommunikationstherapie, unter anderem auch in der Palliativ Medizin (Hospiz Bewegung/Sterbebegleitung) zu machen. Die Beschäftigung mit den fünf Phasen des Sterbens und der Arbeit von Cicely Saunders war sehr interessant und hat mir neue Perspektiven eröffnet.

Zuerst zu der etwas ungewöhnlichen Farbgebung. Kein Paulchen Panter steckt dahinter, sondern der Umstand, dass mit verschiedenen Farben Experimente gemacht wurden, um festzustellen, welche Farbe wie auf die Emotionalität des Menschen wirkt. Bei der Farbe rosa hat man festgestellt, dass sie zutiefst beruhigend auf das Unterbewusstsein einwirkt und man hat bei Versuchen innerhalb des Spektrums „Gewaltprävention“ in Gefängnissen erstaunliche Ergebnisse erzielt. Natürlich war auch ein gewisser Auffälligkeitsbonus mit im Spiel, weshalb ich mich für Picture&Poetry entschieden habe.

Das Gedicht ist eine Traumparabel und erzählt vom LyIch in der fünften und letzten Phase des Sterbens. Sein Begleiter ist, ähnlich wie in der griechischen Mythologie der Fährmann Charon, der den Mensch nicht nur zurückbegleitet, sondern auch aus der anderen „Welt“ abholt. Damit erschließt sich die Affinität vom „Anfang“ und „Ende“ in dem Gedicht. Das Zurücklassen oder Fallenlassen von „Stück um Stück“ ist einerseits die unnötige Kleidung, andererseits aber auch der unnötige Ballast, der sich im Leben angehäuft hat und nun keine Bedeutung mehr hat. Der Hinweis auf den „Stab“ ist einmal der Stab auf den das LyIch sich stützt, meint aber auch ein Teil der weltlichen Insignien von Macht und Würde, die bald nicht mehr gebraucht werden. Ich wollte deutlich machen, dass der Mensch genauso nackt und „unbedarft“ stirbt, wie er geboren wurde. Weltliche Güter oder zivilisatorische Errungenschaften spielen keine Rolle mehr. Das Gedicht spielt auf keinen religiösen Hintergrund an, bestenfalls auf die philosophische Frage, was mit uns oder mit unserem Geist passiert oder besser noch, ob noch überhaupt etwas passiert.

Die Lesbarkeit lediglich mit dem Auge einer metrischen Erfüllbarkeit zu sehen, war noch nie mein Anspruch an die Lyrik. Insofern sehe ich in einem durchgängigen Jambus kein „Must“ – vielmehr streue ich bewusst einen Trochäus ein, weil er durch seinen kraftvollen Auftakt den jambischen SingSang aufbricht. Ich habe ein eher ursprüngliches Lyrikverständnis. Allein der Begriff „Lyra“ ist ja das Musikinstrument, zu der die Lyrik rezitiert wurde. In dem Wort Dichter steckt in meiner persönlichen Etymologie der 'Dicter' - also der 'Sprecher' oder 'Redner'. (dicere = sprechen, sagen). Die Prosodie des gesprochenen Wortes hat drei wesentliche Grundlagen: Klang, Zeit und Sinn. Kombiniert man Klang und Zeit, so hat man Rhythmik. Kombiniert man Rhythmik mit Sinn, kann mich Lyrik überzeugen. Wenn hingegen Lyrik sich lediglich auf eine Opitzsche Metrik reduziert, mag das wohl schön klingen, verliert aber, weil zu glatt, ihre Kraft und wird mehr und mehr weichgespült und unverbindlich. Deshalb gehört für mich ein eingeschobener, kraftvoller Tröchäus einfach dazu, wie eine Dissonanz im Jazz. Ist halt ein "Beislschmidt"

Ein Beispiel – du schreibst ...
Zu spät für hohle Heuchelei. ... Das ist kein vollständiger Satz, weil das Verb fehlt. .... Meine Version ist ein Appellsatz, braucht ergo gar kein Verb und klingt stärker, fast wie ein Befehl ....
Dein Vorschlag:
Was soll die hohle Heuchelei? ist zwar auch nicht schlecht, nur empfinde ich, er trifft nicht genau das Präsens und die dezidierte Situation und bewegt sich auf Allgemeinschauplätzen.

Trotz allem gefallen mir einige deiner Vorschläge gut, z.B.

Geh ohne Zorn nun, unbedacht. – XxxXxXxX gefällt mir besser (auch wegen dem Trochäus und dem stärkeren Wort Zorn)
Gegenüber meiner Version
Nun geh - ohne Zaudern, unbedacht. xXxxXxXxX

Werde ich gerne übernehmen.

Ferner:
Ein Anfang ist des Endes Zwang.
gegenüber
Gleicht das Ende doch dem Anfang?
– sicher ist Zwang der bessere Reim als Anfang, nur drückt es nicht den Umstand aus, dass Ende und Anfang „eins“ sind – vielleicht fällt dir noch eine andere Variante ein.


Ich hoffe, ich konnte Intention und Herangehensweise etwas verdeutlichen und bedanke mich nochmals für deinen Kommentar.

Gruß nach Ratzeburg vom Hans


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__________________
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