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Alt 24.11.2009, 18:03   #3
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
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Lb. Archimedes,

die Ereignisse stellen Fragen und dringen auf Antworten. Eine Frage ist die nach den Zugführer des Zugs, der Robert Enke überrollt hat, der sein Selbstmordwerkzeug war. Wie geht es diesem Zugführer? Was erlebt seine Familie? Manche Zugführer - besonders im Nahverkehr - erleben einen solchen Selbstmord bis zu sieben Mal in ihrem Leben. Wer gedenkt ihrer? Wer begleitet sie zu ihrem Therapeuten, der sie aus ihren Schuldgefühlen und dem Schock wieder herausholt?

Damit soll die Notwendigkeit, die Depression als Volksseuche zu thematisieren, nicht geringer geschätzt werden. Im Leben jedes Selbstmörders steckt tiefe Tragik, Verstrickung, Schuld, Krankheit, gesellschaftliche wie persönliche. Man weiß heute, daß Schwermut (= Depression) erblich ist. Zugleich aber ufert sie in unserer Gesellschaft immer mehr aus. Es muß also exogene Faktoren geben, die direkt mit unserer Lebensweise zu tun haben.

Dein Gedicht ist wie alle Betroffenheitslyrik eher halbfertig als überzeugend. Verarbeitung braucht Zeit. Ich verstehe den Drang, darüber zu schreiben und damit zugleich entäußernd zu bewältigen. Sensible Menschen macht ein Freitod in seiner Sinnlosigkeit, der man hilflos gegenüberseht, wahnsinnig. Ein Ventil wie die Lyrik bietet sich an.

Danke für Deinen Eintrag.

LG W.
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Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt
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