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Ausflug in die Natur Natur- und Tiergedichte

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Alt 17.12.2016, 12:22   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Standard Reifgestalten

Da draußen liegt der Reif in meinem Garten
wie in der Nacht zerstoßnes Bleikristall
auf Halm und Zweig, auf Stein und überall -
als könnte er zu funkeln kaum erwarten,

wenn sich die schweren Nebel endlich lichten.
Ein seltsam Ding, in Dunkelheit geboren,
im Lichte glühend, doch darin verloren,
wenn Wintersonnenstrahlen es vernichten.

Es scheint mir zu verlaufen wie ein Leben:
Ein Ursprung in verschwiegnen Finsternissen,
der Kindheit sanfte Nebel bald zerrissen,

ein kurzes Glitzern, wo die Winkel passen -
um allzu bald, wenn sich die Schatten heben,
im allzu Hellen haltlos zu verblassen.
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (31.01.2017 um 18:52 Uhr)
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Alt 17.12.2016, 19:37   #2
Thomas
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Lieber Erich,

dein Gedicht gefällt mir. Was hälts du davon, in der letzten Zeile an die Stelle des "haltlos" einfach einen Gedankenstrich zu setzten, sozusagen eine Jambus als Pause. Ich fände das interessanter, will dich aber nicht zu Ungebührlichem verleiten.

Liebe Grüße
Thomas
__________________
© Ralf Schauerhammer

Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller
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Alt 17.12.2016, 20:18   #3
Erich Kykal
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Hi Thomas!

Ungebührlich ist das nicht, und ich verstehe deine Intention, indes - ich bevorzuge eine obstruktionsfrei fließende Sprachmelodie. Man kann solche Stellen auch durch Verlangsamung oder Modulation der Lautstärke ausreichend akzentuieren - so zumindest meine Meinung.

Vielen Dank für deine Gedanken!

LG, eKy
__________________
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Alt 17.12.2016, 21:53   #4
Thomas
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Lieber Erich,

habe ich mir es doch gedacht.

Liebe Grüße
Thomas
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Alt 18.12.2016, 19:50   #5
Dana
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Lieber eKy,
wunderschön als Naturbildnis und als Vergleich zum Leben.
In der Sprachführung vom "Anbeginn" ideal, gekonnt und bezaubernd erfasst.

Zitat:
Zitat von Erich Kykal
wenn sich die schweren Nebel endlich lichten.
Ein seltsam Ding, in Dunkelheit geboren,
im Lichte glühend, doch darin verloren,
wenn Wintersonnenstrahlen es vernichten.

Es scheint mir zu verlaufen wie ein Leben:
Ein Ursprung in verschwiegnen Finsternissen,
der Kindheit sanfte Nebel bald zerrissen,
Es gefällt mir ungemein.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 18.12.2016, 21:06   #6
Erich Kykal
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Hi Dana!

Vielen Dank für deine Begeisterung!

LG, eKy
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Alt 19.12.2016, 12:38   #7
juli
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Lieber Erich,

Ich teile die Begeisterung!

Man könnte auch den Titel: "Reifgestalten" wörtlich nehmen und es auf Menschen übertragen.

Für mich ein wunderbar nachdenkliches Naturbild mit Tiefsinn.

Liebe Grüße sy

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Alt 19.12.2016, 17:30   #8
Erich Kykal
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Hi Sy!

Genauso wie von dir avisiert habe ich den Titel ja gemeint, spricht doch das Gedicht in den Terzetten selbst diesen Vergleich an.

Vielen Dank für deine Begeisterung!

LG, eKy
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Alt 20.12.2016, 07:07   #9
Angelika
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Sehr schön, deine Winterzeilen, Erich. Besonders gefällt mir das 1. Quartett, weil du hier sehr irdisch bist. Aber der Titel sagt es schon: Reifgestalten. Der Vergleich mit dem Leben des Menschen - nun ja. Alles hat einen Anfang und ein Ende. Nichts bleibt außer Erinnerung.

Angelika
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Alt 20.12.2016, 19:54   #10
Erich Kykal
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Hi Angelika!

Nicht bleibt als Erinnerung - und nicht mal die für lange! Otto Normalverbraucher ist spätestens drei Generationen weiter vergessen, die zeitnahen Celebrities nach wenigen Jahrzehnten (wer unter den Teenagern kannte wohl noch die Gabor?), und die wirklich großen Berühmtheiten überdauern auch nur ein paar Jahrhunderte. Ganz wenige Namen werden über Jahrtausende weitergereicht, aber mehr sind sie dann auch nicht mehr: Nackte Namen, mit denen man ein Klischee oder einen speziellen Inhalt verknüpft. Der einstige Mensch dahinter spielt selbst keine Rolle mehr.

Wir sollten endlich diese ewige und unselige Suche nach Bedeutung aufgeben - wer ernstlich darüber nachdenkt, kann diesbezüglich eigentlich nur enttäuscht werden. Das Leben muss keinen anderen Sinn haben als den, eben einfach zu sein! Den Tieren ist das allemal genug! Für die Menschen könnte ein Zusatz heißen: "... und sich selbst zu erweitern." Aber wofür? Mit dem Tod endet alles - nur wer seine Weisheiten aufschreibt und weitergibt, erfüllt sein Leben mit so etwas wie Zweck, zumindest einem kurzfristigen, denn wenn dereinst die Menschheit endet, wird spätestens auch das obsolet - sofern das überlieferte Geschreibsel überhaupt überliefernswert war!

Für mich selbst bedeutet es: Der eigenen Neugier folgen und sie befriedigen, die künstlerischen Fähigkeiten zu verfeinern und zu erweitern, und ab und zu irgendwem auf die Nerven gehen mit meiner Klugscheißerei, bei dem ich das Gefühl habe, es könnte sich bei diesem als sinnvoll erweisen. Ansonsten das Leben mit allen Sinnen genießen, ohne mich allzu sehr anzustregen oder zu stressen. Was von mir bleibt? Ein paar Bilder, ein paar Gedichte - das ist auch genug! Ruhm ist nur eine Krücke für die innerlich Schwachen - und bestenfalls ein zweischneidiges Schwert!

LG, eKy
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