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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 12.08.2013, 11:15   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard Entrückung

Die bunte Welt verblasst vor meinen Blicken,
ganz langsam fließen alle Farben weiter,
um unverbrauchte Augen froh und heiter
zu stimmen, scheint's, und meine Sinne schicken

mich längst nach innen zu Erinnerungen,
die farbenfroher wirken als die Stellen,
die noch von außen in mein Fühlen quellen.
Die letzte Queste ist noch nicht gelungen,

ich halte Fühlung mit der welken Erde,
die mich umwebt mit schwindenden Genüssen.
Teils hoffend, fürchtend, dass ich älter werde,

gefangen in getroffenen Entschlüssen,
verbleibe ich mit sinkender Gebärde
auf diesem Pfad, den alle gehen müssen.
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (23.07.2018 um 15:04 Uhr)
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Alt 12.08.2013, 12:58   #2
Chavali
ADäquat
 
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Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard

Hi, Erich,

ich mag deine das Leben reflektierenden Gedichte.
Dieses hier ist besonders tiefgehend.

Der letzte Absatz:
Zitat:
...
Teils hoffend, fürchtend, dass ich älter werde,

gefangen in getroffenen Entschlüssen,
verbleibe ich mit sinkender Gebärde
auf diesem Pfad, den alle gehen müssen.
gefällt mir am besten.
Er beschreibt wohl die Resignation aus einem Leben, dass man sich einrichtete
und man nicht mehr verändern will oder kann.

Deine gewählten Worte sind nicht die leicht verständlichen - man muss sie sich verinnerlichen.
Aber gerade das - so denke ich - hast du ja gewollt.


Gern gelesen und versucht zu verstehen hat mit lieben Grüßen
Chavali






__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 12.08.2013, 14:25   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Chavi!

Vielen Dank - ja, es ist auch für mich interessant, wo meine Verse oft hinführen, denn beim Schreiben lege ich sicher über 90 Prozent meiner Kapazitäten auf die Sprachmelodie, die Formulierung flüssiger Sätze und Reime.
Eher dem Unterbewussten bleibt somit überlassen, wo es das Werk dann inhaltlich hinführt - ein bewusster Akt ist dies im selteneren Falle!
Meist gehe ich von einem visuellen Eindruck oder einem davon initiierten Gefühl aus und überlasse es dieser Art von Trance, in die ich so beim Schreiben gerate, das Gedicht zu einer sinnvollen Conclusio zu führen.
Das macht die meisten meiner Arbeiten höchst authentisch, bzw. autobiografisch - auch, wenn ich zuweilen ein LyrDu vorschiebe.

Vielen Dank für deine Gedanken!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
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Alt 16.08.2013, 20:42   #4
Dana
Slawische Seele
 
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Lieber eKy,

jedes Mal nach dem Lesen deiner Gedichte muss ich erst tief durchatmen, um die gebotene Kunst zu erfassen. Es ist die Harmonie in Sprache und Aussage,
die aufzeigt, was ein Gedicht (Sonett) ausmacht. Hier werden Philosophie und Betrachtung in relativ wenigen Versen dargeboten und ersetzen tausend und mehr geschriebene Seiten.
Deine Antwort an Chavali nehme ich dir ganz und gar ab. Zur Dichtung gehört Sprachmelodie in Reim und Fluß. In Gefühlen und Betrachtungen sind wir Menschen uns mehr oder weniger ähnlich. Um mit diesen zu berühren, anzusprechen, muss man der Sprache "mächtig" sein. Du bist es.

Ein wirklich schönes, wunderbares Sonett.

Mit ganz lieben Grüßen vom "aktuellen Pfad"
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 16.08.2013, 22:07   #5
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Dana!

Vielen Dank für soviel positives Echo!

Abgesehen davon, dass ich mich selbst ab und an bei der Einsicht ertappe, dass ich mit der (Menschen)welt nicht mehr viele Berührungspunkte pflege, versuchte ich mich hier quasi in ein womöglich 20 oder 30 Jahre älteres Selbst zu versetzen:
Mit dem Leben eigentlich schon abgeschlossen habend, aber vielleicht noch ein letztes Ziel vor Augen, an das es sich klammert, weil es das einzige ist, was es noch mit der Welt verbindet. Halb hoffend, nicht gehen zu müssen und halb, endlich gehen zu dürfen: Sehnsucht nach Ruhe und Angst vor der Leere des Nichtmehrseins gleichermaßen.

Interessantes Detail am Rande: In einem anderen Forum wurden hier die Quartette als "etwas sperriger als sonst von mir gewohnt" bezeichnet...

LG, eKy
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Alt 17.08.2013, 11:45   #6
Cebrail
verkannt
 
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Hallo Erich,
manchmal wenn ich deine Gedichte lese,
habe ich den Eindruck auf den Grund einer Seele zu blicken zu können
und beim tieferen Betrachten, bekomme ich dann einen Spiegel vorgehalten.
Du schaffst es hier mir wohlbekannte, nennen wir es mal Gefühlsregungen,
in ein äußerst poetisches Gewand zu stecken.

Bei diesem Gedicht machst du es mir wegen der Zeilenumbrüche ein
wenig schwieriger dir folgen, wie beim Übergang von der ersten zur zweiten Strophe.

Sperrig klingt hier nichts für mich, ich habe eher mein Freude an den kleinen
Feinheiten die den besonderen Klang dieser Zeilen ausmachen, also ganz im Sinne eines
Klangedichtes.

Ich versuche mal anhand von ein paar Beisielen zu veranschaulichen was ich meine.

„ zu stimmen, scheint's, und meine Sinne schicken“
hier ist es der helle Vokal in „stimmen“ der der durch „scheints“ und „meine“ abgelöst wird,
um dann wieder bei „Sinne schicken“ aufgenommen wird.

Weiter geht’s mit der zweiten Strophe „ innen und Erinnerungen“.

In dritten Strophe ist es die „letzte Queste“ die besonders gefällt.

Zum Inhalt gibt es aus meiner Sicht nur zu sagen, dass dies Worte sind die ich gut
nachvollziehen kann.

Sehr gerne gelesen.

Nen Gruß
C.
__________________
© auf alle meine Texte

„Mir gefiel der Geschmack von Bier, sein lebendiger, weißer Schaum, seine kupferhellen Tiefen, die plötzlichen Welten, die sich durch die nassen braunen Glaswände hindurch auftaten, das schräge Anfluten an die Lippen und das langsame Schlucken hinunter zum verlangenden Bauch, das Salz auf der Zunge, der Schaum im Mundwinkel.“
Dylan Thomas
Cebrail ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.08.2013, 15:07   #7
Erich Kykal
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Hi, Cebrail!

Vielen Dank für diese Gedanken! Ich schöpfe natürlich immer aus dem eigenen Erfahrungsschatz und Lebenshintergrund, aber Parallelen wird es immer geben, gerade wo charakterliche/soziale Archetypen die Thematik prägen.

LG, eKy
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