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Alt 06.04.2015, 19:31   #17
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Hi Chavi,

ich habe vor meiner Antwort keine anderen Kommentare dazu gelesen und widme mich ausschließlich dem oben stehenden Text und nicht der Version II im Sinne der gestellten Aufgabe.

Inhaltlich gefällt mir die Story sehr gut. Sie handelt davon, dass jemand an einen Ort aus seiner Vergangenheit zurückgekehrt ist, der ihm einst viel bedeutet hat, um einen endgültigen Abschied zu nehmen.
Der Text fängt beschreibend an und führt uns zunächst in den Garten eines verlassenen Hauses. Niemand weiß, wo seine ehemaligen Besitzer geblieben sind und was dort geschehen ist.
Von dort führt ein ziemlich zugewachsener Pfad hinüber zum Hügel, in dem ein altes, verrostetes Eisengittertor verborgen ist, vor dem wilde Rosen ranken.
Es stellt sich die Frage, was sich hinter diesem Tor verbirgt, ob es sich vielleicht um eine Todesstätte oder gar um das Versteck eines verlorenen Schatzes handelt.
Die Natur hat mit der Zeit ganze Arbeit geleistet und verwehrt jeglichen Blick hinter das Tor, weil dort Wildkräuter und Sträucher nun ranken.
Aber jemand steht dort verzweifelt. Er wendet sich schließlich wieder ab, geht fort und weiß, dass es für ihn keine Rückkehr mehr dorthin geben wird, für ihn ist jetzt alles aus.

Was „aus“ ist, bleibt im Ungewissen und hat auch im Prinzip nichts weiter zu bedeuten, das kann jeder Leser selbst interpretieren, denn hier steht letztlich eine traurige und trostlose Beschreibung im Vordergrund.
Und diese Atmosphäre wird mit dem vorliegenden Text sehr schön eingefangen, ich konnte mich sehr gut in die Szene hineinversetzen.

Auch wenn die Aufgabe kein einheitliches Metrum verlangt, hätte ich mir doch einen durchgängig dreihebigen Amphibrachys gewünscht, der kommt nämlich auch der Stimmung im Gedicht entgegen.

Und da mir dieses Gedicht wirklich gut gefällt, habe ich mir Mühe gegeben, einige kleine stilistische Änderungsvorschläge einzubringen:

Einst wuchsen die buntesten Blumen
im Garten und Früchte am Baum,
die Zweige sind alle vertrocknet, (im Prinzip sind ja mehrere Obstbäume gemeint)
vorbei ist der Sommernachtstraum.

Das Haus steht am Ende der Straße (das ist schöner formuliert als mit „dort“)
verlassen und kümmerlich da. (s.o.)
Wo sind seine Menschen geblieben, (schöner als Bewohner)
wer weiß schon, was damals geschah? (Vermeidet die Wdh. von „man“ und eine Frage war auch schon da.)

Der Pfad führt zum Hügel hinüber, (sonst hast du 2 x "ein" s.u.))
bewachsen mit Nesseln und Kraut,
die Stieleiche wirft dunkle Schatten, (Birnbaum geht nicht, der ist vertrocknet s.o. S1)
man hört keinen einzigen Laut.

Ein Tor ist am Erdwall befestigt,
sein Schloss hängt verbogen davor,
das Gitter verfällt und verrostet,
dort ranken jetzt Rosen empor.

Was liegt wohl dahinter verborgen, (Gräber sind nicht vergraben)
gar Gräber am uralten Platz? ("Sinds" ???)
Wer kann das Geheimnis ergründen,
vielleicht ein verlorener Schatz? ("ists" ???)

Die Zeit deckt die heimlichen Wunden,
sie sind im Gesträuch nicht zu sehn. (schöner als "Gestrüpp")
Ein Mann steht davor und verzweifelt, (Menschen hatten wir schon oben)
er wendet sich ab und muss gehn. (Besser, oder?)

Nie wieder wird er seine Schritte
durch Felder und Straßen zum Haus
hin lenken und seine Gedanken
erkennen: Es ist alles aus.


Du kannst ja einmal drüberschauen und magst dich gern bedienen, wenn dir etwas davon gefällt.


Sehr gern gelesen, in die düstermelancholische Atmosphäre eingetaucht und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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