Thema: Nänie II
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Alt 08.05.2016, 18:27   #1
charis
/ Bil-ly /
 
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Standard Nänie

Vom Rost zerfressne Stäbe sind geblieben,
noch hält der starke Strunk sie fest umschlungen.
Der Lärm der Motorsägen ist verklungen,
der Baum liegt tot, gestützt von jungen Trieben.

Wie Goldspan glänzen seine frischen Wunden
und auf Asphalt die Sägespäne - Blüten,
gestreut auf den Altar, wenn Götter wüten
und Opfer fordern, Demut zu bekunden.

Zählst du der toten Linde Jahresringe,
zählt sie die Jahre bis zu deinem Grabe:
Du hörst die Wirbel knacken, spürst die Schlinge.

Dort oben kreist der heimatlose Rabe.
Du meinst, dass er uns zur Besinnung zwinge
und irrst: Die Weisheit ist nicht unsre Gabe.

Geändert von charis (06.06.2016 um 21:03 Uhr)
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