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Alt 25.05.2014, 11:53   #8
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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lieber erich,

jetzt kommt die gute nachricht: wir menschen können mittlerweile schon verliebt sein, OHNE die art zu erhalten.
(eine generation von frauen hat endlich aufhören dürfen, bloße gebärmaschine zu sein. )

und komplett selbstlos sind nur die toten - die sind sich nämlich wirklich sich SELBST LOS.
was die selbstlosigkeit unter den lebenden anbetrifft: es kann natürlich vorteile haben, die eigenen bedürfnisse zugunsten andere hintanzustellen:
soziale anerkennung und vielleicht die hoffnung, dass auch die andern mal zurückstecken, wenn man es selber braucht.
es soll aber auch idealisten geben, die eine geheimen SINN in dem verzicht sehen, den sie gerade üben, (also, wenn da einer mal radelt anstelle das auto zu benützen. wenn er nicht jeden tag fleisch verschlingt. wenn er nachhaltige produkte kauft oder überhaupt nicht mehr so wahllos komsumiert. wenn man das handy abdreht oder den computer oder den fernseher oder nicht raucht, auch wenn alle um einen her qualmen)

es kann durchaus vorteile haben, nicht alles und jedes sofort haben zu müssen (das gute alte "spare in der zeit, dann hast du in der not" kommt hier zur anwendung)
man hat auch herausgefunden, dass kinder, die bedürfnisaufschub leisten können,(indem sie auf eine kurzfristige klenie belohnung zugunsten einer größeren, die aber erst später erfolgt) wesentlich konzentrierter und effektiver lernen und es daher auch im späteren leben weiter bringen als die egozentrischeren "sich -sofort-befriediger."

eros
sexus
caritas oder
agape

immer ist da ein selbst im spiel, von dem es ausgeht - aber der anteil an raum, der dem andern in diesem spiel zugemessen wird, ist unterschiedlich.
liebe gleichzusetzen mit manipulation lässt mich vermuten, dass du dich vorwiegend mal mit den ersten beiden spielarten beschäftigt hast.
ich hoffe, du lernst noch mal was anders kennen ( und lieben!)
und liebe ist nicht gleich verliebtheit! auch das ist ein trugschluss, durch den wir alle durchmüssen.
und das scheitern von beziehungen hat nicht immer nur mit dem mangel an liebe zu tun. oft gibt es systemisch bedingte stolpersteine und hindernisse, aber auch lebensgeschichtlich bedingte tragödien und nöte, an denen die ursprüngliche liebe wegen überlastung zugrunde geht.
liebe ist kein unbegrenzt belastbarer tragesel. auch das ist ein weit verbreiteter irrtum. ("wenn du mich liebts, dann hältst du das alles aus." NÖ! ich liebe dich - und ich halte nicht alles aus, was du mir da zumutest).

liebe ist auch nicht dazu da, dass sich einer für den andern aufopfert.
er kann dem partner manches sich - zurücknehmen zum geschenk machen - aber es muss immmer ein geschenk bleiben , d.h aus freien stücken erfolgen, sonst ist das geschenk kein geschenk mehr sondern eine zwangsjacke.

die liebe ist ein kind der freiheit - und sie dann schwer zu erreichen, wenn man den anderen menschen nicht loslassen kann oder willen.
und dann gibts da noch das klitzekleine problem des gehalten werdens.
wie stark oder fest kann / soll/ muss das sein?

keine antwort im allgemeinen - das müssen sich die zwei betreffenden immer selber ausschnapsen.


es gibt übrigens ein interessantes buch zum thema "Liebe":

Yoram Yovell: Liebe und andere Krankheiten

Yoram Yovell ist Psychoanalytiker, Psychiater und Neurobiologe - insoferne
erzählt er fundiertes aus seiner praxis in sogenannten "fallgeschichten".
das liest sich flockig und locker und ist sehr gescheit gemacht.
quasi bettlektüre.


und danach wird man feststellen: bei allen antworten , die man erhalten hat, bleiben da immer noch ein paar fragen.....


lg, larin
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Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!

Geändert von a.c.larin (25.05.2014 um 11:57 Uhr)
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