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Alt 08.05.2016, 03:44   #7
Lailany
Kiwifrüchtchen
 
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Liebe Chavi,
fein gebastelt!
Ein beeindruckendes Stück Lyrik, spannend bis zum letzten Wort und nirgendwo flach. Gut gemacht! Chapeau!
Wo sie passt, mag ich die antiquierte, etwas schwülstige Sprache sehr gerne und wo könnte sie besser passen als bei einer Ballade ? Sogar die Inversionen sind hier so geschickt eingebunden, dass sie mir keinen Brechreiz verursachen und dafür allein schon gibts ein Kompliment.

Ein paar Kleinigkeiten zum Bemosern hab ich gefunden:

der einst den Bruder zornig niederstach...

Hier würde ich "ruchlos" dem zornig vorziehen aus folgendem Grund:
Zu der Zeit, in der dein Drama spielt, galt es als durchaus respektabel, zornig zu sein. Und von zornigen Edelmännern wurde erwartet, dass sie kämpfen, sich einem fairen Duell stellen bzw eines forderten. Kam einer dabei ums Leben, war das für seine Familie Ehre, nicht Schande und daher auch kein Grund zur Rachsucht, die deinen Protagonisten offensichtlich antreibt.
Also drängt sich mir bei deiner Schilderung der Eindruck auf, als sei der Bruder nicht in einem fairen Schwerterduell, sondern in einer hinterlistigen/brutalen Attacke gemeuchelt worden.
Tja... und das Wort "ruchlos" würde dieser Theorie Hand und Fuß geben.

"erhebt sein edles Haupt wie vor dem Tore stolz..."

Warum das Wörtchen "wie" und welche Bedeutung hat es hier?
Es scheint mir doch eher eine grammatikalische Warze zu sein höchstwahrscheinlich das vergessene Überbleibsel einer oder mehrerer vorgenommener Veränderungen am Text.
Vorschlag:

erhebt sein edles Antlitz vor dem Tore stolz...
Antlitz, auch so ein verstaubtes Wort, das hier sehr gut reinpassen würde.

die Flügel dehnten sich....
hm... also das Dehnen mag ich hier gar nicht. Hier müsste "öffneten sich einen Spalt"..
aber das hast du schon in der Zeile zuvor. Allerdings wär es mM nach einfacher, dort einen Ersatz zu finden. Grad eben fällt mir nix ein... ich brüte noch darüber.

"Mein Vater fiel im Kriegerfeld..."
Ich meine, hier müsste statt "im" ein "am" hin, so wie man auch sagt
"fiel am Schlachtfeld", wenn es sich auf einen Ort bezieht.
"im" gehörte dann bei "im Kampf", "im Krieg" usw...

Wo bleibt Eky???

"nun fällts mir angesichts des Todes schwer..."
Hier verlierst du mich, liebe Chavi. Von wessem Tod spricht er hier? Von seinem eigenen? Wohl kaum.
Vom Tod dessen, der den Bruder auf dem Gewissen hat? Kann nicht sein, denn er hat ja gerade erfahren, dass der nicht hier ist.
Womit das Wort "angesichts" auch nicht mehr zutrifft.
Hilf mir bitte auf die Sprünge hier.

"Sein Geist geschlagen und nur eines fleht"
Sollte das nicht heissen:

Sein Geist geschlagen um nur eines fleht.... ?

Und nun zur letzten Erbse:
Alle Zeilen des gesamten Textes beginnen unbetont.
Warum fällt ausgerechnet die letzte Zeile aus der Reihe?
Wie überhaupt willst du denn das "Und er spürt..." betont haben?
Für mich liest es sich "und er spürt im Innern schon die"
usw
Gibts einen bestimmten Grund dafür, das "und" zu behalten?
Warum nicht:
er spürt im Innern schon ..... ?

Puh... fertich.

Sind nur kleine Nüsslein. Insgesamt hat mir deine Ballade supergut gefallen und es hat mir Freude gemacht, mich damit zu beschäftigen.

Sehr gern gelesen und besenft.

LG von Lai
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Geändert von Lailany (08.05.2016 um 04:10 Uhr)
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