Gedichte-Eiland

Erich Kykal · 01.01.2013, 21:15

Des kleinen Geistes Glaube

Wie dem Verdurstenden die klare Quelle
erscheint dem Gläubigen das bunte Licht,
wo ihm sein Gott aus Kirchenfenstern spricht.
Doch jenseits seines kühlen Domes Schwelle

empfängt ihn wahre Welt in ihrer Grelle,
die Wüstenei, die seinen Willen bricht,
und seiner Quelle Trug erfüllt sich nicht,
und seine Füße treten auf der Stelle.

Was nun? Verharren in der Schatten Kühle
und beten bloß in seines Gottes Haus?
Hinausziehn in die Hitze der Gefühle,

zu leben und zu wachsen wohl daraus?
Gefangene in dieses Zwiespalts Mühle
rußt seine Flamme - und geht endlich aus.

Des großen Geistes Glaube

Auch er wuchs auf, womit man ihn belehrte,
worin der Schwachen Wille sich verfängt,
doch die Gesetze, über ihn verhängt,
bewirkten bloß, dass jener aufbegehrte.

Erkennend bald, was man ihm aufgedrängt,
vermag er über solches Altbewährte
sich zu erheben. Der Gedanken Fährte
ist länger nicht von Dogmen eingezwängt.

Er weiß, dass eine tiefempfundne Wahrheit
des Wirkens eines Gottes nicht bedarf.
Betrachtend seine Welt in schlichter Klarheit
stellt sich sein Blick an allen Dingen scharf.

Doch was die großen Geister auch erkennen -
der kleine Geist wird sie dafür verbrennen!

***Dana*** · 02.01.2013, 20:08

Lieber eKy,

zwei Betrachtungen in zwei sehr guten Sonetten und meisterlicher Sprache!
Du weißt sicherlich, welchem ich von der Aussage her zustimme.

Lyrisch betrachtet stehen sie für mich nebeneinander.

Evtl. könnten sich hier die Geister ob der Größe scheiden. Es wäre gut, wenn trotzdem eine gemäßigte Diskussion entstünde.
Oder die Titel ändern: Geisterglaube und Geistes Glaube (

)

Ich bin ziemlich sicher, dass deine Werke viel länger als du lebendig bleiben.

Gern gelesen und kommentiert,
liebe Grüße
Dana

Erich Kykal · 02.01.2013, 20:52

Zitat Dana: "Ich bin ziemlich sicher, dass deine Werke viel länger als du lebendig bleiben."

Ähh - soooo früh wollt' ich eigentlich nicht sterben...

LG (lächelnde Grüße), eKy

***Dana*** · 02.01.2013, 20:57

Deshalb musst du nicht früh sterben - ich dachte nur, dass es mit 112 vielleicht mit der Tastatur nicht mehr so klappt.

Erich Kykal · 02.01.2013, 21:16

Schmeichlerin!

01.01.2013, 21:15	#1
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Geistesgrenzen Des kleinen Geistes Glaube Wie dem Verdurstenden die klare Quelle erscheint dem Gläubigen das bunte Licht, wo ihm sein Gott aus Kirchenfenstern spricht. Doch jenseits seines kühlen Domes Schwelle empfängt ihn wahre Welt in ihrer Grelle, die Wüstenei, die seinen Willen bricht, und seiner Quelle Trug erfüllt sich nicht, und seine Füße treten auf der Stelle. Was nun? Verharren in der Schatten Kühle und beten bloß in seines Gottes Haus? Hinausziehn in die Hitze der Gefühle, zu leben und zu wachsen wohl daraus? Gefangene in dieses Zwiespalts Mühle rußt seine Flamme - und geht endlich aus. Des großen Geistes Glaube Auch er wuchs auf, womit man ihn belehrte, worin der Schwachen Wille sich verfängt, doch die Gesetze, über ihn verhängt, bewirkten bloß, dass jener aufbegehrte. Erkennend bald, was man ihm aufgedrängt, vermag er über solches Altbewährte sich zu erheben. Der Gedanken Fährte ist länger nicht von Dogmen eingezwängt. Er weiß, dass eine tiefempfundne Wahrheit des Wirkens eines Gottes nicht bedarf. Betrachtend seine Welt in schlichter Klarheit stellt sich sein Blick an allen Dingen scharf. Doch was die großen Geister auch erkennen - der kleine Geist wird sie dafür verbrennen! __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (20.05.2016 um 20:56 Uhr)

02.01.2013, 20:08	#2
*Dana* Slawische Seele Registriert seit: 07.02.2009 Ort: Inselstadt Ratzeburg Beiträge: 5.637	Lieber eKy, zwei Betrachtungen in zwei sehr guten Sonetten und meisterlicher Sprache! Du weißt sicherlich, welchem ich von der Aussage her zustimme. Lyrisch betrachtet stehen sie für mich nebeneinander. Evtl. könnten sich hier die Geister ob der Größe scheiden. Es wäre gut, wenn trotzdem eine gemäßigte Diskussion entstünde. Oder die Titel ändern: Geisterglaube und Geistes Glaube () Ich bin ziemlich sicher, dass deine Werke viel länger als du lebendig bleiben. Gern gelesen und kommentiert, liebe Grüße Dana __________________ Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen, ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei)

02.01.2013, 20:52	#3
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Zitat Dana: "Ich bin ziemlich sicher, dass deine Werke viel länger als du lebendig bleiben." Ähh - soooo früh wollt' ich eigentlich nicht sterben... LG (lächelnde Grüße), eKy __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

02.01.2013, 20:57	#4
*Dana* Slawische Seele Registriert seit: 07.02.2009 Ort: Inselstadt Ratzeburg Beiträge: 5.637	Deshalb musst du nicht früh sterben - ich dachte nur, dass es mit 112 vielleicht mit der Tastatur nicht mehr so klappt. __________________ Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen, ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei)

02.01.2013, 21:16	#5
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Schmeichlerin! __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

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