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Eisenvorhang 07.03.2018 10:58

Der März
 
Der tiefste Klang im Wald hat sich geregt,
und plötzlich wird der Ton zu meinem Lachen,
das sich an seine Jugend schmiegt und legt,
wie Küsse, die einander zweisam machen.

Ich fühle halb der Vögel ersten Schlag,
der flatternd uns Legende wird und zeigt,
wie tief sein Weg in jenem Abendhag
so zart ins Fiebern ferner Orte steigt.

Die Wolken bilden schon die ersten Gassen,
aus warmen Lichtern fallen nun die Düfte,
der Frühling wabert hinter weißen Massen
und reich und nass erwacht die Zeit der Lüfte.

Erich Kykal 07.03.2018 11:48

Zitat:

Zitat von Eisenvorhang (Beitrag 110588)
Der tiefste Klang im Wald hat sich geregt,
und plötzlich wird der Ton zu meinem Lachen,
das sich in seiner Jugend schmiegt und legt,
wie Küsse, die einander zweisam machen.

Und fühlen wir der Vögel ersten Schlag,
der flatternd uns Legende wird und zeigt,
wie tief sein Weg in jenem Abendtag
so zart ins Fiebern ferner Orte steigt.

Die Wolken bilden schon die ersten Gassen,
aus warmen Lichtern fallen nun die Düfte,
der Frühling wabert hinter weißen Massen
und reich und nass erwacht die Zeit der Lüfte.


Hi EV!

Schön und voller Fühl geschrieben.

Ein klein wenig Schleiferei in gewissen Stellen:

Der tiefste Klang im Wald hat sich geregt,
und plötzlich ward der Ton zu unserm Lachen,
das sich an meine Jugend schmiegt und legt
wie Küsse, die einander zweisam machen.

Wir fühlen fast der Vögel ersten Schlag,
der flatternd uns Legende wird und zeigt,
wie tief sein Weg in jenem Abendhag
so zart ins Fiebern fernen Sehnens steigt.

Die Wolken bilden schon die ersten Gassen,
aus warmen Lichtern fallen nun die Düfte,
der Frühling wabert hinter weißen Massen
und reich und nass erwacht die Zeit der Lüfte.


Warum?

S1 hätte so einen "roteren" Faden. Dass das LyrIch nicht allein ist, wird gleich mit "unserm Lachen" platziert. Dass es sich sozusagen dem LyrIch an die Jugend scmiegt, suggeriert, dass es ihn wieder jung mache.
Die Personifikation der "Küsse", die "einander zweisam machen", quasi als stellvertretendes Bild dür die Liebenden, ist fast schon eine Metaebene zu viel und könnte manchen Leser verwirren. Aber lassen wir es mal, es ist ein interessantes Wortspiel mit "ein"(ander) und "zwei"(sam).

Dein Satzbeginn in S2 bleibt in der Luft hängen. Beginnt man mit "Und fühlen wir ...", erwartet der Leser irgendwann eine Fortführung: "..., dann (oder: so) begreifen wir ... usw." in dieser oder ähnlicher Art.

Der Abend ist Teil des Tages, es kann also keinen "Abendtag" geben, es sei denn, der ganze Tag bestünde aus Abend, was per definitionem nicht möflich ist. Richtig wäre "abendlicher Tag" oder "des Tages Abend". Beim Spaziergang im Wald befindet man sich aber durchaus in einem "Hag" (poetisches Wort für einen kleinen Wald), und den kann man mit "Abend" durchaus verbinden.

Mit einem "Fiebern ferner Orte" kann ich nichts anfangen. Das sagt nichts aus - oder zu viel, bleibt zu indifferent, zu unerklärt, worauf der Autor hinaus will: Fernweh? Flimmern in der Luft in der Ferne? Hitze? Entfremdung? Ein Sehnen hingegen ist durchaus ein "Fiebern".


Soweit meine Gedanken zu deinem Text, der mir sehr gefallen hat, weil intensiv und berückend in Bildwahl und Formulierung.

LG, eKy

Eisenvorhang 07.03.2018 12:00

Hi Erich,

ebenfalls vielen Dank für deine prompte Antwort.

Die Änderungen übernehme ich! Bis auf eine:

Jene mit der Jugend und dem Lachen, denn gemeint ist es so - ich formuliere es anders:

Die Kindheit des Lächelns oder die Jugend des Lächeln.
Der Anfang. Der Punkt an dem man zu lächeln beginnt. Der frühe Punkt, der zeitige oder auch:

die Jugend eines jeden Lachens. Hier legt und schmiegt es sich in einem andauernden Anbeginn. Es verweilt darin ewig jung zu bleiben, weil die Freude so stark ist.

Und Orte die fiebern:

Orte, die erwachen wollen, aus den Tiefen des Winters - eine Art Auferstehen, ein Beben - wenn der Frühling beginnt alles aufzudecken und alles entdeckt werden will! Sie, die Orte, fiebern der Auferstehung entgegen.

Es freut mich sehr, dass Dir das Gedicht gefällt.

vlg

EV

Laie 07.03.2018 12:54

Hi EV,

einen schönen März hast du geschrieben. Gefällt mir!

Mir gefällt das "Fiebern ferner Orte". Ich musste dabei an Orte denken, die beim Sonnenuntergang in das abendliche Rot getaucht sind. Da du aber eher ein Hinfiebern zum Frühling beschreiben wolltest, passt "Sehnen" wohl besser.

Bei "wird/ward" bin ich mir nicht sicher, was ich besser finde. Bin aber tendenziell eher bei "wird".

Wenn sich die Jugend auf das Lachen bezieht, solltest du schreiben: "... das sich an seine Jugend schmiegt und legt..."

Hab's gern gelesen! :)

Gruß,
Laie

Eisenvorhang 07.03.2018 15:43

Ich habe von Dir, lieber Laie, und Erich die Korrekturen teilweise übernommen.

Für mich ist es so vollendet.

Vielen Dank euch beiden!

vlg

EV

Chavali 07.03.2018 19:54

Lieber EV,

einen wunderhübschen März erleben wir gerade durch deine Zeilen bzw.
stellst du uns in Aussicht :)

Wer möchte nicht gern so ein Naturwunder erleben ;)

LG Chavali

Eisenvorhang 08.03.2018 08:49

Huhu Chavali,

der Herbst wird schön, so wie es aussieht - ab in die Natur! Die Sonne gerade so schön und der Wind rauscht sehr sanft durch alles durch.

Eisenvorhang: hopp, raus mit Dir!! :D

Danke fürs Lesen!

vlg

EV

Sufnus 08.03.2018 10:19

Ich hadere allenfalls noch mit den zwei letzten Zeilen... sonst bin ich sehr glücklich! :)

"Der Frühling wabert": da stolpere ich über das "wabern", ohne Zweifel ein schönes Wort, das eine Aufnahme in ein Gedicht verdient hat - aber ich finde hier passts nicht... "wabern" drückt für mich etwas latent Bedrohliches oder doch zumindest Unschönes aus... ein "wabernder Nebel" (wohl die häufigste Paarung mit "wabern") herrscht in den Straßen Londons bevor Jack the Ripper um die Ecke biegt, aber nicht bei einem romantischen Herbstspaziergang (wo eher Nebelschleier oder ein Nebelhauch oder sowas in der Art am Start sind). Ginge etwas wie "Der Frühling streckt sich hinter weißen Massen" oder "Der Frühling blinzelt hinter weißen Massen" o.ä., also Ausdrücke, die auf das "erwacht" in der letzten Zeile zielen? Oder geht es Dir noch um eine Art retardierendes Moment, bevor das Erwachen in der letzten Zeile erfolgt? Dann vielleicht: "Der Frühling tändelt hinter weißen Massen"?

"und reich und nass erwacht die Zeit der Lüfte": da schmerzt mich das nass... ein Wort wie eine kalte Dusche... wenn es unbedingt regnerisch zugehen soll, würde ich diese Information in einem Ausdruck wie "und reich und klar erwacht der Quell der Lüfte" oder "mit reicher Fracht erwacht die Zeit der Lüfte" verpacken (nur mal als Beispiele) - aber muss es denn überhaupt fieselnieseln?

Abseits dieser Mikrokritik: Kennst Du die späten Gedichte von Hölderlin? Die Sprache ist bei Deinem März-Gedicht etwas stürmerisch-drängender - aber der entscheidende (und den lyrischen Mehrwert ausmachende) Schritt hinter die oberflächliche Alltags-Logik ist auch bei diesem Gedicht von Dir wieder sehr schön vollzogen und mutet spät-Hölderlinesk an. :)

Zitat:

Zitat von Hölderlin, zwei späte Frühlingsgedichte


Der Frühling

Die Sonne glänzt, es blühen die Gefilde,
Die Tage kommen blütenreich und milde,
Der Abend blüht hinzu, und helle Tage gehen
Vom Himmel abwärts, wo die Tag entstehen.

Das Jahr erscheint mit seinen Zeiten
Wie eine Pracht, wo Feste sich verbreiten,
Der Menschen Tätigkeit beginnt mit neuem Ziele,
So sind die Zeichen in der Welt, der Wunder viele.


***


Der Frühling

Wenn aus der Tiefe kommt der Frühling in das Leben,
Es wundert sich der Mensch, und neue Worte streben
Aus Geistigkeit, die Freude kehret wieder
Und festlich machen sich Gesang und Lieder.

Das Leben findet sich aus Harmonie der Zeiten,
Daß immerdar den Sinn Natur und Geist geleiten,
Und die Vollkommenheit ist Eines in dem Geiste,
So findet vieles sich, und aus Natur das meiste.



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