Gedichte-Eiland

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Kokochanel 17.02.2017 15:15

es ging mir beim Erzählen der Geschichte eigentlich nicht um die Frage,ob ich richtig gehandelt habe, dessen war ich mir sicher, Erich. Es gng mir um genau das, was auch deine Mesner-Geschichte zeigt und was du im Kommi verdeutlichst.
Denkst du wirklich, die Akzeptanz-Hörigkeit geht so weit, dass Väter und Mütter ihre eigenen Kinder "verraten", nur um nicht Nestbeschmutzer zu sein? Kann ein Mensch so schräg gesellschaftsadaptiert sein, dass ihm das wichtiger ist?..
Mir stellt sich die Frage, ob nicht etwa die Väter, die ja selbst vom Mesner missbraucht wurden, einfach durch die seelischen Wunden dazu nicht in der Lage waren. Was aber, wiederum die Frage: was war mit den Müttern? War der "Herr Pastor" so wichtig, die Anerkennung in der kirchlichen Gemeinschaft?
Da hätte ich aber, mit Verlaub, auf den Altar kotzen müssen.:eek::p

Aber ich glaube, ein steirisches Bergdorf wäre ohnehin für mich kein Lebensumfeld...:D:D

Erich Kykal 17.02.2017 17:55

Hi Koko!

Es heißt ja nicht, dass alle Dörfer so wären, ob in der Steiermark oder anderswo.
Aber gesellschaftliche Konvention kann ein schrecklicher Herr sein! Denk an die "Ehrenmorde" islamischer Familien, wo der jüngste (strafunmündige!) Sohn ausgewählt wird, die eigene Schwester zu ermorden, bloß weil sie "zu westlich" wurde und sich dem Diktat ihrer unterdrückenden Kultur nicht mehr fügen wollte!
Wo ist da der Mut der Mütter?

Wenn der Herr Pfarrer ein höchst angesehener Mann ist und die Hand über seinen Mesner hält, dann fügt sich die Gemeinde - es wird zu einem Tabu, über das man nicht spricht, auch wenn jeder Bescheid weiß. Man redet sich sein Tun und die Konsequenzen dann gerne klein, wedelt mit Rechtfertigungslametta und tut so, als gehörte "das" eben dazu.
Der Mensch ist ein Herdentier und nimmt für die Zugehörigkeit zu "seiner" Gemeinschaft fast alles in Kauf! Wenige Menschen sind darüber erhaben und haben/finden den Mut, diese Mauer des Duldens einzureißen - und werden dann als "Verräter" gebrandmarkt: die armselige Rache derer mit schlechtem Gewissen, weil ihnen jemand ihre Jämmerlichkeit und Feigheit vor Augen geführt hat! Sie heiligen und verteidigen dann verbissen genau diese Gemeinschaft, in der sie menschlich so versagt haben, weil nur das ihr Handeln moralisch rechtfertigt: Die Gemeinschaft muss für sie dann über ALLEM stehen, und wer sie "beschmutzt", hat Strafe verdient! Die eigentliche Beschmutzung wird weiter weggeschwiegen/-geleugnet.

Das passiert überall so, und manchmal versteigt sich so etwas in etwas wirklich Entsetzliches! Überall.

LG, eKy

Kokochanel 17.02.2017 20:07

naja, wenn ich so zurückdenke an meine Kinderzeit ( 50iger) da war in dem sauerländischen Bergdorf der Pfarrer auch eine Person, vor der man selten muckte. Aber es war eine protestantische Gemeinde.
Als ich hier ins Rheinland kam, empfand ich das in den Achzigern als sehr tolerant und frei. Allerdings machte ich später die Erfahrung, als man mit Leuten mit Kindern zu tun hatte, dass die katholischen Kirchenoberen hier immer noch einen gewaltigen Einfluss hatten.
Da wurde der Pastor noch zur Kommelion eingeladen und begutachtete die Geschenke, kritisch, ob sie auch heilig und anständig genug waren.
Der Junge bekam nichts, was ihm wirklich Freude machte. Er hatte sich einen Gürtel gewünscht. Da wir kurz vorher im Urlaub in Mallorca waren und er ein kleiner Stenz war, kaufte ich einen marmorierten Ledergürtel mit so einer Django-Schnalle. Der Junge freute sich riesig.
Der Pastor aber sagte zu mir: Das ist doch kein Kommunionsgeschenk ( hatte aber 40 E gekostet, fand ich schon GGG), da schenkt man doch etwas, was Wichtig ist fürs Leben! ( Marienbildchen z.B, Bibeln, irgendsowas halt). "Och", meine ich, wenn man mal in der Kirche dasteht und die Hose rutscht, dann kann ein Gürtel schnell mal sehr wichtig werden..."..
Er fand das nicht witzig und ließ mich stehen. GGGGGG

Das Gesicht wiederum fand ich extrem witzig.

Da ich weder katholisch war, noch Anschluss in der Gemeinschaft suchte, betraf mich das nicht. Aber es erstaunte mich. Doch, da hast du recht. Fällt mir jetzt so ein.
LG von Koko

Erich Kykal 17.02.2017 22:31

Hi Koko!

G:rolleyes:ut, wenn Priester sich so weltfern und freudenfeindlich aufführen - umso schneller laufen ihnen die "Schäfchen" davon - und das finde ich gut so! :D

Ich werde es gewiss nicht mehr erleben, aber ich sehne den Tag herbei, da die Menschheit endlich keine Weihnachtsmänner für Erwachsene mehr nötig hat! :cool:

LG, eKy

Dana 07.03.2017 19:31

Lieber eKy,

ich brauchte Zeit, um hier zu kommentieren. Erdrückend und beinahe "erstickend", weil man weiß, dass es das gibt. Eigentlich heißt es, es gibt nichts, was es nicht gibt.
Es gibt sogar die Meinung: "Die Kleine ist selbst Schuld, es hat ihr offensichtlich gefallen, sonst hätte sie ....":Aua
Genau das hast Du gut in Strophe 4 aufgefangen. Die Kleine brauchte Liebe und konnte nicht unterscheiden. Der Onkel aber wusste vom Verbrechen und tat es trotzdem.
Es ist auch nicht immer der liebe Onkel oder Nachbar. Man schaue sich nur Dokus über Sextourismus an. Die "fetten Onkels" fliegen weit fort und protzen noch mit guten Taten. Jenes Mädchen fördert den Touristenzulauf und hilft dem Staat und der eigenen Familie über die Runden zu kommen. Da kann man nur schreien und doch verhallt es. Vermittler sind nicht selten die eigenen Mütter.
Das Allerschlimmste daran ist, dass es das schon immer gab und jene, die es anprangerten, geächtet wurden.
Und jetzt komme ich auf die andere Seite:
Seit das Thema diskutiert wird, kommt es zum Missbrauch in umgekehrter Form. Der Missbrauch mit dem Missbrauch. Eind ebenso grausames Szenario spielt sich da ab. Es nehmen sich "Onkels" das Leben und es stellt sich heraus, das Mädel wollte sich für etwas rächen und wusste wie es am besten fuktioniert.
Die Tiefen bleiben unergründlich und grausam.

Dein Gedicht ist gut. Es bringt die eine schlimme Seite auf den Punkt.

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal 07.03.2017 20:05

Hi Dana!

Dass das Thema ernst ist, im Augenblick aber gesellschaftlich überreagiert wird, wurde im Faden eh schon ausgiebig besprochen.
Diese sich betont angewidert gebende Volksattitüde tut den Opfern überhaupt nicht gut und ist keinesfalls hilfreich - sie sorgt nur dafür, dass die Geschädigten sich noch mehr schämen als ohnehin schon!
Ebenso oberflächlich und proletengerecht ist die übertriebene Dämonisierung der Täter. Dadurch kommt es, wie du schriebst, zu diesem umgekehrten Effekt, und unbescholtene Leben werden aus der Laune eines verlogenen Kindes heraus ruiniert, wenn nicht vernichtet!
Es ist Unrecht, nicht nur vor dem Gesetz, sondern auch rücksichtslos und gefühllos dem Kind gegenüber. Es gehört bestraft und gesühnt, und die Unbelehrbaren, sprich Wiederholungstäter, müssen in Verwahrung bleiben, die Opfer sind zu unterstützen. Das genügt.
(Wie gesagt, dass gilt für den einverständlichen Missbrauch in Familien oder mit "Freunden" oder "Onkels", bei dem das Kind nie äußerlich verletzt oder innerlich genötigt wurde! Bei Entführung, Vergewaltigung und/oder Sexualmord sieht die Sache anders aus! Darüber kann man nie erbost genug sein!)

Vielen Dank für deine Gedanken!

LG, eKy

Falderwald 12.03.2017 21:14

Servus Erich,

das ist fürwahr ein bedrückendes Thema, mit dem sich eine Gesellschaft immer wieder auseinandersetzen muss.

Opfer und Täter sind beide Produkt dieser Gesellschaft, aber den Täter nicht zu verurteilen, fiele mir schwer, denn er weiß, im Gegensatz zu seinem jungen Opfer, dass er das nicht darf, was er da tut.

Vielleicht ist es ihm in dem Moment nicht bewusst, das mag sein, aber wenn die Situation über das Gewissen siegt, dann kann da was nicht stimmen und diesem Menschen fehlt es an Empathie und Mitleid.

Das Opfer tut mir leid und tatsächlich liegt es oft an unserer Gleichgültigkeit, dass so etwas immer wieder geschehen kann.
Manchmal ist es aber auch sehr schwer, die ganz bestimmte, sehr enggefasste Grenze nicht zu überschreiten, denn auf der anderen Seite ist ein zu unrecht Beschuldigter nicht selten auch arg beleidigt, wenn man ihn einer solchen Tat verdächtigt.

Ein Täter ist aber auch nur ein Mensch, freilich mit einer niedrigen Hemmschwelle. Und davor gilt es natürlich andere zu beschützen.

Die Kernaussage in diesem Text aber zielt auf die Gleichgültigkeit (s.o.), denn was geht mich das fremde Elend an und ich denke, das ist es, was dieser Text aussagen wollte.


In diesem Sinne zustimmend und gerne gelesen und kommentiert, auch wenn es wahrlich kein schönes Thema war...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald


Erich Kykal 12.03.2017 22:01

Hi Faldi!

Vielen Dank für deine Gedanken. Ich kann mich deinen Ausführungen nur anschließen.

LG, eKy


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