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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Verhör


Suzette
11.11.2012, 20:38
Dunkles Starren
auf stoische Körper
vis á vis
Deckung suchend
im Zwielicht der
ewigen Gespräche
angespannte Fragen
durch Formulare
bis zum
Seelengrund ihres
Mysteriums

Falderwald
14.11.2012, 23:24
Hallo Suzette,

so könnte man sich ein Verhör durchaus vorstellen.

Der Geladene sitzt da, wird unter Umständen mit Vorwürfen gegen ihn konfrontiert und zur Sache vernommen.

Vielleicht ist er schuldig, vielleicht auch nicht, auf jeden Fall zielen die Fragen tief und der Verhörte muss vielleicht Dinge "ausgraben", die er lieber für sich selbst behalten hätte.

Gut ausgedrückt finde ich:

Deckung suchend
im Zwielicht der
ewigen Gespräche

Das schildert schon die Klemme, in der ein solcherweise Verhörter stecken mag.


In diesem Sinne gerne gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Erich Kykal
16.11.2012, 18:26
Hi, Suzette!

Bei solchen Gedichten frage dich immer: Wäre der Titel nicht, könnte man meine Intentionen erkennen?

Ich las den Titel nicht.

Bis zum Wort "Formulare" stand mir eher das Bild eines verklemmten Pärchens vor Augen, die sich schüchtern in einem Café gegenübersitzen und errötend ob ihrer Gedanken in ihre Tassen starren, natürlich bis auf die gelegentlich aufblitzenden gierigen Ausziehblicke...:D

Ab "Formulare" schwenkte mein Geist auf eine düstere Amtsstube um, oder eine Schalterhalle in einem Verkehrsamt. Biederer, stumpfsinniger Beamtenalltag.

Du siehst - zwingend ist deine Beschreibung noch nicht. Das heißt nicht, dass sie schlecht wäre - ich wollte nur aufzeigen, wie sehr sich deine Verbalisierung noch auf den erklärenden Titel verlässt.

Gern gelesen, obwohl ich Ungereimtes eigentlich weniger schätze...aber das hat nix mit dir zu tun.:rolleyes:

LG, eKy

Suzette
17.11.2012, 13:42
Hallo Falderwald,

danke für die Kommentierung! Die unangenehme Gefühlslage
eines Verhörten, hast du also nachempfinden können - schön.
Es ist in diesem Fall die obere Schicht gewesen ..., darum hatte ich es unter
Beschreibungen/Situationen eingestellt - nicht unter Gesellschaft, Politik etc.
Hab mich gefreut, dazu deine Gedanken zu lesen.

Lieben Gruß
Suzette


Hallo Erich,

dir auch Dank fürs Kommentieren und Eingehen.

Es handelt sich hier um einen bewußt verkrypteten Text - da hatte ich den Titel für die "obere Ebene" gewählt. Danke auch dir für deine Assoziationen. Der letzte Vers deutet stark an, worum es "in Wahrheit" geht - ein LDU sucht das LI zu ergründen auf eine unangenehm intensive, fordernde Art, doch bleibt ihm aus bestimmten Gründen keine andere Wahl. Dies wollte ich mit einem echten Verhör verschmelzen - muß jedoch nicht erkannt werden.

Freut mich, daß du dich trotzdem aufs ungereimte Gebiet begeben hast. ;)

Lieben Gruß
Suzette

Thomas
28.11.2012, 15:35
Hallo Suzette,

du sagst in deiner Antwort auf Erichs Kommentar, es handele sich um einen "bewusst verkrypteten Text". Das interessiert mich. Ich weiß gar nicht, was das ist und was der ästhetische oder poetische Zweck (bzw. Gewinn) der Verkryptung ist. Es würde mich freuen, wenn du mir das erklären könntest.

Liebe Grüße
Thomas

P.S.: Ich denke schon, dass die Überschrift ein Teil des Gedichts ist, und dass sie wesentlich für das Verständnis sein kann. Beispiel: Uhlands Mini-Ballade "Die Rache" würde ohne Überschrift, oder mit einer anderen ("Unfall" z.B.) ganz anders verstanden.

Dana
28.11.2012, 21:29
Liebe Suzette,

ich hatte zunächst auch etwas "Offensichtliches" als Bild vor Augen - Gericht halten über einen Menschen.
Über die Kommentare und deine Antworten wurde deine Beschreibung für mich noch interessanter.

Dunkles Starren
auf stoische Körper
vis á vis
Deckung suchend
im Zwielicht der
ewigen Gespräche
angespannte Fragen
durch Formulare
bis zum
Seelengrund ihres
Mysteriums

Ich sehe eine unglückliche und der Familie ausgelieferte Frau. (Der Seelengrund ihres Mysteriums bringt mich darauf.)
Sie wird "verhört", was bedeutet, sie muss ständig Beschuldigungen, Unterstellungen oder gar Beschimpfungen aushalten.
Zuletzt sieht sie nur stoische Körper und ist ewigen Gesprächen ausgeliefert.

Die Formulare konnte ich nicht eindeutig "entkrypten". Es könnten Belege sein, die man ihr vorhält, z.B. Fahrscheine, Kassenbons, die sie im Verhör begründen muss.

Vielleicht ist meine Fantasie mit mir durchgegangen, doch die Spannung deines Textes gab das frei.

Gern gelesen und eigene Gedanken hinzugefügt.

Liebe Grüße
Dana

Suzette
28.11.2012, 21:47
Hallo Thomas,

ist eigentlich keine große Sache - eher eine Möglichkeit für den Autor - hier kann er nach Belieben in dem eigentlichen Text andere Ebenen
reinbringen - dies bringt dann aber nur dann etwas für die Leser, wenn man es aufdeckt.
Die andere Art, wie man kryptisch arbeiten kann, ist eine generelle "schwere Verständlichkeit" des Textes anzustreben, z.B. durch zu starke Verdichtung.

Dies würde ich persönlich dann als eine moderne Richtung der Lyrik sehen, die mir recht wenig sagt, da sie so nichtssagend ist. Das Erste ist dagegen erstmal ein Versteck, was aber bei Offenlegung trotzdem in einem Grundrahmen bleibt innerhalb der Interpretationsmöglichkeiten.

P.S.: Ich denke schon, dass die Überschrift ein Teil des Gedichts ist, und dass sie wesentlich für das Verständnis sein kann. Beispiel: Uhlands Mini-Ballade "Die Rache" würde ohne Überschrift, oder mit einer anderen ("Unfall" z.B.) ganz anders verstanden.

Das sind für mich eher die Ausnahmen - im "Normalfall" finde ich, sollte der Titel nicht schon alles verraten, sondern manchmal sogar eher verdecken. ;)

Ich hoffe, meine Antworten konnten dir weiterhelfen!
Vielen Dank für den Kommentar.

Abendgruß von
Suzette

Antigone
30.11.2012, 12:27
Liebe Suzette,

an diesem Gedicht gefällt mir am besten "der Seelengrund ihres Mysteriums".
Das ist wieder mal so daneben, dass ich jetzt lieber das Maul halte.

Lieben Gruß
Antigone

Falderwald
30.11.2012, 18:28
Hallo Suzette,

du verzeihst?

Liebe Grüße

Falderwald


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@ Antigone

...dass ich jetzt lieber das Maul halte

Das ist auch besser so und zudem das Intelligenteste, was ich je von dir gelesen habe.

Suzette
30.11.2012, 20:27
Abend Dana!

Danke fürs Kommentieren.

Ich sehe eine unglückliche und der Familie ausgelieferte Frau. (Der Seelengrund ihres Mysteriums bringt mich darauf.)
Sie wird "verhört", was bedeutet, sie muss ständig Beschuldigungen, Unterstellungen oder gar Beschimpfungen aushalten.
Zuletzt sieht sie nur stoische Körper und ist ewigen Gesprächen ausgeliefert.

Ist eine mögliche und ebenfalls sehr intensive Auslegungsmöglichkeit.

Die Formulare konnte ich nicht eindeutig "entkrypten". Es könnten Belege sein, die man ihr vorhält, z.B. Fahrscheine, Kassenbons, die sie im Verhör begründen muss.
Ja, man kann die Formulare auch als Bild für das Formelle zwischen zwei Menschen sehen, die Probleme damit haben, offen miteinander umzugehen - darum müssen die Gespräche durch diese hindurch gehen, bevor man weiterkommt ...

Vielleicht ist meine Fantasie mit mir durchgegangen, doch die Spannung deines Textes gab das frei.
Nein - DAMIT hast du eine meiner Intentionen auf den Punkt genau getroffen. ;)

Lieben Gruß
Suzette


Hallo Antigone,

schade, daß du deine offensichtlichen Probleme mit meiner Lyrik nicht per PN klären kannst. Ich kann jedenfalls keinerlei Sachbezogenheit in deiner Kritik entdecken und verzichte daher dankend auf weitere Kommentare dieser Art von dir in meinen Fäden.

Suzette


Hallo Falderwald,
thx :)
Lieben Gruß
Suzette