Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 22.12.2016 17:47

Weckruf
 
Bedenke, der du gehst wie unter Qualen,
in tausend Ketten liegend, deren Schwere
durch keinen Trost erträglicher dir wäre -
dass auch die andern deinen Schmerz bezahlen:

Die um dich sind, da sie dich wirklich lieben,
wie drückt sie deine Miene, die entsagend
sich abtut, alles ringsum niederschlagend,
als wäre Gram allein der Welt geblieben.

Und deine Stille, die die Namen tötet
all jener, die sich ehrlich um dich sorgen,
bis endlich keines Auge sich mehr rötet,

wenn du vergehst – sie kratzt mit kalten Krallen
Erinnern aus, darin du einst geborgen
und sicher warst im Herzen von uns allen.

Dana 10.01.2017 18:00

Lieber eKy,

ist da ein verbitterter, kranker "Griesgram", der die Sorgenden, Mitfühlenden und Liebenden direkt abstößt?
Obwohl - er muss nicht direkt krank sein. Es gibt diesen Menschentyp, der sich in seinem egoistischen Griesgram direkt aalt und niemandem einen Zutritt gewährt, geschweige denn einen Weckruf wahrnimmt.

Für mich eines Deiner schwerlastigen Sonette, die man erst umschleicht, weil man unsicher ist, ob man verstanden hat. ;)

Falls es so ist, wie oben angeführt, dann bin ich direkt stolz auf mich.
(Nimm mir meinen Stolz nicht!:o)

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal 10.01.2017 19:56

Hi Dana!

Das LyrIch versucht hier, einem solchen wie von dir beschriebenen Griesgram oder Depressiven klar zu machen, was er jenen antut, die sich um ihn sorgen.
Depressive sind ja ganz im eigenen Leid befangen und machen sich erst mal keine Gedanken darüber, dass ihr Schmerz auch auf andere ausstrahlt, bzw. dass ihre Abkehr jene verletzt.

Und dann gibt es noch die ewigen Nörgler, denen nichts gut genug ist, die mit nichts zufrieden sein können, immer nur heruntermachen und kritisieren, weil sie an der Welt verbitterten und nur noch Zynismus atmen.
Auch diese bemerken nicht, dass sie langsam alle Menschen verlieren, die ihnen nahe waren, und sie finden immer bei den anderen die Schuld dafür, nie beim eigenen Verhalten. Wer nur verachten kann, wird irgendwann auch nichts anderes mehr erfahren!

Meine Zeilen können für sie alle gelten.

Vielen Dank für deine Gedanken! :)

LG, eKy

Falderwald 21.01.2017 09:36

Servus Erich,

ich denke auch, dass deine Zeilen beide Typen entsprechend beschreibt, obwohl die Ursachen für ein solches Verhalten doch sehr verschieden sind und vielfältig sein können.

Dem Depressiven kann man es noch eher verzeihen, wenn man weiß, dass man einen kranken Menschen vor sich hat, beim Zyniker hingegen braucht es schon einen angemessenen Grund, denn seine Motive sind doch wohl anders angelegt.

Wie dem auch sei, beide haben mit sich und der Welt zu kämpfen, wesentlich schwerer als andere das müssen, und ihre Umwelt ist da manchmal etwas ratlos.

Es ist schwer, angemessen auf solche Menschen zu reagieren. Manchmal hilft da vielleicht Geduld und die feste Absicht, sich davon nicht beirren zu lassen, denn wenn man eine Tür endgültig zuschlägt, ist sie zu erst sie erst mal zu und lässt sich nur mit einem bewussten Aufwand wieder öffnen.
Wenn sie aber noch einen Spalt offensteht, dann ist die Kommunikation leichter.

Aber wie gesagt, dass muss der Außenstehende selbst abwägen, denn manchmal kostet das auch viel Mühe und Energie.


In diesem Sinne gern gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald



Erich Kykal 21.01.2017 12:43

Hi Faldi!

Ich kenne beide Spielarten: Ich war ab und zu in meinem Leben schon in einer depressiven Phase (oder bin ich eigentlich immer, aber meistens komme ich relativ gut damit zurecht), und ich bin oft, okay, SEHR oft ein zynischer Miesepeter und Nörgler!
Letzteres ist ein Ventil für meine soziale Isolation, die, wiewohl selbst gewählt, mir doch gewisse Mechanismen menschlichen Miteinanders vorenthält, welche die gelernte Härte eines Geistes entschärfen könnten.

Ich merke aber sehr wohl, wenn jemand geduldig mit mir ist - ein seltenes Zeichen wahren Wohlwollens und echter Sympathie, daran ichm ich erfreut hochziehe, auch wenn ich mich nicht immer angemessen zu bedanken weiß. ;)
So betrachtet ist das obige Gedicht auch durchaus selbstkritisch zu verstehen.

Vielen Dank für deine Gedanken! :)

LG, eKy

Kokochanel 21.01.2017 18:49

der Titel, lieber Erich, macht es dem Leser leichter. Es ist als Weckruf für den beschriebenen Protagonisten zu verstehen. Ja, es gibt solche Menschen, die andere immer mit in ihr Leid ziehen, obwohl die versuchen die Leidenden aus ihrem eigenen Leid zu ziehen. Das kann sehr kräftezehrend sein.
Ich hatte einmal eine Freundin, die so war.
Auf mich wirkt es am ehesten traurig...dennoch gerne gelesen, denn es ist ein Stück aus dem Leben, eine mögliche Seite des Lebens...lG von Koko

Erich Kykal 21.01.2017 19:18

Hi Koko!

Vielen Dank für den wohlwollenden Eintrag! :)

LG, eKy

juli 25.01.2017 00:01

Hallo eKy,

Um dieses Gedicht schleiche ich schon länger herum. Es gibt viele Arten zu dokumentieren, wie jemand ist. Du hast hier einen nachdenklichen "Nörgelpott" beschrieben:). Nein hast du nicht!:Aua:) Es ist jemand, der das Leben von der anderen Seite betrachtet, von der Seite, die ernst, nicht rosig und düster sein kann. Du merkst meine Ambivalenz.:)

Es ist alles eine Frage des Standpunktes. Wenn du ein Haus siehst, sieht man viele Fenster und je nachdem in welches Fenster man ins Haus hineinguckt, das sieht man. So sehe ich das. ;)

Es gibt viele Denker, Philosophen, Ärzte und die ganz besonders, die Titel, Diagnosen und Namen für einen Realisten finden können. Ich bin ein kleines Licht, aber sie haben Doktorarbeiten darüber geschrieben und haben bestimmt eine gute Zensuren für eine Namensfindung bekommen die beweist, das jemand depressiv, oder zynisch, aufsässig, stur,zu selbstbewußt und und und ist. Ich sage dir, ich kenne viele, die einen Zettel auf der Stirn haben, der erklärt, wer sie sind, aber sie sehen es anders. Und so ist es richtig. Das wichtigste ist zu sich selbst zu stehen. Ob man die Frohnatur oder die düstere Sichtweise bevorzugt. Vielleicht sind sie am Rande der Gesellschaft, aber sie sind sich treu.:)

Die Mitmenschen, die direkt mit jemanden zusammenleben, der eine düstere Weltanschauung hat, wird Denjenigen entweder lieben und mit Demjenigen durchs Leben gehen - manchmal verfällt der Partner auch in eine Düsternis. Aber ich kenne auch Paare, wo sich die Gegensätze anziehen und beide sich bereichern. Außerdem gibt es viele Zwischentöne des, ich nenne es mal wie du „Griesgram“ Eigentlich möchte ich mich vor einer Plakatierung drücken, das ist unwürdig.

Ich habe ein Faibel für nachdenkliche, manchmal auch polterige Menschen, deren dunkle Sichtweise mir manchmal fremd sind, aber ich kenne auch solche Tage, die man in die Tonne drücken kann. Meist sind sie sehr ehrlich, und nehmen kein Blatt vor dem Mund. Wenn ich Krimiserien gucke finde ich meist den knurrigen Kommissare am besten. Ich merke schon, ich komme vom Hundertsten ins Tausende...

Was ich sagen wollte, das ist ein tiefsinniges Sonett, eine Beschreibung, die sehr kunstvoll ist!;):):Blume:

Liebe Grüße sy

:Blume::Blume::Blume:

:Blume::Blume::Blume:

Erich Kykal 25.01.2017 00:28

Hi Sy!

Jetzt verstehe ich auch, warum du mich nachdenklichen, kurrigen alten Zyniker von einem Dichter magst! ;):D

Vielen Dank für deine ausführlichen Gedanken - von "Plakatierung" kann keine Rede sein! :)

LG, eKy


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