Mein Baum
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Das letzte Blatt ist längst schon in den Wind geschlagen,
die nackte Krone schützt nur tiefes Himmelsgrau;
wie im Versprechen jedem Treiben zu entsagen,
stellt er im Filigrangeäst sich jetzt zur Schau.
Des Sturmes Gärtner werden ihn noch neu frisieren,
Verdorrtes, Schwaches brechen, wie im Jahr zuvor,
und er wird stehen bleiben, trotzend dem Erfrieren,
geduldig ruhen, harren, bis der Lenz ihm Tor
und Türen öffnet, ohne Anspruch und Verlangen.
Wie selbstverständlich werden Kräfte freigesetzt
und weder Baum noch Jahreszeiten müssen bangen,
ob man einander über- oder unterschätzt.
Nur Gertrud, losgelöst von Freude und von Trauer,
setzt täglich einen taubenblauen Punkt und schaut;
dazwischen gurrt sie ein paar Töne, die genauer
nicht zu bestimmen sind - mal leise und mal laut.
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Geändert von Dana (13.01.2014 um 18:44 Uhr)
Grund: s. Kommentar und Vorschlag von Falderwald
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