Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 17.10.2009, 09:56   #45
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
Standard

Mehr von meiner dunklen Vergangenheit

Tagelang lief ich damals zielllos umher. Irgendwo in den Hinterhöfen, zwischen oder neben den Mülleimern fand ich ab und zu etwas, das mich am Leben erhielt. Alles in allem war es aber kaum genug, um zu existieren.
Das Wetter schlug nach drei Tagen um und wurde ziemlich rau - will sagen : Es wurde nass, kalt und windig. Als Wohnungskatze war ich kaum an das Leben im Freien gewöhnt, mein Fell war einfach noch zu dünn. Ich begann zu zittern und zu niesen und war kurze Zeit später auch noch voll Ungeziefer, das ich mir bei den Mülltonnen geholt hatte! Außerdem hinkte ich ein wenig, weil die eine Pfote noch von dem Absturz verstaucht war. Miauuuu!

Wie ich mich damals fühlte, will ich gar nicht mehr wissen....
Wie eine Straßenkatze eben, und jung und unerfahren noch dazu.
Wahrscheinlich hätte ich diesen Zustand nicht lange überlebt, wenn ich nicht - Glück im Unglück- eingefangen worden wäre. Nicht von meinen damaligen Besitzern, leider. Doch zumindest kam ich weg von der Straße.

Zusammen mit vielen anderen Tieren landete ich damals im Gefängnis. "Tierheim" sagen die Menschen dazu. Zunächst einmal hatte jeder Häftling eine Zelle für sich, doch wenn man sich entsprechend einlebte und friedlich zeigte, durfte man einmal täglich auch in den Gemeinschaftsauslauf. War trotzdem immer ein Riesengedränge da. Kein angenehmer Ort für ein einsames, verschüchtertes Katerkätzchen....
Am meisten Angst hatte ich vor dem Tierarzt, einem alten Mann mit dünnem, grauen Kopffell und einem dicken, runden Gestell vor den Augen.....Er piekste mich einige Male mit etwas Langem, Spitzen in den Rücken (keine Ahnung, warum er das machte), stopfte mir kleine, weiße Dinger ins Maul und umwickelte meine verstauchte Pfote mit einem dehnbaren, langen Band.
Das war zwar irgendwie angenehm, trotzdem mochte ich dieses Ding überhaupt nicht und versuchte verzweifelt, es von meiner Pfote wieder abzukriegen. Einige Male gelang es mir - schließlich gaben es die Menschen auf, mich verpacken zu wollen.

Das Gute am Gefängnis war, dass ich jetzt wenigstens täglich etwas zu fressen hatte. Allmählich wurde mein mageres Bäuchlein wieder dicker und ich wuchs zu einem stattlichen Kater heran. Trotzdem mochte ich nicht gerne hierbleiben.
Besonders an Tierarzttagen litt ich enorm, weil ich doch nie wusste, was der Kerl als Nächstes mit mir vorhatte!
Der einzige Lichtblick in dieser Zeit war der Ausblick, der sich manchmal im Vorraum des Arztzimmers bot. Dort gab es eine Türe, die in einen Garten hinausführte! Die Gerüche, die von da kamen, waren immer besonders verlockend. Es musste eine Welt da draußen geben, eine Welt, die gemacht war für Katzen wie mich! Irgendwo da draußen musste noch ein besseres Leben auf mich warten, besser als dieses hier...
Meine Sehnsucht danach wuchs mit jedem Tag, und mit ihr wuchsen auch meine Muskeln und meine Neugier.....

Deshalb hielt ich die Augen und Ohren offen, belauschte die Menschen, die uns pflegten, bei ihren Gesprächen und versuchte, so viel als möglich über sie und ihre Denkweise zu erfahren. Man kann eine Menge lernen, wenn man klug ist.
Manchmal hilft Aufmerksamkeit, das Schlimmste zu vermeiden. Und so hörte ich auch eines Tages, wie der Tierarzt zu Frau Kuhn, meiner Pflegerin, sagte: "Der kleine Getigerte ist jetzt alt genug, morgen komme ich und werde ihn kastrieren...und dann können sie für ihn ein neues Plätzchen suchen...."

Himmel hilf! Kastrieren! Was war das bloß wieder? Ich hatte gleich kein gutes Gefühl bei der Sache. Und so beschloss ich, mir mein "neues Plätzchen" lieber selber zu suchen....
Ich hatte wohl unbewusst schon lange auf eine günstige Gelegenheit gewartet - und sie bot sich mir tatsächlich, und noch viel schneller, als ich es zu hoffen gewagt hätte......!


Wird fortgesetzt!
__________________
Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!

Geändert von a.c.larin (17.10.2009 um 09:59 Uhr)
a.c.larin ist offline   Mit Zitat antworten