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Alt 01.11.2012, 21:37   #2
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Servus Erich,

ich lese gerade "Die Philosophie des verbotenen Wissens" von Professor Konrad Paul Liessmann, der übrigens ein Landsmann von dir ist.
Ein ziemlich negatives Buch hat er da geschrieben, was ich allerdings im positiven Sinne meine, denn diese Seite der menschlichen Existenz gibt es ja schließlich auch.
Dort wird das Thema deines Sonetts auch behandelt, zwar nur am Rande, aber es zeigt doch deutlich, wie sehr der Mensch sich zum Hässlichen und Schrecklichen hingezogen fühlt, vor allem, wenn er es aus der Ferne genießen kann.

"Als wären alle Bilder ohne Wesen" ist die Zeile, die ich an dieser Stelle einmal aufgreifen möchte.

An sich ist das ja auch so, Bilder sind keine Wesen, es sind eben nur die Bilder von Wesen, die irgendetwas erlebt haben.
Natürlich sind damit persönliche Schicksale verbunden und das ist es ja auch, was im Text zum Ausdruck gebracht werden soll, denn die Sozialkritik zwischen den Zeilen ist ja nicht zu übersehen.

Letztendlich ist das TV nur ein Produkt für Konsumenten, dazu noch geschickt aufgearbeitet, so daß es zwar Reaktionen beim Verbraucher hervorruft, dieser jedoch nicht wirklich Anteil an den gezeigten Ereignissen nehmen kann, weil er reizüberflutet wird.
Meist bleibt es bei der von ihm erwarteten Empörung.

Und trotzdem kann jeder auf diese Art und Weise, so wie es der Titel aussagt, indirekt am Leben anderer teilnehmen und bekommt solche Erfahrungen quasi gefahrlos für Leib und "Seele" auf dem Silbertablett in kleinen Häppchen frei Haus geliefert.

Gefühle bleiben dabei auf der Strecke, denn es betrifft einen ja (meist) nicht persönlich.

Wozu braucht es da ein Gewissen?

Heute ist es so, daß wir durch die schnellen Medien in einer Art "informierendem Rauschzustand" existieren. Eine Droge die immer wieder aufs Neue aktiviert werden will, weil eben alles, was sich gestern ereignete, auch schnell wieder in Vergessenheit gerät und sich somit abnutzt.
Nur das Neue ist noch interessant und das meine ich im wortwörtlichen Sinne, nämlich das Neue des Neuen wegen.

Selbst das, was ich jetzt hier geschrieben habe, ist morgen schon wieder Schnee von gestern, weil ich dann auf der Suche nach was Neuem bin.

So ist (auch) das (direkte) Leben (manchmal)...


Das ist ein nachdenklich machendes Sonett, daß ich gerne gelesen und kommentiert habe...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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