Thema: Wunderblick
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Alt 04.03.2016, 14:40   #6
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, larin!

Uuups - diesen Kommi hatte ich damals komplett verschafen! Jetzt aber:

Ich mag den Begriff "Wunder" in seiner religiösen Auslegung nicht - ich verwende den Begriff nur als Synonym für Schönes, Großartiges. Gerade dein Argument, dass alles Seiende schon ein Wunder sei, weil die Wahrscheinlichkeit, nicht zu sein, viel größer sei, ist für mich nicht schlüssig.
Genausogut könnte man nach dem Zufall eines Lottogewinns großdeuterisch von einem Wunder sprechen - aber jeder würde erkennen, dass es eben im Grunde nichts weiter war als eine wahr gewordene Wahrscheinlichkeit, so gering sie auch gewesen sein mochte.
Das Leben an sich genauso: Das Universum gibt es ja nicht, damit Leben und weiter intelligentes Leben entsteht - was für eine gigantomanische Platzverschwendung wäre das! Diese antroposophische Weltsicht, wie Religionen sie verraten, war mir immer suspekt, weil sich der Mensch so darin gefällt, seiner Existenz mehr Bedeutung beizumessen als ihm zusteht. Das Universum gibt es, aber doch nicht WEGEN uns! Und wenn es uns nie gegeben hätte oder wenn wir ausstürben, dann hätte das Universum nichts "falsch" gemacht!
Wir sind eine wahr gewordene Wahrscheinlichkeit, und wir können uns dieses Hauptgewinns erfreuen, solange es uns gibt. Weiter nichts.
Natürlich tröstet der Gedanke, dass da ein allmächtiger Schöpfer wäre, obendrein noch auf unserer Seite, der uns zu einem bestimmten Zweck "entworfen" und gebaut hat - es befriedigt das Bedürfnis nach Sinn und Schutz gleichermaßen, denn offenbar können viele Menschen nicht mit der Gewissheit leben, dass es weder einen Plan gibt noch einen Planer!
Ich könnte es mir nicht anders vorstellen! Die - so wie ich das sehe - geistige wie moralische Unselbstständigkeit gläubiger Menschen (nix für ungut) befremdet mich.
In meiner Liebe zur Natur wie im obigen Sonett wäre es allzu leicht, hinter solch epiphanen Momenten einen Hauch göttlicher Gnade zu vermuten. Nein, für mich sind es nur Liebe und Freude, rein sterbliche Emotionen - und die kann ich ganz und gar ohne Überwesen im Nacken empfinden und genießen!

LG, eKy
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Geändert von Erich Kykal (04.08.2018 um 10:07 Uhr)
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