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Alt 03.04.2017, 18:48   #5
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Moin Walther,

genau das ist der Punkt, um den es sich dreht.
Der Text spricht aus deinen persönlichen Erfahrungen in diversen Foren, deshalb schrieb ich ja, ich kann mir schon denken, um was es dir geht.

So wären sowohl der Titel als auch die Argumentation um "Deutschland 2017" auch m. E. völlig fehl am Platze, weil der Text sich hier eben nur um eine bestimmte Minderheit dreht, nämlich um die Dichter, die sich eines gewissen Themas bemächtigen.

Deine Aussagen waren mir völlig klar, daran hatte ich weder Zweifel noch Kritik geübt, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass Titel und Fazit des Textes meiner Meinung nach eine unlogische Behauptung bzw. Schlussfolgerung enthält, weil sie sich geradezu paradox zum Rest des Textes verhalten, wo ja sehr wohl ein Sinn beschrieben wird, eben wie sich manche Leute heutzutage zu bestimmten Dingen zu äußern pflegen.

Dazu möchte ich auch gar keine Diskussion anfangen, mir geht es nur darum, dass ein Dichter objektiv bleiben sollte (was mir manchmal auch sehr schwer fällt, aber ich lerne), und stets auch in der Lage sein sollte, das Ganze aus einer anderen Perspektive zu beobachten und nötigenfalls auch noch aus einer dritten.

Und wenn er das gemacht hat, dann kann er so etwas nicht mehr schreiben, denn auch solche Gedichte verfolgen sehr wohl ein bestimmtes Ziel und haben somit aus der Perspektive des Schreibers auch sehr wohl einen Sinn.

Und bleiben wir auf dem Eiland. Hier war das genau so, denn Sinn und Zweck einiger Texte waren sehr deutlich und man musste sich mit ihnen, bzw. ihrem Autor auseinandersetzen.
Das ist geschehen, der Autor hat sich zurückgezogen und das war’s.

Wenn wir einen Autor hier hätten, der gute pornografische Gedichte verfassen könnte und wollte, und ständig im öffentlichen Bereich die Grenzen austestete, dann müsste ebenfalls aus leicht ersichtlichen Gründen reagiert werden.

Aber all jenen Texten pauschal zu unterstellen, sie würden das Ziel, den Zweck und den Wert der Lyrik missbrauchen, würde ich mich niemals wagen, denn wer hat das jemals festgelegt, was die Lyrik darf und was sie nicht darf.

Die Lyrik und somit das Gedicht ist eine Hure, die sich jedem Freier untertan macht und so etwas zu behaupten, würde sie unfrei machen.
Und wenn es nicht immer zwei Seiten einer Medaille gäbe, dann wäre das Leben ziemlich eintönig und langweilig und es gingen auch irgendwann die Themen aus.

Was darf die Lyrik und was darf sie nicht?
Woran kann man das festmachen?
Kann man das wirklich eingrenzen und beschränken?
Wen soll man von der Lyrik ausschließen?
Geschieht das auch bei Prosa?
Wären solche Zustände nicht genau jene, die andere versuchen anzustreben?
Haben wir in diesem Land nur theoretisch das Recht auf freie Meinungsäußerung?

Selbstverständlich muss man mit dem Inhalt eines Textes nicht konform gehen und man darf ihm sogar vehement widersprechen, aber niemand kann ihm seinen Sinn und Zweck absprechen.

Denn wenn sich irgendeiner anmaßen würde, solche Texte generell verbieten zu wollen oder ihnen den Sinn und Zweck der Lyrik abzusprechen, dann müsste der eigentlich mehr wissen, als alle anderen zusammen.

Als Satire wäre das vielleicht durchgegangen, aber hier?

Hier erhebt sich m. E. der große moralische Zeigefinger doch sehr deutlich und das ist meine Meinung, ohne in irgendeiner Form etwas gutheißen oder für etwas Partei ergreifen zu wollen.

Es widerspricht nur meinem Grundverständnis von Lyrik, denn die Lyrik darf alles und das soll sie auch dürfen, denn nicht nur die "Guten" haben sie für sich gepachtet, auch die "Bösen" schmieden ihre Verse. Die einen können ohne die anderen nicht sein.

Lassen wir sie zu und widersprechen ihnen, wo wir ihnen begegnen, wenn sie die jeweiligen individuellen Grenzen überschreiten.

Das ist Demokratie, das ist gelebte Demokratie, das ist genau der Zustand, der in diesem Land herrscht und den es zu erhalten gilt.


Liebe Grüße

Falderwald


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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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