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Alt 08.12.2009, 17:21   #1
Herbstblatt
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 25.02.2009
Ort: Paderborn
Beiträge: 215
Standard Das große Fressen

Zehn tapfere Verlegerlein,
die lebten einst fürs Buch.
Die Nischen waren oft recht klein,
doch Nischen gab’s genug.

Dann kam ein Medien-Ungeheuer,
das strebte nach Profit.
Bei ihm war alles größer, neuer,
neun halten erst noch mit.

Hat sich den Neunten einverleibt,
denn der war nicht liquide,
Den Rest, der danach übrig bleibt,
bescheißt es sehr perfide.

Der Achte war recht hoch betagt,
der musste bald schon sterben
Das hat den Geiern sehr behagt,
sie krallten sich die Erben.

Der Siebte endet abgebrannt,
tat sich verspekulieren,
ein Großer drückt ihn an die Wand,
gab vor ihn zu sanieren.

Verleger sechs war heldenhaft,
ein treuer Nischenhüter.
Doch bracht des Geiers Bankbürgschaft,
den Helden um die Güter.

Der fünfte war ein Freund der Kunst,
ein edler Zeitgenosse.
Nur sank er in der Mediengunst!
Und endet in der Gosse.

Die Global Player trieb die Gier
nach lohnenden Geschäften.
Man kauft Verleger Nummer vier,
kam so zu neuen Kräften.


Für die Autoren wird’s nun schwer,
gibt fast nur Groß-Verlage,
und keine kleinen Nischen mehr,
kaum Neues kommt zu Tage.

Statt dessen liest man Einheitsbrei,
aus Promi Memoiren.
Der Jet Set strippt die Seele frei,
um sich zu offenbaren.

Noch gibt’s in der Verlegerwelt
drei einzelne Exoten,
die pfeifen auf das große Geld
und auf die Riesenquoten.

Der Leser hat es in der Hand,
bevorzugt er das Rare.
Verteidigt so das Nischenland,
und pfeift auf Stapelware.
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