Thema: Abschied
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Alt 17.03.2016, 21:34   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Adam!

Ein schönes Einstandsgedicht! Ein paar Stellen möchte ich allerdings bearbeiten:

Stählerner Blick erfasst prüfend die Flur.
Sonnengegerbt, voller Kraft die Statur,
schreitet der Herr dieser Felder voran.
Demütig neigt sich der Weizen, alsdann
teilt sich das goldgelbe Meer und es bebt
grüßend der Boden - vom Schritte belebt.

Prachtvolle Ernte verkündigt sich hier - "verkündigt" scheint mir gar zu "religiös", und die erste Strophe hat so schon genug Pathos. "verkündet" erscheint angemessen.
nahrhafte Kost für potentes Getier, "potentes Getier" - sorry, das wirkt ungewollt komisch! Unbedingt anders Adjektiv suchen!
das unter kundigen Händen gedeiht -
wissenden Händen, zur Arbeit bereit.
Arbeit, die Geist, die die Seele beglückt, Dreimal "die" in einer Zeile, davon zweimal direkt hintereinander? Vorschlag: "Arbeit, die Geist wie auch Seele beglückt,"
Mensch und Natur in den Mittelpunkt rückt.

Sechs mal zehn Jahre schon Ernte und Saat.
Zweifel? Mitunter, doch stets war die Tat
logisches Ende im Wägungsprozess: "Wägungsprozess" klingt sehr ... statistisch. Ein unlyrisches Wort.
Trotzt er der Dürre, dem Hagel, indes "indes" kann "unterdessen" heißen oder "jedoch". Aufgrund der Satzkonstruktion missverständlich: Etwa die Hälfte werden den Satzteil mit der falschen Interpretation anlesen, zB ich - und müssen dann neu ansetzen.
mehr Konsumenten für weniger Geld "Konsumenten" ist ein sehr unlyrischer Fachterminus.
bessere Ware erwarten? Die Welt

isst, was es gibt, ganz egal, was es ist.
Ob sie die goldgelben Meere vermisst?


Gut zu lesen, im Stil an manchen Stellen sehr "barock" - aber ich mag das.
Mehr Pathos dürfte aber nicht sein!
In S3 wird es dann stellenweise zur Vorlesung - hier verliert der Text die aufgebaute Stimmung unter der Last unlyrischer Fachausdrücke. Die Conclusio versöhnt wieder.


Sehr gern gelesen!

LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
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Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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