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Walther 10.10.2011 18:21

Ich bin der Ritter Ziemlichfrech (Moritat)
 
[Ich bin der Ritter Ziemlichfrech
Und trag ne Rüstung ganz aus Blech.
Sie quietscht im Rhythmus meines Ganges.
Ich bin ein Scherzkeks ersten Ranges.

Mein Kampfross namens Sylvia
Ist nur zum langsam Traben da.
Es hält Galopp für überflüssig
Und ist des Springens überdrüssig.

Die Lanze ist voll Rost und stumpf,
Ein Loch hab ich im Eisenstrumpf,
Mein Schild, der trägt als Zierde Beulen:
Mein ganzer Auftritt ist zum Heulen.

Weil mich der Gegner unterschätzt,
Blieb ich bis heute unverletzt.
Auf meinem Schloss, ihr lieben Leute,
Da ist des Wahnsinns fette Beute

Tief im Verlies verstaut versteckt.
Ich rieche schlecht und bin verdreckt.
Und doch werd ich beim Jungfraun Minnen
Die schönsten Burgfrolleins gewinnen:

Dem Diamantring und dem Gold
Sind selbst die feinsten Damen hold!
Ich kann, und dafür hab ich Bürgen,
Den Drachen mit der Hand erwürgen,

Was heißt, ich bin ein großer Held,
Und habe dazu noch viel Geld:
Vor Frauen kann ich mich nicht retten,
Sie hängen an mir wie die Kletten!

Im Bett trag ich mein Panzerhemd,
Für jenen Fall, dass ich enthemmt
Die Liebste falsch und laut besinge
Und sie mich mit des Dolches Klinge

Zum Schweigen überreden will!
Bin ich dann endlich einmal still,
Sieht man uns brünftig keuchend lieben,
Bis dass die Funken heftig stieben,

Man hört, es knarzt und kracht das Bett,
Wir kreischen, schreien im Duett,
Gelegentliches helles Scheppern
Zeigt an, dass wir das Schloss zerdeppern.

Ich bin der Ritter Ziemlichfrech
Und rede gerne sehr viel Blech.
Doch als man mich beim Wort genommen,
Ist mir das nicht sehr gut bekommen.

Ich stritt mit Ritter Lanzelot
Und titulierte ihn Idiot.
Drauf warf er mich mitsamt der Rüstung
Über des Schlosses hohe Brüstung.

Ich Armer fiel, vorndraus der Schopf,
Mit lautem Gong auf meinen Kopf
Und stak derart im Wassergraben,
Wo sie mich fast vergessen haben,

Als sie zur Treibjagd bliesen, und
Zum Glück war da ja noch mein Hund,
Der bellte: Artur, der hieß halten,
Damit die Knappen Amtes walten,

Mich raus zu hieven mit dem Seil.
Ich ruhte eine lange Weil,
Um dann mein Kampfross zu besteigen.
So kann man seinen Ruf vergeigen.

Dana 10.10.2011 19:39

:D Lieber Walther,

du Raubritter!
Beim Lachen und Ablachen, darf man das lyr. Ich schon dem Dichter zuordnen, um die nächsten anzustecken.
Herrlich überzogen und Lyrik gewahrt - ich hatte Spaß beim Lesen.
Die Bilder, die mir dabei entstanden, will ich weder beschreiben noch malen.

Insbesondere der Liebesakt im Panzerhemd - die Verletzungsgefahren einbezogen, das Klirren und Scheppern - ach früher war doch alles viel schöner und besser.:cool: oder :confused:

Nach Gold und Diamant greife ich schnell - bin schließlich eine Dame.:p
Dem Edelmann ohne Rüstung bleib ich hold.:D

Liebe Grüße
Dana

Onkie IIV 10.10.2011 19:40

hach walther, da hast du mich schon sehr bespaßt :)
deratiges fröhliches und leichtes aus deiner feder ;)
die erste strophe ist m.M. nach wirklich sehr gut,
dann hebt und senkt sich die Qualität ein wenig
und der Schluss ist nach meinem Geschmack nicht der,
den die erste Strophe verdient hätte. im metrum
muss ich dich ja nich belehren, wenn du nur die
hochwertigsten stellen genommen hättest, hätte ich das gesamtwerk
noch toller gefunden, aber auch so, macht es mich froh ;)
lg
onkie

wolo von thurland 11.10.2011 08:30

hallo walther
eine moritat hat nicht nur "hochwertige stellen". da find ich es also stimmiger als mein vorkommentierer.
lustig und dramatisch ist es. auch da stimmt's.
aber es ist trotzdem keine moritat. da nehme ich fast an, dass du das auch so sehen würdest. in einer moritat müsste es mindestens einem der protagonisten schlecht gehen. hier höchstens dem schloss... also ein softporno ist kein krimi, auch wenn er im mittelalter spielt.
mit spass gelesen. bin gespannt auf deine meinung
gruss von wolo

Walther 11.10.2011 10:19

Hallo Ihr Lieben,

habe kleine Änderungen durchgeführt und das "Schlechtergehen" nachgeliefert. :D

LG W.

Stimme der Zeit 11.10.2011 12:05

Hallo, Walther,

ja, so warn's, ja so warn's, die alten Ritterleut'. :D

Ich musste unwillkürlich an Karl Valentin denken. Bei ihm hatte es mir die Strophe angetan, in der der Ritter in die Rüstung rotzt ... *prust* Deshalb füge ich mal den Link mit der Originalversion von ihm bei: ht tp://w w w.vvdst.org/studentenlieder/205-ja-so-warns-die-alten-rittersleut.html (Leerzeichen entfernen)

Dein "Volkslied" (na ja, bei einer Moritat - kommt von "Mordtat" - hättest du deinen Ritter eigentlich abmurksen müssen;)) ist aber auch ganz große Klasse, es geht mir wie Dana. Bei solchen Aktivitäten in "voller Rüstung" muss es ja eine Menge blaue Flecke gegeben haben! :eek:

Da es ein Lied ist, stören die metrischen Holperer nicht, es lässt sich nämlich prima singen. :)

Diese Strophe ist einfach prachtvoll und des edlen Rittertums wahrlich würdig:cool::

Zitat:

Man hört, es knarzt und kracht das Bett,
Wir kreischen, schreien im Duett,
Gelegentliches helles Scheppern
Zeigt an, dass wir das Schloss zerdeppern.
Ich hab mich beim Lesen gekringelt vor Vergnügen ... :D:D:D

Sämtliche Strophen sind herrlich, ich lachte immer mehr, je länger ich las. Deine "Ergänzung" mit dem Bild vom kopfüber im Burggraben steckenden Ritter - ich kann nicht mehr. Mir bleibt vor Lachen die Puste weg. "Gonggg!" - das höre ich regelrecht ...

Lieber Walther, das ist das Lustigste, was ich je von dir gelesen habe! Und da ich auch gerne längere Gedichte lese, ist es mir jede Strophe ein Vergnügen. Deshalb freut es mich auch, dass Ritter Ziemlichfrech nicht hoppsgegangen ist! :D

Bei so viel Lachen bin ich völlig kritikunfähig!

Sehr, sehr gerne gelesen und schlappgelacht. :D

Liebe Grüße :)

Stimme http://www.smilies.4-user.de/include..._devil_006.gif

Walther 11.10.2011 13:13

Lb. Stimme der Zeit,

auch ein ernster Zeitgenosse, rührt an ihm des Wahnsinns Flosse, kann, oh wundersam, schräg dichten. Ernst und Witz gehn nicht? Mitnichten!

LG W.

Justin 11.10.2011 13:22

Hallo Walther,

Dein Gedicht ist mit 15 Strophen sehr lang, aber man liest es flüssig durch, muß darüber lachen und amüsiert sich köstlich :). Stimme erwähnt die "alten Rittersleut" von Karl Valentin. Diese Verse kenne auch ich. Daneben fällt mir noch Heinz Erhardt ein, der "Ritter Fips"-Gedichte schrieb.

Es war bekannt, daß Ritter Fips,
zwar Kraft besaß, doch wenig Grips,
denn fragte man ihn was beim Quiz,
nie wußte er dann, was es is`!

In dieser Art angelegt ist auch Dein Gedicht. Nur heißt Dein Ritter "Ziemlichfrech" :).

Wirklilch sehr gerne gelesen :).

Liebe Grüße

Justin

Walther 19.10.2011 13:02

Lb. Justin,

danke für Deinen fröhlich gereimten Eintrag! Es freut natürlich, mit einem Text gut unterhalten zu können! :D

LG W.

Justin 19.10.2011 14:04

Lieber Walther,

jetzt muß ich unbedingt was klarstellen. Der Vierzeiler stammt nicht von mir, sondern aus der Feder von Heinz Erhardt. Ich habe ihn nur wiedergegeben.

Kann mich ja nicht mit fremden Federn schmücken. :)

Liebe Grüße

Justin


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