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Alt 08.03.2016, 09:40   #1
Agneta
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Standard Ode an das Ruhrbiet

Ode an das Ruhrgebiet

„Wissen se, der Ruhrpott, dat sach ich Sie, den musse leben!“. Schon immer habe ich ihn so empfunden, den Pott mit seinen liebenswerten, gradlinigen Menschen, die sprechen wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Musse ab können…
Lange als „Kohlenpott“ verschrien mit rauchenden Schloten, schlechter Luft und Verkehrschaos auf dem Ruhrschnellweg und am Kamener Kreuz, wenn man an die Nordsee wollte, hatte er nicht grade den besten Ruf.
In meinen Jahren an der Uni Bochum habe ich ihn jedoch ganz anders wahr genommen. Parks, Seen und beachtliche Einkaufszentren , verglichen mit dem Sauerländer Bergdorf, wo ich herkam , vermittelten mir einen positiven Wohlfühl- Eindruck.
Dazu trugen sicherlich auch nicht unerheblich die Bewohner des Ruhrgebietes bei, die sich durch Bescheidenheit, jegliches Fehlen von Standesdünkel und durch die Herzenswärme der damals Einheimischen und vorwiegend polnischen und italienischen Einwanderer auszeichneten.

Da waren z. B. die mollige Bäckersfrau, die mir immer ein Brötchen mehr in die Tüte gab: „ Schätzken, muss ma wat essen, sons fällt dich bald de Buxe vom Hintern.“( ja- und wer wollte schon eine appe Buxe haben? Lächel).
der Supermarktbesitzer, der nach einem Brand ein Schild an die Ladentür hängte: „ Für Studenten umsonst!“, wo wir uns alles mitnehmen konnten, was noch da war. Ich hatte für 3 Wochen Kekse und Käse satt und meine Freundin Nasi Goreng in der Dose. Ab und zu tauschten wir mal,

die Pizzeria in Querenburg, wo man stundenlang zu viert bei einer Pizza Margarita und einer Sinalco sitzen konnte, ohne vor die Tür gewiesen zu werden und wo im Gegenteil der Besitzer sich noch dazu gesellte und von Bella Italia schwärmte,

der LKW-Fahrer aus Gelsenkirchen, der nachts im Schneesturm-Stau auf der Sauerlandlinie die Ladeluke runterließ und mir zubrüllte: „Hömma, komm rauf, Kleine mit deine Erbse, sons stehse hier noch, bisse alt bis.“ Er fuhr mich mit meinem alten Käfer huckepack bis vor die Haustür meiner Eltern.
Nein, es gab nix zu meckern, der Ruhrpott lag mir am Herzen, von Anfang an.

Das Einzige, was mich zur Verzweiflung brachte, das waren die Kraftstraßen, die die Städte quasi übergangslos miteinander verbinden. Wenn de ich da einmal verfährs, du, dann kannse einpacken! Dann fährt man drei Stunden von Bochum bis nach Herne und immer schön außen drumherum. Aber heute ist das ja alles anders, denke ich, ich war ewig nicht da.

Jetzt wird es ja Kulturgebiet, das Ruhrgebiet. Obwohl es das doch eigentlich schon lange war. Denn wer kennt sie nicht, die legendären Brieftauben, die Schrebergärten, den kantigen Kommissar Schimanski und den Gelsenkirchener Barock ( nur echt mit der Brokathaube aufm Telefon!). All das hat doch längst Einzug gehalten als deutsches Kulturgut.

Das Ruhrgebiet hatte schon immer seinen eigenen Charme und seine eigene Sichtweise auf die Welt. Es darf nicht untergehen, auch wenn die Zechen nur noch Nostalgieromantik und Museen sind.
Für den kulturellen Neustart kann man ihm, dem Ruhrgebiet, nur alles Gute wünschen, also:
„Glück auf und bleib, wie de bis, Schätzken!“.
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