Gedichte-Eiland

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AAAAAZ 19.01.2017 23:21

Pyrrhussieg
 
Lieber Misanthrop, du hast gewonnen,
trägst als Pessimist den Sieg, sei froh!
Was du prophezeit hat heut begonnen.
Anerkennend sag ich nur : chapeau!

Deine Ängste sind real geworden,
schlimmer noch, es fehlt auch Sonnenschein.
Sieh nur, wie sie heulen jetzt, die Horden,
mir fällt zu der Weitsicht nichts mehr ein.

Schwarzgemalt stimmt jede deiner Farben.
Untertreibung war nie dein Metier.
Weil wir keine Hoffnung in uns tragen,
starren wir auf Eis und Blasentee.

Irgendwann, da musste es ja regnen,
du hast einundachtzig Regenschirm',
um dem Nass gewappnet zu begegnen
frisch zermartert ist dein Zwischenhirn.

Dennoch, meine Tage werden kommen,
wo du mich nicht Tageträumer nennst!
Irgendwann ist dieses Grau zerronnen,
da du Frühling in dir noch nicht kennst.

Erich Kykal 19.01.2017 23:59

Hi AAAAAZ!

S1Z4 - hat 6 Heber.

S3Z3 - Komma am Ende.
S3Z4 - Klein beginnen.

S4Z4 - "zermartert".


Tja, zur augenblicklichen Weltlage könnte man wirklich jedem Schwarzseher gratulieren (ich hätte wohl auch ein paar Pokale abgestaubt)!
Und immer, wenn wir dachten: "Nein, SO dumm können sie nicht sein!" - trat man irgendwo den Gegenbeweis an: AfD, Putin, Erdogan, Trump, Brexit, Syrien, ...

Wo nimmst du den Optimismus für deine Conclusio her!?

Gern gelesen.

LG, eKy

AAAAAZ 20.01.2017 10:55

Hallo Erich,

Zur Frage der conclusio:
Woher nimmt der begossene Optimist die Zuversicht, dass der Regen irgendwann ein Ende findet? Der Schwarzmaler wird seine Siege einfahren und sich als wahrer Realist bestätigt fühlen, der Optimist aber auch. Wenn beides im zuverlässigen Wechsel und mit gleicher Berechtigung geschieht, möchte ich mir gerne meine Seite aussuchen können, (soweit es mir überhaupt möglich ist.) Jeder Mensch wird beide Seiten im Leben kennengelernt haben. Mit ersterem sind einfach schönere Gefühle und größere Endorphinaussüttungen verbunden.
Mancher will auch einfach nur als schwergewichtiger Mahner und Bedenkenträger wahrgenommen werden, vielleicht deshalb, weil er sein Verhalten dahingehend perfektioniert hat, und er sich andere Reaktionen für sich nicht mehr vorstellen kann. Er nur wird die apokalyptischen Reiter dauerhaft vor Augen haben.
Der andere hat da ganz andere Visionen und mimt z.B. den Pausenclown, um die Truppe bis zum Durchbruch der Sonne zu unterhalten. In der Auswirkung leben ganz unterschiedliche Sparten von diesen ,,Jing Jang" Wechselbädern, und jeder mischt irgendwie mit.
Wenn man es in Systemen betrachtet, liegt immer die Versuchung nahe mit den herrschenden Systemen in Resonanz zu gehen. Die Beispiele, welche du angeführt hast, sind in meinen Augen überwiegend Angstsysteme. Angst ist die Geschäftsgrundlage der Protagonisten. Damit lassen sich im übrigen auch wunderbar Geschäfte machen.
Doch es liegt immer noch an mir, mich als Diener dieser Systeme vereinnahmen zu lassen. Diener bleibe ich mEa auch, wenn ich mich mit aller Macht dagegen stemmen sollte. Oder ich entscheide mich, das glorreiche Ende dieser Angstepochen zu besingen. Den apokalyptischen Reitern, steht immer noch die Armee der geduldigen Visionäre gegenüber. Beides ist nicht sichtbar und beides hat doch enorme Kraft und Auswirkung auf unser Wohlbefinden.
Noch kein Regen auf der Welt hat es als Dauerregen geschafft, das ist meine schlichte, persönliche Zuversicht, die haben alle ein begrenztes Haltbarkeitsdatum.
Danke für deine Korrekturen, AZ

Kokochanel 21.01.2017 18:17

ein guter und nachdenklicher Einstand, liebe AA, der mir gefällt.
Die "Bewertenden" sind immer Menschen und ob es nun noch nie anhaltend geregnet hat, ohne aufzuhören, ist vielleicht kein Argument.
Postfaktisch jedoch ( das musste jetzt sein:)), ist es durchaus möglich und auch angemessen, nicht nur trübe zu denken.
Es kann sein, dass es etwas ungemütlicher wird in der Welt, dass unser persönlicher Wohlstand etwas bröckelt, aber jedem ist es eben subjektiv anders, woran er hängt.
Unser Leben besteht doch immer aus Gewinn und Verlust.

Dem nachzutrauern, was nicht in unserer Hand liegt, ist sinnlos. Auch als mahnende Stimme muss man nicht gleich misanthropisch denken. Letzendlich vermiest man sich damit sein Leben selbst.
Klar kann ich morgen bei einem Terpranschlag drauf gehen, aber vor vielen Jahren übersah eine alte Oma im Auto die für sie rote Ampel. Wäre ich nicht vorher stehen geblieben, weil ich der Oma irgendwie nicht traute, wären meine damals kleine Tochter, mein Hund und ich längst tot.
Der Hund starb viele Jahre später eines natürlichen Todes in hohem Alter und wir beide leben noch, sehr munter und froh.Will sagen, es braucht keinen Terroristen, um zu sterben.

Ja, sehr zum Nachdenken anregend, dein Werk, Gerne gelesen mit lG von Koko

AAAAAZ 23.01.2017 20:19

Hi Kokochanel,

so ganz bin ich mir nicht sicher, inwieweit die Einstellungen wirklich für jeden beliebig veränderbar sind. Meist sind ja Krankeit und Tod für die großen Veränderungen zuständig. Jemand, der öfters diese Erfahrung seiner Veränderung macht, erreicht darin sicherlich eine gewisse Übung, einfach mal auf Optimismus umzuswitchen. Ansonsten scheint das Hirn gerne auf ausgetretenen Pfaden zu arbeiten und auf begrenzte Lösungsmöglichkeiten zurückgreifen. Es scheint aber immer ein mehr oder weniger aufwendiger Prozess zu sein. Meditation, Autosuggestion, Verhaltens- bzw. Logotherapeutische Ansätze werden genauso helfen. Ansonsten wird alles jeden verändern können, wenn es der / diejenige zulässt. Und für jeden wird ein anderer Weg gelten, um die Sachen ein wenig optimistischer anzugehen. Danke für dein Feedback mit Hund, Lg AZ

Falderwald 06.02.2017 19:26

Hi AZ,

ich weiß nicht, ob der Optimist oder Pessimist richtig liegt, ich denke aber, der Optimist hat mehr Spaß am Leben, denn die Hoffnung stirbt zuletzt.

Veränderungen kündigen sich an, was wir jetzt sehen, ist erst die Spitze des Eisbergs. Das System des neoliberalen Kapitalismus hat genau so versagt, wie alle bisherigen Systeme. Die ersten Auswirkungen erfahren wir nun, und das wird immer schneller voran schreiten, denn es müsste jedem denkenden Menschen klar geworden sein, dass es so nicht auf ewig weitergehen kann.
Vielleicht ist es noch möglich, den ganz großen Knall zu verhindern, doch die Blase ist längst geplatzt.

Als einziger Optimismus verbleibt meines Erachtens jetzt nur noch die Hoffnung, dass es keinen Krieg gibt.

Alles andere vermag ich nur noch mit bitterem Sarkasmus zu nehmen.

Aber das ist meine Art...;)

Jede Weltsicht glaubt, die richtige zu sein, jeder Idealist glaubt das richtige zu tun, jeder Träumer glaubt, seine Träume seien die wahren Träume.

Und jeder hat für sich selbst genommen recht.

Das ist das große Dilemma. :D


In diesem Sinne gern gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald



Dana 06.02.2017 19:43

Hallo AAAAAZ,

ein feines Stück zum Nachdenken, ganz für sich selbst.
Den Optimismus der letzten Strophe trage ich mit, trotz der "erschlagenden Nachrichten aus aller Welt. Die Geschichte hat eine eigene Zeitrechnung - wie sonst kämst Du auf Pyrrhussieg? Wenn die Menschen in 5-6 Generationen nicht dazu gelernt haben, dann vielleicht erst in der 8-10 oder mehr Generationen.;)
Dafür sind aber Optimisten und Träumer so wichtig. Es geht nicht ausschließlich darum, den Frühlung selbst zu erleben. Ihn in sich tragen und weitergeben ist ein guter Anfang.:Blume:

Liebe Grüße
Dana

AAAAAZ 03.04.2017 19:00

Hallo Dana,

deinen Kommentar hatte ich fast übersehen, danke. Eine eigene Zeitrechnung hatte ich nicht im Sinn.
Wenn der Misanthrop mit seiner negativen, pessimistischen Sicht triumphiert,weil er richtig lag, so ist das mMn. ein für ihn teuer erkaufter Pyrrhussieg. In der Zeit bis zum Eintreffen des Schrecklichen und Unvorstellbaren wäre genügend Raum für die positiven Seiten geblieben, die ja auch zu allen Zeiten ausgelebt werden wollen, zuweilen auch gleichzeitig, oder als Antwort. Wie wolltest du z.B. Kindern begegnen, die nur Schreckensbilder in sich tragen, oder wie wolltest du einem Hoffnungslosen Trost und Zuversicht spenden. Und, ganz klar, manche Sicht, Einstellung oder Heilung kann sich erst über Generationen hinweg entwickeln.
LG AZ


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