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Alt 14.02.2017, 22:21   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Faldi!

Man merkt, du bist völlig gelassen und ausgeglichen, was diesen speziellen Zeitgenossen betrifft ...

Ich kann dich verstehen - würde ich mit soviel Unflat zugetextet, ich würde vielleicht auch irgendwann "unelastisch". Andererseits - wer zwingt dich, seine Mails zu lesen? Einfach löschen, die verbalen Zärtlichkeiten, sobald du den Absender siehst! Oder geht das nicht?

Dennoch, ich schwinge lieber die feine Klinge der indirekten Seitenhiebe und Anspielungen - wenn du obiges Gedicht liest, musst du zugeben, dass wohl fast jeder von uns so eine Art von "kleinem Mann" in sich hat, der unreif zetert, ordinär schimpft und verbal den Finger zeigt. Das tut gut irgendwie, vor allem, wenn man dem Addressaten nicht 1:1 in der realen Welt in die Fresse steigen kann, weil er ein Vorgesetzter ist oder der Typ gebaut ist wie ein Möbelpacker!
Der reife und höfliche Mensch wird sich nach außen ohnehin beherrschen, aber innerlich lässt er seinen eingebauten Widerling gern zu Wort kommen - als eine Art Ausgleich zum eigenen Wohlbefinden sozusagen.


Nun, bei manchen Leutchen sind solche sozialen Bremsen wohl abhanden gekommen oder waren nie in Gebrauch. Auch die Stilfrage stellen sie nie oder wie ihr kindisches Gebaren auf die Welt wirken mag - oder sie realisieren es gar nicht erst.
Sie sehen sich übervorteilt oder zu Unrecht verurteilt und leiten daraus das Recht ab, jegliche Selbstbeschränkung über Bord werfen zu können und den in ihren Augen Verantwortlichen oder Schuldigen mit nie endender Belästigung zu inkommodieren. Leute, die sich selbst zu ernst oder wichtig nehmen - warum auch immer - tendieren allgemein zu solchem Verhalten, zB die Gotteskrieger des IS: Durchglüht von der eignenen Bedeutung im Namen ihres Gottes und ohne jede Selbsthinterfragung oder ein Fünkchen Selbstironie leiten sie aus ihrer Überzeugtheit von sich das Recht ab, alle Kritisierer und Andersdenkenden (oder alle, die auch nur so aussehen!) gleich einen Kopf kürzer machen zu dürfen!

Genauso fanatisch verteidigt der Kampfkomplexler sein Selbstbild, in dem er selbst der eigene Gott sein will, weil er seine Mittelmäßigkeit nicht anders verdrängen kann. Mittelmaß ist ihm unerträglich, da er das Bild seiner Person in anderer Augen mit dem verwechselt, was er wirklich ist - oder anders gesagt: Er hat sich nie wirklich selbst erforscht und jagt lebenslang einer Vorstellung von sich nach, die er in den Augen der Umwelt gespiegelt sehen will.
Wenn dies nicht gelingt, reagiert er beleidigt und verteilt freiflottierend Schuldzuweisungen, denn schuld an der Verkennung seiner Größe MÜSSEN ja andere sein - seine selbst aufgebaute und unter Einsatz aller Mittel aufrecht zu erhaltende Ichsimulation erträgt keine andere Erklärung.

Die "Bestrafung" jener für ihn Schuldigen ist ihm ein selbstbestätigendes Ritual, mit dessen Hilfe er sich weiterhin definieren kann als das, was er so dringend zu sein wünscht. Realität ist für diesen Typ Mensch eigentlich reine Auslegungssache ... - sie dient ohnehin, soweit kompatibel, nur zur Unterstützung seiner Selbstdarstellung, ansonsten wird sie zurechtgebogen, um seinem Baukastenego als unterstützende Schablone dienen zu können. Er KANN nicht aufhören, zu hassen und zu verdammen, denn ohne diesen "äußeren Feind" würde ihm womöglich die eigene innere Leere bewusst, die er durch derart extrovertiertes Verhalten so standhaft zu leugnen versucht.

So - vielleicht verhilft dir diese kleine Psychoanalyse dazu, das Geplärr dieser verlorenen Seele leichter ertragen zu können.

Ansonsten bleibt die nur die "österreichische Variante": Wurschtigkeit! So nennen wir das, wenn uns die Beleidigungen von so einem Rumpelstilzchen einfach nur gepflegt am Arsch vorbeigehen.

LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
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