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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 26.05.2014, 18:11   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Registriert seit: 18.02.2009
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Standard Hausbesetzer

So leise und gemächlich hast du mich betreten,
als wolltest du mir heimlich meine Sinne rauben.
Du sprichst von Liebe und ich soll es glauben,
als hätt ich selber dich zur Tür hereingebeten.

Als dürftest du mein Oberstübchen neu möblieren,
verplanst du eifersüchtig die geheimsten Orte
für die Kristallvitrinen deiner großen Worte,
die sonst zu rasch womöglich ihren Glanz verlieren.

Und wenn du tausend Nägel in die Wände schlügest
in meiner Seele Haus, bis alle Mauern bluten,
du hieltest doch die Bilder nicht, die es durchfluten,
und fändest keine Heimat, die du gern ertrügest.
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 26.05.2014, 19:14   #2
Chavali
ADäquat
 
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Ort: Mitteldeutschland
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Standard

Servus, Erich,

als ich den Titel las, dachte ich an etwas Politisches
Hausbesetzer - ein Begriff aus der Szene.

Das Haus, das besetzt werden soll ist die Seele, das Herz des LyrI.
Die Zweisamkeit, die Liebe und Nähe wollen einziehen, als Untermieter
das LI ganz und gar besitzen...
Aber das LyrI kann nichts versprechen, ist auch nicht bereit, den Untermieter zu akzeptieren.
Aber nicht, weil es diesen nicht mag, sondern weil es zuviel Angst vor Nähe hat.

Mein Highlight ist Strophe 3:
Zitat:
Und wenn du tausend Nägel in die Wände schlügest
in meiner Seele Haus, bis alle Mauern bluten,
du hieltest doch die Bilder nicht, die es durchfluten,
und fändest keine Heimat, die du gern ertrügest.
Was für eine Sprachkomposition!
Bin begeistert!


Liebe Grüße,
Chavali




__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 26.05.2014, 21:56   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

HI, Chavi!

Danke für dein Lob!
Interessanterweise hatt ich diese letzte Strophe zuerst gedichtet. Ich erkannte aber gleich, dass sie sich aber als Schlusspunkt besser eignen würde denn als Einstieg, also schrieb ich die anderen Strophen davor.
Das Gedicht spielt auf eine (seeehr ehemalige) Freundin an, die, kaum waren wir uns eben nähergekommen, ganz wie selbstverständlich damit begann, an mir herumzu"erziehen". Sie sprach von Heirat, als wäre das schon längst entschieden und geplant, und als hätte ich diesbezüglich ohnehin nix zu melden. Sie begann tatsächlich, in meinen Kästen zu stöbern und in ihren Augen "unmögliche" Kleidung auszusortieren.
Unnötig zu erwähnen, dass diese "Beziehung" nicht lang gehalten hat! Manche Männer leben vielleicht gern fremdbestimmt, aber ich nehme meine Privatsphäre und meinen persönlichen Freiraum sehr ernst. 8-) :mrgreen:

LG, eKy
__________________
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Alt 27.05.2014, 09:45   #4
juli
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Beiträge: n/a
Standard Hallo eKy

Mir ging es so wie Chavali, ich dachte es ist ein Hausbesetzergedicht aus der Szene, und war zunächst durcheinander, weil Dein Gedicht ja eine Beziehung beschreibt. Das hat sich dann beim zweiten Mal lesen verändert und ich habe nachgedacht, was Du eigentlich meinst.

Ja, es ist wichtig seine eigenen Freiräume zu behalten, dann bleiben Mann oder Frau Freigeister

Die letzte S. ist die Schönste !

Liebe Grüße
sy

Geändert von juli (27.05.2014 um 09:52 Uhr)
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Alt 27.05.2014, 12:16   #5
Erich Kykal
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Hi, Sy!

Möglich, dass der Titel zuerst verwirrt, aber auf ein so treffliches Wortspiel möchte ich nicht verzichten. Wie gesagt, spätestens beim Lesen begreift man, wie es gemeint ist.

Vielen Dank für deinen Zuspruch!

LG, eKy
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Alt 11.06.2014, 18:28   #6
Dana
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Lieber eKy,

ich sah beim Titel auch Hausbestzer, Wasserwerfer, fliegende Steine und aufgebrachte Demonstranten.
Beim Lesen musste ich erst ein breites Grinsen in tiefste Nachdenklichkeit verwandeln. (bzw, ich musste nicht - sie kam von selbst)

Ein wirklich gut gewählter Titel - wortspielerisch und tiefsinnig.

Ebenso Gedicht, Bilder und Metaphern.
In deiner Antwort gibst du eine seeeehr ehemalige Freundin an - was für mich bedeutet, dass du sehr früh erkannt hast, worum es nicht gehen sollte.
In jungen Jahren ist man (leider) leichtsinnig überzeugt, dass Eifersucht, Einmischung, "Übernahme" Zeichen der Liebe sind. Erst "im Häuschen" wird zumindest einem die Besetzung klar - wobei ich mir vorstellen kann, dass auch der/die Besatzer(in) nur von einer Fehlleitung zum Verständnis gesteuert ist.
Eine(r) agiert, der/die andere lassen geschehen und ab "Nichtfunktion" sind beide erschüttert. Geredet, besprochen, angehört haben sie nicht.

Gedicht und ob des Inhalts der Titel - nur sehr gut.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 11.06.2014, 18:52   #7
Erich Kykal
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HI, Dana!

Ich gehe mal davon aus, dass dein "nur" vor dem "sehr gut" kein das Werk diminuierendes, sondern ein jegliches andere Urteil exkludierendes war.

Vielen Dank für deine schlüssigen Gedanken! Wie nahe liegen sich bei Partnerschaften gewisse Gefühle. Es heißt sicher nicht umsonst: "Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt." (Was bei genauerer inhaltlicher Betrachtung nur erneut die menschliche Dummheit beweist...)

LG, eKy
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