Gedichte-Eiland

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-   -   Lebensabend (http://www.gedichte-eiland.de/showthread.php?t=18246)

Erich Kykal 08.02.2018 17:33

Lebensabend
 
Fahrig streichen welke Hände
über die vergilbten Bände
meines Schicksalstagebuchs.
Opfer war ich meiner Taten,
deren Folgen mich verraten
als den Träger ihres Fluchs.

Tiefer fassen meine Augen,
die am Unerfüllten saugen,
nach Bedeutung, doch ihr Schauen
wird der Seele, die verachtet
in Entlegenheiten schmachtet,
Mühe nur und nacktes Grauen.

Nächtig werden meine Sinne,
und in ihrem Samt beginne
ich den Abstieg aus dem Licht.
Trüber fallen alle Schatten,
wo das Dunkel aus den matten
Farben meines Lebens bricht.


Inspiriert von Laie's "Erlösung": http://gedichte-eiland.de/showthread.php?t=18242

Laie 08.02.2018 17:55

Hi eKy,

freut mich, dass ich dich inspirieren konnte. Und zu was für einem Gedicht! Könnte ich nur solche Werke in wenigen Minuten hinzaubern. Obwohl ich die anderen Strophen nicht gering machen will - weil sie das eindeutig nicht sind - muss ich sagen, dass ich die letzte Strophe herausragend finde!

Meine Verehrung!

Gruß,
Laie

Eisenvorhang 08.02.2018 18:09

Ja Erich, das ist in der Tat das Beste, was ich seit langem lesen durfte...

Vor allem dies hier:

"Tiefer fassen meine Augen,
die am Unerfüllten saugen,"

Gedanken:

Schwärzer fallen alle Schatten,
wo das Bunte aus den satten
Farben meines Lebens bricht.

Danke dafür.

vlg

EV

Erich Kykal 08.02.2018 18:10

Hi Laie!

Vielen Dank! :)

Das ist deiner Sprachkunst zu danken, die mich animiert, es dir gleichtun zu wollen! :Blume:

LG, eKy


Hi EVG!

Auch dir vielen Dank für die Blumen! Ich schätze, es geht wieder aufwärts - Laie's Poesie ist offenbar genau die richtige Medizin für mich!

LG, eKy

Laie 08.02.2018 18:42

Hi eKy,

ich fühle mich wahnsinnig geschmeichelt und freu mich zugleich, dass es bei dir wieder aufwärts geht :)

Allein die letzte Strophe hat mein Gedicht übertroffen :D


@EVG: Eine sehr schöne Variante, wie ich finde.


Grüße,
Laie

Erich Kykal 08.02.2018 21:11

Zuviel der Ehre! :o

Dennoch Dank! :)

LG, eKy

juli 09.02.2018 08:37

Erich, das ist grandios:Blume:

Ich weiß, ich schreibe dir viele Kommentare, weil deine Gedichte ein Hochgenuss sind, und du Sprache schenkst, die ich nie sprechen werde.

Was für ein Gedicht:Blume::)

Feinste Poesie!

Liebe Grüße sy

:Blume::Blume::Blume:

Ophelia 09.02.2018 10:28

Lieber Erich,

nee, Erich der Brunnen ist leer :D... schon klar...:D. Du Tiefstapler.:Kuss Schlimm genug, dass sich Laie Laie nennt und dann sagst du, dir fällt nix mehr ein und dann kommt sowas....:Kuss
Also, ich schließe mich dem Lob meiner Vorredner an. Dein Gedicht ist grandios und besonders gefällt mir ebenfalls der letzte Vers.

Ganz liebe Grüße

Ophelia

Erich Kykal 09.02.2018 13:47

Hi Sy!

Vielen Dank! Ein so vollmundiges Lob richtet mich für viele Tage auf! :)


Hi Ophelia!

Naja, die Durststrecke war diesmal wirklich lang - über ein halbes Jahr sogar, wenn ich nicht irre. Mal sehen, ob jetzt wieder was geht, oder ob das eine Eintagsfliege war.

Der schönste Vers zuletzt - ein kleiner Trick meinerseits: Diese letzte Str war die erste, die ich schrieb, noch ganz im Banne von Laie's schöner Lyrik.
Ich kenne mich und weiß, dass dieser Bann nicht lange vorhält - schon S2 oder 3 ist meist eher dazukonstruiert denn aus der Inspiration geschöpft.
Darum stelle ich, sofern es machbar ist, zuweilen die erste Str. ans Ende. So bekommt man den lyrisch besten Schluß, zu dem hin sich alles andere aufbaut.
Das funktioniert leider nicht bei Sonetten, sondern nur bei Gedichtformen mit gleich strukturierten Strophen, und auch da nur, wenn diese Str. inhaltlich ausreichend in sich geschlossen bleiben. ;)

Auch dir vielen Dank für den Zuspruch! :)


LG, eKy

Sufnus 09.02.2018 14:43

Großes Kino! Ich finde beim kritischsten Willen nichts zum kritisieren... nicht die kleinste spaltbare Korinthe... wow...

Dann weise ich vielleicht mal auf eine rhythmische Besonderheit hin, die viell. nicht jeder bemerkt haben dürfte: Bei jeder Strophe besteht die erste Zeile aus einem Trochäus, der aus lauter zweisilbigen trochäischen Wörtern gebildet ist. D. h. die metrische Struktur und die Wortgrenzen fallen zusammen. In den folgenden Zeilen lockert sich dann aber in jeder Strophe der Gleichschritt von metrischer Grenze und Wortgrenze auf, so dass jeweils beim Lesen der ersten Silben noch nicht ganz klar ist, ob es wirklich durchgängig trochäisch weitergeht (was es nat. immer tut). Wenn z.B. S1Z2 anhebt: "über die... " könnte es theoretisch auch daktylisch weitergehen, "über die Wörter gebeugt..." (was es nicht tut).

Diese sich beim Lesen erst entwickelnde rhythmische Klarheit ist ein sehr schöner Kontrast zu den jeweils ganz festgefügten ersten Zeilen jeder Strophe. Ich geh jetzt mal schwer davon aus, dass Erich sich das nicht vorher ausgeknobelt hat, sondern einfach seinem Sprachgefühl gefolgt ist... aber der Effekt ist ziemlich cool! :)

...

...

... HA!!!!

Jetzt hab ich doch noch eine Anmerkung (ich bin unausstehlich, aber die Versuchung, etwas unverbesserbares (nicht: -liches!) zu verbessern ist einfach zu groß): Es gibt doch noch einen, zuerst von mir überlesenen, Trochäus im Inneren der Strophen, bei dem Wort- und Metrumsgrenzen zusammenfallen: "Trüber fallen alle Schatten". Könnte demgegenüber z.B. "Trüber fallen dann die Schatten." noch einen (unhörbaren) metrischen Pluspunkt liefern? Würde natürlich den "fallen alle"-Gleichklang opfern... und außerdem würde durch das "dann" in meinem Vorschlag das "wo" in der vorletzten Zeile zerschossen... ich denke das ist übrigens ein Qualitätskriterium bei einem Gedicht: wenn alles derart gut zusammengefügt ist, dass schon eine kleine Änderung eine Kettenreaktion nach sich zieht...

... sehr beeindruckte Grüße!

S.


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