Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 24.04.2009 16:03

Der Lüstling
 
Der Unschuld ein charmanter Brecher,
ging er verroht durch Stadt und Land.
Er trank sie leer, der kalte Zecher,
bis er ein neues Bildnis fand;

und nahm sie ihrem Leben fort
und allem, was sie kannte,
und nahm sie ohne Herz und Wort,
wenn es ihn übermannte.

Sie gab sich fort nach seinem Drange,
als fürchtete sie, tot zu sein,
und war doch tot in seinem Zwange,
und war doch stumm in ihrem Schrein.

Nur wenn sie schlief, war sie entsetzlich!
Dann tat ihr Bild an ihm Gewalt:
Ein Menschenkind, so zart, verletzlich,
...und dennoch tausend Jahre alt!

Falderwald 24.04.2009 20:31

Hallo Erich,

ja, solche Typen gibt es.

Doch eines Tages wird er alt,
der hochcharmante Herzensbrecher,
er ist allein, sein Herz bleibt kalt
und Einsamkeit wird Lebensrächer.

Wenn man haben will, muss man etwas geben.
Das muss nicht zwangsläufig gegeneinander aufgewogen werden, denn Liebe wägt nichts ab.
Aber wenn die Liebe (einseitig) nicht vorhanden ist, tendiert es schnell zum einseitigen Nehmen und Geben.
Oft stirbt die Liebe auch. Dann muss man damit leben oder etwas an der Situation tun, wie auch immer.
Das ist so, das war so. Tausend Jahre alt, wenn nicht länger...

Sehr schön die Zeile: "Dann tat ihr Bild an ihm Gewalt:"
(Das hättest du gar nicht fett drucken brauchen, m. E. wirkt das auch so.)
Regt sich da vielleicht eine Spur von Gewissen?
Wer (be)herrschen will, kann sich so etwas eigentlich nicht leisten.
Es ist wohl da, das Gewissen, aber es hält oft nicht lange vor.
Das war auch schon immer so...

Hat mir gut gefallen und ich kann den Inhalt sehr gut nachvollziehen.


Gerne gelesen und kommentiert...:)



Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Leier 25.04.2009 08:14

Lieber Erich Kykal,

spontan fielen mir die Herren Juan und Casanova ein, gleichzeit Prosper Merimee und Guy de Maupassant, die solches Tun geißelten.
Ein schönes Gedicht, bei dem mir aber das Entstzliche am schlafenden Kind/Bild ziemlich verschlossen bleibt. Eine Madonna? Die reine Unschuld?


Lieben Gruß
von
cyparis

Erich Kykal 28.04.2009 12:06

Hi, Faldi und Cypi!

Ich hatte die Art Machos vor Augen, die "Abschußlisten" führen und ihr Selbstwertgefühl aus der Anzahl ihrer Aufrisse beziehen. Dieses Wort verrät hier auch gleich das durchschnittliche Einfühlungsvermögen solcher Herrschaften, die ihre Opfer seelisch und manchmal sogar physisch geradezu aufreißen, nur um ihre niederen Triebe zu befriedigen und die Leere in ihrem Innern zu füllen.
Irgendwann aber, wenn sie älter, ruhiger und gereifter sind, kommt ihnen ab und an zu Bewußtsein, was sie dereinst angerichtet haben - falls sie genug Selbstkritik und innere Stärke aufbringen. Dann bereuen sie, aber zu spät!
Oder vielleicht ist das auch nur Wunschdenken! Wahrscheinlicher ist, dass solche Arschlöcher NIE klüger und reifer werden! Selbst im Pensionsalter machen sie ihrem Mitmenschen das Leben zur Hölle, weil sie glauben, die ganze Welt wäre nur für SIE da!

LG, eKy

Leier 28.04.2009 12:37

Na,
lieber Erich Kykal -

dann nehm ich doch Casanova aus, der in sich ging, als er auf Schloß Dux seine auch reumütigen Memoiren schrieb.
D i e s e Art Macho ist er wohl nicht gewesen.
Der Deine ist verabscheuenswert.
Und wird dazu noch in einem perfekten Gedicht besungen?....

LG
cyparis

Erich Kykal 29.04.2009 11:45

Falsches Vokabel! Er wird bestenfalls beschrieben. Auch wollte ich zeigen, dass zu so einem "verhältnis" immer zwei gehören: Der Täter und das Opfer, das sich in seine Rolle fügt, aus welchen Gründen auch immer. Letztlich verlieren beide.

LG, eKy


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