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Alt 26.04.2011, 14:10   #13
Justin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Hallo Faldi,

Du hast dir die Mühe gemacht, den Reigen der Dichter und Schriftsteller aufzulisten, die Dir besonders nahestehen. Die ganze Abhandlung habe ich mit Freude gelesen. Unter den Auserwählten stehen auch bei mir einige der genannten Autoren im Bücherregal: Hesse, Storm, Fontane, Meyer und natürlich Gedichte von Goethe. Du bist viel zu belesen, um Dich nur mit dem Dichterfürsten zufrieden zu geben, doch diese besondere Vorliebe für ihn hat natürlich auch ihre guten Seiten.

Bei mir ist es nicht anders, daß ich mich am liebsten der gebundenen Lyrik hingebe. Ich lasse vielleicht kleine Abstriche an der Metrik gelten, wenn eine zurechtgelegte innere Melodie das zuläßt und man sich ein Gedicht sangbar vorstellen kann. Im großen und ganzen sollte aber der Rhythmus schon stimmen und nicht zu sehr durcheinanderpurzeln.

Du sprichst weiterhin vom Weltbild, das Du dir zurechtgelegt hast. Da verstehe ich Dich schon, wenn lediglich eine Teilannäherung an den Buddhismus erfolgt. Denn es ist die einzige Religion, die niemals Kriege geführt hat. Eine frei gewählte Musikrichtung ist noch vernünftiger, als sich mit vollendetem Pathos einer Religion unterzuordnen. Auch mir schlägt das Geseire, das von der Religion ausgeht, sehr aufs Gemüt. Damit konnte man sich die Welt schon immer so zurechtbiegen, wie man sie haben wollte. Sogar das schlimmste Leid von Menschen wird so auf eine unerträgliche Weise zerredet, weil wir ja alle in der Liebe des Herrn stehen und im Jenseits auch die Benachteiligten für das Ungemach auf Erden belohnt werden. In diesem Sinne erfolgt dieses Gerede, das mir sauer aufstößt und mit viel Zynismus durchmischt ist.

Ich komme noch mal auf die Poetry-Slams zurück, von denen ich Dir sagte, daß ich im Grunde genommen nichts dagegen einzuwenden habe. Diese Modeerscheinung wird wahrscheinlich aber nicht so langlebig sein wie die "Estrade", zumal sich dieser Begriff in der Vorstellungswelt besser halten konnte. Es ist eine Darbietungsform vor großem Publikum, wie sie vor allem von Jewgeni Jewtuschenko geschätzt wurde. Als bekannte Persönlichkeit konnte er sich das aber auch leisten. Bei den Poetry-Slams, die als Wettbewerb ausgetragen werden, läuft es anders. Und hier sehe ich durchaus auch Nachteile. Ganz ähnlich wie bei "DsdS" könnte letzten Endes der Phänotyp, die Art und Weise, wie man sich verkaufen kann, in der Bewertung mit ausschlaggebend sein. Und es ginge irgendwie nicht mit rechten Dingen zu.

Erst neulich hat eine Schreiberin der Vermutung widersprochen, wonach sie womöglich ihre Gedichte laut vor sich hersagt, und das Bekenntnis abgelegt, daß sie, ganz im Gegenteil, ihre Gedichte meist nur verinnerlicht. Ein namentlich nicht genannter Meister wurde zitiert, der das als größte Liebe zu den Gedichten bezeichnet hat. Und wie ich zugeben muß, ist das genau auch meine Anschauung...

Liebe Grüße

Justin

Geändert von Justin (26.04.2011 um 15:06 Uhr)
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