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Erich Kykal 29.09.2015 13:16

Van Gogh in Saint-Rémy 1889
 
In Wirbeln eines Wahnsinns, der sich schonte,
gerann das Leben dir auf grobem Leinen,
um groß und wie gefährdet zu erscheinen:
Die ferne Welt, die deine Farben lohnte.

Und wie ein Büßer, der im Stillen wohnte,
betratest du auf nimmermüden Beinen
das weite Land und dich, sie zu vereinen,
als der vom Abgeschiedensein Entthronte.

So zogst du deine schmerzverklärten Kreise
mit einem Pinsel von pastoser Schwere,
als wäre dir das seltsam Ungefähre

im treulich Abgebildeten ein Segen,
und müsste, wie dem Irren zum Beweise,
sich immerfort in seinen Bildern regen.

juli 29.09.2015 16:58

Hi eky,
 
Weil es dein Gedicht gibt, habe ich mir im Internet die Bilder angeschaut.
Der Künstler nimmt kraftvolle Farben und malt deutliche, aber wilde Striche, die sich zur Landschaft fügen. Dein Gedicht beschreibt es viel besser!:)

Es muß eine Obsession sein, der Wahnsinn lauerte immer hinter der Fassade, doch genau dadurch gibt sich das Genie zu erkennen.

Es gibt heute viel Psychiatrien, die Malerwerkstätten haben. Denn besonders künstlerische Menschen sind manchmal Grenzgänger zwischen Wahnsinn und Sinn. Ich habe schon viele außergewöhnliche Bilder und Künstler gesehen.

Besonders gerne mag ich das Bild: Vincent van Gogh, Sternennacht. Weil es mit besonderen Pinselnstrichen geführt wurde, und weil es viel Blau enthält. Auch mag ich Sterne, und die sind in dem Bild angedeutet. Den Rest macht mein eigenes Bauchgefühl aus.

Dein Sonett läßt mich an den Pinselstrichen teilnehmen.:Blume::Blume::Blume:

Sehr gerne gelesen

Liebe Grüße sy

Erich Kykal 29.09.2015 19:34

Hi, Sy!

Van Gogh wies sich selbst in die Nervenheilanstalt Saint-Rémy ein und blieb dort ein ganzes Jahr nach seinem ersten Zusammenbruch, wobei er sich einen Teil des Ohrs abgeschnitten hatte, was auch die unselige "Künstlergemeinschaft" mit Gauguin im "gelben Haus" in Arles abrupt beendet hatte.
In Saint Rémy war er nicht interniert, sondern durfte Spaziergänge machen, die langsam immer weitere Kreise in die südliche Landschaft zogen. Hier lernte er sie lieben.
Seine Kunst gewann eine pastose Qualität, rastlose Linien und Kurven, Wellen und Spiralen tauchten auf - wie um den freiwillig angenommenen Wahnsinn zu verdeutlichen. Er, der als Mitglied der Gesellschaft gescheitert war, fügte sich nun in die Rolle des irren Genies, die Kunst, vorher Programm und Utopie, wurde zum Rettungsanker für den sich verwirrenden Geist.
Besonders seine Zypressen- und Olivenbaumbilder aus jener Phase haben es mir angetan!
Van Gogh fühle ich mich auf besondere Weise verbunden. Einerseits schätze ich seine Kunst ausdermaßen, andererseits berühren mich sein Lebensweg und das grandiose Scheitern seiner Existenz, in dem ich manche - natürlich viel gemäßigtere - Parallelen zu meinem eigenen Sein entdecke!

Vielen Dank für deine begeisterten Zeilen!:)

LG, eKy

Chavali 31.10.2015 17:31

Servus Erich,

ein interessantes und aufschlussreiches Gedicht über den Lieblingsmaler vieler Menschen.
Er war schon ein Genie und Genie und Wahnsinn gehen ja oft Hand in Hand.

Am besten gefällt mir das zweit Quartett:
Zitat:

Und wie ein Büßer, der im Stillen wohnte,
betratest du auf nimmermüden Beinen
das weite Land und dich, sie zu vereinen,
als der vom Abgeschiedensein Entthronte.
Sehr schön und leidenschaftlich beschrieben!
Sehr gern gelesen!

Lieben Gruß
Chavali

Erich Kykal 01.11.2015 10:20

Hi, Chavi!

Vielen Dank für deine einfühlsamen Zeilen! Ich habe viel über Van Goghs Leben und sein Denken gelesen (kennst du seine literarisch hochwertige Korrespondenz?). Abseits der Tragik seines Künstlertums, die einen großen Teil dazu beitrug, ihn unsterblich zu machen, erkenne ich in seinem Wesen so manche Parallele zu meinem eigenen, das immer die Welt umarmen will und gleichzeitig an ihr verzweifelt und sich aus ihr zurückzieht.

LG, eKy


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