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Alt 22.02.2018, 10:06   #11
Sufnus
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Mit der Präambel, dass jede ästhetische Diskussion immer sehr subjektiv belegt ist blablabla... würde ich doch nochmal eine Gegenposition zur (natürlich begründeten und begründbaren) Meinung von Erich und Chavali vertreten wollen, wonach eine Abweichung von einem sonst durchgängigen Metrum automatisch ein Holpern darstellt.

Zum einen kann es ein wertvolles Instrument sein, um einem Text zusätzliche Spannung zu verleihen oder die Betonung auf eine besondere Aussage zu lenken und zum anderen kann es den Leser dazu bringen, eine Stelle mit schwebender Betonung zu lesen, was sogar eine leichte Entrücktheit in das sonstige Gleichschrittsmarschlamento eines Textes einbringt.

Im Fall von "sternweißen" haben wir es eindeutig mit einer natürlicherweise schon leicht schwebenden Betonung zu tun, denn auch wenn in einem Prosatext die natürliche Betonung eher auf er 1. Silbe erfolgen würde, schmiegt sich dieses Wort doch recht stark an einen vorgegebenen Rhythmus an: "Dein sternweißes Kleid" kann nur mit sehr starker Betonung auf stern- gelesen werden, wohingegen z.B. "sternweißes Gefunkel der Nacht" schon eine ziemlich ausgewogene Betonung von stern- und -weißes erzwingt.

Und abgesehen davon: was für ein wunderschönes Wort ist doch "sternweiß", ich hab das noch nie zuvor gelesen und bin am Boden zerstört, es jetzt durch "beglänzten" ersetzt zu sehen...

Vorschlag:

Am Wegesende steht bereits die Nacht,
belehrt die Welt beinahe sanft mit ihren
sternweißen Villen: Strahlen heißt flanieren
auf solchen Pfaden, die nur nachtwärts führen,
als wären sie schon immer so gemacht.
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