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Auf der Suche nach Spiritualität Religion und Mythen

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Alt 03.04.2017, 22:05   #1
Thomas
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Der Schamane singt

Glaubt nur, ich lebte in der kleinen Welt,
die ihr bewohnt und fast begreift,
die sich durch axiomatische Systeme
beschreiben und verstehen lässt.

Glaubt nur, ich sei euch einfach zugesellt,
wie euer Hund, dem ihr das Futter bringt,
vielleicht wie Gott auch, dem ihr opfern müsst,
weil ihr den Ernst der Schöpfung flieht.

Glaubt nur, ich sei ein Blinder, so wie ihr.
Zwar bin ich mit den Augen blind,
doch sieht mein Nabel schon der Zukunft Strahl
und meine Hände läutern Erz.

Bis in den Himmel, glaubt mir, reicht mein Baum
und in die Hölle reicht sein Pfahl:
Nichts teuflisches, das mir noch unbekannt,
nichts himmlisches, das mir noch fremd.
__________________
© Ralf Schauerhammer

Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller

Geändert von Thomas (04.04.2017 um 06:55 Uhr)
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Alt 04.04.2017, 15:03   #2
Kokochanel
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Schamanismus ist ein heikles Thema, lieber Thomas- ich bin ihm sowohl in Afrika wie auch in Asien begegnet,als ich dort lebte.
Der Schamane, von den Geistern berufen und mit vielfältigen Fähigkeiten ausgestattet ( manche meinen, das Wort leite sich von "Wissen" ab) zeigt sich je nach Kultur oder Religion in verschiedensten Ausprägungen: Als Geistermedium, als Wahrsager, als Heiler, als eine Art Priester und Respektsperson, die manipulativ auf andere einwirkt.
Auch böse Schamanen, die Flüche aussprechen und andere verhexen, sind bekannt.
Zudem kommt ein neumodischer Hype des Schamanentums dazu, es ist modern, an so etwas zu glauben.

Ich denke schon, dass es Menschen gibt, die besondere Fähigkeiten haben und dass es sie immer gab.
Die wahren Schamanen erzählen es nicht.
Eingewoben in kulturelle und religiöse Strukturen jedoch,
geht es vielfach um Macht.

Auch dieser, von dir beschriebene Schamane, welcher Art er auch immer sein soll, bleibt vage, kommt mir lächerlich selbstherrlich vor. Glaubt ihr nur, ihr Dummen, aber ich, ich weiß alles. Nee, ...

Natürlich fußt "unsere "Welt auf Axiomen, das verschafft ihr ein Stück Sicherheit.Wer immer alles in Frage stellen will, entzieht sich selbst die Basis.

Was will dieser Prot und damit das Gedicht uns sagen?
Da ist einer, der diese Axiome übergehen kann, weil er weiter sieht?
Womit belegt er das? Es ist eine Behauptung, nichts weiter.
Jeder Guru jeder drittklassigen Sekte behauptet das..

Wie stellt er sich weiter dar?
"Glaubt nur, ich sei euch einfach zugesellt,
wie euer Hund, dem ihr das Futter bringt,
vielleicht wie Gott auch, dem ihr opfern müsst,
weil ihr den Ernst der Schöpfung flieht."

Er ist uns gegeben, verordnet, zugemessen? Von wem und warum? Wie belegt er das?
Gottähnlich, der gleich mal kurz mit dem Hund gemeinsam diffamiert wird.
Niemand muss Gott opfern. Das war mal im alten Testament und im Mittelalter.
Heute opfern die meisten nicht mal mehr als 1 E für den Klingelbeutel.

"Glaubt nur, ich sei ein Blinder, so wie ihr.
Zwar bin ich mit den Augen blind,
doch sieht mein Nabel schon der Zukunft Strahl
und meine Hände läutern Erz."
oh je, jetzt wird es haarig. Und unerträglich.Inkl Schluss.

Am Ende fragt man sich, was soll man mit dem Gedicht anfangen. Hätte es unter Satirisches gestanden, hätte ich laut gelacht.
Unter "Spirituelles" aber muss ich ihm eine zumindest angedachte Ernsthaftigkeit zuordnen. Das erschreckt mich.

Jeder findet seinen Shifu - auch dieser selbsternannte Schamane.

LG von Koko

Geändert von Kokochanel (04.04.2017 um 15:11 Uhr)
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Alt 04.04.2017, 18:25   #3
Thomas
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Liebe Koko,

es freut mich sehr, dass du dieses seltsame Teil kommentiert hast. Schamanen sind ein heikles, kontrovers zu sehendes Thema. Du siehst es aus deiner Erfahrung heraus recht negativ, was ok ist. Bezüglich deiner konkreten Bemerkungen muss ich eigentlich nur gegen eine Bemerkung Widerspruch einlegen, nämlich dass Gott durch Gleichsetzung mit dem Hund diffamiert würde. Wenn du genau liest treten beide in den Text als völlig unterschiedliche Extrempole auf, wenn man hier gleich setzt, kann man alles gleich setzen.

Wenn du zum Schluss sagst, dass dich das Gedicht erschreckt, dann hast du sicher Recht. Ehrlich gestanden, es erschreckt mich auch. Ich habe gezögert es zu veröffentlichen. Es ist eines diese Gedichte, die wie ein Blitz plötzlich da sind, während man über etwas ganz anderes nachdenkt. Ich habe nämlich über verschiedene Aspekte der Poesie nachgedacht und mich mit Poesie anderer Kulturen (z.B. der mongolischen) beschäftigt. Mitten drin war das Gedicht da, ich habe es hingeschrieben, nochmals durchgelesen und zwei Stellen leicht verändert, das war es. Und dann war ich selbst erschrocken darüber. Ich sage das, weil ich mir selbst nicht sicher bin, ob und wie ich als Person hinter dem Text stehe. Hoffentlich kannst du damit etwas anfangen.

Übrigens, ich finde den Panda Shifu am besten.

Liebe Grüße
Thomas
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Alt 04.04.2017, 21:14   #4
Kokochanel
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erst mal bin ich froh, lieber Thomas, dass du es selbst als "seltsames Teil " ansiehst und erschrocken über das Gedicht bist.
Woher aber kommt es? hast du dich mit Schamanismus befasst ?

Zum Konkreten.
du schreibst: "Bezüglich deiner konkreten Bemerkungen muss ich eigentlich nur gegen eine Bemerkung Widerspruch einlegen, nämlich dass Gott durch Gleichsetzung mit dem Hund diffamiert würde. Wenn du genau liest treten beide in den Text als völlig unterschiedliche Extrempole auf, wenn man hier gleich setzt, kann man alles gleich setzen.".
Durchaus wird hier der Hund diffamiert als Abhängiger, Kleinbeseelter. Wenn das ein Schamen sagen würde, ist das eine Selbsterhöhung seinerseits.
Ebenso verhält es sich mit einem Gott,dem man Opfer bringen muss. Durch die Opfer entsteht eine unkappbare Abhängigkeit und Erniedrigung.

Selbst das Chritentum sagt, man solle Gott dienen, glaube ich mich zu erinnern. War nicht so bibelfest.
Man mus Gott nicht dienen, wenn es ein guter Gott ist. Für ihn wären alle gleich und alle würden geliebt mit all ihrer Schuld und Unzulänglichkeit.
So wie es da steht, ist es aber genau das nicht.
Allerdings, nur um das noch zu erwähnen, verlangt die Kirche als Institution durchaus das Dienen. Deses Thema jedoch nun zu diskutieren, würde das Thema sprengen.
Verrat mir doch, lieber Thomas, was willst du mit dem Gedicht anrühren, anticken? Es würde mich einfach interessieren.

Ich habe eine Geschichte geschrieben "Der Fluch der Schlange", die man in meinem neuesten Buch lesen kann. Ich kann sie dir, wenn dich Schamanismus interessiert, gerne einmal per PM schicken. Sie ist nämlich genau so passiert, wie ich sie schrieb....

Den Pand-Shifu kannte ich nicht. habe gegooglet, ist ja entzückend.
Mein Shifu war nicht ganz so herzig.. Aber er hatte was drauf, einer von den wirklich guten.

LG von Koko
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Alt 05.04.2017, 09:08   #5
Thomas
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Liebe Koko,

ich kenne Schamanen nur vom Hörensagen. Es gibt sicher solche und solche. Was mich daran fasziniert hat, ist nicht ein bestimmter, sondern dass sie auf eine uns heute völlig fremde Weise des Denkens (mit dem "Bauch", würden wir heute abfällig sagen, nicht mit dem Kopf) und der Erfassung der Welt hindeuten. Nicht dass ich in mystische Zeiten zurück möchte, doch in Bezug auf bestimmte Fragen, finde ich es anregend sich diese Welt vorzustellen. Auch glaube ich, dass die Poesie die "natürliche" Sprache dieser "Denkweise" ist, und sie es heute so schwer hat, weil sie vom Schlaglicht des Verstandes ausgebleicht wird.

Deine Frage, "was ich mit dem Gedicht anrühren oder anticken" will, kann ich dir leider nicht beantworten, weil es ohne Absicht entstand. Generell schreibe ich eigentlich nicht mit einer bestimmten Absicht. Ich sage immer "Es denkt", oder "es dichtet", weil ich das Gefühl habe, dass ich gar nicht aktiv etwas tue. (siehe: "Wie Gedichte zur Welt kommen" - http://www.gedichte-eiland.de/showthread.php?t=13629) Wenn ich mir jedenfalls vornehme, zu einer bestimmten Frage ein Gedicht zu schreiben, geht das in die Hose. Und du siehst ja, das "Anticken" hängt vom Leser ab, du hast reagiert und kommentiert, weil es dich aufgrund deiner Erfahrungen interessiert hat.

Liebe Grüße
Thomas
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Alt 06.04.2017, 10:28   #6
Kokochanel
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Lieber Thomas,

ich weiß nicht, ob sie eine andere Art des "Denkens" haben- sie sind Menschen!
Ich denke eher, dass sie Fähigkeiten haben, Universelles zu erfühlen, was die meisten in der heutigen Welt nicht mehr können, weil es abtrainiert wurde.
Fast so wie ein Instinkt, will ich mal sagen.
Die Instinkte sind den meisten anhanden gekommen.
Mit Ausnahme der heilenden "Kräuterhexen" sehe ich die Schamanen rundweg negativ. Eingebunden in Religion oder Gesellschaftsnormen haben sie Macht, ähnlich wie man sie mit der der katholischen Kirche im Mittelater vergleichen kann. Daraus resultiert Manipulationspotential.
Immer dann, wenn Menschen vor etwas soviel "Respekt"( ist das falsche Wort- eher Angst), vor jemandem haben, dass sie diesen Menschen anbeten, vergöttern, als ihren Führer oder Übergeordneten sehen, dann wird es für mich unglückselig.
Immer dort, wo nicht hinterfragt wird, sei es religiös, esoterisch oder politisch, weil man mit negativen Konsequenzen rechnen muss, wird es gefährlich für das Individuum.

Darum denke ich, wie alle "Führer" macht der Anbetende ihn zu dem, was er ist. So ist es auch bei dem Schamanen.

Der Esoterikhype, der heute modern ist, eifert dem nach. Da gibt es Reiki-Meister, die den Menschen suggerieren, sie könnten heilen.Nehmen aber Geld dafür. ( kenne mehrere Damen, die dort hin gingen).
So geht die eigentlich " göttliche Gabe" des Heilens in Kommerz und Machtgetue über, verliert sich selbst, da sie ihre Basis nicht mehr bedient.
Wahre Schamanen nutzen ihre Fähigkeiten nicht oder nur, um unentgeltlich zu helfen, falls sie es können.
Die vielen Burn-Outen und psychisch lädierten Menschen, die mit der Hast unseres Zeitalters nicht mehr klar kommen, suchen Stärke und Kraft in solchen Menschen. Abhängigkeit ist die Folge.
Würden die Menschen sich mehr umeinander kümmern, so bräuchte man diesen Zinnober nicht.

Poesie:
deinen Bezug zur Poesie kann ich nicht nachvollziehen. Schreiben ist Eingebung, ja, aber rationale Eingebung. Gehen wir beim Schamanismus von einer Art Instinkt aus, passt das nicht zur Poesie. Poesie eint uns auch nicht mit dem Universum. Was wir schreiben, kommt aus der Erfahrung unseres Lebens, der Bewertung dessen. Auch wenn es wie eine Art Eingebung in dem Moment zu Papier fließt, so ist es dch ein Konglomerat unseres Seins.
LG von Koko

Geändert von Kokochanel (06.04.2017 um 10:35 Uhr)
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Alt 06.04.2017, 16:33   #7
Thomas
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Liebe Koko,

was du schreibst stimmt meiner Meinung nach alles, nur bezüglich der Poesie wäre ich weniger "rational", schon der Begriff "rationale Eingebung" scheint mir etwas paradox. Auch ist zu bedenken, dass das, was du "Instinkt" nennst, nicht unbedingt nur biologisch zu verstehen ist, sondern sicher auch ein "kulturelles Gedächtnis" mit einschließt. Ich finde es frappierend, wie gerade Große Dichter kommende Entwicklungen "instinktmäßig" vorausgefühlt haben, als sie sich noch gar nicht ausgeprägt hatten. Und wenn du sagst, "Poesie eint uns auch nicht mit dem Universum", dann muss ich protestieren. Wobei sicher vieles zur Poesie gezählt wird, für welches deine Aussage zutrifft, aber muss es deshalb kategorisch für alles gelten?

Nochmals vielen Dank für deine anregende Beschäftigung mit meinem seltsamen Gedicht. Das ist sehr hilfreich. Und die Geschichte aus deinem Buch ist wirklich lesenswert.

Liebe Grüße
Thomas
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Alt 06.04.2017, 19:28   #8
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ich diskutiere gern mit dir darüber, Thomas, weil ich es verstehen möchte-
vielleicht siehst du es zu "metaphysisch" im Sinne von physikalisch auf Grund deines Studiums. Ich mag solche abstrakten Diskussionen, die sich abheben von dem täglichen Blabla und finde es toll, wenn sich so etwas aus einem Gedicht entwickelt ( auch wenn es sich ein wenig vom Thema entfernt).

Im Grunde nähern wir uns deiner Auffassung, falls ich sie richtig verstehe oder nur annähernd verstehe an:
"Rationale Eingebung" scheint ein Widerspruch zu sein, da gebe ich dir recht. Im Grunde aber ist es so. Mir geht es auch so: Gedichte fliegen mich an, schreibe ich sie nicht auf, vergesse ich sie.
Der Grundgedanke ist da, manchmal auch die komplette Formulierung, das ist Handwerk oder Übung, Automatisierung, denke ich.
Woher aber kommt der Grundgedanke, einem Werk eine bestimmte Aussage zu geben oder Sinn? Aus unseren Lebenserfahrungen.

Du schriebst:"ch finde es frappierend, wie gerade Große Dichter kommende Entwicklungen "instinktmäßig" vorausgefühlt haben, als sie sich noch gar nicht ausgeprägt hatten. Und wenn du sagst, "Poesie eint uns auch nicht mit dem Universum", dann muss ich protestieren. Wobei sicher vieles zur Poesie ...
Ich denke nicht, dass es etwas mit Vorausfühlen zu tun hat im Sinne von schamanig, vorausahnen, obwohl es vielleicht auch den ein oder anderen Dichter gegeben hat, der diese Fähigkeit hatte. Ebenso wie den ein oder anderen Medziner, Bäcker ...
Die meisten werden einfach einen analytischen Verstand gehabt haben. Die großen Dichter waren auch große Denker!! Viele von ihnen waren politisch Dekende. Sie schrieben nicht nur von Blümchen und Schäfchen wir Courths-Maler, sie dachten nach. Sie vermittelten viel.
Wer viel nachdenkt, kommt zu Schlüssen, darum "rationale Eingebung".

Auch wenn ich mich nicht zu den großen Dichtern zählen möchte, so weiß ich doch, dass ich Politsatiren vor Jahren schrieb, die mein Umfeld zwar witzig fand, aber ziemlich abstrus in der Vorhersage. Heute haben wir all genau das, was ich da schrieb,auch wenn es damals abstrus erschien ( woran sich nicht selten der Witz der Satire festmachte). Was ich also sagen will:
weniger Instinkt als kluges Einsundeinsmachtzwei.

Gerne drüber nachgedacht. LG von Koko
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Alt 06.04.2017, 21:45   #9
Thomas
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Liebe Koko,

wie soll ich es erklären, wenn ich versuche an konkrete Beispiel zu denken, kommt mir selbst sofort selbst der Einwand, dass ich das nur im Nachhinein hineininterpretieren könnte. Ich glaube zwar, dass es nicht so ist, aber belegen kann ich es natürlich nicht.

Vielleicht sollte ich ganz allgemein feststellen, dass wirklich Neues nicht durch rationales Denken entsteht, sondern dass das Neue erst danach, um es verständlich und akzeptabel zu machen, rational erklärte und hergeleitet wird, die rationale Erklärung ist also nur eine Art Verputz – in der Poesie genauso wie in der Mathematik. Das ist jetzt eine sehr kecke Behauptung, die dem Schamanen ein leichtes Grinsen entlockt.

Natürlich ist rationales Denken und Analysieren die Voraussetzung, um überhaupt in den Zustand zu gelangen, Neues zu finden. Aber selbst bei deinen Satiren kam wahrscheinlich etwas mehr als das hinzu, vermute ich mal.

Liebe Grüße
Thomas

P.S.: Die Diskussion mit dir erfreut mich, und gleicher Meinung müssen wir ja gar nicht sein.
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Alt 06.04.2017, 23:02   #10
Kokochanel
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Nein, natürlich müssen wir nicht derselben Meinung sein, Thomas, ich sehe es nicht als Diskussion gegen den anderen, sondern mehr als ein gemeinsames Nachdenken über ein Thema, das beiden Denkanstöße vermittelt.
Da ich morgen Babytag habe, will ich noch antworten. Lächel.

Vielleicht sollte ich ganz allgemein feststellen, dass wirklich Neues nicht durch rationales Denken entsteht, sondern dass das Neue erst danach, um es verständlich und akzeptabel zu machen, rational erklärte und hergeleitet wird, die rationale Erklärung ist also nur eine Art Verputz – in der Poesie genauso..“- das ist in der Tat eine kluge These.
Man könnte allerdings auch fragen: Entsteht Neues erst durch Ratio ( mein Ansatz)oder entdecken wir es nur für uns als neu, also etwas vorher Unbekanntes? Es ist also vorher schon da, nur wir sahen entdeckten es nicht. (Dein Ansatz)
Ohne diesen Ansatz würde es keine wissenschaftliche Forschung geben!
Und obwohl es so rational ist, würde es seltsamerweise auch deinen Denkansatz stützen.
Es würde uns beide weiter bringen, denn er würde beide Sichtweisen eine Berechtigung geben. Deiner und meiner. Denn z.B. bei der Entdeckung neuer Sterne gehen wir davon ganz selbstverständlich aus, dass sie vorher schon da waren.
Es geht dir aber hier ja immer zum Bezug zur Lyrik oder Poesie. Auf die Poesie, also das Erschaffen von Poesie übertragen, hätte ich aber von dieser Basis ausgehend ein Problem.
Gedichte wären als in uns, wir müssten sie nur „entdecken“. Das kann ich mir nicht vorstellen, da Poesie immer wieder Worte sind, die neu gruppiert werden.
Ich würde also ein gutes Gedicht nicht als „schamanische Eingebung“ sehen, sondern neben dem Handwerk auch als Talent, Worte besser und passender in einen Einklang zu bringen mit der „rationalen“ Aussage, die es tragen soll.

Talent wiederum ist allerdings etwas, was sich wohl nicht erlernen lässt, es ist angeboren.
In der Mathematik kann ich nicht mitreden, weil mein Talent da doch her wissenschaftlich messbar niedrig war. GGG. Ich habe allerdings im Studium beim Seminar „Mathematik für Linguisten“ mit Erstaunen festgestellt, dass sich Sprache auf logische mathematische Sequenzen reduzieren lässt, die auch einer Logik folgten. Dieses berücksichtigend würde auch Poesie immer „unpoetischer“ machen.

Interessant wäre sicherlich ein linguistisches Forschungsprojekt, vielleicht für Masterabschlüsse oder Doktoranden, zu erforschen, ob sich die Mathematik für Linguisten auch auf die Poesie in ihrer Zusammensetzung anwenden lässt. Ich weiß nicht, ob so etwas schon einmal ein kluger Mensch gemacht hat. Vielleicht weiß es jemand.
Bei deiner These fällt mir ein unbefangenes junges Mädchen ein, die nach einem roten Luftballon greift und dann ein Gedicht in der Hand hält. Trifft es das, was meinst?

LG von Koko
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