Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 02.03.2009 13:12

Frage und Einsicht
 
Was habe ich nicht sonders wohl für mich gewonnen
in dieses Lebens vagem, wunderlichem Spiel?
Der Würfel Zufallsglück, wie selten rasch zerronnen
und lange schal geworden, eh der letzte fiel.

Der heißen Hände zartes, zögerliches Spüren,
wie willig hingegeben ans Geschenk der Lust,
und wahres Fühlen unter leugnenden Allüren
dem Herz entrissen und begraben, halb bewußt

und halb im Tränentaumel, beinah so, als wäre
ich niemals ganz bei mir gewesen, nie genug
an meiner wahren Mitte in der klammen Sphäre
der Lebensangst, die mich wie einen Mantel trug.

Leier 02.03.2009 16:01

Lieber Erich Kykal,


wahrlich düster!
Ein wahres Nachtgedicht, von Gespenstern geweckt und von Resignation diktiert.
Wie beruhigend, sich vorzustellen, daß LyrIch und Lyriker nicht identisch sind. (Aber unwahrscheinlich).
Darf ich mir zwei Anmerkungen zu diesem Großartigen erlauben?




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Was habe ich nicht wunders wohl gewonnen
an dieses Lebens vagem, sonderbaren Spiel? (bei oder in ...?)
Der Würfel Zufallsglück, wie rasch zerronnen, (Komma weg?)
und lange schal geworden, eh der letzte fiel.

Der heißen Hände zartes, zögerliches Spüren,
wie willig hingegeben ans Geschenk der Lust,
und wahres Fühlen unter leugnenden Allüren
dem Herz entrissen und begraben, halb bewußt

und halb im Tränentaumel, beinah so, als wäre
ich niemals ganz bei mir gewesen, nie genug
an jener wahren Mitte in der klammen Sphäre
der Lebensangst, die mich wie einen Mantel trug. (die ich ...??)


Das ist natürlich meine subjektive Sicht, die das Gedicht noch weiter in sich/mich ziehen möchte.

Mir bleibt immer wieder nur fassungsloses Staunen über wahre Dichtung.

Lieben Gruß
vom
dreigebuchten
cyparis

Erich Kykal 02.03.2009 16:23

Hi, cypi!

Beim Komma hast du recht, danke für den Tipp.
Was ich an diesem Leben gewonnen habe, nämlich dem ganzen Leben an sich, ist eine zulässige Fragestellung.
Die Lebensangst, die mich wie einen Mantel trug, soll verdeutlichen, dass eben sie das Kommando hatte, die Entscheidungen traf, kurz, mich stets bestimmte. ICH war nur die Hülle, die diese Furcht spazieren trug. SIE trug mich wie einen Mantel.

LG, eKy

Leier 02.03.2009 16:39

Oh, Erich Kykal -

bin ich Dir womglich zart auf die Zehen getreten?
An meinem Kommentar konntest Du aber erkennen, daß man Gedichte absolut unterschiedlich intepretieren kann.
Deine Intention bedingt selbstverständlich Deine Ausdrücke, das steht völlig außer Frage.
Ich selbst verliere immer i n oder b e i einem Spiel, aber meine Spiele sind wesentlich alltäglicher als die Deinen.
Die Mantel-Formulierung lese ich weiterhin auf meine Art. Da mich die Furcht wie ein Mantel umhüllt, den man nicht abzulegen vermag.

Meine Sichtweise, des bin ich gewiß, nimmst Du mir nicht übel!

Lieben Gruß
von
cyparis

Erich Kykal 03.03.2009 10:14

Keineswegs. Man kann sich aber fragen, ob man AN einer Sache etwas gewonnen hat, und diese kann eben auch ein Spiel sein, ein Spiel des Lebens in diesem Fall.

Die Lebensangst, die mich wie einen Mantel trug: Sollte zeigen, wie entkernt, unzentriert mein Sein ist, da ich nur eine Hülle bin für Angst, die meine wahre Mitte vor mir verbirgt, mich vom Wesen meiner selbst fernhält.

Auf den Schlips bist du mir nicht getreten, keine Sorge. Ich war nur zeitlich knapp dran.

LG, eKy

Chavali 05.03.2009 08:47

Hallo eky,

ich habe schon viele deiner Gedichte gelesen und mich fasziniert deine philosophische Wortwahl,
die es einem manchmal nicht leicht macht, hinter die Absicht zu schauen.
Aber das ist gerade das Interessante dabei.

Man liest und wird zum Teil in eine andere Welt versetzt, die des Zweifels, die der Ängste und der Nacht.

Handwerklich gibt es, das weißt du sicher selbst, aber auch rein gar nichts auszusetzen.


Mit Gruß,
katzi

ReinART 05.03.2009 18:31

Hi Erich
eines Deiner Gedichte, die mich wieder sehr ansprechen und das ist ja nicht immer so .
Technisch ein echter Kykal aber auch inhaltlich wohl ein echter Kykal;)
Es beeindruckt mich, wie Du es vermagst, diese Momente des Selbstzweifels in der für Dich typischen Art zu reflektieren und ohne großes Getöse die einfache Tatsache, dass wir nicht Herr unseres Lebens und unserer Gemütsverfassungen sind zu beschreiben. Ich gebe Dir recht mit Deiner Feststellung, dass das Leben ein vages und sonderbares Spiel ist und ein jeder, so scheint es mir, ein jeder die ihm zugedachte Rolle zu spielen hat. Wir sind halt nur Figuren in einem Spiel, dass wir nicht verstehen und auf das wir keinen Einfluss haben.
Sehr gern gelesen
reinhard

Erich Kykal 06.03.2009 13:30

Hi, Reini!

Du wirst lachen - ich versuche mich zurückzuhalten!
Ich bin so selbstreflektorisch veranlagt, dass ich mir jede Menge Gedanken sparen muss, da mein Schaffen sonst rasch langweilig würde, weil sich fast alles immer nur um mich dreht.
Ich versuche Beschreibungen, Naturgedichte und Sozialkritisches einzuflechten, wo ich nur kann. Ich hoffe, die Mischung ist erträglich.

Das Gedicht ist eigentlich ein Lamento auf die Lebensangst, die mich ständig begleitet. Dabei will ich gar nicht differenzieren zwischen der Angst, sein Leben in die Hand zu nehmen und selbst zu gestalten, und der Angst vor dem, was einem alles zustoßen könnte, wenn man sich in die Welt hinaus wagt.
Beides trifft auf mich zu, und seit ich bewußt existiere, versuche ich gegenzusteuern!

LG, eKy

Dana 07.03.2009 21:56

Lieber eKy,
ich werde mir für deine Gedichte einen Textblock anfertigen, den ich unter jedes setze.;)

Ergriffenheit, Bewunderung über Sprachmelodie, Sprachgewalt und Inhaltstiefe kann ich nicht ständig variieren, ohne dass es auf beständiges Lob hinausgeht.:(

Keine Theatralik, kein Lamento - fast eine stille Betrachtung. Und doch trifft sie tiefer als jedes Spektakel.
Dein Gedicht zeichnet sich durch Echtheit und Ehrlichkeit selbst aus.
Ich trage manchmal einen Hut. Vor dir würde ich ihn jedes Mal lüften.

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal 15.03.2009 12:13

Hi, Dana!

Schluck!:o:p

O welch Balsam auf's wunde Dichterherz! An dir scheine ich - wie an cyparis - einen Dauerfan gefunden zu haben. Sorry, falls ich das Entgegenkommen deines Lobes nicht ausreichend erwidert habe, indem ich zu selten deine Gedichte kommentierte, aber ich bin leider so ichbezogen, dass ich selten Lust verspüre, dies überhaupt zu tun. Es liegt an mir. Ich bemühe mich, dies zu entschärfen!

Vielen Dank für deine lieben Zeilen! Da ich immer noch daran zugange bin, mich aus einem depressiven Wintertief mit beruflichem Burnoutsyndrom herauszukrallen, kommen mir solche Hymnen der Sympathie ausgesprochen gelegen. Wiederum egoistisch von mir, ich weiß, aber ich brauche es zur Zeit wirklich!

LG, eKy


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