Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 28.12.2014, 10:08   #3
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.909
Standard

Servus Erich,

oh, das reimt sich sehr wohl, es gibt nur keine Endreime.
Das Ganze nennt sich Stabreimvers.

Die Aufgabenstellung ist noch nicht gepostet, weil wir darüber noch intern diskutiert haben.

Zwar bin ich mir nicht ganz sicher, ob das alles vollständig und somit richtig ist, doch meine persönliche Definition, nach der ich gearbeitet habe, dazu lautet:

--------------------------------------------------------

Der Stabreimvers

Der Stabreimvers besteht aus zwei Halbversen, die durch eine Zäsur getrennt sein müssen.

Jeder Halbvers umfasst zwei Hebungen.

Die Zäsur kann mit metrischen Mitteln, unter zu Hilfenahme von Satzzeichen oder einem eindeutigen Sinnabschnitt erfolgen.

Jeder einzelne Stabreimvers in einem Text kann metrisch anders gestaltet sein.

Im Gegensatz zu den Endreimen ergeben sich Stabreime durch die Übereinstimmung der Anfangsbuchstaben (der Hebungen) bei Konsonanten oder aber durch beliebige Vokale.

Mindestens eine Hebung eines jeweiligen Halbverses muss mit einer entsprechenden des anderen Halbverses stabreimen.
Ein Stabreim kann mehrfach verwendet werden, ebenso ist es möglich, mit zwei verschiedenen Stabreimen in einem Vers zu arbeiten.

Je nach Gestaltung kann die stabreimende Wirkung verstärkt werden.

--------------------------------------------------------

Beim Stabreimvers ist also die Anzahl der Silben nicht vorgegeben, es müssen pro Zeile nur vier Hebungen (2 x 2) vorhanden sein.

Und wenn du meinen Text noch einmal analysierst, wirst du feststellen, dass da ein ganz bestimmtes Muster vorhanden ist:

Als Wilhelm Müller am Morgen erwachte,
bemerkte er Wanzen munter walten.
Willi hasste die hässlichen Wichte,
die in Ritzen und Fugen rasend flüchten,
wenn Licht ihr finsteres Leben erfasst.

Quälend juckten die jüngsten Quaddeln;
die Wut auf die Winzlinge weckte in Wilhelm
den Plan zur Vernichtung der nervigen Plagen.
Mit drastischen Mitteln drohte Müller
den saugenden Kerfen den sicheren Kampf an.

Er ging zum Baumarkt und bat um ein Gift
zur Schädlingsbekämpfung, denn keiner der Schufte
sollte dem Wüterich sorglos entwischen;
er löhnte ein Spray und sprintete los.
Zu Willis Kummer kam er nicht weit.

An der nächsten Ecke beendete nämlich
ein lausiger Mazda Müllers Leben.
Die Rache vor Augen, vom Auto gerammt,
lauteten wirr die letzten Worte
des scheidenden Willis: "Beschissene Wanzen!"

Wie gesagt, das nennt man Stabreimverse.

Also mir haben die Kerfen gesagt, dass sie stolz auf das "f" sind, denn Kerf oder Kerfe bedeutet Kerbtier bzw. Insekt.

Und das sind Wanzen ja nun mal, oder?

Ich habe mich am Anfang auch schwer getan mit dieser (uralten) Form, die ich gar nicht kannte, doch je intensiver ich mich damit beschäftigte, desto mehr Spaß hat es mir gemacht.

Das war mal was anderes...


Vielen Dank für deinen schnellen Kommi, der auch eine schnelle Antwort verdient hatte...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten