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Alt 26.08.2016, 01:37   #17
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Koko!

Ich habe keine Ahnung, warum du dich offenbar angegriffen fühlst und so heftig reagierst. Wenn du meinen Gedanken nicht folgen willst, dann lass es, aber erspare mir bitte solche sinnlosen Ausbrüche gedankenlosen Gutmenschentums.

Gewalt ist Teil des Menschen, Gewalt IST alltäglich, mal psychisch, mal physisch. Meist können wir sie (ab)lenken, manchmal aber haben wir es nicht in der Hand, und dann lenkt sie uns, von außen oder von innen. Würdest du dich nicht wehren, wenn man dich mit Fäusten angreift? Und der andere duckt sich falsch weg, und dein Hieb erwischt ungewollt die Kehle? Du bist dran wegen Notwehrüberschreitung, wenn der Typ erstickt und seine Kumpels alle übereinstimmend aussagen, du hättest bewusst auf diese Stelle gezielt. Es gibt keine Gerechtigkeit, nur Subjektivität, Pauschalurteil oder Gehässigkeit.

Du möchtest ein wahres Beispiel? Aber gerne:

Ich war 16 Jahre alt und ein seit Jahren schwer gemobbter Teenager ohne Selbstwertgefühl. Ein Außenseiter, ein dickes kleines Opfer mit Brille. Ein schüchterner "Nerd", auch wenn es das Wort damals noch nicht gab.
Als ein etwa gleichaltriger Idiot witzig sein wollte und mir einen Eimer Wasser ins Gesicht schüttete, bin ich einfach gegangen.
Als er aber vor den anderen johlenden Idioten besonders angeben wollte und mir einen zweiten Eimer hinterherschüttete, hat irgendetwas "Klick" in mir gemacht. Das nächste, was ich weiß, ist, dass ich auf dem Kerl draufsaß, wie ein Tier knurrte und ihn würgte, sodass er schon blau anlief und röchelte.
Später erzählte man mir, dass ich ihn aus dem Stand angesprungen, brüllend über den Kopf gestemmt und wie eine Stoffpuppe meterweit auf den Rasen geschleudert hatte, danach hatte ich mich auf ihn gesetzt, seine Arme einfach zur Seite geschlagen und begonnen, ihn zu würgen.
Als ich wieder bewusst denken konnte, gab ich ihn sofort frei und war zutiefst schockert über dieses Geschehnis. Ich war so verdattert, dass der Idiot mich verprügeln konnte, nachdem er sich erholt hatte.

Aber Fakt ist: Hätte ich damals eine Waffe zur Hand gehabt, und wäre es nur irgendein ansonsten harmloser "stumpfer schwerer Gegenstand" gewesen, der Idiot wäre wahrscheinlich ein toter Idiot gewesen.
Bin ich deshalb ein schlechter Mensch? Ist das Monster in mir gefählicher als in anderen Menschen? Bin ich verachtenswert dafür, weil ich einmal die Beherrschung verlor und zum Berserker wurde, nachdem jahrelange Demütigung sich in einem einzigen Akt Erlösung und Genugtuung verschaffen wollte? Schlechter Charakter? Schlechte Erziehung? Sonst noch platte Klischees auf Lager?!

Ich habe nie wieder im Leben auf ernst gekämpft und auch nie wieder die Beherrschung verloren. Aber es hätte anders kommen können. Wie oberflächlich und pauschal hätten Leute wie du dann wohl über mich geurteilt?
Ich war später 15 Jahre lang Rocker (Wahrscheinlich eine Überkompensation für meine "nerdige" Kindheit und Jugend) und habe zahllose Bikertreffen besucht, mich dort betrunken, ohne je aggressiv zu werden. Ich habe dort etliche Straftäter und sogar ehemalige Mörder kennengelernt und mit ihnen getrunken, und es waren Menschen wie andere auch. Ich habe gelernt, wie schnell es schiefgehen kann, wie rasch ein paar Sekunden ein Menschenleben verändern können, und wie blind eine besserwisserische und hochmütige Gesellschaft sein kann, die niemals vergibt.

Wie gesagt, ich spreche nicht von den Arschlöchern und Soziopathen, den Wichtigtuern und Gemeinen. Ich spreche von jenen Verurteilten, die wie andere sind und ein Gewissen haben, das sie quält, mal ganz abgesehen von verallgemeinernden Menschen wie du, die offenbar nicht über ihre Nasenspitze hinausdenken wollen oder können. Weil ich weiß, wie es mir heute vielleicht ergehen würde, von innen wie von außen, wenn ich damals ganz zufällig einen stumpfen Gegenstand in der Hand gehabt hätte!

Mehr werde ich dazu nicht mehr sagen, und ich hoffe, du hältst es genauso. Denn wer weiß, was passieren könnte, wenn du mich wütend machst ...
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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