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-   -   Zeit für Tränen (zum Tod von Robert Enke) (http://www.gedichte-eiland.de/showthread.php?t=4239)

Archimedes 12.11.2009 13:52

Zeit für Tränen (zum Tod von Robert Enke)
 
So wie im Regen Tränen rollen,
nach Blitz und heftig Sturmgebraus,
wenn nach dem letzten Donnergrollen
die Ruhe kehrt zurück nach haus,

so staut sich schmerzliche Verklemmung,
fließt fort als endlos scheinend Fluss,
löst auf die Seelen-Freiheit Hemmung.
Doch wenn trotz allem starken Guss

die Innen- und die Außenwelt
nicht mehr so recht zusammenpasst,
sich falsches neben’nander stellt
und man sich selber dafür hasst,

bricht auf die Erde in dem Beben,
mit dem sie sich nur selbst zerstört,
dann ist es nichts mehr Wert, das Leben,
das einem selbst niemals gehört.

Verzweiflung löst sich auf mit Trauer,
damit der Strom im Schizophrenen
versiegen wird nach Sein-Sinn-Dauer,
der Zeit für Tränen.

Chavali 12.11.2009 14:03

Lieber Archi,

deine Worte kann ich sehr gut verstehen, hatte ich doch gestern ebenfalls mit Fragen um den Tod von
Robert Enke zu kämpfen:

http://www.gedichte-eiland.de/showthread.php?t=4220

Inzwischen habe ich mir viele Informationen geholt.
Es beiben Fragen, die nicht beantwortet werden können.
Es bleibt nur die Zeit der Tränen.


Lieben Gruß,
Chavali

Walther 24.11.2009 18:03

Lb. Archimedes,

die Ereignisse stellen Fragen und dringen auf Antworten. Eine Frage ist die nach den Zugführer des Zugs, der Robert Enke überrollt hat, der sein Selbstmordwerkzeug war. Wie geht es diesem Zugführer? Was erlebt seine Familie? Manche Zugführer - besonders im Nahverkehr - erleben einen solchen Selbstmord bis zu sieben Mal in ihrem Leben. Wer gedenkt ihrer? Wer begleitet sie zu ihrem Therapeuten, der sie aus ihren Schuldgefühlen und dem Schock wieder herausholt?

Damit soll die Notwendigkeit, die Depression als Volksseuche zu thematisieren, nicht geringer geschätzt werden. Im Leben jedes Selbstmörders steckt tiefe Tragik, Verstrickung, Schuld, Krankheit, gesellschaftliche wie persönliche. Man weiß heute, daß Schwermut (= Depression) erblich ist. Zugleich aber ufert sie in unserer Gesellschaft immer mehr aus. Es muß also exogene Faktoren geben, die direkt mit unserer Lebensweise zu tun haben.

Dein Gedicht ist wie alle Betroffenheitslyrik eher halbfertig als überzeugend. Verarbeitung braucht Zeit. Ich verstehe den Drang, darüber zu schreiben und damit zugleich entäußernd zu bewältigen. Sensible Menschen macht ein Freitod in seiner Sinnlosigkeit, der man hilflos gegenüberseht, wahnsinnig. Ein Ventil wie die Lyrik bietet sich an.

Danke für Deinen Eintrag.

LG W.

Leier 24.11.2009 18:59

Lieber Archimedes,
liebe Andere:

Ich muß mich Walther anschließen:

Wie wird der Lokführer seinen Schock verarbeiten können? Wird er je wieder ruhig schlafen? Oder selbst depressiv werden?
Das Gleiche wie beim Ratiopharm-Mann.
Ich habe den SPIEGEL-Artikel über Enke gelesen und v.a.mehr.
Kann ein ernsthaft Suizidaler (wenn schon!) nicht aus dem Leben scheiden, Selbstmord begehen, ohne andre hineinzuverwickeln?
Es bieten sich so viele Möglichkeiten!

Lieber Archimedes,

in Dein (spontanes?) Gedicht haben sich ein paar Fehlerchen eingeschlichen.


Gruß
von
cyparis


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