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Alt 08.03.2017, 15:11   #12
Jongleur
Hallig-Dichter
 
Registriert seit: 04.05.2016
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Lieber Erich,

Intuitives, als unreflektiertes Handeln ist jedem Menschen mehr als genug eigen.
Aber für mich ist Intuition vor allem für die Ideenfindung zuständig. Danach macht Analyse und Handwerk durchaus Sinn. Und wenn DAS erfahrungsgemäß im Schreibprozeß an einer Szelle nichts mehr nützt, hoffe ich wieder auf Intuition.

Auch du hängst am Handwerk... wenn ich deine zahlreichen Verbesserungsvorschläge betrachte. Oder?

Ich schrieb nicht, dass die meisten Adjektive oder Adverben überflüssig sind.
Und mir zu unterstellen, ich hätte keinen empathischen Blick oder kein Interesse für das Ganze, ist dein Empfinden von Rechthaben, aber keinesfalls meine Realität.

Ich schreibe seit vielen Jahren beruflich UND IM TEAM Lyrik. Da kann man im Zweifelsfalle nur DAS durchsetzen, was man den anderen plausibel und empathisch erklären kann.

Ich meine, dass ich meine Vorschläge sowohl im Detail erkläre, aber auch die Auswirkungen für das gesamte Werk im Blick habe, benenne und abwäge. Denn schließlich muss ja auch ich Kritik aushalten und habe dann kurzfristig ebenfalls das Gefühl, die ANDEREN würden sich am Detail festbeißen. Aber nach jeder Veröffentlichung stelle ich oft genug fest, dass ich gut beraten war, trotz anfänglichen Unwillens zu ändern.

Ich weiß aus meiner Tätigkeit aber auch, dass man die Einwände eines JEDEN ernst nehmen soll und niemals, aber auch niemals die Persönlichkeit des Wertenden als Torschlag- Argument benutzen sollte.

(Ich beispielsweise traue JEDEM Intuition und logisches Denken gleichermaßen zu. Es kommt darauf an, wie und wann es nützt. Oder wie erklärst du dir den Logik-Professor, dem seine liebe Frau den Schrank zusammenbauen muß? Umgekehrt lade ich mir zu meinem Geburtstag gern herzliche Menschen ein. Rate mal, wie viele von denen Künstler sind... )

Es kommt immer auf den konkreten Moment an. Mal schreibt der Autor gefühlsbetont und sein Kritiker mahnt zur Rationalität, mal ist es umgekehrt. Das ist doch oft stimmungsabhängig.

Würdest du Hemingway oder Erich Fried Intuition absprechen wollen, nur weil sie lakonisch oder rational betont schreiben?

Und sich als der Intuitive zu spreizen, scheint mir ebenfalls auf längere Sicht gesehen eher unklug zu sein.

Aber ich sehe, dass du mit mir kommunizieren möchtest. Vielleicht nehmen wir dann lieber Beispiele, als unsere Avatare zu analysieren. Oder benutzen für Psychanalyse doch besser einen speziellen Faden.

Meine Antwort wäre anders ausgefallen, hättest du über die Widersprüche zwischen Emotionen und Rationalität in jedem Einzelnen spekuliert. Das wäre mMn auch konstruktiver. Oder bestehst du nur aus Gefühlen?

Wer Brecht lakonisch oder rational nennt, kennt seine Liebesgedichte nicht. Wer Morgenstern für witzig hält, der ist glücklich am Rest seines Werkes vorbei gesegelt.
Lg

Geändert von Jongleur (08.03.2017 um 16:00 Uhr)
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