Thema: Verpfändet
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Alt 25.03.2009, 12:41   #9
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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In diese überreiche Lebensfülle,
in die mich rätselhaftes Los getrieben,
dringt eine ahnungsschwangre Stille,
ein kühler, starker, lebensferner Wille
wie ein Gebot, daß ich nun meine Hülle
abzustreifen habe, sie nicht lieben
mehr darf, da diese Zeit nun endet.

Der fremde Wille schreckt als Drängen
auf neue, unbekannte Dornenpfade,
zu andrem Büßen, andrer Gnade,
zu tiefern, wildern Orgelklängen,
zu demutsvollen Weihgesängen,
hinfort zu dunklem Nachtgestade
von dem der helle Tag sich wendet.

Als Trost wird mir Dein Blick nur bleiben
aus Augen hehr und tief und klar,
jedweden Spottes, jeden Tadels bar,
bereit, Dämonen zu vertreiben,
ein Hohes auf das Pergament zu schreiben,
das einstmals meine blasse Seele war,
entrissen mir, getreten und geschändet.

Nun hab ich alles: Leben, Herz und Hülle,
Pulsschlag des Geistes und geliebte Stille
für Deinen Kuß auf meine Stirn verpfändet.
Hi, cypi!

Ein wunderbares Werk mit traumhaft lyrischer Conclusio, herrlicher Sprache und fast heiterer Schwermut.
Ich hoffe, meine kleinen Vorschläge zur klanglichen und metrischen Abrundung des Ganzen sind dir von Nutzen. Viel besser zu machen gibt es da nicht. Vielen Dank für diese schönen Zeilen!

LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (25.03.2009 um 12:42 Uhr)
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