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Erich Kykal
25.08.2011, 09:48
VORWORT

Dieses Büchlein entstand aus dem
Bedürfnis heraus, jenen Bildern, die
mich ganz persönlich zu beeindrucken
vermochten, ein kleines Lob zu singen.
Folgerichtig sind sie in ihrer Abfolge
keinem speziellen Genre, keiner speziellen
Epoche zugeordnet, wenn auch die
meisten impressionistisch und manche
expressionistisch sind, wie ich zugeben
muss – eine persönliche Vorliebe.
Die Sonette beschreiben die Bilder und/oder
drücken meine eigenen Gedanken dazu aus,
die dann auch mal frei interpretieren und das
Gemälde inhaltlich fortspinnen oder ganz
nach eigener Lesart deuten. Dies sind aber
keine dogmatischen Auslegungen, sondern
entspringen vielmehr meiner jeweiligen
Stimmung, Laune oder dem zu jener
Zeit eingenommenen Standpunkt.
Die Sonette folgen auch keiner festgelegten
Struktur. Puristen mögen dies bekritteln,
aber mir waren Klang und Melodie wichtiger
als eiserne Regeln. Meines Wissens nahm
ein Rilke das auch nicht so genau. In den
ersten beiden Vierzeilern gibt es die
Reimschemata ABBA sowie ABAB, die
folgenden Dreizeiler divergieren ganz
nach jeweiligem Stimmungsbild.
Auch die Reime wechseln meist öfter
als laut engeren Sonettregeln vorgegeben.
Der Grund ist der nämliche – ein allzu enges
Korsett kann auch atemlos machen, wie ich
finde. So folgen meine Zeilen eher
Stimmungen als Regeln. Wer damit nicht
zurechtkommt, sollte das Buch nicht kaufen.
Allen anderen sei an dieser Stelle viel
Freude und Kurzweil mit meinem
bescheidenen Wortweben gewünscht.

Der Autor


1 - MONA LISA (Leonardo da Vinci, 1503) ---> zum Bild (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/e/ec/Mona_Lisa%2C_by_Leonardo_da_Vinci%2C_from_C2RMF_re touched.jpg/402px-Mona_Lisa%2C_by_Leonardo_da_Vinci%2C_from_C2RMF_re touched.jpg)

Du hüllst dein Lächeln wie in Haut aus Seide,
die deiner Augen Fordern konturiert,
und beides trägst du an dir wie Geschmeide,
das alle Blicke anrührt und verführt.

Die hellen Hände, sacht einander fassend,
als gürteten sie deine Wohlgestalt,
sowohl sich haltend wie sich halten lassend,
als wären sie und fänden sie dir Halt.

Du bist zugleich die Jungfrau und die Sünde,
bleibst Weib wie Engel, ewig rätselhaft.
Wer dich geschaut, erfindet tausend Gründe,

dich anzubeten und für dich zu brennen!
Doch du scheinst alle Seelen zu erkennen
und segnest sie mit deiner Erdenkraft.


2 - DORFMÄDCHEN MIT HUND UND HENKELKRUG (Thomas Gainsborough, 1785) ---> zum Bild (http://images.zeno.org/Kunstwerke/I/500-725/1670009a.jpg)

Nie trug die nackte Armut solch ein Dulden
gleichwie Versonnenheit, als dieser Blick
geprüfter Augen, deren Unverschulden
nie Trost für sie bereithielt und nicht Glück.

Gebrochen wie der Krug erscheint ihr Leben,
doch so wie er erfüllt sie ihre Pflicht,
und weiß doch Wärme, die sie kennt, zu geben,
fühlt auch ihr Dasein solche Wärme nicht.

Sie rührt mich an, ein Inbild alles dessen,
was uns versagen macht wie auch bestehn,
und sei sie auch begraben und vergessen,

so werden Lebende an diesem Bilde reifen,
wenn ihre Augen es als das begreifen,
was ihre Herzen längst schon darin sehn.


3 - DER BRAND DES PARLAMENTSGEBÄUDES (J.M.W. Turner, 1835) ---> zum Bild (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/4/45/Joseph_Mallord_William_Turner_012.jpg/786px-Joseph_Mallord_William_Turner_012.jpg)

Dein Brand gebiert die Welt, und doch verhüllt er,
was er erhellt, wie Rauch aus Fumarolen.
Als hätte er Substanz, bewegt und füllt er
den Punkt, den er den Schatten rings gestohlen.

Nur flüchtig hingetupft sind Artefakte
aus Menschenhand, als sollten sie nicht sein,
wo sie das Glühen fast bis ins Abstrakte
entwerden lässt in seinem Spiegelschein.

Wer goss dir solches Leuchten in den Pinsel,
dass er zugleich so flüchtig und so sicher
die Welt begriff auf deiner fernen Insel?

Was kelterte die Brücken und die Dächer
aus Dunst und lichtem Dampf, des weicher Fächer
sie vage macht und dennoch wesentlicher?


4 - LANDSCHAFT BEI MENTON (Pierre Auguste Renoir, 1883) ---> zum Bild (http://images.zeno.org/Kunstwerke/I/500-405/77s109a.jpg)

Da wuchern Bäume auf wie Flammenlohen,
umwölkt von Blättern, deren grüner Rauch
ein Schattenspiel ins Gras wirft um die Hohen
wie einen Zauberbann der Sehnsucht auch.

So strahlend sommerlich sind alle Farben,
wie leicht bewegt, bewegend und grazil
der Wuchs der Blüten und der vollen Garben,
und keine einzige davon erscheint zuviel

in dieser Sinfonie aus Licht und Süden,
die durch die Sinne wie ein Träumen geht,
an dem die wachen Augen nie ermüden,

als wüchse hier ein Mittag ohnegleichen,
um von den Pforten blauer Himmel sein Gebet
den Herzen wie aus Zweigen hinzureichen.


5 - FISCHERBOOTE AM STRAND VON SAINTES-MARIES-DE-LA-MER (Vincent van Gogh, 1888) ---> zum Bild (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/8/8c/Vincent_Willem_van_Gogh_042.jpg/755px-Vincent_Willem_van_Gogh_042.jpg)

Als wollten sie im braunen Sande treiben
und bräuchten nicht das anverwandte Meer,
erscheint ihr Unbewegtsein, doch sie bleiben
an diesem Ufer, unerweckt und leer.

Von Mast und Takel sperrig überfangen,
bewohnt sie Farbigkeit aus starker Hand.
Ein taubengrauer Himmel schmiegt die Wangen
an den durch sie allein geschmückten Strand.

Nur weit entfernt bewegen ihre Schwestern
die hohen Segel lautlos durch das Licht,
als hätte nie ein unbemanntes Gestern

sie ebenso gesehen wie die Boote,
die nun an Land gereiht wie bunte Tote
die Leere mäßigen durch ihr Gewicht.


6 - DER KUSS (Gustav Klimt, 1908) ---> zum Bild (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/4/4d/Klimt_-_Der_Kuss.jpeg/607px-Klimt_-_Der_Kuss.jpeg)

Sie herzen sich, als wäre ihr Umschlingen
des größten Stillehaltens einzige Bewegung,
des tiefsten Menschseins forderndes Gelingen
in dieser so zur Schau gestellten Regung.

Und wie das eine sich im andern gründet,
als wüßte es alleine nicht zu sein
und in ein Größeres sich fügt und mündet,
so webt darin auch dein Gefühl sich ein.

Du bist der Mantel, der sie bergend hütet,
darin sie sich vergessen und vergehn,
und gleich, was eine kalte Welt durchwütet,

sie werden danach größer und erhaben,
gereifter an der Fülle seiner Gaben
aus deiner Obhut Wärme auferstehn.


7 - DER TIGER (Franz Marc, 1912) ---> zum Bild (http://www.germanposters.de/marc-franz-der-tiger--1912.jpg)

Die ganze Kraft im Schwunge hergewendet
nach einer Beute, die sein Auge bannte,
des Blickes Glut, die ahnen lässt: Hier endet,
was immer dieses Schauen auch erkannte.

Dies ist Bemächtigung aus einer Mitte,
die ihren Hunger kennt und ihre Kraft,
und keine Angst, Gebet nicht oder Bitte
macht solche Schärfe wieder schemenhaft.

Ein Tor geht auf zu deinem tiefsten Beben,
wo dieses goldne Starren dich zerbrach.
Dein Wollen wehrt sich kaum, als wäre Leben

bedeutungslos im Angesicht der Größe.
Dein Fleisch erkennt sie und gibt zitternd nach,
und seine Schauer streicheln deine Blöße.


8 - STERNENNACHT (Vincent van Gogh, 1889) ---> zum Bild (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/cd/VanGogh-starry_night.jpg)

Sind dies die letzten Spuren eines Falls
von tausend Engeln aus dem Wirbelstrome
des mondenmächtigen, tiefblauen Alls
hinunter in das Schattenreich der Dome?

Ist dies der Schmelz der ungezähmten Lichter,
die über dunkelnden Gefilden stehn,
ein Widerschein vom Sein erlöster Dichter,
die nach dem Tode durch die Himmel gehn?

Dies alles nicht? Wer kann dich so ertragen,
du seltsam losgelöstes Firmament?
Wer mag dich übertreiben, wer es wagen,

zu träumen von den Farben der Magie?
Wo ist die Seele, die sich in dir wiederkennt
und dich im Traum erwartet, vis-a-vis?

9 - DIE ERFÜLLUNG (Gustav Klimt, 1905-10) ---> zum Bild (http://cache2.allpostersimages.com/p/LRG/8/844/RJLY000Z/poster/klimt-gustav-die-erfuellung.jpg)

Halt inne, Zeit, nur eine kleine Weile.
Am stillen Ufer solcher Seligkeit
hat man mit deinem Hingehn keine Eile,
und alles Abschiednehmen ist so weit.

Halt inne, Welt, schenk deine Augenblicke
dem Ineinandersinken ihres Seins,
denn ach, wie selten sind die wahren Glücke,
und wirklich dauerhaft ist endlich keins.

Seht ihrem Fühlen ganz sie hingegeben,
als wären Zeit und Welt allein für sie,
und aller Tag und weiter alles Leben

umrahmte bloß ihr wesentliches Tun:
Was ihnen Schicksal wollte, war'n sie nie,
nur was die Liebe wollte, sind sie nun.


10 - ADELE BLOCH-BAUER I (Gustav Klimt, 1907) ---> zum Bild (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/8d/Adele_Bloch-Bauer_I_Gustav_Klimt01.jpg)

Das Gold um dich scheint kühl wie deine Lippen,
und wo die Hand der anderen zur Stütze
sich leise legt, fast wie zu sonst nichts nütze,
fällt deines Umhangs Saum herab wie Klippen.

So samten glüht dein Blick, dass man die Stille
nicht sehen mag, die seltsam darin fließt.
Sein Glanz gleicht dem, was deinen Leib umschließt:
Metallen scheint dein Herz, wie deine Hülle.

Wer sah dich so, gerahmt von einer Dichte,
die dich befangen machte wie ein Schmerz
und an dir zog wie goldene Gewichte?

Und wem gewährst du deine höchste Gunst?
Wer rührte doch dein so entrücktes Herz
mit allem Golde seiner schönsten Kunst?


11 - ROTE PFERDE (Franz Marc, 1911) ---> zum Bild (http://www.arsmundi.de/pix/rendered/550x600/694582.r1.jpg)

Seid Anmut, Kraft und schiere Lebensfreude,
die euren Leibern so viel Regheit schenkt,
entronnen einem dunklen Stallgebäude,
das euch die Häupter wie die Herzen senkt.

Verliert euch in verspielten Kapriolen,
solang das jähe Rufen euch nicht findet,
das jene tun, die euch des Abends holen
nach Hut und Hege, die euch an sie bindet.

Seid beinah frei, seid ganz, seid rote Pferde
für die Momente, die euch keiner rief,
seid selten Glück und Seligkeit der Erde

all jenen, die euch gerne sehn und schauen,
da ihr erweckt, was lang in ihnen schlief,
weil es gefroren war - nun mag es tauen!


12 - IRIS (Vincent van Gogh, 1889) ---> zum Bild (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/6a/VanGogh-Irises_1.jpg/739px-VanGogh-Irises_1.jpg)

Was lodert da aus braunen Erdengluten
so bläulich grün empor wie jähes Feuer,
dass die Betrachter vor dem Werk vermuten,
dies kühle Züngeln wäre nicht geheuer?

Was wächst und greift durch jeden Raum
nach Blüten, die wie Rauch entschweben?
Wir sehn und fassen es doch kaum -
dies ist gemalt, und doch: Am Leben!

Ein wenig Weiß, ein wenig Rot vermählt sich
den blassen Garben schüchtern, wie von ferne,
und unserem Beschauen, ach, entschält sich

ein fast wie zärtlich wachsendes Begreifen:
Als wären's Blumen nicht, als wären's Sterne,
erschließt sich einer ganzen Schöpfung Reifen.


13 - BÄUME UND UNTERHOLZ (Vincent van Gogh, 1887) ---> zum Bild (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/bd/Van_Gogh_-_B%C3%A4ume_und_Unterholz2.jpeg)

Von ferne dringt der Lichtung zartes Glühen
an die Verborgenheit der schwarzen Erde,
als werfe sie ein selbstbewußtes Mühen
ins grüne Dunkel, dass es heller werde.

In ranken Garben drängen junge Gerten
in unerklärter Sehnsucht nach dem Himmel,
und wie ein Traumgebilde wilder Gärten
trägt stille Lebensgier das Blattgewimmel.

In zarten Zweigen atmet ein Gewicht,
als ob sie wispernd ein Geheimnis wüssten,
das sie der Sonne einst verraten müssten.

Noch tun sie's nicht und hüllen sich in Schweigen,
und doch kommt manchmal über sie ein Licht,
als dürften sie's in Schattenspielen zeigen.


14 - GRÜNES WEIZENFELD (Vincent van Gogh, 1890) ---> zum Bild (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/40/Van_Gogh_-_Gr%C3%BCnes_Weizenfeld1.jpeg)

Der hohe Himmel lockt die hellen Gräser
am Rand des Weges in sein blaues Licht.
Nur manchmal, wie ein Tusch der Bläser,
beugt sie des Windes wanderndes Gewicht

für Augenblicke, die Struktur und Neigung
in alle Grüne werfen, die ihn reflektieren,
bis weithin dort an Grates letzter Steigung
die Wellen sich im Weizenfeld verlieren.

So geht im Glühen immerlichter Weiten
ein Schauen hin, das sie ermalen wollte,
und meiner Blicke hungerndes Begleiten

ahnt nur der Seele tief gewusste Schwere,
die jenen Kontrapunkt der schwarzen Leere
entgegenwarf, die sie verschlingen sollte.


15 - UNTERHOLZ MIT EFEU (Vincent van Gogh, 1889) ---> zum Bild (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c2/WLANL_-_artanonymous_-_Kreupelhout.jpg)

In diesem Wald gerinnt das Sichbewegen
Spazierengehender zu einem Lauschen,
das innehält, dass ja kein Blätterregen
versäume, sich mit ihnen auszutauschen.

Hier, ahnt man, wächst ein Überstilles,
das niemals fragt und dennoch wissend ist,
und es bezieht dich ein, und also will es,
dass du ein Teil von dieser Stille bist.

Beinah verbarg der Efeu längst die Bäume
mit schwarzem Grün, das ihre Zwischenräume
schon ausfüllt wie ein wucherndes Gewebe,

das alles sonst erstickt mit seinem Schatten,
sodass du dich verwundert auf den Matten
und wie von ferne flüstern hörst: Ich lebe!


16 - GARTEN DES HOSPITALS SAINT-PAUL (Vincent van Gogh, 1889) ---> zum Bild (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/9a/Van_Gogh_-_Garten_des_Hospitals_Saint-Paul.jpeg)

Wo dereinst Mönche, ins Gebet versunken,
hinwandelten auf ihrem stillen Pfade,
hat deinem Blick die kleine Bank gewunken,
die längs der Mauer steigender Gerade

im Schatten hohen Laubwerks sich versehnte,
dass einer sei wie du, der sie besetzt,
und, während er das Ohr ins Horchen lehnte,
erwartend, dass ein Rufen es verletzt,

sich ganz verlöre in dem alten Parke,
doch bald an seiner Heimlichkeit erstarke,
die ihm ein tieferes Erleben ist,

und ihn bewegt, der Büsche weiße Blüten
in seinem Pinselstriche zu behüten,
damit kein Schauender sie je vergisst.


17 - BACH IM SONNENLICHT (Antonín Hudecek, 1897) ---> zum Bild (http://www.gilesorr.org/travels/Prague2011/art/20110422.6308.GO.CanonSX10.web.jpg)

Noch bist du Unschuld, klarer Weidentäufer,
so reg und rein wie eines Kindes Tasten,
ein schlanker, jugendlicher Dauerläufer,
dem nicht bestimmt ist, jemals auszurasten.

Gealtert wird in tiefen Meeresbuchten,
beladen von der Menschen Werk und Last,
die deine Strömung zu benützen suchten,
dereinst versinken, was du Trübes hast.

Doch hier, an diesen grünen Wiesengründen,
bist du der Kinder heimlicher Vertrauter,
denn nur die Alten wissen um die Sünden,

die uns beladen immerzu im Fließen
durch Raum und Zeit und, ewig angeschauter,
die trüben Augen bitten, sich zu schließen.


18 - FRÜHSTÜCK IM GARTEN (Guiseppe De Nittis, 1884) ---> zum Bild (http://www.intofineart.com/upload1/file-admin/images/new19/Giuseppe%20de%20nittis-466833.jpg)

Wie bildet ein versunkenes Jahrhundert
am Tisch sich ab, in dieser Bäume Schatten,
als trüge es sein Fühlen, fast verwundert,
herauf durch Tage, die längst andre hatten.

Wer kennt noch hohe Kleider so wie jenes,
und tafelt so, als wäre endlos Zeit?
Wer hat sie noch für Lebendes und Schönes,
das seine Seele für den Tag befreit?

So vieles ändert sich mit seinen Zeiten,
doch manches dauert an durch alle Jahre,
die uns durch unser Erdensein begleiten:

Der Kinder Frohsinn und der Mütter Sorgen,
als sollte es bedeuten: Seht das Wahre...
und tragt es zärtlich in ein Bild von Morgen.


19 - DIE WASSER DES MOGUDA (Joaquin Mir Trinxet, 1917) ---> zum Bild (http://artmight.com/albums/2011-02-07/art-upload-2/m/Mir-Trinxet-J/normal_Mir-Trinxet-Joaquin-Water-of-Moguda-Sun.jpg)

Aus dunkler Ufer Unterwuchs erhebt sich
ein Farbenspiel im Zauberbann des Lichts.
Das Bild der Wasser kräuselt und belebt sich
vor einem Hintergrund, der angesichts

der heitren Tupfen jäh besonnter Grüne
ins Vage tritt, ein untertäniger Statist.
Er überlässt dem Laubwerk seine Bühne,
das bunt und wirr und vordergründig ist.

Und doch, welch Gleichklang der Nuancen!
Des Herbstes reife Glut an kahlem Ast,
ein warmer Wirbeltanz der letzen Chancen

auf kurze Tage und auf blasses Grün,
eh Kaltes alle Wasser überfasst,
um seinen blinden Spiegel drauf zu ziehn.


20 - TEICH IN MEDFIELD (Dennis Miller Bunker, 1889) ---> zum Bild (http://www.museumsyndicate.com/item.php?item=15048)

Wie wird der helle Anblick mir zuviel!
War ich je Kind genug, inmitten diesen
so wunderbar ins Licht getauchten Wiesen
zu spielen, sorgenlos und ohne Ziel?

Wie wird ein Blau zu Tiefe, die mich bindet!
An diesen Wassern geht ein andrer Tag
als der von je im bloßen Dauern lag,
das mir die trübe Pflicht alltäglich findet.

Was ist's, was bleibt als eines Traumes Flöte,
die mich mit Farbentönen lockt ins Spiel?
Ich bleibe - wissend wohl, was Leben böte,

gerönne mir nicht alle Zeit zu Schulden -
ein dunkler Träumer ohne Sinn und Ziel,
den seine wachen Stunden wissend dulden.


21 - FÜCHSE (Franz Marc, 1913) ---> zum Bild (http://www.paintinghere.com/painting/Foxes_5138.html)

Der erste Blick: Ein flirrendes Zerwürfnis
von Form und Farben, unbedacht zerschnitten.
Man möchte einen Restaurator bitten,
es neu zu fügen nach harmonischem Bedürfnis.

Der zweite Blick erst öffnet ein Begreifen
von anderswo dem staunenden Bewussten
von Dingen, die in Tiefen wurzeln mussten,
um uns zu Größerem heranzureifen:

Wie wunderbar die sanft vertraute Nähe
in diesem Scherbenbild von Fuchs und Fähe,
im Welpentraum so inniglich verbunden

mit Wohl und Wärme eines tiefen Baues
und einer Zärtlichkeit, die nichts Genaues
verraten will - nur, dass sich Zwei gefunden.


22 - HEUSCHOBER BEI RAUREIF (Claude Monet, 1891) ---> zum Bild (http://www.easyart.de/leinwanddrucke/Claude-Monet/Heuschober-213242.html)

Im Morgenlicht erglühen sanft die Matten
von übersilbertem, gedämpftem Grün,
das dort, in jener großen Haufen Schatten
dich fangen will und deinen Blick bemühn.

Noch höher wirft der Himmel sich ins Feuer,
als tilgte er die Nacht mit wilder Lust
und kühlt dabei ins Blaue ab, wird scheuer,
als würde ihm sein Dasein nun bewußt.

Und was er schafft, im jugendlichen Lichte
noch zag verwoben mit dem Firmament,
er macht es doch mit Helligkeit zunichte,

die sich durch alles Zwielicht brennt und schneidet
und nie die zarten Zwischentöne kennt,
in die sich morgendlich sein Werden kleidet.


23 - DAS BLINDE MÄDCHEN (John Everett Millais, 1856) ---> zum Bild (http://www.paintinghere.com/painting/The_Blind_Girl_13910.html)

Um dich herum ist Leben, weltgewaltig,
und alles trinkt an Farbigkeit sich satt;
doch dein Gemüt, das keine Augen hat,
erkennt die Erde anders vielgestaltig:

Der Sonne warmes Glühen auf den Wangen,
fühlst du den Lufthauch, der dir Düfte bringt
und Melodien eines Frühlings singt,
die an dein Ohr und in dein Herz gelangen.

Du schweigst, um in dir einem Lied zu lauschen,
das, mit dem Klang umher sich auszutauschen,
so zärtlich durch die weiche Seele geht,

die in sich ruht, nicht aus der Welt gefallen,
nur tiefer noch in ihr und so mit allen
den Bildern wohlvertraut, die sie versteht.


24 - PALLAS ATHENE (Gustav Klimt, 1898) ---> zum Bild
(http://www.illusionsgallery.com/Pallas-Athene-Klimt.html)
Wie Überirdisches verwischt dein Auge
die Welt der Menschen, Göttin. Hohe Frau,
du schaust uns an, als wüsstest du genau,
was jeder, der dir naht, in Wahrheit tauge.

Du bist Metall aus einer reinern Esse
als alles, was dir huldigt und dich hegt,
und nichts als dies: Für immer unbewegt,
auf dass Bewegliches dich nie vergesse.

Wer bin ich, du unendliches Gesicht,
vor dir als das Fragment nur eines Ganzen?
Und wüsste ich um deine Gnade nicht,

ich müsste schauern vor dem ernsten Munde,
auf dem vielleicht zu unbelauschter Stunde
der Menschen Träume wie ein Lächeln tanzen.


25 - ALLEE IM PARK VOYER D'ARGENSON IN ASNIÉRES (Vincent van Gogh, 1887) ---> zum Bild (http://www.paintinghere.com/painting/Avenue_in_the_Voyer_d%27Argenson_Park_at_Asnieres_ 9666.html)

Der Mann, der selten lachte, ging spazieren
in einem Park, da viele Wege sind
und wirr sich teilen, Mann und Frau und Kind
ins Weite und in manche Nähe führen.

Er ging und dachte vielerlei Gedanken,
nahm kaum die anderen Gestalten wahr.
Nur eine schien ihm später seltsam klar,
als schon die Blüten und die Himmel sanken.

Er blickte lange auf den Weg zurück.
Da war es wiederum, das leise Ahnen
von ewig ungenutzten und vertanen

Gelegenheiten auf ein Stückchen Glück.
Und endlich wandte er, ein wenig kleiner,
sich traurig ab - und wurde irgendeiner.


26 - DOVEDALE IM MONDLICHT (Joseph Wright of Derby, 1785) https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4d/Joseph_Wright_of_Derby_-_Dovedale_by_Moonlight_-_Google_Art_Project.jpg

Wie fallen diese Schatten seltsam vage
vom Dämmern hinter hohen Bäumen her,
sie liegen auf den Gräsern, müd und schwer,
fast wie ein unerlöster Rest vom Tage.

Der Pfade Kiesel fallen nun ins Dunkel
und warten einsam auf das nächste Licht.
Der Trost der Nacht erreicht ihr Wesen nicht,
und nur den Teich erfüllt sein Sterngefunkel.

Die Stille streift die Wiesen und die Bäume
so anders als der trubelhelle Tag.
Sie weitet und eröffnet alle Räume,

die bunter Menschen Gegenwart geschlossen,
und was den Blicken tags verborgen lag,
liegt nun in eines Mondes Licht gegossen.


27 - DER ALTE MANN UND DIE JUNGEN BÄUME (Carl Larsson, 1883) ---> zum Bild (http://www.paintinghere.com/painting/The_Old_Man_and_the_New_Trees_21605.html)

Da ging er hin und hatte tausend Pläne,
und wusste doch: Nicht einer würde wahr.
Er lief am Teich die Runde Jahr um Jahr,
entglitt der Welt und fütterte die Schwäne.

Da ging er hin und wusste tausend Dinge,
doch niemand lauschte seiner Murmelei.
Er lief die Runde wie ein stummer Schrei
des sterbenden Gehenkten in der Schlinge.

So ging er hin und ging der Zeit verloren,
fast wie das Ticken einer alten Uhr,
sich noch verschwendend an ertaubte Ohren,

doch leiser wird, wenn die Gewichte sinken.
So gehn wir hin, gehn das Vergessen trinken,
sind wir im Sein doch Augenblicke nur.


28 - DIE OLIVENBÄUME (Vincent van Gogh, 1889) ---> zum Bild (http://www.paintinghere.com/painting/The_Olive_Trees_4721.html)

Das Land erscheint zu grüner Qual geronnen,
und die Oliven krallen sich ins Blau
entfernter Hügel, vage, ungenau,
wie unbeendet, was ein Kind begonnen.

Und doch herrscht Sommer voller Licht und Helle,
wirkt alles luftig, leicht und unbeschwert.
Die weiße Wolke, die den Himmel quert,
gleicht Brandungsschaum auf einer Lebenswelle.

Wie litt dein Blick an solcher Farbenfülle,
wie ging dein Sein an dieser Lust zugrund!
An soviel Schönem schautest du dich wund

und fingst es ein in diesem Bilderglühen,
aus dem ein unbeugsamer, starker Wille
nur immer eins zu wollen scheint: Sich mühen.


29 - STILLER TEICH (Albert Bierstadt, spätes 19. Jhdt) ---> zum Bild (http://www.paintinghere.com/painting/Quiet_Pond_7352.html)

Wie wird mir Freude an der Lust zu schauen,
wo Wiesen sind vor einem stillen Wald.
Ich halte inne, stehe stumm, und bald
steigt Friede aus den Matten, ein Erbauen

aus meinem Glück bis in der Bäume Kronen,
der Blätter tausend Grüne, außen lichter
und immer dunkler dort, wo innen dichter
sie wispernd ihren Schattenraum bewohnen,

wo sie, gestreichelt von der leichten Brise
nach Sommer weisen und nach reifer Fülle,
und meine Seele wächst aus ihrer Hülle

hinaus ans Wesentliche solcher Orte,
und schwebt enthoben aller Zeit und Worte
wie träumend weiter über Wald und Wiese.


30 - WEIZENFELD MIT ZYPRESSEN (Vincent van Gogh, 1889) ---> zum Bild (http://www.vggallery.com/painting/p_0717.htm)

Du ahntest sie, die große Kathedrale,
die dich so überfließend im Gebet
erkannte, und so fand sie auf's Tapet
der Leinwand viele wundervolle Male.

Wie Türme jener Kirche die Zypressen,
und Weizen wächst wie Bänke zum Altar.
Hoch ins Gewölbe steigend wunderbar
das Fresko ihres Himmels, dran zu messen

dein Auge sich an dieser Fülle schulte,
und wo dein Wesen sich in Qualen suhlte,
erhob dein Schauen dich an eine Quelle,

die keine Schmerzen wusste oder Leiden.
Du kanntest beides und gehörtest beiden,
doch maltest Schöneres an deren Stelle.


31 - SEINEARM BEI GIVERNY (Claude Monet, 1897) ---> zum Bild (http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Claude_Monet_-_Branch_of_the_Seine_near_Giverny.JPG&filetimestamp=20060913183207)

In Fernen wie nach Grün und Blau verschwimmend
liegt hoher Auwald in des Tages Dunst.
Gleich wahr wie spiegelnd zeigt sich deine Kunst,
im vagen Unbestimmten sich bestimmend,

als wäre eins dem anderen verwandter
denn was wir ungespiegelt täglich schauen.
Kann, wer dies sah, dem Auge je noch trauen?
Wir starren jeden Augenblick gebannter,

als suchten wir nach der erlernten Grenze
von Wahrheit oder Schein: Dem Spiegelrand.
Sind eins der Blätter und der Wellen Tänze

in diesem Rätsel? Wer die Lösung fand,
sucht darin nicht nach Wasser oder Land.
Er sieht in allem seine Welt zur Gänze.


32 - DER WALDTEICH (Thomas Moran, 1909) ---> zum Bild (http://www.museumsyndicate.com/item.php?item=19163)

Im zauberischen Bann von Licht und Leben,
im Takt mit Schattenflecken und Geäst
entsteht, was meine Seele tanzen lässt:
Ein Bild, danach die müden Sinne streben

gleichwie Verdurstende zur kühlen Quelle.
Und mag der Ort auch nur erfunden sein,
er steht für alles, was mir licht und rein
und so erhaben scheint wie diese Stelle.

Wär ich doch Moos an jenen runden Steinen,
ich schmiegte tief in diese Harmonie
mich ein, mein Sein mit ihrem Duft zu einen,

zutiefst zu wurzeln mit den alten Bäumen,
und um das dunkle Wasser, so wie sie,
von nichts als diesem Augenblick zu träumen.


33 - YERRES, PFAD DURCH DEN WALD IM PARK (Gustave Caillebotte, 1878) ---> zum Bild (http://www.museumsyndicate.com/item.php?item=15360)

Der Sommer flackert lodernd durch die Bäume
und wirft die Blätter in die grüne Glut,
die flimmernd wie der warmen Erde Blut
den Wald erfüllt bis in die tiefsten Räume.

Die Stämme werfen wegwärts lange Schatten,
und wie bemaltes Licht erscheint die Wiese,
doch soviel aus sich leuchtender als diese
sind noch die Kronen, die die übersatten,

hellichten Nachmittage widerspiegeln,
aus denen Glanz in diese Stelle rinnt
und im Betrachter jenes Buch entsiegeln,

in das ein Herz sein innigstes Erleben
wie ein Geheimnis schreibt, und es beginnt
ein wenig mehr noch in dem Bild zu leben.


34 - PLACE DE LA CONCORDE (Edgar Degas, 1875) ---> zum Bild (http://www.museumsyndicate.com/item.php?item=1581)

Momentaufnahme alternden Jahrhunderts,
zeigt sich die Malerei, und sie verstört
mit Mienen: Voneinander abgekehrt,
versonnen bis beliebig und, wen wundert's,

die ganze Flut der Leere still ertragend,
die dieser weite Hintergrund erfasst.
Die Stadt ringsum fällt ihnen nicht zur Last,
wie sie, so seltsam nichts und alles sagend,

sich nicht begegnen, nur im Rahmen bleiben,
weil sie ein blinder Augenblick verband;
und einzig nur der dunkle Mann am Rand

scheint den Moment betrachtend zu erleben,
und alle Zeit scheint nur an ihm zu kleben,
um ihn zu einem Farbfleck zu zerreiben.


35 - SONNENAUFGANG (George Inness, 1887) ---> zum Bild (http://www.museumsyndicate.com/item.php?item=9325)

Und wieder wächst dir Sonne in den Morgen,
erneut wird dir so unerbittlich Tag,
doch was auch immer darin leben mag,
hat keinen Hang nach deinen alten Sorgen.

Entrückt gehst du die wohlbekannte Runde,
und gehst sie ach so lange schon allein,
und länger noch wirst du alleine sein,
gebeugt verblutend an der alten Wunde.

Die Himmel brennen und die Wolken steigen
weit über deinem Welken in die Welt,
die lichterloh, was sie ins Leben hält,

umarmt zu eines neuen Tages Reigen,
und nur dein Schattensein ist abgewendet
von alledem, bis es im Schatten endet.


36 - DER ABSINTHTRINKER (Edouard Manet, 1859) ---> zum Bild (http://www.museumsyndicate.com/item.php?item=3832)

Verwaschen scheint sein leeres Angesicht,
in dem die Wirrnis seiner Welt sich spiegelt.
Ein letztes Glas, das seinen Schatten siegelt,
noch voller unverzehrtem, grünem Licht.

Die schwere Decke scheint ihn zu verhindern,
als schlösse sie sein stumpfes Leben ein,
und nur darunter weiß er noch zu sein,
und nur das Gift kann diese Schwere lindern.

Fast zärtlich wagt er einen Schritt zu setzen,
wie sich erhebend aus dem Zwang der Nacht,
und scheu, als könne ihn das Licht verletzen,

scheint er in einen Augenblick erwacht,
um den sich fremde Bilder fahrig hetzen
zu einem Wirbeln, das ihn taumeln macht.


37 - AUF DEM WEG ZUR SCHULE (Jules Bastien-Lepage, 1882) ---> zum Bild (http://www.museumsyndicate.com/item.php?item=25728)

Wie kennst du diesen Blick der zarten Blume,
die gänzlich aus Zerbrechlichkeit besteht.
Ein armes Mädchen, das zur Schule geht,
noch nicht gebeugt in eines Ackers Krume.

Dies Land ist hart wie seine rauen Hüter,
die Blume blüht nur kurz in ihrem Gang,
doch was für diesen Augenblick gelang,
berührt den tiefsten Spiegel der Gemüter.

Und ging dir dieses Schauen nicht zu Herzen,
verwirf dich, denn du kennst das Leben nicht.
In manchen Seelen brennen keine Kerzen

für eine Andacht vor dem Wahren, Reinen.
In diesen Augen aber glimmt ein Licht,
das zärtlich leuchten will und ewig scheinen.


38 - JULINACHMITTAG (Guy Rose, 1897) ---> zum Bild (http://www.museumsyndicate.com/item.php?item=20663)

Es gellt die Sonne vor dem Hag der Schatten
wie eines Sommertages heißer Schrei,
der als erschöpftes Echo strandet bei
des Hügels Waldung hinter hellen Matten.

Der hohen Bäume immersachte Kühlung
erfrischt die Augen wie die Frohnatur
bei einem Blick in jene weite Flur,
und das Gemüt hält mit der Ferne Fühlung.

Wohin von dieser Lichte? Solches Wissen
ist nicht für Gäste eines Augenblicks,
den darin Lebende wohl kaum vermissen.

Ein Bild im Grünen, wie so viele weiter,
und doch Momentaufnahme eines Glücks,
das Seelen leichter macht und Sinne heiter.


39 - KONIFERENWALD, SONNIGER TAG (Ivan Shishkin, 1895) ---> zum Bild (http://www.museumsyndicate.com/item.php?item=36345)

Dies Bild beatmet meine wunde Seele,
darin ich Heimat und Zuhause weiß.
Aus seiner Schattenkühle weht mich leis
ein Trösten an, das ich mir zubefehle

und dankbar berge wie das grüne Glühen
der hellen Lichte, die dort hinten winkt,
wo sie der Tag vergoldet und durchdringt
beinah wie ein beseeltes Sichbemühen.

Nur dir, du tiefer Wald, sei anbefohlen,
was meinesgleichen Lärm und Drang gestohlen,
in dir allein wird Ruhe mir und Kraft.

Aus dir heraus kann ich in Urvertrauen
der Menschen Treiben und Begehren schauen
und steig und falle mit der Bäume Saft.


40 - BEI QUIMPERLE (Fritz Thaulow, 1901) ---> zum Bild (http://www.museumsyndicate.com/item.php?item=36227)

Wie kann ein Herbst zu Farbigkeit gerinnen,
da sich auf eines Baches lichtem Spiegeln
die Schatten seiner Uferbäume siegeln
wie Sterbende, die sich von vorn beginnen,

wenn sie nach Eis und Kälte neu erwachen.
Noch wärmt der milde Tag, bewegt ein Fließen
die bunten Bilder, die sich langsam schließen
und den Betrachter seltsam traurig machen,

ahnt er doch schon im unentwegten Rauschen
des Eises Stille und will weiter lauschen,
solang die Wasser gehen mit der Zeit.

Er weiß, er kann den Gang der Welt nicht wenden.
Das Jahr vergeht, ein altes Sein muss enden -
dem Wandel bleibt Lebendiges geweiht.


41 - DER BADEZUBER (Edgar Degas, 1886) ---> zum Bild (http://www.museumsyndicate.com/item.php?item=34666)

Sie steht gebeugt in ihrer blauen Schale,
wie eine Venus, eben schaumgeboren,
des Lebens müde schon und ganz verloren
sich dunkel sehnend nach dem Wellentale.

Ein Mädchen nur, das eben nach dem Bade
die Wanne säubert, wie es sich gehört,
grazil, verwundbar scheint sie und betört
die Welt, so ahnungslos und doch: Najade.

Nur wenn sie aufschaut, wird der Zauber brechen,
verliert der Augenblick sich in der Zeit,
löst sich - von je unhaltbar - das Versprechen,

das ihre Unschuld dem Betrachter weiht.
So hält er still, erforscht die Oberflächen,
die solche Pose ihrem Raum verleiht.


42 - MONTAGNE SAINTE VICTOIRE, VON BELLEVUE AUS GESEHEN (Paul Cèzanne, 1882-85) ---> zum Bild (http://www.museumsyndicate.com/item.php?item=3334)

Auf einen Blick erschließt sich eine Weite,
eröffnet dem Beschauer sich im Tale
der Menschen Welterschaffen in der Schale
der weiten Landschaft. Ihre ganze Breite

bewohnen Höfe, Viadukt und Felder
in einem Lichte, das den Süden kennt
und Silhouetten in den Himmel brennt
des fernen Berges und der Hügelwälder.

In solcher Tiefe will ich gern ertrinken,
vom nahen Grün bis hin zum Blau der Ferne,
und satt von soviel Farbigkeit versinken,

die mich so wach und schläfern macht zugleich.
An solchen Orten, denk ich, stürb ich gerne,
denn nirgends anders ist mein Herz so reich.


43 - EINE NACKTE (Edward Munch, 1913) ---> zum Bild (http://www.paintinghere.com/painting/Nude__11510.html)

Zerstoben ist ihr alle Wesensruh -
und wider alles, was sich weiter böte,
bläst sie des Irrsinns unentwegte Flöte,
als spielte sie ihr Leiden immerzu.

Zuletzt bleibt nur des wunden Wahnsinns Waffe
in ihrer welken Hand - die Scherbenklinge
des Spiegelbilds, das alle heilen Dinge
erdolcht. Oh Wunde, öffne dich und klaffe!

Verblute, Innerstes, in diese Leere,
die solch ein Seinzerfleischen hinterlässt.
Was übrigbleibt, entseelt und schweißdurchnässt,

ergibt sich willenlos der eignen Schwere.
Man kleidet ihre Hülle, kämmt die Haare,
und lässt sie sickern in den Lauf der Jahre.


44 - DIE GEBURT DER VENUS (Sandro Botticelli, 1486) ---> zum Bild (http://www.paintinghere.com/painting/The_Birth_of_Venus_871.html)

So unberührt entsteigt, weiß wie Damast,
sie ihrem Ozean, so sehr Erscheinung,
dass man beschämt verwirft, was sich an Meinung
dran sammelte und doch ihr Bild nicht fasst.

Und stünde sie allein in ihrem Rahmen,
es machte merklich keinen Unterschied,
da alle Welt doch nur die Mitte sieht
und ihr Versprechen an die Zeit: Den Samen,

der Ewigkeit dem Endlichen verheißt,
drin wir versinken mit dem Gang der Jahre,
und nur in diesem goldnen Schwung der Haare

lebt jene Sehnsucht, die uns tief berührt.
So bleibt der Zauber, den man um sie spürt,
die eine Gunst, die uns der Tod erweist.


45 - DAS MÄDCHEN MIT DEM PERLENOHRRING (Jan Vermeer, ca. 1665) ---> zum Bild (http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Johannes_Vermeer_%281632-1675%29_-_The_Girl_With_The_Pearl_Earring_%281665%29.jpg&filetimestamp=20050219122903)

Sag wer, so fragst du dich an Malers Stelle,
ist dieses Mädchen, das wie scheue fragend
und doch mit großen Augen so viel sagend
sich wendet nach des stillen Blickes Quelle,

der sie berührte wie ein Atemhauchen
von einem Seufzer, den die Seele tat,
die endlich alles, was sie je erbat
durch sie erfuhr, um darin einzutauchen:

In diese Augen, die dein Träumen stillen,
in dieser Lippen Glanz und zartes Rot!
Und wüsste sie um deine liebe Not,

sie gäbe deinem aufgescheuchten Willen
die eine Nahrung, die sein Glühen nährt:
Die eine Lust, die uns die Nacht gewährt.


46 - WALDPFAD MIT FARNEN (Isaak Levitan, 1895) ---> zum Bild (http://www.museumsyndicate.com/item.php?item=3641)

Und wär nur eins der abertausend Grüne
in diesem Walde mein, nur mein allein -
ich malte wieder diesem Bild es ein,
darin es fehlte dieser großen Bühne

der schönsten Augenblicke meines Seins.
Wie war ich dort zu Hause alle Tage,
fernab der Menschen Ungemach und Plage,
und war wie alle Grüne - und doch keins.

Zutiefst erlebtes, tröstliches Verträumen
geborgter Zeit in diesem kühlen Raum
des Dämmerschattenspiels von hohen Bäumen.

Wie geh ich auf in dieser Offenbarung:
Ist es noch Wirklichkeit, ist es schon Traum?
Verlass mich nie, oh köstliche Erfahrung!


47 - AM STRAND (Winslow Homer, 1875) ---> zum Bild (http://www.easyart.de/poster/Winslow-Homer/On-The-Beach%2C-1875-6524.html)

Noch einmal Knabe sein und nichts zu wissen,
als tagzuträumen vor dem Horizonte,
der endlos schien und alles werden konnte,
so wie man selber auch. Ach, wie vermissen

wir jene ungebundnen, freien Stunden
mit guten Freunden in des Sommers Licht.
Was haben wir an großer Zukunft nicht
uns damals vorgestellt, verloren und gefunden.

Noch einmal Kind sein und die Zeit vergessen,
die uns veränderte und so bezwang.
Wem solch ein lichter Augenblick gelang,

vermag allein die Wehmut zu ermessen,
die manchem vor dem Bilde widerklang,
in dem drei Knaben auf dem Stein gesessen.


48 - LE MOULIN DE LA GALETTE (Pierre Auguste Renoir, 1876) ---> zum Bild (http://www.easyart.de/leinwanddrucke/Pierre-Auguste-Renoir/Le-Moulin-de-la-Galette-1876-412217.html)

Ein Tanzen, Plaudern, frohes Zeitversäumen
verlebt sich flirrend auf den weißen Kieseln,
die gleich den Menschen in der Sonne Rieseln
durch dichtes Blätterwerk an ranken Bäumen

wie lichtgefleckt erscheinen. Eine Menge,
die sich bewegt, sich findet und verliert
und tauschend um die Tische hindrapiert
gleich Inseln im sich wogenden Gedränge.

Da prunkt ein Farbenspiel und ein Beschwören
von junger Eitelkeit und altem Drange,
ein Spiel, das ewig reizt in seinem Gange

weil es "das Leben" heißt, und sein Betören
erweckt die Welt, in die wir ganz gehören
und ewig lauschen seinem hellen Sange.


49 - SEEROSENTEICH UND BRÜCKE (Claude Monet, 1899) ---> zum Bild (http://www.easyart.de/scripts/zoom/zoom.pl?pid=pid=163641)

Es reicht der weißen Brücke schlanker Bogen
von Grün zu Grün, das wirkt wie ungezügelt,
und gleich der Brücke sich im Teiche spiegelt,
wo er sich nicht mit noch mehr Grün bezogen.

Sag, was verbindest du, so luftig schwebend?
Das Oben mit dem Unten, fern und nah?
Die Welt mit dem, was dein Erbauer sah?
Vielleicht auch nichts, dich allen Sinns enthebend?

Ein Werk aus Menschenhand, das einzig nur
im Parke sich dazu bekennt, da alles
sonst nur erscheinen will wie ehrliche Natur.

So bist du wirklicher im Fall des Falles,
und ziehst im Bilde eine zarte Spur
von Wahrheit durch die Welt des Widerhalles.


50 - IM WALD (William Trost Richards, Ende 19. Jhdt) ---> zum Bild (http://www.easyart.de/leinwanddrucke/William-Trost-Richards/In-The-Woods-216604.html)

Du Brunnenloch, das wir im Walde hatten,
aus moosbewachsenem und feuchtem Stein.
Wie fand ich fasziniert mich forschend ein
als Knabe an den Rändern deiner Schatten.

Dein Kühlesein umfing mein junges Träumen
von Geistern aus den Märchen meiner Zeit,
die ich in dunkelnder Verschwiegenheit
vermutete und an den hellen Säumen

der ungetrübten Tiefe, im Geheimnis,
das magisch deinen Wassergrund umwob.
Seitdem bereute ich so manch Versäumnis

und mancher Jahre Lasten, die ich hob.
So wie ein anderer dich zugeschüttet,
so haben sie mir jeden Traum zerrüttet.



Diesen Zyklus gibt es als Buch: Schwarzes Hardcover, gebunden, Stoff mit Goldlettern, dreiseitiger Goldschnitt, mit den dazugehörigen Bildern in Farbdruck. Euro 15.- plus 10 Euro Versandkostenpauschale. Zu bestellen hier im Forum per PN.

Die Reihe wird fortgesetzt im Faden "LAUTERE LYRIK": http://gedichte-eiland.de/showthread.php?t=14373

wolo von thurland
03.09.2011, 09:57
@ mona lisa

hallo erich kykal

ich liebe neben freien versen auch die gereimten, metrischen.
und diese hier sind sehr gekonnt gemacht.
mich dünken sie aber nicht ganz fertig. ich frage mich nämlich, ob man die eine oder andere etwas "fette" stelle nicht entschlacken könnte.

hüllst dein lächeln wie in seide
finde ich sehr schön
aber deine version trägt noch einen strich schminke auf mit dem „haut“. und ich vermute, dass es ist, um den sonettvers zu füllen.

ein fordern konturieren
ist schon seltsam
das fordern der augen klingt da wieder fast banal
aber dann kriegt auch das noch einen dicken lidstrich mit
deiner augentiefe fordern

das sind zwei beispiele, die meiner völlig unmassgeblichen meinung nach deinen schönen versen etwas den glanz nehmen und die man vielleicht ein bisschen schlanker schreiben könnte.

gruss von wolo

Erich Kykal
03.09.2011, 10:36
Hi, wolo!

Vielen Dank für deine Gedanken. Du hast recht - oft ist ein Stück Dekor der nötigen Zeilenlänge geschuldet, aber oft liegt es auch an meinem persönlichen Schreibstil, der gern in ausufernder "Schminke" schwelgt - Rilke hatte ein ähnliches Problem.
Nicht dass ich es wagte, mich ihm gleichzustellen, aber das Problem ist mir bewußt. Mich persönlich stört das nicht, mir gefällt es, indes, mir ist klar, dass bei Dichtern, die in Richtung "Wesenskern des Wesentlichen" schreiben, solch Dekor auf wenig Verständnis und Gegenliebe stößt.
Nun, dies ist eben dichterische Freiheit. Ich "plane" meine Werke ja nicht - sie entschlüpfen mir sozusagen wie in Trance. Herumgebessert wird hinterher nur an wenigen Stellen, wo Zeilenlänge oder Sprachklang oder Aussage nicht passend scheinen.

Hast du nur das erste Gedicht gelesen? Es ist sicher nicht das Beste aus diesem Zyklus.

LG, eKy

Stimme der Zeit
03.09.2011, 15:11
Hallo, Erich,

ich denke, du weißt mittlerweile, wie ich "normalerweise" kommentiere. ;) Ein Gedicht fordert mich immer dazu auf, mich ganz "hinein zu begeben"; in den Inhalt, die Form und die Struktur. Was dazu führt, dass ich sehr ausführliche Kommentare schreibe (auch auf die Gefahr hin, damit gelegentlich "anzuecken"). :D

Das bin einfach ich - eine "Ganz oder gar nicht"-Kommentatorin. Deshalb, das gebe ich offen zu, "schreckte" ich vor zunächst 6 und dann sogar 12 Gedichten zurück. Das kann ich nicht bewältigen, ich bräuchte bei 2-3 Kommentaren, die ich pro Tag schaffe, fast eine Woche dafür. :o

Wie du siehst, möchte ich dir natürlich weder meinen Respekt noch meine Anerkennung versagen, denn dein Sonettzyklus ist zweifellos eine Leistung, für die ich dir gerne ein Kompliment ausspreche. :)

Ebenso für die Idee, Gemälde zu "bedichten", und somit die eine Kunstform für die andere "sprechen" zu lassen. Hut ab!

Es gelingt dir, die "Atmosphäre" der Bilder zu vermitteln, was sicher nicht einfach war, aber du konntest ja Gefühle schon immer gut "übertragen".

Deshalb nur noch, eher am Rande - Mach es perfekt;), hier:

Nr. 3, DER BRAND DES PARLAMENTSGEBÄUDES (J.M.W. Turner, 1835)

wo sie dein Flammenleuchten fast bis ins Abstrakte

Ein "Vertippserle". :)

Nr. 4, LANDSCHAFT BEI MENTON (Auguste Renoir, 1883)

wie leicht bewegt, bewegend und grazil

Ich weiß, wie du es meinst, es ist kein Fehler und mich stört die "Verdoppelung" auch nicht. Ich finde nur, dass "bewegend" irgendwie emotional zu gewichtig ist in Verbindung mit dem filigranen Wort "grazil". Aber das ist nur eine Anmerkung, keine Kritik. :)

Nr. 8, STERNENNACHT (Vincent van Gogh, 1889)

des mondenmächtigen, tiefblauen Weltenalls

Hier hast du den einzigen "Lapsus", denn "tiefblauen" kann nicht xXx betont werden. Das -en am Ende kann im Sinne des Metrums angehoben werden, aber "tief" nicht unbetont sein (das hast du bei "mondenmächtigen" auch ganz korrekt und gekonnt gemacht:)), das geht nicht. Xxx oder, dem Metrum angepasst, auch XxX, beides ist möglich.

Nun ja, das war es auch schon, und versteh das bitte nicht falsch - eine reife Leistung, die dann "perfekt" wäre.

Da ich seit meiner Kindheit fürchterlich in Pferde vernarrt bin (und in die Freiheit, die sie verkörpern), muss das hier natürlich mein "Favorit" sein:

Nr. 11, ROTE PFERDE (Franz Marc, 1911)

Seid Anmut, Kraft und schiere Lebensfreude,
die euren Leibern so viel Regheit schenkt,
entronnen einem dunklem Stallgebäude,
das euch die Häupter wie die Herzen senkt.

Verliert euch in verspielten Kapriolen,
solang das jähe Rufen euch nicht findet,
das jene tun, die euch des Abends holen
nach Hut und Hege, die euch an sie bindet.

Seid beinah frei, seid ganz, seid rote Pferde
für die Momente, die euch keiner rief,
seid selten Glück und Seligkeit der Erde

all jenen, die euch gerne sehn und schauen,
da ihr erweckt, was lang in ihnen schlief,
weil es gefroren war - nun mag es tauen!


Sehr gerne und mit echter Anerkennung gelesen!

Liebe Grüße :)

Stimme http://www.smilies.4-user.de/include/Teufel/smilie_devil_006.gif

Erich Kykal
03.09.2011, 15:44
Hi, Stimme!

Danke für deine lobenden Worte und den Tippfehler - hab ich übersehen!

Allerdings: Ich hab kein Problem mit "tiefblauen" - ich kann es sehr wohl auf 'blau' betonen. Ich werde aber noch mal drübergrübeln, versprochen!

(Dieser Zyklus war wie ein Rausch. Die ersten 6 entstanden innerhalb von 5 Stunden am Stück, die weiteren 6 ebenso in 4 Stunden, ein paar Tage später.)

LG, eKy

Dana
03.09.2011, 22:09
Lieber eKy,

Gratulation und Hut ab vor deinem Lieblingsbilder(Zyklus).:)

Unser Forum hat über deine Beschreibungen dazu gewonnen, denn du lädst den Leser zugleich ein, jene Bilder (beeinflusst;)) zu betrachten, was Dank der Technik gleichzeitig möglich ist.

Ein schöne Stunde der bildenden Kunst.;)

Mona Lisa hast du mir schön geschrieben. (Andere trinken sich ihre Frauen schön:D)
Ich habe bis heute nie wirklich verstanden, warum so gleichstimmig alle von Schönheit sprachen.
Du hast dazu beigetragen, dass ich sie ab heute anders betrachten werde. Sie ist schön und ungeschminkt oder besser, weil ungeschminkt.
Die Hände, als gürtelten sie die Wohlgestalt haben mir vom lyr. Ausdruck besonders gefallen.

Das Dorfmädchen mit Hund ist als Bild anrührend und zauberhaft. Deine Beschreibung, dein Sonett verstärkt den Zauber und haucht ihm Gefühle ein, die man beim Betrachten vielleicht hat, aber niemals so ausdrücken würde.

Aber auch ein Gegenteil:

FISCHERBOOTE AM STRAND VON SAINTES-MARIES-DE-LA-MER (Vincent van Gogh, 1888)

Das Bild habe ich eigentlich nie wirklich wahrgenommen.
(In der Schule haben wir wirklich prächtige Bildbände, die ich immer wieder durchblättert habe.)
Die Fischerboote am Strand von Saintes-Maries haben für mich nun einen neuen Stellenwert in der Betrachtung.


DER TIGER (Franz Marc, 1912)

Faszinierend der Blick, den auch dein Sonett faszinierend wiedergibt.

Nochmals:

Sehr, sehr schön und vielen Dank für einen kulturellen Samstagabend, direkt nach dem Essen.:)

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal
04.09.2011, 12:01
@ Stimme!

Habe noch mal drübergegrübelt von wegen "tiefblauen".
Also, wenn ich die Strophe lese, kann ich ganz normal das "tief" betonen, weil die Stimme hinten bei "mondenmächtigen", beim "tigen" schon runtergeht. Da betone ich das "mäch". Wo also siehst du einen Lapsus?

des MONdenMÄCHtigen, TIEFblauen WELtenALLs
hinUNter IN das SCHATTenspIEL der DOME?

LG, eKy


@ Dana!

Vielen Dank für dein Lob! Tja, Kunst ist eben subjektiv! Der eine ist ganz hingerissen von einem Bild, das einem anderen erstmal gar nicht auffällt und umgekehrt
Aber es freut mich, dass ich hier sozusagen nur mit ein paar Worten deinen Blickwinkel etwas verschieben konnte!

LG, eKy

Stimme der Zeit
04.09.2011, 14:19
Hallo, Erich,

Habe noch mal drübergegrübelt von wegen "tiefblauen".
Also, wenn ich die Strophe lese, kann ich ganz normal das "tief" betonen, weil die Stimme hinten bei "mondenmächtigen", beim "tigen" schon runtergeht. Da betone ich das "mäch". Wo also siehst du einen Lapsus?

des MONdenMÄCHtigen, TIEFblauen WELtenALLs
hinUNter IN das SCHATTenspIEL der DOME?


Ich versuche, es zu veranschaulichen. Das zugrundeliegende Metrum ist ein fünfhebiger Jambus (im Sonett Endecasillabo), in diesem Fall im Kreuzreim; hier alternierend mit männlichen (stumpfen) / weiblichen (klingenden) Kadenzen.

hinunter in das Schattenreich der Dome? - völlig in Ordnung.


Zur Verdeutlichung:

des mondenmächtigen, tiefblauen Weltenalls - xXxXxxXxxXxX - das wären demnach zwei daktylische Versfüße, die nicht zum fünfhebigen Jambus passen.

(Das liegt an den "Nachsilben" (Suffixe), hier -gen und -en. Sie sind regulär unbetont.)


Zur ergänzenden Veranschaulichung:

"mondenmächtigen" besteht aus zwei Worten, "monden" und "mächtigen" - Xx und Xxx.

tiefblauen desgleichen: "tief" und "blauen" - X und Xx. Zusammen wäre das: XXx, was, wie weiter unten ausgeführt, im Deutschen nicht möglich ist. Daher muss es Xxx sein.

Weltenalls dagegen aus "Welten" und "All(s)". "alls" ist keine Nachsilbe, im Gegenteil zu -gen und -en.

Wie du siehst, liegt das Problem an den Suffixen. Stellvertretend wähle ich "tiefblau". Es wird so betont: Xx, da es, wie oben erwähnt, im Deutschen keine Spondäen (umgangssprachlich auch "Hebungsprall" genannt) gibt. Deshalb kann in den künstlichen Versfüßen eines Metrums "tiefblau" also nicht XX betont werden. Im Deutschen werden zweisilbige Worte generell auf der ersten Silbe, die als "Stammsilbe" betrachtet wird, betont: Xx. Vorsilben (Präfixe), wie beispielsweise "er-", "ver-" oder "be-" (z. B. "bedanken" - xXx) sind etwas ganz anderes, denn die Stammsilbe "dank" liegt zwischen einem Präfix und einem Suffix, daher wird hier auf jeden Fall "dank" betont.

Hinzu kommt, dass, selbst wenn das alles nicht der Fall wäre - hier nur zur Erläuterung von "Einzelfällen", die ebenfalls vorkommen können - das sogenannte "Silbengewicht" ins Spiel käme. Das beträfe in diesem Fall "tief" vs. "blau". Beide haben vier Buchstaben, sind in diesem Sinne also "gleichgewichtig". "tief" besitzt zwei "harte" Konsonanten: t und f, sowie einen hellen Doppelvokal (Diphthong): ie. "blau" besitzt nur einen "weichen" Konsonanten: b und einen neutral/dumpfen Doppelvokal: au. Ergo: "tief" ist "schwerer" bzw. "gewichtiger" als blau. "tief" muss also betont werden, egal, unter welchem Aspekt man es betrachtet.

Genau dasselbe gilt für "mondenmächtigen" - XxXxx. - gen als Suffix ist unbetont, es sei denn, es würde nach geltenden Betonungsregeln, in der es keine drei aufeinanderfolgenden unbetonten Silben geben darf, "künstlich angehoben", was z. B. der Fall wäre, wenn "tiefblauen" xXx betont würde (was falsch ist); dann ergäbe sich: mondenmächtigen, tiefblauen = XxXxxxXx. Ergo: Eine "automatische Betonung" der Nachsilbe -gen. Das aber nur als Beispiel, denn auf "blau" zu betonen wäre völlig falsch!

Ich hoffe, ich konnte dir weiterhelfen.

Liebe Grüße :)

Stimme http://www.smilies.4-user.de/include/Teufel/smilie_devil_006.gif

ginTon
04.09.2011, 15:45
hallo erich,

ich habe mir jetzt einmal die mühe gemacht und die links zu den bildern deiner werke zusammengesucht, theoretisch müsstest du jetzt nur einen mod bitten diese doch in deine überschriften zu integrieren..wie gesagt besser fände ich es auch die texte einzeln zu posten damit jedes werk seine entsprechende beachtung findet, allemal wert sind es die werke ja...

MONA LISA (Leonardo da Vinci, 1503) (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/e/ec/Mona_Lisa%2C_by_Leonardo_da_Vinci%2C_from_C2RMF_re touched.jpg/402px-Mona_Lisa%2C_by_Leonardo_da_Vinci%2C_from_C2RMF_re touched.jpg)

DORFMÄDCHEN MIT HUND UND HENKELKRUG (Thomas Gainsborough, 1785) (http://www.zeno.org/Kunstwerke.images/I/1670009a.jpg?w=500&h=725&vid=1091116306)

DER BRAND DES PARLAMENTSGEBÄUDES (J.M.W. Turner, 1835) (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/4/45/Joseph_Mallord_William_Turner_012.jpg/786px-Joseph_Mallord_William_Turner_012.jpg)

LANDSCHAFT BEI MENTON (Auguste Renoir, 1883) (http://www.zeno.org/Kunstwerke.images/I/77s109a.jpg?w=500&h=405&vid=1706805659)

FISCHERBOOTE AM STRAND VON SAINTES-MARIES-DE-LA-MER (Vincent van Gogh, 1888) (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/8/8c/Vincent_Willem_van_Gogh_042.jpg/755px-Vincent_Willem_van_Gogh_042.jpg)

DER KUSS (Gustav Klimt, 1908) (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/4/4d/Klimt_-_Der_Kuss.jpeg/607px-Klimt_-_Der_Kuss.jpeg)


DER TIGER (Franz Marc, 1912) (http://www.germanposters.de/marc-franz-der-tiger--1912.jpg)

ADELE BLOCH-BAUER I (Gustav Klimt, 1907) (http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Adele_Bloch-Bauer_I_Gustav_Klimt01.jpg&filetimestamp=20060630001746)

ROTE PFERDE (Franz Marc, 1911) (http://www.arsmundi.de/pix/rendered/550x600/694582.r1.jpg)

IRIS (Vincent van Gogh, 1889) (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/6a/VanGogh-Irises_1.jpg/739px-VanGogh-Irises_1.jpg)

STERNENNACHT (Vincent van Gogh, 1889) (http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:VanGogh-starry_night.jpg&filetimestamp=20041204184728)


LIEBESPAAR AUS DEM STOCLETFRIES (Gustav Klimt, 1905-10) (http://www.hanneskeller.ch/typo3/typo3temp/pics/5967f57549.jpg)

LG gin

Erich Kykal
04.09.2011, 18:23
@ Stimme!

Erst mal vielen Dank für die so ausführliche Erklärung.
Ich denke über eine Alternativversion nach.
Allerdings habe ich - sei sie auch noch so falsch - mit der ursprünglichen Variante beim Vortrag kein Problem. Ich finde sogar, dass durch den winzigen Überhang die Wirkung der letzten Strophenzeile zusätzlich unterstrichen wird. Wie siehst du das?


@ginton!

Wow! Wie nett von dir, dass du dir so eine Arbeit gemacht hast! Womit habe ich das verdient!? Ich werde Faldi gleich bitten, das zu machen, wenn er Zeit hat. Vielen Dank!

Ich könnte ja fragen, ob es geht, die einzelnen Gedichte gleich mit Bild darzustellen. Und ob ich sie dann auch einzeln mit Bild dabei nochmal extra posten kann.

Das war jedenfalls riesig nett von dir, mich da so zu unterstützen! Du hast was gut bei mir! Nochmal ein Riesendankeschön vom Computertrottel!

PS: Das Liebespaar aus dem Stocletfries wird meist als "LEBENSBAUM" oder "ERFÜLLUNG" betitelt. Es ist dabei rechts im Bild, ähnlich wie "DER KUSS", nur stehend.


LG, eKy

ginTon
05.09.2011, 17:04
hallo erich,

nix zu danken ;) , ich finde es jetzt so wunderbar und die Bilder finde ich auch
richtig super..deswegen hole ich mal den Text wieder hoch, gehe aber noch
nicht auf einzelne Texte ein, obwohl ich jetzt schon sagen kann, dass mir der
Text zu dem Bild von Klimt sehr gut gefällt, zu dem Liebespaar...

LG gin

Stimme der Zeit
20.09.2011, 17:01
Hallo, eKy,

ich sagte dir bereits, dass ich eine „Schwäche“ für Pferde habe. Daher habe ich mir von deinen Sonetten natürlich dieses hier „herausgepickt“. :)

Seid Anmut, Kraft und schiere Lebensfreude,
die euren Leibern so viel Regheit schenkt,
entronnen einem dunklem Stallgebäude,
das euch die Häupter wie die Herzen senkt.

Anmut, Kraft und schiere Lebensfreude, das entspricht der Symbolik, für die das Pferd steht. Ich assoziiere es auch genau damit. Wer schon einmal ein Pferd über eine Weide galoppieren sah, der weiß, wovon die Rede ist. Für mich symbolisiert es auch etwas, das ich den „Geist der Freiheit“ nennen möchte.

Manche allerdings stehen den ganzen Tag über im Stall, da die Besitzer häufig nur am Wochenende Zeit zum Reiten haben. Kein Wunder, dass diese bewegungsfreudigen Geschöpfe dann unter Verhaltungsstörungen leiden. Vom Krippensetzen bis hin zum Weben. Sie werden zwar versorgt, gepflegt und gefüttert, aber viele Pferde werden als „Statussymbol“ gehalten und daher oft tagelang nicht bewegt.

Verliert euch in verspielten Kapriolen,
solang das jähe Rufen euch nicht findet,
das jene tun, die euch des Abends holen
nach Hut und Hege, die euch an sie bindet.

Als junges Mädchen half ich beim Pferdepflegen auf einer Jugendfarm, auf der auch einige "Pferdesenioren" ihren Lebensabend verbrachten. Geritten wurden eigentlich nur die Ponys. Es genügte schon die Nacht im Stall, um die Pferde und Ponys morgens Bocksprünge machen zu lassen. Einfach aus Freude, wieder „im Freien“ zu sein. Morgens waren sie beim Striegeln und Füttern immer sehr ungeduldig, sie wussten, dass es danach hinaus geht und waren regelrecht „zappelig“.

Und, wie von dir so anschaulich geschildert: Sie abends dann wieder in den Stall zu bekommen, war nicht bei allen von ihnen leicht. Manche konnten wir nur mit „Leckerbissen“ wie einer Karotte, einem Apfel oder einem Stück trocken Brot „überreden“. Sobald es kälter wurde, oder wenn es heftig regnete, war es einfacher, denn Wärme und Futter lockten sie von selbst.

Aber häufig sind es nicht nur „Hut und Hege“, die sie binden. Damals zumindest gab es eine Norwegerstute, Freya, die mit einem Mädchen eine besonders enge Gefühlsbeziehung hatte. Wenn sie da war, folgte ihr Freya wie ein „Hündchen“ und wieherte empört, wenn „ihr“ Mensch wieder ging. Dabei war sie allen anderen Jugendlichen gegenüber ausgesprochen „bockig“ und man musste immer Acht geben, da sie gerne „schnappte“.

Seid beinah frei, seid ganz, seid rote Pferde
für die Momente, die euch keiner rief,
seid selten Glück und Seligkeit der Erde

Heutzutage sind selbst wilde Pferde nicht mehr ganz frei, sondern eben nur "beinahe", vielleicht sind sie deshalb auch nicht mehr „ganz“? Eine Überlegung, die sich bei mir einstellt, wenn ich den ersten Vers lese. Rot ist die Farbe der Liebe, die Farbe des Blutes und somit auch des Lebens.

„Alles Glück dieser Erde liegt auf dem Rücken der Pferde“. Im Original lautet das Sprichwort: "Das Paradies der Erde // liegt auf dem Rücken der Pferde, // in der Gesundheit des Leibes // und am Herzen des Weibes." - Friedrich von Bodenstedt

all jenen, die euch gerne sehn und schauen,
da ihr erweckt, was lang in ihnen schlief,
weil es gefroren war - nun mag es tauen!

Auch wenn es über 20 Jahre her ist, seit ich zum letzten Mal geritten bin, habe ich das Gefühl dabei nicht vergessen. Und ich sehe mir Pferde immer noch sehr, sehr gerne an, besonders, wenn sie sich, ganz ohne Reiter, im Freien aufhalten. Von meinem persönlichen Standpunkt aus sind sie immer noch reine Ästhetik, als ob sich die Natur bei ihnen etwas ganz Besonderes hätte einfallen lassen. Wenn ich einem Pferd beim vollen Galopp zusehe – dann „taut“ wirklich etwas, und mein Herz möchte am liebsten „mitgaloppieren“ ... :)

Du hast die Stimmung des Bildes gut „eingefangen“, obwohl ich damit dem „Freiheitsgeist“ ja beinahe widerspreche. ;)

Also: Zunächst dieses Lob zum Versüßen, denn ganz ohne Anmerkung geht es bei mir selten:

Ein wenig schade finde ich, dass du die bunten, kräftigen Farben (Gelb, Grün, Blau und das Orange / Rot, das sich auch in den Pferden findet - bzw. umgekehrt) des Hintergrundes nicht auch in einen "Vers verpackt" und mit eingebunden hast. Aber ein Sonett bietet eben nur "begrenzten Platz", ich verstehe schon, dass du hier "Prioritäten" setzen musstest.

Seid Anmut, Kraft und schiere Lebensfreude,
die euren Leibern so viel Regheit schenkt,

Seid Anmut (1), Kraft (2) und (schiere) Lebensfreude (3) – für mich ist das eine Hendiatris (Drillingsformel), (3 Begriffe = 1 „Oberbegriff“; in diesem Fall: Anmut/Kraft/Lebensfreude = das „symbolische“ Pferd). In diesem Sinne müsste es doch „Regheit schenken“ heißen, oder? Denn ansonsten würde es bedeuten, dass nur die Lebensfreude „ihren Leibern so viel Regheit schenkt“, Anmut und Kraft gehören also nicht dazu ... (?)

Ich weiß schon, was du dazu sagen wirst. :D Deshalb ist es ja auch weder Kritik noch ein Verbesserungsvorschlag, sondern lediglich eine Anmerkung. :D

Sehr gerne gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße :)

Stimme http://www.smilies.4-user.de/include/Teufel/smilie_devil_006.gif

Erich Kykal
20.09.2011, 21:07
Zitat:
Seid Anmut (1), Kraft (2) und (schiere) Lebensfreude (3) – für mich ist das eine Hendiatris (Drillingsformel), (3 Begriffe = 1 „Oberbegriff“; in diesem Fall: Anmut/Kraft/Lebensfreude = das „symbolische“ Pferd). In diesem Sinne müsste es doch „Regheit schenken“ heißen, oder? Denn ansonsten würde es bedeuten, dass nur die Lebensfreude „ihren Leibern so viel Regheit schenkt“, Anmut und Kraft gehören also nicht dazu ... (?)

So ist es nicht. Es bedeutet nur, dass die Lebensfreude in einem Gliedsatz näher beschrieben wird, die beiden anderen nicht, was diese aber nicht in Bezug auf die Aussage dieses Gliedsatzes ausschließt, nur eben nicht mit einbezieht.

Anmut und Kraft dürfen also trotz dieser Satzkonstruktion mit Regheit in Verbindung gesetzt werden - sonst würde dort auch etwas stehen wie:
"die einzig euren Leibern soviel Regheit schenkt" oder so.


Ich WOHNE ja neben einem größeren Reitgut, dessen Besitzer mein Firmpate war, wuchs mit Pferden auf der Nachbarwiese auf, lernte als 12-Jähriger reiten.
Allerdings waren mir dann Motoren lieber - die taten wenigstens immer das, was ich wollte und mussten nicht gestriegelt und beruhigt werden.;)
Aber du hast recht - die Lebensfreude, die in diesem Bild Ausdruck findet, erinnert mich an die Fohlen und Jungpferde, wenn sie springend (alle Viere hoch!), juchzend, prustend, wild lospreschend und kopfschüttelnd auf die Wiese stürmen, um sich zu jagen, sich zu wälzen und auszuschlagen vor lauter Energie und Spannkraft! Ich sehe das fast jeden Tag!

LG, eKy

Falderwald
30.09.2011, 18:06
Hallo Erich,

ich habe mich lange Zeit hier drumherum gedrückt, weil ich zugeben muss, daß ich bezüglich Gemälde ein Kunstbanause bin.

Es mag daran liegen, daß ich eine Farbenschwäche habe und sicherlich manche Feinheiten gar nicht wahrnehmen kann.
So war auch der Kunstunterricht in der Schule immer ein Greuel für mich und wo es nicht um rein rationelle Dinge wie geometrische Figuren ging, war meine Kreativität aufgeschmissen. Ich habe ein großes Problem mit Grün und Rot...:(

Nun gut, Gemälde bestehen ja nicht nur aus Farbe allein und so erkenne ich natürlich das meiste, aber sie haben nie im Mittelpunkt meines Interesses gestanden.
Manche dieser wohl berühmten Künstwerke haben erst durch die Verlinkungaktion (wieder) in mein Bewusstsein gefunden.

Natürlich kannte ich die Mona Lisa oder die Fischerboote von da Vinci und einige andere, aber ich möchte an der Mona Lisa einmal meine subjektive Abneigung erkären.
Das ist ein wundervolles Bild an sich, keine Frage, aber die Person, die darauf abgebildet ist, kann ich nicht mögen. Sie wirkt auf mich eher abstoßend und unsympathisch.
Auch mit den Klimt-Bildern kann ich nicht allzuviel anfangen. Sie sind sicherlich sehr ungewöhnlich und "abgefahren", vielleicht sogar einzigartig und das Genie und der Stil des Künstlers sind unverkennbar, aber deswegen muss ich sie nicht unbedingt mögen. Das ist mein Problem...;)

Ich habe aber zwei Favoriten, zwischen denen ich mich entscheiden musste:

"Das Dorfmädchen" von Gainsborough

"Die Landschaft" von Renoir

Da beide Bilder mich sehr berühren konnten, musste ich den gewidmeten Text entscheiden lassen, und so kämen wir jetzt zum "Dorfmädchen"...

Nie trug die nackte Armut solch ein Dulden
gleichwie Versonnenheit, als dieser Blick
geprüfter Augen, deren Unverschulden
nie Trost für sie bereithielt und nicht Glück.

Das ist super gelungen und beschreibt wirklich sehr schön den Gesichtsausdruck und die Haltung dieses Mädchens. Dazu braucht man gar nichts weiter zu sagen.

Gebrochen wie der Krug erscheint ihr Leben,
doch so wie er erfüllt sie ihre Pflicht,
und weiß doch Wärme, die sie kennt, zu geben,
fühlt auch ihr Dasein solche Wärme nicht.

Davon kann man ausgehen. Und hier zeigt sich auch der alte Spruch "Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht".
Das Mädchen geht Wasser mit dem beschädigten Krug holen, weil sie es brauchen und kein anderes Gefäß zur Verfügung haben.
Sie erfüllt diese Pflicht scheinbar gefühllos und abwesend, doch zeigt der kleine Hund, den sie zärtlich im Arm hält, doch ihre Sehnsucht nach Wärme, die sie zwar zu geben weiß, aber in ihrem Dasein nicht erfährt.

Sie rührt mich an, ein Inbild alles dessen,
was uns versagen macht wie auch bestehn,
und sei sie auch begraben und vergessen,

so werden Lebende an diesem Bilde reifen,
wenn ihre Augen es als das begreifen,
was ihre Herzen längst schon darin sehn.

Dieses Bild ist wirklich anrührend. Hier sehen wir in einen Spiegel unserer Schuld und unseres Versagens gegenüber einem empfindsamen Wesen, denn diese Schicksale liegen in vielen anderen Teilen der Welt leider immer noch an der Tagesordnung.
Unsere Herzen haben es längst erkannt, jedoch verweigern uns die Sinne manchmal die Gefolgschaft, weil sie gar nicht umsetzen wollen, was eigentlich eine Gewissheit ist.
In diesem Bild liegt eine ganz Welt verborgen und es kann nur eine Reaktion darauf geben, nämlich ein herzliches Mitgefühl und der Glaube an die Liebe, die das einzig Positive in unserem trostlosen Dasein sind.
Alles reflektiert auf diesen melancholischen kleinen Menschen: Sein Leid, seine Treue und Pflichterfüllung und seine Liebe.

Ein wahrlich gelungenes Sonett zu einem genialen Bild und ich merke, daß ich vielleicht doch Interesse entwickeln könnte...:)


Gerne gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Erich Kykal
30.09.2011, 19:51
Hi, Faldi!

Herzlichen Dank für deine ausfühliche Auseinandersetzung mit dem "Gainsborough" - trotz deines allgemeinen Desinteresses für Malerei!

Du hast meine Eindrücke sehr schön beschrieben und richtig gespiegelt.
Es gibt nicht viele "klassische" Bilder, die mir rückhaltlos gefallen, aber gerade dieses hat mich sehr berührt!

Mein Zugang zu dieser Kunst ist auch nie ein rationaler: Seht diesen Pinselschwung, diese Verve, dieses Farbgenie, die gewagte Kompostition, das Gleichgewicht der Inhalte, die künstlerische Idee...blablabla...

Entweder, es gefällt mir und stößt etwas in mir an - oder eben nicht!
Und wenn ich es mag, kann ich dazu schreiben. Natürlich kann ich mir eine Welt ohne Rot und Grün nicht vorstellen, ebensowenig wie du dir wahrscheinlich weitgehend etwas unter diesen Farben, aber ich denke, das Wesentliche, die Magie erkennte man auch in Schwarz-Weiß - wenn es ein wirklich gutes Bild ist!

Vielen Dank für deine Gedanken!

LG, eKy

Falderwald
30.10.2011, 18:02
Servus Erich,

wenn du bitte mal in dieser Liste der Werke von Vincent van Gogh (http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_works_by_Vincent_van_Gogh) die entsprechenden Bilder raussuchst und mir die Links per PN schickst, dann stelle ich sie dir oben ein.

Du klickst das entsprechende Bild an und wartest, bis die Seite vollständig geladen ist.
Dann kopierst du ganz oben in der Browserleiste die Adresse der Seite und kopierst sie mir in die PN, also per Copy and Paste (http://de.wikipedia.org/wiki/Kopieren_und_Einf%C3%BCgen).

Das machst du mit der Maus. Du markierst den ganzen Link, indem du einen Linksklick mit der Maus genau hinter dem Link machst. Dann ziehst du mit gedrückter linker Maustatste ganz nach links, der Link wird blau.
Dann machst du auf dem nun blauen Link einen Rechtsklick, da geht ein Fenster auf. Dort wählst du die Option "kopieren" und schon ist das Ding im Zwischenspeicher.

In der PN klickst du an die Stelle, wo du den Link hinhaben willst zuerst mit links und dann mit rechts und es erscheint wieder ein Fenster.
Dort wählst du die Option "einfügen" und schon steht der Link in der PN.

Wenn du auf meinen ersten Link mit der Liste (s.o.) klickst, öffnet sich bei dir ein neues Browserfenster, mit dem du arbeiten kannst.

Du kannst dann immer zwischen der Liste und dem Eiland hin und her schalten, also einerseits die Bilder suchen und andererseits die PN an mich schreiben.

Versuchs mal, das wird schon.

Dann erkläre ich dir gerne noch, wie du das anschließend im Beitrag selber machen kannst, ok?

Versuchs mal. Viel Glück...:)


Liebe Grüße

Falderwald

Erich Kykal
30.10.2011, 18:21
Was ist eine Browserleiste?

Falderwald
30.10.2011, 18:27
Im Internetexplorer ganz oben rechts neben Pfeilen <- -> die weiße Zeile.

Da steht z. B drin: http:// www .gedichte-eiland.de/newreply.php?do=newreply&noquote=1&p=55623

Schau mal oben nach.

Im Firefox sitzt sie je nach Einstellung zwei Zeilen tiefer, auch neben den Pfeilen. :)

Erich Kykal
31.10.2011, 14:00
So, geschafft. Alles verlinkt, dank Faldi.
Na denn kommentiert mal schön...;):D

LG, eKy

Chavali
31.10.2011, 15:02
Na denn kommentiert mal schön...
*grins* lieber eKy :D
natürlich, gern, vorausgesetzt, du kommentierst UNS auch mal wieder :p

MfG,
Chavali

Erich Kykal
01.11.2011, 20:00
Immer diese Seilschaften...:D;):rolleyes:

Chavali
07.11.2011, 18:30
Immer diese Seilschaften...:D;):rolleyes:

Keine Frage....:D:o:D


Auch ohne Frage ist dein LIEBLINGSBILDERZYKLUS eines der Highlights in diesem Forum.

Allerdings hätte ich mir gewünscht, du hättest alle Gedichte zu den jeweiligen Bildern einzeln eingestellt.
So präsentiert - alle in einem Faden - ist es einfach zuviel, um auf Einzelnes einzugehen.

Da kann man (ich) nur ein globales Lob da lassen, denn es ist insgesamt eine tolle Arbeit
und du hast geniale Eingebungen gehabt, um die Bilder in dieser Art und Weise zu beschreiben.

Ich mag sehr (Text und Bild)

LANDSCHAFT BEI MENTON
FISCHERBOOTE AM STRAND

und

DER TIGER (nur Text)



Endlich intensiver sich angeschaut und gelesen hat Text und Bilder
Chavali

Erich Kykal
07.11.2011, 21:07
HI, Chavali!

Danke für's Vorbeischauen und für das dicke Lob!

Es ist viel auf einmal, schon klar - und soll noch mehr werden: Mir schwebt etwas im Umfang von Rilke's "Sonette an Orpheus" vor...

Allerdings wollte ich es bewußt nicht "zerreißen", da es ja einen geschlossenen Zyklus darstellt.

Du machst es aber durchaus richtig: einfach ab und zu reinschauen und sich auf Weniges konzentrieren!

Die von dir Genannten gehören auch zu meinen Favouriten - obwohl es mit so wenig "Abstand" noch schwer ist, da auch nur einigermaßen objektiv zu selektieren. Sowas gelingt mir oft erst nach Jahren, wenn es dann eben nur noch "Gedichte" sind, und nicht mehr alle "meine Babies"...;):D

LG, eKy

Erich Kykal
25.02.2012, 11:13
Entschuldigt den Doppelpost, aber wie sonst soll ich in diesem Falle darauf hinweisen, dass es hier Neues zu lesen gibt?
Viel Spass mit derzeit 2 neuen Lieblingsbildern!

LG, eKy

Falderwald
27.02.2012, 19:19
Servus Erich,

ich habe das direkt mal nach dem altbewährten Muster verlinkt.

Und da ich mir die Bilder dabei angeschaut habe, kann ich auch direkt einen kurzen Eindruck von den beiden Sonetten hier lassen.

Über die äußeren Formen brauchen wir kein weiteres Wort verlieren, sie sind in Ordnung.
In "Füchse" finden wir den für das Sonett typischen Klammerreim in den Quartetten und in "Heuschober" einen eher ungewöhnlichen, aber dennoch passenden Kreuzreim.
Die Metrik ist sauber, die Reime auch, also eine ordentliche Arbeit.

Füchse

Schön die Beschreibung des Bildaufbaus, denn es wirkt wirklich so, als ob dieses Gemälde aus Scherben willkürlich zusammengesetzt worden wäre.
Der tiefere Einstieg jedoch offenbart eine geheimnisvolle Welt und zwar die Welt zweier Füchse.
Viel Gefühl ist hier zu erkennen, sowohl im Bild, als auch im Text.

(Mein einziger Kritikpunkt: "dass sich Zwei gefunden"
Ich weiß, daß es die alten Dichter auch so gehalten haben, aber ich habe mich immer darüber geärgert, auch bei Goethe, daß sonst so fähige Poeten, die wirklich stets vollständige Sätze verwend(et)en, sich so "billig" aus der Nummer rausschummel(te)n. Nun, das ist wohl Geschmackssache und bei einem solchen Text nur Peanuts. Aber ich wollte nicht nur loben...;))

Heuschober

Hier ist mir aufgefallen, daß der Text im ersten Quartett mit einem Blickfang beginnt. Es zieht den Betrachter/ Leser in den Bann.
Das Werden des jungen Morgen ist wunderschön im zweiten Q. beschrieben.
Und in den beiden Terzetten geht es m. E. über die bloße Betrachtung und Beschreibung hinaus, es wird sozusagen ein kurzer und romantischer Blick in die nächste Zukunft geworfen. Es spiegelt sozusagen die Fantasie des Betrachters, und zwar so, wie er sich das weitere Geschehen vorstellen könnte.
Sehr schön.

Fazit

Zwei ziemlich professionell geschriebene Sonette, die eine wunderbare, individuell auf das jeweilige Bild bezogene Beschreibung abgeben.

Das hat mir gut gefallen...:)


Gerne gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Erich Kykal
27.02.2012, 20:03
Hi, Faldi!

Bzgl. "...Zwei gefunden." - das gibt's aber nicht, dass du nicht weißt, dass dieses Weglassen des "haben" durchaus statthaft war/ist, vor allem, wo es lyrisch und gehoben klingen soll!?
Das ist kein "billiger Ausstieg" um Reimes willen, sicher nicht!
Heute nicht mehr verbreitet und nicht mehr allgemeinsprachlich gebräuchlich, aber anno Tobak alle Nase lang in Verwendung!

Herzlichen Dank für dein Lob - und natürlich das Verlinken. (Ich hatte sie ja schon verlinkt. Ich denke mal, du meinst das "----> Zum Bild" - Kürzel. Wenn's nicht allzu kompliziert ist und ich es als nomaler User auch handhaben kann, schick mir doch mal ne PN, wie du das machst.)

LG, eKy

Falderwald
27.02.2012, 21:45
Moin Erich,

ich schrieb nicht, daß ich das nicht kenne, ich schrieb, daß mich das sogar bei Goethe gestört hat. :D

Für mich klingt das unvollständig und wir hatten hier mal jemanden, der hat das drei bis vier Mal in drei Strophen verwendet.

Das klingt dann nicht lyrisch und gehoben, sondern gekünstelt und abgehoben.
Und das habe ich auch geschrieben.

Wenn ich das aber hier nicht zumindest erwähne, dann wäre das ungerecht und ich müsste mir vorwerfen lassen, ich würde mit zweierlei Maß messen...;)

Heute nicht mehr verbreitet und nicht mehr allgemeinsprachlich gebräuchlich, aber anno Tobak alle Nase lang in Verwendung!

Genau das meinte ich. Die Jungs haben es sich leicht gemacht und auf ihre dichterische Freiheit gepocht.
Die Hauptsache ist, man ist nicht um eine Ausrede verlegen. :rolleyes:

Wenn der alte Goethe das getan hat, muss ich das noch lange nicht tun.

Ich habe es auch nur anmerken wollen...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Erich Kykal
18.03.2012, 09:56
Hi, Faldi!

Wie dauert's mich, dass du damit nicht einverstanden!
Wie gern hätt ich's gehört, dass du es auch gebraucht!
Vermessen ist's, dass ich dies angenommen.
Vergib mir, dass ich so verkorkst!

:D:D:D

LG, eKy (Schelmisch!)

Falderwald
20.03.2012, 08:05
Servus Erich!

Bedauer dich, ich bin damit nicht einverstanden!
Du hättest gern gehört, ich hätt es auch gebraucht!
Vermessen bleibt, du hast es angenommen.
Warum nur bist du so verkorkst?

;););)


Verzeihende Grüße

Faldi (Tierisch ernst!)

Erich Kykal
01.04.2012, 16:23
Hi, Faldi!

"Vermessen bleibt, dass du dies angenommen hast." - müsste es richtig heißen, oder? Deine Abwandlung wirkt doch recht bemüht und lässt das "dass" vermissen, wodurch sie, sollte derlei überhaupt zulässig sein, recht schwer verständlich wird.:p;)

Okay, genug der Sticheleien wider den tierischen Ernst!:)

LG, eKy (zwanghaft)

Erich Kykal
03.04.2012, 11:11
Hi, Forum!

Ja, Doppelpost, ich weiß, aber wie sonst soll ich darauf aufmerksam machen, dass es Neues hier gibt? Jeden möglichen Interessenten einzeln anposten?
Ich hoffe, die Mod. lässt mir das in diesem Sonderfall durchgehen...

LG, eKy

Falderwald
03.04.2012, 19:26
Servus Erich,

die Genehmigung für Doppelpostings in diesem Faden ist dir hiermit ausnahmsweise erteilt.
Einem langjährigen und treuen Mitglied dieses Forums kann eine solche Bitte nicht abgeschlagen werden, vor allem wenn es sich um solche Texte handelt.

Dieser Faden befindet sich ziemlich unglücklich in diesem Unterforum und ich denke gerade über eine Lösung für dieses Problems nach.

Ich habe die entsprechenden Links wieder in üblicher Weise eingebaut, damit das Gesamtbild erhalten bleibt.

Zum Inhalt der Texte werde ich später noch einmal Stellung nehmen.

Bis dahin...:)


Liebe Grüße

Falderwald

Erich Kykal
03.04.2012, 19:48
Hi, Faldi!

Danke für die einstweilige "Auslagerung" des Beschreibungsforums!
Danke auch für die Erlaubnis, in diesem Sonderfall mit Doppelpost zu arbeiten, um Neues "an die Oberfläche" zu holen!
Es versteht sich von selbst, dass ich dies Privileg natürlich nur in diesem Zusammenhang nutze!

LG, eKy

a.c.larin
08.04.2012, 09:30
hallo ekY

ich bin ein bisschen in betrachtung dieses gedichts (samt bild) versunken.

STERNENNACHT (Vincent van Gogh, 1889)

Sind dies die letzten Spuren eines Niederfalls
von tausend Engeln aus dem Wirbelstrome
des mondenmächtigen, tiefblauen Weltenalls
hinunter in das Schattenreich der Dome?

Ist dies der Schmelz der ungezähmten Lichter,
die über tiefer dunkelnden Gefilden stehn,
ein Widerschein vom Sein erlöster Dichter,
die nach dem Tode durch die Himmel gehn?

Dies alles nicht? Wer kann dich tragen,
du seltsam losgelöstes Firmament?
Wer mag dich übertreiben, wer es wagen,

zu träumen von den Farben der Magie?
Wo ist die Seele, die sich in dir wiederkennt
und dich im Traum erwartet, vis-a-vis?


es ist schön, dass man da immer zwischen bild und gedicht hin und herwechseln kann - text und bild stehen hier wirlklich ganz eng beisammen.
beim allerersten lesen bin ich jedoch in einer zeile gestolpert:
Dies alles nicht? Wer kann dich tragen,
und hab mich dann gefragt, warum. erst nachdem ich anfing, silben zu zählen, hatte ich die antwort: 9 silben!
(die reimzeile "Wer mag dich übertreiben, wer es wagen" hat 11 silben)

und daher meine frage: könnte man die eine zeile eventuell um 2 silben verlängern, damit auch hier ein gleichmaß herrscht?

(natürlich könntest du, du frage ist eher: willst du? :D )

ich mag dieses bild auch sehr gerne - da gefallen mir einfach farbe und strichführung. :)

gerne gelesen und deinen gedankengängen nachgesponnen,
larin

Erich Kykal
08.04.2012, 09:35
HI, larin!

Ich pflichte bei und ändere!

"Dies alles nicht? Wer kann dich so ertragen,"

Vielen Dank für den Hinweis! Im Feuer des Schaffens gehen mitunter solche Details verloren.

LG, eKy

a.c.larin
08.04.2012, 09:44
never mind, man kann ja nicht immer alles wissen und sehen! ( und jetzt ist es wirklich PERFEKT!)

schön für mich, dass ich dir auch mal behilflich sein konnte! ;)

liebe grüße, einen schönen ostersonntag auch an dich!
larin

Falderwald
12.04.2012, 08:48
Servus Erich,

dann schauen wir uns die Pallas Athene einmal näher an:

Wie Überirdisches verwischt dein Auge
die Welt der Menschen, Göttin. Hohe Frau,
du schaust durch uns, als wüsstest du genau,
was jeder, der dir naht, in Wahrheit tauge.

Ja, das könnte man so empfinden. Eine gewisse Arroganz ist dem Ausdruck dieser Dame auf jeden Fall zu entnehmen.
Es scheint tatsächlich so, als stehe sie über den weltlichen Dingen.

Du bist Metall aus einer reinern Esse
als alles, was dir huldigt und dich hegt,
und nichts als dies: Für immer unbewegt,
auf dass Bewegliches dich nie vergesse.

Pallas Athene steht dort in voller Rüstung, jedoch ist durchaus zu erkennen, daß ein Wesen aus Fleisch und Blut darin steckt.
Ihre rechte Hand, die eine nackte Frau trägt, ihr linker Arm, samt Hand, der den Speer festhält und die Teile ihres Gesichtes und des Halses, die nicht durch den Helm bedeckt sind sowie ihre Haare, die darunter hervorschauen, lassen mich ein wenig mit der Aussage "Du bist Metall..." hadern.
Warum also nicht: "Du trägst Metall..." ?
Es ist eindeutig sichtbar, daß das Metall nur den Körper bedeckt.
Zwar ist die beschriebene Starre vorhanden, so wirkt das Bild tatsächlich, doch m. E. ist sie eindeutig nicht aus Metall.
Ich könnte das vielleicht akzeptieren, wenn eine Formulierung "wie aus Metall" gekommen wäre.

Wer bin ich, du unendliches Gesicht,
vor dir als das Fragment nur eines Ganzen?
Und wüsste ich um deine Gnade nicht,

ich müsste schauern vor dem ernsten Munde,
auf dem vielleicht zu unbelauschter Stunde
der Menschen Träume wie ein Lächeln tanzen.

Die Conclusio ist natürlich sehr schön und vor allem sehr lyrisch, ich will da auch nichts bekritteln, jedoch zeigt sich hier die individuelle Subjektivität, da ich ihren eher unbedeutenden Mund nicht unbedingt als das charakteristische Merkmal ihres Gesichtsausdruck empfinde, sondern eher die sehr großen und tiefliegenden Augen, die m. E. das Bild beherrschen und den Blick auf sich ziehen, so daß ihre kleinen und schmalen Lippen in den Hintergrund rücken.
Wenn man als Betrachter ein wenig die Augen zusammenkneift und zwischen den fast geschlossenen Liedern dieses Bild auf sich wirken lässt, dann erinnert ihr Kopf sogar an einen Totenschädel mit großen Augenhöhlen.

Trotz meiner Anmerkungen, denn ich bin mir auch meiner eigenen Subjektivität bewusst, gefällt mir der Text und ich finde die Schlusszeile wunderschön, auch wenn sie (m. E.) einen Nebenschauplatz beschreibt.


Gerne gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Erich Kykal
12.04.2012, 15:46
Hi, Faldi!

Das ist ja das Schöne an Bildern: Ein jeder sieht sie durch seine Augen und daher anders.
Mir kam diese ganze Miene und Pose eben sehr statisch, statuettenhaft vor, daher die Anspielung mit dem Metall, das auch das Göttliche, Unzerstörbare unterstreichen sollte, genauso wie den Glanz ihrer Rüstung und die blassschimmernden kalten Augen, die einen "eisernen, ehernen" Willen spiegeln. Es ist eher als beschreibendes Symbol zu lesen - dass die Abgebildete an sich fleischlich dargestellt ist, ist klar.

Das "du trägst" ist nicht möglich, weil der sich anschließende Satzteil "und nichts als dies: Für immer unbewegt, ...." dann nicht mehr passte, der braucht das "du bist" vorneweg.

Vielen Dank für den Kommi und deine Sicht der Göttin!

LG, eKy

Falderwald
24.04.2012, 19:39
Servus Erich,

ich habe mir jetzt das Bild "Die Allee im Park..." sehr lange angeschaut und finde, du hast eine schöne kleine Geschichte dort hinein interpretiert.

So könnte es wirklich gewesen sein, denn der Mann steht ziemlich allein im Hintergrund dieses Bildes.
Und doch rückt er für kurze Zeit ins Rampenlicht, wird zum Protagonisten in Bild und Gedicht, denn er verkörpert mehr ein Schicksal, als eine Person.

Und wenn alles vorüber ist, verschwindet er wieder in der gesichtslosen Menge und wird zu irgendjemand.

Eine kleine traurige Geschichte ist das, stellvertretend für viele Schicksale.

Das hat mir gefallen...:)

Auch im zweiten Bild "Mondnacht am Waldsee" triffst du die Stimmung m. E. nach großartig.

Alles ist ruhig und friedlich, doch auch hier liegt ein Konflikt verborgen, denn des Pfades Kiesel werden vom Sternengefunkel nicht beschienen und sie müssen sehnsüchtig auf das nächste Tageslicht warten.

So reizvoll romantisch die Stimmung auf diesem Nachtbild auch ist, es bleibt etwas magisch Unheimliches und die verdrängte Sehnsucht nach dem Licht kommt einem plötzlich wieder ins Bewusstsein.

Das zweite Quartett finde ich hier besonders schön.

Auch das abschließende Terzett ist sehr romantisch, denn der Nachtblick eröffnet wirklich andere Horizonte.

Einzige Kritik hier: "eines Mondes".

Da die dargestellte Szene in diesem Bild ja auf der Erde spielt, gibt es eigentlich nur einen Mond, so daß es also "des Mondes" heißen sollte.
Das würde ich mir an deiner Stelle noch mal überlegen, das lässt sich sicher lösen.

Über Reim und Metrik brauchen wir kein großes Wort verlieren, da die formellen Dinge, wie gewohnt, ohne Fehl und Tadel sind, so daß mir als abschließende Bemerkung nur bleibt, daß hier wieder zwei feine Gedichte im Rahmen deiner Reihe vorliegen, die durch Wortgewandtheit und Charme zu bestechen wissen.


Gerne gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Erich Kykal
24.04.2012, 21:01
Hi, Faldi!

"eines Mondes Licht" - kommt drauf an, aus welcher Richtung man interpretiert. Geografisch hast du recht.
Aber bei mir stand das Licht im Mittelpunkt. Es gibt viele Lichtquellen, nachts zumindest die Sterne oder Leuchtmittel der Menschen als Alternative.
So gesehen erscheint die Phrase nicht so seltsam, wie sie dir erscheint.

Anekdote:

Normalerweise sehe ich ein Bild und schreibe dann das Sonett dazu. In den beiden letzten - von dir hier kommentierten - Fällen allerdings ergab es sich, dass meine Fantasie Bilder malte, als ich schrieb, und ich musste hinterher echte Bilder suchen, die dazu passten! Beim van Gogh - Bild ging es relativ rasch, aber bei letzterem musste ich lange suchen!
Offenbar hat NIE ein bekannterer Maler eine Nachtszene in einem Park gemalt! Das schließlich verlinkte Bild ist aus der Abteilung "Rheinromantik"und KÖNNTE zumindest mit etwas Fantasie ein Park sein.
Puh - Glück gehabt! Andernfalls hätte ich das Bild womöglich selber malen müssen!!!
:D:D:D

Vielen Dank für deine Gedanken und dein üppiges Lob (mein Drogenersatz...:))!

LG, eKy

Erich Kykal
20.05.2012, 13:07
Es gibt Neues hier, wollt's nur erwähnen...:)

LG, eKy

Falderwald
22.05.2012, 19:59
Servus Erich,

hab erst mal die Bilder wie gewohnt verlinkt.

Kommentar folgt später...:)


Liebe Grüße

Falderwald

Erich Kykal
23.05.2012, 00:23
Hi, Faldi!

Wie immer vielen herzlichen Dank für deine freundlichen Mühen! Ich freue mich schon auf deine Meinung (aber nur, wenn's eine gute ist!!!;)).

LG, eKy

a.c.larin
23.05.2012, 18:42
STILLER TEICH (Albert Bierstadt, spätes 19. Jhdt)

Wie wird mir Freude an der Lust zu schauen,
wo Wiesen sind vor einem stillen Wald.
Ich halte inne, stehe stumm, und bald
steigt Friede aus den Matten, ein Erbauen

aus meinem Glück bis in der Bäume Kronen,
der Blätter tausend Grüne, außen lichter
und immer dunkler dort, wo innen dichter
sie wispernd ihren Schattenraum bewohnen,

wo sie, gestreichelt von der leichten Brise
nach Sommer weisen und nach reifer Fülle,
und meine Seele wächst aus ihrer Hülle

hinaus ans Wesentliche solcher Orte,
und schwebt enthoben aller Zeit und Worte
wie träumend weiter über Wald und Wiese.



lieber erich,
na bitte - hier hast du ja selber die letzte zeile so fortgeführt, wie ich es auch vorschlug: "wie träumend weiter ......"

jetzt ist es perfekt!
gerne gelesen!

lg, larin

Erich Kykal
23.05.2012, 23:11
Hi, larin!

Mit dem Titel hast du dich vertan - das ist einer von weiter oben! dieses Sonett hier trägt nur den Titel: "Stiller Teich", entsprechend dem Bild von Albert Bierstadt.
Der "Teich in Medfield" aber ist ein anderes Sonett zu einem Bild von Dennis Miller Bunker.

Vielen Dank für dein Lob!

LG, eKy

a.c.larin
24.05.2012, 17:57
tatsächlich - ich hab mich vertan.:o

kein wunder, bei dem vielen gewässer in deiner sammlung....
FISCHERBOOTE AM STRAND
BACH IM SONNENLICHT
DIE WASSER DES MOGUDA
TEICH IN MEDFIELD
MONDNACHT AM WALDSEE
STILLER TEICH

Und hier plätschert auch noch was:

DER ALTE MANN UND DIE JUNGEN BÄUME

Hausaufgabe gut gemacht?



habs ausgebessert!
lg, larin

Erich Kykal
29.05.2012, 12:40
Nicht böse sein, larin:

Unter den NEUEN Sonetten sind schon wieder 2 mit Gewässer! (Kicher!)

LG, eKy

a.c.larin
29.05.2012, 17:11
hallo erich ,
sag mir jetzt nur eines: wie soll ich mich da noch auskennen, bei so viel gewässer? :confused:

aber das gedicht von der zerstückelten wasserleiche (;)) ist wirklich sehr schön! (SEIN ARM BEI GIVERNY?)
da gefällt mir auch das bild ganz vorzüglich. :)


liebe grüße, larin

a.c.larin
29.05.2012, 17:54
so , nun mal im ernst. dies hier hab ich mir herausgesucht:

DIE ERFÜLLUNG (Gustav Klimt, 1905-10) ---> zum Bild

Halt inne, Zeit, nur eine kleine Weile.
Am stillen Ufer solcher Seligkeit
hat man mit deinem Hingehn keine Eile,
und alles Abschiednehmen ist so weit.

Halt inne, Welt, schenk deine Augenblicke
dem Ineinandersinken ihres Seins,
denn ach, wie selten sind die wahren Glücke,
und wirklich dauerhaft ist endlich keins.

Seht ihrem Fühlen ganz sie hingegeben,
als wären Zeit und Welt allein für sie,
und aller Tag und weiter alles Leben

umrahmte bloß ihr wesentliches Tun:
Was ihnen Schicksal wollte, war'n sie nie,
nur was die Liebe wollte, sind sie nun.



die beiden quartette sind ein in sich stimmiges ganzes, da passt kein fingerbreit information oder gefühl mehr hinein :), (gewissermaßen 100 prozent bild),
auch das erste terzett stellt mich noch zufrieden,
bei terzett 2 knickt für mich irgendwie die stimmung leicht ein. liegt das an dem "U" bei "tun"( auch das doppelte "wollte" könnte noch etwas besserem weichen).

überhaupt fände ich es netter, würde sich der "- eben" reim auch in terzett 2 fortsetzen,
so vielleicht?

Seht ihrem Fühlen ganz sie hingegeben,
als wären Zeit und Welt allein für sie,
und aller Tag und weiter alles Leben

umrahmte bloß ihr wesentliches Streben:
Was ihnen Schicksal wollte, war'n sie nie,
doch ihrer Liebe sind sie inniglich ergeben.


oder so ähnlich......
merkst du, worauf ich hinauswill? kein wechsel der klangfarbe mehr durch neue reime in terzett 2! ( sonst reißt die "ganze hingabe" ab - und das wäre dann wie fernsehen beim sex....:rolleyes:)

gerne gelesen (und diesmal auch vernünftig besprochen. ;)
lg , larin

Erich Kykal
02.06.2012, 18:28
Hi, larin!

Danke für deine Gedanken.


@ alle: ES GIBT NEUES!!!

Viel Spaß damit, falls Interesse besteht.

LG, eKy

Erich Kykal
06.06.2012, 19:48
Und wieder hat mich die Muse geknutscht!

LG, eKy

a.c.larin
07.06.2012, 06:37
dann wolln wir doch gleich mal sehen, was du in der knuse gemutscht hast...:p


Sunrise (by George Inness)

Und wieder wächst dir Sonne in den Morgen,
erneut wird dir so unerbittlich Tag,
doch was auch immer darin leben mag,
hat keinen Hang nach deinen alten Sorgen.

Entrückt gehst du die wohlbekannte Runde,
und gehst sie ach so lange schon allein,
und länger noch wirst du alleine sein,
gebeugt verblutend an der alten Wunde.

Die Himmel brennen und die Wolken steigen
weit über deinem Welken in die Welt,
die lichterloh, was sie ins Leben hält,

umarmt zu eines neuen Tages Reigen,
und nur dein Schattensein ist abgewendet
von alledem, bis es im Schatten endet.


hm - erst mal muss ich da was zum bild sagen:
erst mal stelle ich mir zum titel "sonnenaufgang" irgendetwas farbfrischeres vor (in gelb -orange -rot ). das gelbgrün auf dem bild hat eher was düsteres, fahles an sich. könnte auch eine nebel-hochmoor-stimmung sein.
insoferne wird die atmosphäre von deinem gedicht auch gut eingefangen: der einsame spaziergänger, der im "schatten endet".
das ist wirklich alles sehr düster und schattig hier. nichts leuchtet da für mich.
(vieleicht mag ich einfach die farbe gelbgrün nicht? :eek:)
brennende himmel kann ich jedenfalls keine erkennen - eher ein diffuses zwielicht, das sich nicht lösen will....
da scheints mir auch wie ein widerspruch zu sein, dass der so "unerbittlich" heranbrechende tag keinen hang nach "alter sorge" hätte!
ganz im gegenteil: sieht eher aus wie "same procedure than any year". :(

in diesem fall gefällt mir das gedicht weit besser als das bild!
und ich hätte das bild eher "Sonnen - nicht -Aufgang" getitelt.....:p

(oder sollten hier wiederum nur die ursprünglichen farben verblasst sein - und wenn man kräftig an dem bild rubbelt.....:confused:)

ich glaube, ich muss das gedicht noch mal alleine lesen, ohne das bild zu betrachten. mir kommt nämlich grad so die idee, dass mir das bild hier den zugang zum gedicht versperrt .......

bis später!
lg, larin

Erich Kykal
07.06.2012, 14:21
Hi, larin!

Ich mag dieses Gelbgrün, obwohl es eine zumindest gewöhnungsbedürftige Farbgebung für einen Morgen ist. Aber du hast recht: Es unterstreicht die sinistre Stimmung der gebeugten Gestalt. Beim "Brennen" dachte ich eher an die bloße Helligkeit, aber Flammen können sehr wohl auch grünlich lodern - da sah ich keinen Bruch (Der große Krakatoa-Ausbruch lag zu dieser Zeit nur wenige Jahre zurück. Man weiß, dass dies Auswirkungen auf die Farben des Himmels hatte - man sprach noch Jahre später von deren Intensität nach der Explosion der Insel, verursacht durch Partikel und Chemikalien in der Atmosphäre).
Natürlich wissen wir nichts von der wahren Intention des Künstlers oder was er der Gestalt tatsächlich in die Pose legen wollte, aber ich dachte darüber auch gar nicht nach, reagierte nur spontan auf das, was ich sah und folgte gedanklich der Wirkung.

LG, eKy

a.c.larin
08.06.2012, 06:24
lieber erich,

wie man die dinge sieht, so sieht man sie!
die sache mit dem vulkan ist interessant - das wusste ich gar nicht.
obwohl: manchmal hat der himmel über wien auch färbungen ( besonders bei hochnebel), da frage ich mich im stillen: welches kraftwerk ist jetzt wieder in die luft geflogen...? :eek:
auch aufgewirbelter saharastaub kann zu verwirrenden erscheinungen führen.

da licht ja irgendwie magisch ist, wundert es mich nicht, dass die menschen früherer epochen allerhand göttertreiben dahinter vermutet haben.
der himmel ist eine so große bühne, vor diesem hintergrund wird die winzigkeit der eigenen person überdeutlich bewusst....

möglicherweise ist es das, was den einzelnen spaziergänger so verloren wirken lässt?
und das sind wir auch, wenn die natur nicht mitspielt: verlorene!
da genügt ein einziger vulkan, ein einziges erdbeben....
( und was das betrifft, können wir uns nicht mal selber die schuld geben - so hat mutter erde sich schon immer neu formiert und weitergestaltet)

je mehr ich drüber nachdenke, desto gruseliger wird das bild für mich.
gruselgelbgrün. (liegt das am in die atmosphäre ausgestoßenen schwefel?)

da freut man sich richtig, wenn die sonne wieder "normal" vom himmel lacht.
schönes , langes wochenende wünsch ich dir!

lg, larin

a.c.larin
16.06.2012, 09:09
Grünes Weizenfeld

Der hohe Himmel lockt die hellen Gräser
am Rand des Weges in sein blaues Licht.
Nur manchmal, wie ein Tusch der Bläser,
beugt sie des Windes wanderndes Gewicht

für Augenblicke, die Struktur und Neigung
in alle Grüne werfen, die ihn reflektieren,
bis weithin dort an Grates letzter Steigung
die Wellen sich im Weizenfeld verlieren.

So geht im Glühen immerlichter Weiten
ein Schauen hin, das sie ermalen wollte,
und meiner Blicke hungerndes Begleiten

ahnt nur der Seele tief gewusste Schwere,
die jenen Kontrapunkt der schwarzen Leere
entgegenwarf, die sie verschlingen sollte.


Hi erich ,
ich lese es jetzt schon zum wievielten Male ? und versteh es trotzdem nicht: Wie ist das mit dem Kontrapunkt gemeint?

Ich denke doch, es müsste heißen:

die jenen Kontrapunkt der schwarzen Leere
entgegenwarf, der sie verschlingen sollte.

Ansonsten nix zu meckern: Sehr schönes Gedicht, das mehr innere Ruhe und Leichtigkeit ausstrahlt als das gemalte Bild....
Das Wogen des Feldes hast du sehr schön eingefangen! :)

Lg, larin

Erich Kykal
16.06.2012, 14:11
Um das zu verstehen, muss man van Gogh's Leben kennen.
Er war ein Zerrissener, ein ewig Sichbemühender, Niezufriedener, er glühte in und verglühte an seiner Kunst. Letztlich so depressiv und von Anfällen gezeichnet, dass er sich erschoss. Das ist die Leere, die ihn verschlingen sollte - also "die"

Der Gliedsatz "die sie verschlingen sollte" bezieht sich auf "Seele" oder deren "tief gewusste Schwere" zwei Zeilen darüber. In beiden Fällen also: "sie".

So ergibt sich: "die sie verschlingen sollte" - die schwarze Leere, welche sie, die Seele oder deren Schwere, verschlingen sollte. Alles klar jetzt?

LG, eKy

a.c.larin
16.06.2012, 14:51
van goghs leben und sterben ist mir bekannt.
trotzdem kann ich diesen satz einfach nicht so verstehen, wie du ihn meinst: da stehen zu viele weibliche nomen rund umd das eine männliche - dass sich der gliedsatz dann ausgerechnet darauf beziehen sollte - nein, das kommt bei mir klanglich einfach nicht raus. ( aber: typisch "mann", würde ich sagen! glaubt, alles dreht sich nur um ihn! :p)

wie wärs mit:

...ahnt nur des Künstlers tief gewusste Schwere,
die jenen Kontrapunkt der schwarzen Leere
entgegenwarf , die ihn verschlingen sollte.

Dann wird die Sache klarer.

was meinst du?

lg, larin

Erich Kykal
16.06.2012, 22:03
"des Künstlers" - welch ein Konsonantenauffahrunfall! Das klingt nicht, passt nicht in die Melodie. Sorry, abgelehnt.

Es ist komplex, aber noch verständlich - finde ICH. Okay, vielleicht zu hoch für eine Frau...:p:rolleyes:

So, damit wären wir wohl quitt, was Klischees betrifft!;)

LG, eKy

a.c.larin
17.06.2012, 10:18
dann nimm meinetwegen "maler", wenn dir künstler zu viele konsonanten hat!
(der auffahrunfall lag da eher in der verwendung eines klischees als gegenargument - so abseits des spielfadens: ist das nicht ein bisschen billig?)

und da sagst du immer zu mir, ICH wäre beratungsresistent!
wenn man dir so zusieht, wie DU dich windest, kommt man auf eine ganz andere idee...:rolleyes:

typisch mann! :cool:

jetzt wären wir quitt! :p;)
lg, larin

Erich Kykal
17.06.2012, 10:54
Sorry - ob Künstler oder Maler oder sonstwas - nichts transportiert jene Tiefe, die ich zum Ausdruck bringen will, so deutlich wie "Seele".
Der Leser wird sich schon auseinanderklamüsern können, was womit gemeint ist - gibt ja eh nur eine logische Lesart.
Von der Melodie her korrespondiert das lange "e" von "Seele" mit dem langen "e" von "Schwere" am Zeilenende - keiner deiner Vorschläge fügt sich klanglich so gut in die Satzmelodie ein.
Nein - Seele zu behalten ist gewiss das kleinere Übel.

LG, eKy

a.c.larin
17.06.2012, 12:29
Eigensinn - dein Name sei Mann.....:rolleyes:

Erich Kykal
29.06.2012, 16:10
Ja, ich habe einen eigenen Sinn und wage ihn zu vertreten.;):p:rolleyes:

Mir tut es ja richtig leid für andere, dass ich so schwer umzustimmen bin. Ich würde das wirklich gerne öfter tun, indes, ich bekomme einfach bloß so wenige Vorschläge, die mir tatsächlich besser gefallen als meine eigene Version.
Und das soll kein wie auch immer gearteter Qualitätsgradmesser sein - es ist oft genug wirklich nur Geschmackssache.

Nicht zürnen, mein freundliches Stirnenfüßlein!:)

LG, eKy

PS an alle: 2 neue Bildersonette! Viel Spass damit!

a.c.larin
30.06.2012, 16:34
mach ich doch gleich. ;)
ich nehme dieses hier:

JULINACHMITTAG (Guy Rose, 1897) http://www.museumsyndicate.com/item.php?item=20663

Es gellt die Sonne vor dem Hag der Schatten
wie eines Sommertages heißer Schrei,
der wie ein fernes Echo strandet bei
des Hügels Waldung hinter hellen Matten.

Der hohen Bäume immersachte Kühlung
erfrischt die Augen, wie die Frohnatur
bei einem Blick in jene weite Flur,
und das Gemüt hält mit der Ferne Fühlung.

Wo lang von dieser Lichte? Solches Wissen
ist nicht für Gäste eines Augenblicks,
den darin Lebende wohl kaum vermissen.

Ein Bild im Grünen, wie so viele weiter,
und doch Momentaufnahme eines Glücks,
das Seelen leichter macht und Sinne heiter.


strophe 2 und 4 sind für mich perfekt.
bei strophe eins bin ich am grübeln.
der vergleich : "die sonne gellt....wie ein schrei des sommertages" gefällt mir nicht so ganz - ich denke, sie ist der schrei selbst.
auch das gedopplete "wie" könnte doch vielleicht noch wegkommen.
und das "bei" am versende hängt irgendwie in der luft.
soweit aber trotzdem noch alles ganz verständlich.

doch das erste terzett lässt mich in rätseln zuück.
was soll das heißen? ist der erste satz denn überhaupt vollständig? (wo lang von dieser lichte? du sprechen rätseln in!)
um in diesen schuh zu kommen, brauche ich dringend einen schuhlöffel! ;)

der schluss stellt mich wieder zufrieden und - insgesamt- gefällt mir auch das bild.
und zwar so sehr, dass ich gleich mal meine (etwas profanere) bildbetrachtung anschließen möchte:


Juli Nachmittag
Ein Maler, der gern Grünes malte,
und lustvoll seinen Pinsel ahlte
im Farbtopf, welcher Blausmaragd,
hat Gelb dann noch dazugepackt,

sodass auch Lindgrün ihm gelang,
dieweil er seinen Pinsel schwang.
Ein wenig Schwarz noch an den Ecken
und - um die Leinwand zu verstecken –

auch Weiß, denn so erreicht man Fülle:
Schon fertig war sie, die Idylle!
Ach ja – er malte viele Blätter
bei Sommersonnenkaiserwetter.

Und hätte ich jetzt etwas Zeit,
ich schriebe ernsthaft und gescheit
zu diesem Bilde ein Gedicht –
nur leider, leider kann ichs nicht….:D


und nun warte ich auf "des rätsels lösung".....:)
lg, larin

Erich Kykal
01.07.2012, 10:00
Hi, Larin!

Toll, dein Retourgedicht!:D
Wenn meines nach Rilke klingt, dann kommt deins wie Busch daher! Köstlich!

"Wo lang" ist eine lyrische Kurzform von "wo entlang". Die Frage lautet also: Wo entlang von dieser Stelle (Lichte als lyrische Kurzform von Lichtung) aus - befände man sich IM Bild, lebte man IN diesem Augenblick, was der Folgesatz klarmachen sollte (was scheinbar nicht so gut gelungen ist):
Ein Augenblick, den "darin Lebende" wohl kaum vermissen - doch der, für immer auf der Leinwand festgehalten, die Betrachter beeindruckt.

Das dopplete "wie": Ist mir eigentlich gar nicht als störend aufgefallen.
Wie wäre es so: "der als erschöpftes Echo strandet bei"

Vielen Dank für dein promptes Echo!

LG, eKy

a.c.larin
01.07.2012, 17:28
also "wo lang" ist mir als redewendung völlig unbekannt - aber vielleicht ist das ein eher regionales idiom?

das "erschöpfte echo" gefällt mir ausgezeichnet - ja, mach es so!

danke, dass du so viel humor hast, meine kasperliade geduldig hinzunehmen.
mich sticht halt immer wieder mal der hafer.... :p

lg, larin

Erich Kykal
10.07.2012, 11:17
Hi, Leutz!

Es gibt Neues hier! Mittlerweile sind es vierzig Sonette geworden - noch 10 mehr, und ich kann ein neues Buch machen lassen! Nur wegen des Titels bin ich noch unsicher...

"50 Sonette für Böse und Nette" - Naja, klingt eher nach Busch.

"Die Bildersonette" - Schlicht und auf den Punkt, ich vermisse allerdings das gewisse Etwas.

Vielleicht habt ihr bessere Vorschläge? Mir fällt dazu im Augenblick nix mehr ein!

LG, eKy

a.c.larin
10.07.2012, 11:26
Wie wärs mit: "In Wort und Bild" ? oder "Kunst im Spiegel"? oder "Bildersprache - Wortmalerei" ?

Jetzt hast du 3 Titel und brauchst 150 Gedichte! :D ;)

lg, larin

a.c.larin
10.07.2012, 11:55
Ich geh dann mal ein bissel durch den wald....


KONIFERENWALD, SONNIGER TAG (Ivan Shishkin, 1895) http://www.museumsyndicate.com/item.php?item=36345

Dies Bild beatmet meine wunde Seele,
drin Heimat ich und ein Zuhause weiß.
Aus seiner Schattenkühle weht mich leis
ein Trösten an, das ich zu mir befehle

und dankbar berge wie das grüne Glühen
der hellen Lichte, die dort hinten winkt,
wo sie der Tag vergoldet und durchdringt
beinah wie ein beseeltes Sichbemühen.

Nur dir, du tiefer Wald, sei anbefohlen,
was meinesgleichen Lärm und Drang gestohlen,
in dir allein sei Ruhe mir und Kraft.

Aus dir heraus kann ich in Urvertrauen
der Menschen Treiben und Begehren schauen
und steig und falle mit der Bäume Saft.

..............................................

hm: beatmet meine wunde seele....?

also rein medizinisch betrachtet nutzt es nix, wunden zu beatmen - aber ein pflaster oder eine wundcreme könnte man drauftun!
"drin" kling so gestutzt - ich plädiere für "darin".
deshalb:

Dies Bild ist Balsam meiner wunde Seele,
darin ich Heimat,mein Zuhause weiß.
Aus seiner Schattenkühle weht mich leis
ein Trösten an, das ich zu mir befehle

und dankbar berge wie das grüne Glühen
der hellen Lichte, die dort hinten winkt,
wo sie der Tag vergoldet und durchdringt
beinah wie ein beseeltes Sichbemühen.


soweit nix mehr zu meckern.
im 1. terzett genügt aber, denke ich , ein kunjunktiv:

Nur dir, du tiefer Wald, sei anbefohlen,
was meinesgleichen Lärm und Drang gestohlen,
in dir allein ist/wird Ruhe mir und Kraft. (Tatsache bleibt Tatsache!)

"Aus dir heraus" gefällt mir auch nicht so toll (klingt wie: wegen dem Loisi seiner Tante.. ;))

was hältst du von:

In dir verwurzelt kann in Urvertrauen (voll Urvertrauen ?)
ich aller Menschen Treiben und Begehren schauen.....

"Drin seelenwurzelnd...." wäre auch noch möglich - aber dann haben wir da wieder ein drin drin! :rolleyes:

das wärs aber dann schon.
die stimmung , die das bild zusammen mit dem sonett auslöst, ist überaus nachvollziehbar - ich rieche fast schon den wald! :):):)

das wird eine feine gedichtsammlung werden! :)

lg, larin

Erich Kykal
10.07.2012, 21:30
Hi, larin!

Danke für Kommi und Ideen!

Das Beatmen bezieht sich auf die Seele, die wund, also verletzt ist. Wie kommst du darauf, hier würde eine Wunde beatmet???

S1Z2 werde ich dank deiner Eingegung wie folgt ändern:
"darin ich Heimat und Zuhause weiß."

Den Vorschlag bezüglich Z3 im ersten Terzett nehme ich gerne an:
"in dir allen wird Ruhe mir und Kraft."

Das mit dem Urvertrauen allerdings möchte ich so lassen, da ist deine Version (wie ich finde, unnötig) komplizierter konstruiert.

Nun ist es sprachlich bedeutend runder. Vielen Dank!

LG, eKy

a.c.larin
12.07.2012, 09:11
das wid ja noch mal ein richtig feine zusammenarbeit.....:)

dann mach ich mal gleich weiter:
BEI QUIMPERLE (Fritz Thaulow, 1901) http://www.museumsyndicate.com/item.php?item=36227

Wie kann ein Herbst zu Farbigkeit gerinnen,
da sich auf eines Baches lichtem Spiegeln
die Schatten seiner Uferbäume siegeln
wie Sterbende, die sich von vorn beginnen,

wenn sie nach Eis und Kälte neu erwachen.
Noch wärmt der milde Tag, bewegt ein Fließen
die bunten Bilder, die sich langsam schließen
und den Betrachter seltsam traurig machen,

ahnt er doch schon im unentwegten Rauschen
des Eises Stille und will immer lauschen,
solang die Wasser gehen mit der Zeit.

Er weiß, er kann den Gang der Welt nicht wenden.
Das Jahr vergeht, ein altes Sein muss enden -
dem Wandel bleibt Lebendiges geweiht.



was mir ganz zuerst auffällt, ist, wie du die besondere farbigkeit des bildes
eingefangen hast! dafür hut ab! du triftt es, finde ich, ganz genau: geronnen und versiegelt! toll! das wäre mir so nicht eingefallen! :)

auf eines Baches lichtem Spiegeln : das substantivisch gebrauchte Verb ist hier ganz richtig, aber nicht ganz leicht zu lesen ( "auf lichten Spiegeln" ginge auch, käme dem normalen sprachgebrauch näher. musst du selber wissen, ob du dich hier für den leser oder für dich entscheidest. ;) )

bei "Sterbende , die sich von vorn beginnen" stutze ich. sichelt es hier? ja: im ersten vierzeiler zweimal, im zweiten noch einmal.
sprachlich zwar richtig - aber vielleicht doch zu viel reflexives?

nur mal so zum vergleich: "Sterbende, die ganz von vorn beginnen...."
wie ist das?

ich komme mühleos weiter, bleibe an dem "immer" hängen.
"für immer" lauschen, so wie im trivialen schlager ? nö mag ich nicht so.

aber "weiter lauschen" - das gefiele mir (weil die bewegung des wassers ja unweigerlich weiter will.)

Er weiß, er kann den Gang der Welt nicht wenden.
Das Jahr vergeht, sein altes Sein muss enden -
dem Wandel bleibt Lebendiges geweiht.

die letzte zeile kommt mir irgendwie verdreht vor.
ich weiß schon: das lebendige bleibt dem wandel geweiht - wenn es so dortstünde, könnte das gedicht mühelos ausfließen.
so aber bildet sich noch mal ein keliner gedanklicher rückstau...

Lebendiges bleibt Wandlung stes geweiht erschiene mir geradliniger.

ich vermute, dir gefällt wahrscheinlich der wandel trotzdem besser.



entschuldige bitte, dass ich hier nicht in emotionen schwelge beim lesen deiner sonette:
sie rufen diese durchaus hervor - aber wenn ich mit dem "werkstattblick" unterwegs bin, lasse ich mich davon nicht so sehr tangieren.

ich übernehme jetzt hier das dran herumschrauben - träumen dürfen dafür alle anderen, die es lesen! ;)

in der arbeitsmontur,
larin

Erich Kykal
12.07.2012, 09:52
Hi, larin!

Das "wie" vor "Sterbende" ist sprachmelodisch notwendig, weil selbige sonst dort abbräche.

Ein paar "sich" stören mich nicht, es mag hier grenzwertig sein, aber noch nicht zuviel.

Das "weiter" statt des "immer" aber übernehme ich gerne - das passt weicher und flüssiger in den Satz! Vielen Dank dafür.

"sein altes Sein" wäre mir schon zu direkt - die Anspielung soll versteckter sein, sich nicht sofort erschließen, mehrdeutig bleiben.

Auch die Struktur der letzten Zeile ist dem Sprachfluss, der Satzmelodie geschuldet: Anfangs stark betont und dann ausklingend.

Vielen Dank für deine Gedanken!

LG, eKy

a.c.larin
12.07.2012, 10:30
war'n ja auch nur so allerhand denkanstöße - und dass du davon auch mal was brauchen kannst, freut mich! :)

lg, larin

Erich Kykal
14.07.2012, 10:14
Freut mich, wenn's dich freut, liebe larin!;):D
.....................

He, Leute - es gibt Neues hier!

Warum schreibt kaum einer mal was!? Schluchz....:(

LG, eKy

a.c.larin
14.07.2012, 11:31
vielen dank für das "kaum einer"! :p

wie viel in kg muss ich denn auf die waage bringen, damit du mich als eine person wahrnimmst?

sag bloß, du langweilst dich mit mir......?

auch schluchz! :(
larin

Erich Kykal
14.07.2012, 11:54
Das machst du zufleiß, oder?:mad::rolleyes:

Aber weil du ein Mädel bist, will ich es gern erklären: "Kaum einer" bezieht sich auf die gesamte Menge der Kommentatoren hier - da bist du Gute, du treue Seele ja schon mit drin!;)

Ätschibätschi, ausgeschmiert!:p

LG, eKy:D

a.c.larin
15.07.2012, 07:17
Das machst du zufleiß, oder?

nö - so boshaft kann nicht mal ich sein! :p

a.c.larin
19.07.2012, 10:38
hi erich,
da bin ich mal wieder...

44 - DIE GEBURT DER VENUS (Sandro Botticelli, 1486) http://www.paintinghere.com/painting...Venus_871.html

So unberührt entsteigt, weiß wie Damast,
sie ihrem Ozean, so sehr Erscheinung,
dass man beschämt verwirft, was sich an Meinung
dran sammelte und doch ihr Bild nicht fasst.

Und stünde sie allein in ihrem Rahmen,
es machte merklich keinen Unterschied,
da alle Welt doch nur die Mitte sieht
und ihr Versprechen an die Zeit: Den Samen,

der Ewigkeit dem Endlichen verheißt,
drin wir versinken mit dem Gang der Jahre,
und nur in diesem goldnen Schwung der Haare

lebt jene Sehnsucht, die uns tief berührt.
So bleibt der Zauber, den man um sie spürt,
die eine Gunst, die uns der Tod erweist.


wunderbar in szene gesetzt, hier kann ich kaum wo einhaken!

einzig das gedoppelte "so" im ersten quartett hat mich überlegen lassen.
nach einigem lesen komm ich aber doch auf den schluss: was anderes passt hier einfach nicht!
ich würde davor aber einen gedankenstrich setzen - man braucht nämlich eine merkliche pause beim lesen, um platz zu haben für den neuen gedanken, der darauf folgt.

So unberührt entsteigt, weiß wie Damast,
sie ihrem Ozean - so sehr Erscheinung,.....

aus demselben grund wäre mir auch ein punkt lieber nach "Gang der Jahre".
aus dem darauffolgenden "und" könnte dann ein "denn" werden.

drin wir versinken mit dem Gang der Jahre .
Denn nur in diesem goldnen Schwung der Haare....

wie immer bei deinen gedichten: sprachlich hochstehend, engmaschig verdichtet und verflochten!


und grad fällt mir rade noch was ein-
es könnte auch heißen:

So ungerührt entsteigt, weiß wie Damast......

na, jetzt hast du wieder was zum begrübeln! ;)

lg, larin

Erich Kykal
19.07.2012, 15:40
Hi, larin!

Das "unberührt" soll ja auch auf ihre Unschuld - zu diesem Zeitpunkt ihrer Geburt - hinweisen. Das "ungerührt" klingt eher, als wäre sie emotional unbeteiligt.

Die beiden "so" stören mich nicht - sie bedingen einander eher, wie in einer Aufzählung.

Mit dem Punkt hinter "Gang der Jahre" hast du grundsätzlich recht, indes, der Konsonantenprall "denn-nur" schlüge mir an nämlicher Stelle eine deutliche Kerbe in den Fluss der Sprachmelodie. Was das angeht, bin ich relativ wenig kompromisswillig. Auch finde ich es insgesamt angenehmer, wenn der Satz dort weitergeführt wird, frag mich nicht wieso...

Sorry, diesmal nix für mich dabei (obwohl die Tipps gut und richtig sind - da schlägt eher der persönliche Gusto zu).

Dennoch danke für die Mühen! Ich weiß das zu schätzen!

LG, eKy

a.c.larin
19.07.2012, 17:00
Für mich sieht diese Venus auch ein bisschen ungerührt aus - wie alle diese antiken Statuetten - aber ich weiß schon: Du wolltest das Jungfräuliche hervorheben.

Diesmal also kein Treffer?
Na gut, ich versuchs weiter......;)

Unerschrocken, larin

Erich Kykal
24.07.2012, 21:05
Hi, Leutz!

Es gibt wieder Neues hier - aber nicht mehr lang! Noch 4 Sonette, dann ist Sense. Mit Sonett Nr. 50 wird der Zyklus enden.

LG, eKy

a.c.larin
30.07.2012, 06:35
so - noch mal ran an die arbeit!

46 - WALDPFAD MIT FARNEN (Isaak Levitan, 1895) http://www.museumsyndicate.com/item.php?item=3641

Und wär nur eins der abertausend Grüne
in diesem Walde mein, nur mein allein -
ich malte wieder diesem Bild es ein,
darin es fehlte dieser großen Bühne

der schönsten Augenblicke meines Seins.
Wie war ich dort zu Hause alle Tage,
fernab der Menschen Ungemach und Plage,
und war wie alle Grüne - und doch keins.

Zutiefst erlebtes, tröstliches Verträumen
geborgter Zeit in diesem kühlen Raum
des Dämmerschattenspiels von hohen Bäumen.

Wie geh ich auf in dieser Offenbarung:
Ist es noch Wirklichkeit, ist es schon Traum?
Verlass mich nie, oh köstliche Erfahrung!


hab nur wenig zu bemeckern - höchstens auf ein paar kleinigkeiten hinzuweisen, z.b. in str. 1:

Und wär nur eins der abertausend Grüne
in diesem Walde mein, nur mein allein -
ich malte wieder diesem Bild es ein,
darin es fehlte dieser großen Bühne


da könnte eines von beiden vielleicht ein "jenes" werden?

und die interpunktion an folgender stelle lässt mich auch ein wenig grübeln:


.....
Wie war ich dort zu Hause alle Tage,
fernab der Menschen Ungemach und Plage,
und war wie alle Grüne - und doch keins____

(Wär da nicht ein Rufezeichen angebrachter? Andererseits steht das folgende terzett ohne Verb da - deshlab plädiere ich doch eher für einen Doppelpunkt, dafür das Rufezeichen ganz am Ende des Sinnbogens:


Wie war ich dort zu Hause alle Tage,
fernab der Menschen Ungemach und Plage,
und war wie alle Grüne - und doch keins:

Zutiefst erlebtes, tröstliches Verträumen
geborgter Zeit in diesem kühlen Raum
des Dämmerschattenspiels von hohen Bäumen!


das wärs aber dann schon. weitere "haare in der suppe" kann ich nicht finden - deine gedichte sind dazu einfach zu gediegen konzipiert.

nur noch ein wort zum bild: mir persönlich ist das viel zu einheitsgrün!
da ist mir ja ein teller spinat noch lieber! :p

aber als sprechvorlage für eliza doolittle könnte es ja gepasst habe: es grünt so grün..... :D

nun musst du dich ein wenig gedulden - denn ich fahre (nein, nicht in grüne, sondern): ins blaue!

lg, larin

Erich Kykal
30.07.2012, 09:49
Hi, Larin!

Vielen Dank für deinen Kommi!
Wegen des "diesem/dieser" in S1 habe ich auch überlegt, aber das "jenem" oder "jener" klingt in der Satzmelodie ncht so gut, hemmt eher den von mir so über alles geschätzen Fluss.
Da in Z3 das "diesem" nicht so stark betont ist wie das folgende "Bild", und da man in Z4 ja das "großen" betont und das "dieser" davor unbetont ist, dachte ich mir, dass es im Vortrag eigentlich gar nicht auffällt.
Ganz glücklich bin ich nicht damit - Perfektionist eben - und ich werde darüber noch nachgrübeln.

Mit Satzzeichen sollte man sparsam sein, vor allem mit Doppelpunkten und Rufzeichen. Das " - und doch keins." wird zudem nicht ausrufend gelesen, eher kontemplativ-nachdenklich-bedauernd. Ein Rufzeichen wäre da fehl am Platze. Der Doppelpunkt machte da eher Sinn, aber ich habe darauf verzichtet, da er für mich immer so etwas Bürokratisches an sich hat, eine Anmutung von Listen oder Definitionen, hemdsärmelig und kleinkariert.
Das ist natürlich eine sehr subjektive Färbung.
Aber da ich weiter unten ohnehin schon einen Doppelpunkt habe, wollte ich damit nicht inflationär umgehen. Dasselbe gilt für ein mögliches Rufzeichen nach "Bäumen".

Zum Bild selber: Genau dieses "grüne" Licht, dieses Ton-in-Ton-Glühen kenne ich von meinen ausgedehnten Waldwanderungen. In bestimmtem Licht erscheint es genauso wie hier gemalt, wenn das Laubdach dicht genug ist - eine grüne Dämmerwelt, kühl, fast höhlenartig. In Laub- und Auwäldern kann man diese Stimmung zuweilen erleben. Ich finde es sehr treffend gemalt, fühlte mich sofort in diesem Bild zuhause!

LG, eKy

a.c.larin
30.07.2012, 21:30
also in natura würde mir das grün-in grün- halbdunkel wohl sehr viel besser gefallen -
doch auf dem bild suche ich immer verzweifelt nach einem andersfarbigen kontrastpunkt, irgendetwas, auf das ich mein augenmerk richten kann.

wenn da wo ein goldkettchen läge oder ein halboffner liebesbrief, ein linker schuh oder ein krummer dolch.......

das gäbe mir gedankenfutter! :D

Erich Kykal
31.07.2012, 13:32
Ich bin da anders: Jedes solche Artefakt würde die Reinheit der Szenerie in meinen Augen verderben, ja - verseuchen. Natur, möglichst ohne Hinweise auf menschliche "Zivilisation" - mehr "Futter" braucht meine Seele nicht...:)

LG, eKy

Erich Kykal
05.08.2012, 11:22
DER ZYKLUS IST FERTIG!

Besonderen Dank an Falderwald und Dana für viel Hilfe in jeglicher Hinsicht.
Ebenso an a.c.larin, weil sie nie müde wurde, mich schwer zu Überzeugenden zu kommentieren.
Dank auch an GinTon, der mir freundlich und unaufgefordert half, als ich noch nicht verlinken konnte.
Und Dank an alle, die freundliche Worte und Aufmunterung für mich übrig hatten!

LG, eKy

a.c.larin
07.08.2012, 20:59
und weil frauen angeblich gerne das letzte wort haben wollen - hier ist meines - und zwar zu diesem bild:

47 - AM STRAND (Winslow Homer, 1875) ---> zum Bild

Noch einmal Knabe sein und nichts zu wissen,
als tagzuträumen vor dem Horizonte,
der endlos schien und alles werden konnte,
so wie man selber auch. Ach, wie vermissen

wir jene ungebundnen, freien Stunden
mit guten Freunden in des Sommers Licht.
Was haben wir an großer Zukunft nicht
uns damals vorgestellt, verloren und gefunden.

Noch einmal Kind sein und die Zeit vergessen,
die uns veränderte und so bezwang.
Wem solch ein lichter Augenblick gelang,

vermag allein die Wehmut zu ermessen,
die manchem vor dem Bilde widerklang,
in dem drei Knaben auf dem Stein gesessen.

da ich gerade vom strandurlaub zurückgekommen bin, kann ich nur eines sagen: das gedicht ist perfekt!
genau so fühlt es sich an, genau so kann man empfinden, genau so bin auch ich dort gesessen ( nur, ohne großen hut und ohne lange hemdsärmel - und natürlich hab ich mir auch nicht gewünscht, noch mal ein kleiner junge zu sein....:p).
der blick in die schier endlose weite des meeres - der hat etwas überaus entspannendes, träumerisches....
und wenn man dann auch noch ein bisschen was erfahren hat über die geschichte dieses meeres, über die geologische vergangenheit des bodens, den man da beschreitet und die unglaublich langen zeiträume bedenkt, die der ozean schon zeit hatte, um das land zu formen.....

egal wie groß oder alt wir auch werden: vor dem ozean bleiben wir alle klein.

schönes bild, wunderbares gedicht! danke!
ich träume noch weiter......:):):)

lg, larin

Erich Kykal
08.08.2012, 19:11
Hi, Larin!

Gerne ließe ich dir das letzte Wort, indes, es wäre unhöflich, einen so netten Kommi nicht zu beantworten!
(Das tröstet, nachdem einer bei YouTube mein Gedicht "An eine namenlose Hure" unter anderen beleidigenden Frechheiten als "pathetischen Schwachsinn" bezeichnet hat - die Pest über diesen unreifen "Ahab"!!!)
Vielen Dank also für dein "Träumen"!

LG, eKy

Falderwald
24.08.2012, 21:50
Servus Erich,

ich denke, hier wird man immer wieder gerne fündig. :)

Ich sollte mir wohl langsam eine Liste anlegen, um einen Überblick zu erhalten, welches Sonett ich schon kommentiert habe...;)

Nun gut, diesmal habe ich mir Sonett Nr. 13 ausgesucht, also "Bäume und Unterholz", vom gleichnamigen Bild des Malers Vincent van Gogh inspiriert.

Von ferne dringt der Lichtung zartes Glühen
an die Verborgenheit der schwarzen Erde,
als werfe sie ein selbstbewusstes Mühen
ins grüne Dunkel, dass es heller werde.

Ich finde die Stimmung des Lichtes hier sehr schön eingefangen.
Die kleine Lichtung im Zentrum des Bildes ist tatsächlich die am hellsten erleuchtete Fläche.
Der Blick aus dem dunklen, belaubten Wald, wo kein Sonnenstrahl den Boden trifft, ist sehr treffend in diesem ersten Quartett dargestellt.

Einzige Anmerkung: Ein "un"bewusstes Mühen wäre mir aus philosophischer Sicht lieber gewesen, weil es die Objektivität unterstrichen hätte, die etwas verloren geht, weil das "Selbst"bewusste Mühen dem beschriebenen Ding m. E. eine menschliche Eigenschaft verleiht.
Aber das ist wirklich nur ganz am Rande erwähnt und soll jetzt nicht in eine Diskussion ausarten. ;)

In ranken Garben drängen junge Gerten
in unerklärter Sehnsucht nach dem Himmel,
und wie ein Traumgebilde wilder Gärten
trägt stille Lebensgier das Blattgewimmel.

Auch diese Quartett ist sehr stimmig zum Bild gestaltet.
Es gibt tatsächlich keine dickeren Stämme dort, fast alles junge Bäume die in gegenseitiger Konkurrenz Ast- und Zweigwerk zum Licht heben wollen.
Auch die "un"erklärte Sehnsucht ist hier genau richtig (s.o.), ein kleiner eigener Kosmos, in dem diese Lebewesen nach der für sie wichtigen Energie des Lebens streben.

In zarten Zweigen atmet ein Gewicht,
als ob sie wispernd ein Geheimnis wüssten,
das sie der Sonne einst verraten müssten.

Das erste Terzett ist eine sehr schöne Einleitung zur Interpretation dieses Bildes.
Bleiben die beiden Quartette noch beschreibend und die Stimmung einfangend, taucht hier zum ersten Mal die Idee auf, die ein Gedicht ausmacht.
Hier ist es das Geheimnis der Zweige, deren Laub im Wind raschelt, was sich anhört wie ein Wispern, als wollten sie sich der Sonne mitteilen.

Noch tun sie's nicht und hüllen sich in Schweigen,
und doch kommt manchmal über sie ein Licht,
als dürften sie's in Schattenspielen zeigen.

Das ist ein wunderbarer Abschluss, denn sie dürfen ihr Geheimnis nicht verraten, zumindest nicht an den, der ihre einzige Sprache, nämlich die Schattenspiele im Licht nicht verstehen kann.

Das rundet den Gesamteindruck dieses Gedichtes sehr elegant ab und gibt ihm etwas Traumhaftes mit. Eben so, wie es einem Betrachter einer solchen Szene in einem schönen Tagtraum ergehen könnte.

Auf die Form brauchen wir hier nicht näher einzugehen.
Ein lupenreines Sonett ist es durch das verwendete Reimschema natürlich nicht, aber ich akzeptiere deine im Vorwort erklärende Einstellung diesbezüglich und kann darin auch bei dieser Menge von Sonetten keinen Widerspruch entdecken.
Diese Stimmungen muss man erst einmal einfangen und da sind Abweichungen von der Norm auch eine interessante Abwechslung, die auch klanglich halten, was sie versprechen.

Das hat mir gut gefallen, eines schönes und passendes Gedicht für diese wunderbare Bild. :)


Gerne gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Erich Kykal
24.08.2012, 23:59
Hi, Faldi!

Wie schön, dass du dich wieder hier umschaust. Und bei solch einem Kommi kann man schon mal gar nicht meckern - vielen Dank für die Blumen!!!

Um ehrlich zu sein: Ich kannte, als ich den Zyklus begann, fast nur Rilkesonette, und der hielt sich auch nicht an die Regeln bezüglich Reimschema. Ich kannte es nicht anders. Bei den ersten 20 Sonetten war es also tatsächlich Zufall, ob ABBA oder ABAB.
Erst dann erfuhr ich von den Sonettregeln im engeren Sinne, und die restlichen Sonette ließ ich dann auch dem Schema ABBA folgen. Mich in den Vier- und Dreizeilern auf jeweils 2 Reime zu beschränken, habe ich aber nicht dezitiert angestrebt - das hätte meine Sprache in Melodie und Aussagekraft doch zu sehr eingeschränkt. Nur ein- oder zweimal ist mir dies gelungen, soweit ich mich entsinne. Im endgültigen Buch werden die Sonette noch mal gemischt, sodass ein homogenerer Eindruck entsteht und sich die Schemata regelmäßiger abwechseln. Das Vorwort ist bereits für das Buch gedacht und soll meinen kleinen "Lapsus" elegant kaschieren. Nebenbei stehe ich aber auch dazu, denn was einem Rilke recht war, sollte mir billig sein!:D

LG, eKy

Agneta
04.10.2015, 19:43
ein wundervoll poetischer Zyklus, lieber Erich, wo jedes Werk eigentlich eine eigene Bühne, sprich Einstellung bräuchte.
deine Sonette fließen, sie wirken harmonisch und nicht gekünstelt, auch wenn sie gerne poetische Bilder tragen. in der Tat erinnert es an Rilke, was man mir bei meinen auch schon sagte. ( nicht bei Kränzen)darum verwundert es nicht, dass deine Werke voll auf meiner Wellenlänge liegen.:)
ich nehme mir mal das Werk mit Monet und dem Seerosenteich heraus, weil ich auch das Bild sehr mag.
Vornehmlich habe ich auch hier auf die Kadenzen geachtet, an denen ich ja lernen wollte.

9 - SEEROSENTEICH UND BRÜCKE (Claude Monet, 1899) ---> zum Bild

Es reicht der weißen Brücke schlanker Bogen w
von Grün zu Grün, das wirkt wie ungezügelt, w
und gleich der Brücke sich im Teiche spiegelt, w
wo er sich nicht mit noch mehr Grün bezogen. w

Sag, was verbindest du, so luftig schwebend? w
Das Oben mit dem Unten, fern und nah? m
Die Welt mit dem, was dein Erbauer sah?m
Vielleicht auch nichts, dich allen Sinns enthebend? w

Ein Werk aus Menschenhand, das einzig nur m
im Parke sich dazu bekennt, da alles w
sonst nur erscheinen will wie ehrliche Natur.m

So bist du wirklicher im Fall des Falles,w
und ziehst im Bilde eine zarte Spur m
von Wahrheit durch die Welt des Widerhalles.w

Ich sehe hier auch bei dir keine durchgängige Regelmässigkeit der Kadenzen. Irgendwie kommt mir das wie meines vor :) Korrigier mich bitte, sollte ich es falsch sehen.
Nicht, dass ich es schlimm fände, doch da es bei mir anmerktest...

Auch in den Terzetten ist keine Regelmässigkeit der Kadenz im Sinne von Gleichförmigkeit. es sind zwar je 3, aber nicht im selben Muster.mwm/wmw

was ich gut finde, ist, dass hier die Terzette auch wirklich 3 fach reimen. Darum bemühe ich mich beim franz. Sonett immer.
Bei Kränzen ist es eigentlich schwer möglich, darum nimmt man da ja engl. Sonette.
Vielleicht reden wir auch irgendwie aneinander vorbei?

Jedenfalls Glückwunsch zu diesem tollen Zyklus, Kadenz hin oder her:Blume::Herz:
LG und Schmunzeln von Agneta

Erich Kykal
05.10.2015, 17:00
Hi, Agneta!

Diesen Sonettzyklus habe ich damals als allerersten gemacht, als ich anfing, Sonette zu schreiben.

Ich ging ziemlich blauäugig an die Sache heran, achtete - wie du feststelltest - noch nicht auf Kadenzen und reimte auch nicht umfassend in den Quartetten (ABAB statt ABBA).
Etwa in der Mitte (nach gut 20 Sonetten) machte ich mich erst schlau - und stellte fest, dass ich einiges noch nicht gewusst hatte.
Der Rest folgte dann den "französischen" Regeln. Auf die Kadenzen achtete ich erst später, das hatte ich da auch noch irgendwie verpasst. Mittlerweile ignoriere ich zuweilen das Gebot weiblicher Kadenzen bewusst.
Damit es nicht so auffiel, mischte ich die Sonette für die Buchausgabe und behauptete, ich hätte das Reimschema - modern und rebellisch - absichtlich variiert.
Heute kann ich drüber lächeln - jaja, die kleinen Eitelkeiten!:D:rolleyes:

Wie gesagt, auch ich schätze die Abwechslung und experimentiere, ich habe ein paar vierhebige Sonette, ein paar sechshebige auch, wenn ich mich recht erinnere, welche mit nur männlichen Kadenzen, welche mit Kreuzreim, welche mit Paarreim am Schluss (für Puristen eine Todsünde!) und solche, die mit nur 2 oder drei Reimen auskommen (auf die bin ich immer besonders stolz!).

Die meisten (wenn man das Gesamtwerk all meiner Sonette betrachtet) aber halten sich an die klassischen Vorgaben.

Ich wollte mit meinen Kommis zu deiner Kette ja auch keine Doktrin etablieren, mir schien nur, dass du gewisse Datails noch nicht wissen könntest, also sprach ich sie an. Ob du es künftig so machen willst oder nicht, ist deine Sache allein und ficht mich nicht an.:)

Vielen Dank für die lobenden Worte!:Blume:

LG, eKy

Lailany
08.10.2015, 04:03
Hi Eky,
wenn mich nach edler Poesie dürstet, weiß ich ja, wo ich hinzugehen hab. Ohne suchen zu müssen, ohne Umwege - schnurstracks.
Und hier in diesem Zyklus durfte ich mich in Schönheit pur fallen lassen... hab mich darin lange und wohlig ge(kyk)aalt, bin noch immer nicht ganz durch, ein paar Pralinen möcht ich mir noch aufsparen.
Dennoch möcht ich noch im Banne des eben Gelesenen meinen Senf hierherkleckern.
Deine lyrischen Betrachtungen treffen meinen Geschmack um so vieles besser als die Bilder an sich.
ZB die "roten Pferde".... Deine Worte fangen die kraftvolle Eleganz dieser edlen Geschöpfe superb ein, während das Bild sie doch reichlich plump erscheinen lässt.
Bisher hab ich 2 Lieblingstexte:
Der erste gehört den "Booten am Strand".
Auch das Gemälde ist eins meiner Favs, die kräftigen Farben und Pinselstriche bekommen durch deine Worte eine romantische Weichheit und
vervollkommnen die Betrachtung des Malers.

So... und jetzt bekomm ich Besuch.
Werd später hier weiterschreiben.

Bis dahin lG ins Granitviertel von
Lai:Blume:

Erich Kykal
08.10.2015, 16:04
Hi, Lai!

Vielen Dank für den Dichterlorbeer - hoffentlich verfalle ich nun nicht dem poetischen Cäsarenwahn ... ;):D:Kuss

Die "Pferde" sind von Franz Marc, leider viel zu früh im ersten WK gefallen. Ich finde sie schön und sehr gut getroffen, auf seine expressionistische Art eben!

Die Boote sind ein Motiv von van Gogh, meinem erklärten Lieblingsmaler (neben Klimt, Marc und einigen Impressionisten).

LG, eKy

charis
18.10.2015, 10:44
Lieber Eky,

Chapeau!!

Das waren deine ersten Sonette? Ich glaubs nicht, dafür würde ich wohl mein restliches Leben brauchen.

Der "Badezuber" gefällt mir bis jetzt am besten (obwohl die Zehen der Dame sind echt hässlich und hätten mir fast deine schönen Betrachtung verdorben ;).

Ich werde diese Gedichte noch viel viel öfter und genießerisch in kleinen Häppchen lesen.

Danke!
Lieben Gruß
charis

Erich Kykal
21.10.2015, 20:01
Hi, Charis!

Vielen Dank für deine Begeisterung! Nicht meine "ganz" ersten Sonette, aber sicher gehören sie zu den ganz frühen! Da wusste ich noch nicht mal um die wichtigsten Regeln, kannte nur das Aufteilungsschema in 2 Quartette und 2 Terzette und dachte, das wäre schon alles, was es dazu zu wissen gäbe!:rolleyes::o

Erst mittendrin machte mich jemand aufmerksam, und ich las mich schlau. Der Rest der Sonette folgt dann schon eher den Regeln, zB die umarmenden Reime in den Quartetten.


Die Zehen des Mädchens finde ich gar nicht hässlich, wenn man ihre Position bedenkt: So vorgebeugt muss sie den Vorderfuß besonders stark belasten, um im Gleichgewicht zu bleiben, was die Zehen stark komprimieren oder spreizen muss. Eingedenk dieser anatomischen Details finde ich ihre Füße sogar überraschend wohlproportioniert.


Diese Sonette (nebst anderen) gibt es übrigens auch als Bücher zu kaufen. Informiere dich hier im Faden meines Namens.;):Kuss

LG, eKy

juli
27.10.2015, 20:07
Das ist mein Lieblingbild von van Gogh. Deine Gedanken zu dem Bild lassen es in einem neuen Licht erstrahlen. Es hat so etwas Wildes, es zeigt das Universum in einem neuem Blickwinkel. Ich bin von Kindheit auf an, ein Fan vom Nachthimmel. Ein Dach wurde dazu benutzt, dem Sternenhimmel näher zu sein. Ein Fernrohr machte das Gucken zu einem Abenteuer. Alleine schon wegen diesem Gedicht lohnt sich mein Kommen. Viele Bilder kenne ich nicht, aber die Idee, und deine Kreativität machen Lust zu schauen, zu lesen. Ich werde sehr gerne hier zurück kehren, um zu Lesen und um zu Staunen.

Sind dies die letzten Spuren eines Falls
von tausend Engeln aus dem Wirbelstrome
des mondenmächtigen, tiefblauen Alls
hinunter in das Schattenreich der Dome?

Ist dies der Schmelz der ungezähmten Lichter,
die über dunkelnden Gefilden stehn,
ein Widerschein vom Sein erlöster Dichter,
die nach dem Tode durch die Himmel gehn?

Dies alles nicht? Wer kann dich so ertragen,
du seltsam losgelöstes Firmament?
Wer mag dich übertreiben, wer es wagen,

zu träumen von den Farben der Magie?
Wo ist die Seele, die sich in dir wiederkennt
und dich im Traum erwartet, vis-a-vis?


Sehr sehr gerne gelesen, wenn mich die Sehnsucht nach Bildern und Lyrik pakt, kehre ich hier hin zurück!:Blume::Blume::Blume:

Liebe Grüße, es ist Nacht, sy

Erich Kykal
01.11.2015, 09:40
Hi, Sy!

Vielen Dank fürs Reinschauen! Komm sooft du magst!:):Kuss

Ich persönlich favorisiere andere Bilder Van Goghs, aber seine "Strömungen der himmlischen Gezeiten", wie ich die Wirbel gern umschreibe, haben etwas Hypnotisches, Verstörendes an sich, das seine Kraft wie sein Leiden gleichermaßen zum Ausdruck bringt!

LG, eKy

juli
22.03.2016, 10:25
Lieber eKy,

Das Gedicht gefällt mir, weil es melancholisch ist, auch mag ich das Meer und den Strand.

47 - AM STRAND (Winslow Homer, 1875)

Das Bild, hier sieht man drei Jungen, die am Strand liegen. Sie lassen den Tag eine guten Tag sein. Die Segelschiffe ziehen auf dem Meer ihren Bahnen, der Sand ist hell und feinkörnig, er lädt dazu ein, ihn zwischen den Fingern rieseln zu lassen. Die Strohhüte schützen vor einem Sonnenbrand und sehen fröhlich aus. Es ist eine Zeit der Unbeschwertheit, das Dasein hat einen liebenswerten Grund.

Das Sonett, erinnert an die Kindheit, und wenn man erwachsen ist, weiß man, wie unbeschwert es an einem Strand sein kann. Doch das Rad der Zeit läßt sich nicht zurückdrehen, die Lebensgeschichte schreitet unerbittlich weiter. Doch das hoffnungfrohe Bild am Strand erinnert an die schönen Tage der Kindheit. Auch vielleicht an die Freundschaft, die die drei teilen.

Beides zusammen, ist sehr harmonisch. Es macht Lust darauf wieder ans Meer zu fahren, die Sonne genießen, an die Kindheit denken, und die Segelschiffe aud der Ostsee zu bestaunen.

Ich habe hier sehr gerne geblättert und gelesen.:):Blume: *SONNENSMILEY*

Liebe Grüße sy


:Blume::Blume::Blume:

Erich Kykal
23.03.2016, 15:18
Hi, Sy!

Was ist schöner als ein sonniger Tag am Meer oder in den Bergen?:) In meinen Kindheitserinnerungen kommt das Meer leider nicht vor, aber ich kann die Sehnsucht nachvollziehen ...

Vielen Dank, dass du dich auch mal der "älteren" Materie widmest!:Kuss

LG, eKy

juli
21.06.2016, 11:31
Hallo eKy

Da ist es ja, ich habe das Bild von van Gogh gefunden, das andere ist ja bei "Lautere Lyrik".:)

13 - BÄUME UND UNTERHOLZ (Vincent van Gogh, 1887)

Das Bild, zeigt ein Waldbild. Es ist mit vielen Grüntönen gemalt. Das Helle sind gelbe Blätter und wilde gelbe Butterblumen, besonders im Hintergrund. Es ist wild, wie der Wald, unsprünglich und der mensch hatte noch nicht seine Finger im Spiel. Das Dickicht wirkt beschützend, besonders weil sich die gelben Blumen darin befinden. Sie locken ein zum Pflücken, doch ich pflücke sie nicht, sie sind zu schön. Wer bewohnt dieses schöne fleckchen Erde, der Igel, der Hase, das Kanichen oder der Fuchs? Sicher fliegen hier auch viele Schmetterlinge. Hier wurde ein sehr schönes Fleckchen Erde gemalt!

Dein Sonett, beschreibt das Geheimnisvolle des Waldes. Wie alles aus schwarzer Erde wächst, es beschreibt die Wunder dieser Erde und besonders diesen Fleck. Es spricht für sich...Besonders finde ich deine Beschreibung wie der Wald und wie das Licht, die Sonne sich verbinden.:):Blume:

Beides zusammen, ergänzt sich und bereichert sich, ich mag Naturbilder und deren Gedichte.


15 - UNTERHOLZ MIT EFEU (Vincent van Gogh, 1889)

Das Bild, auch hier ist ein Wald gemalt, aber die Anteile des Malers ein Bild zu verfremden nehmen zu. Es ist ein emotionales Bild. Die Pinselstriche sind breiter, gefächert, sie setzen aus vielen Einzelbewegungen, abgehakten Strichen ein Wunder in Szene. Die Farben sind kontrastreicher, Grünweiß, Schwarzgrün, Blaulila. Es bewegt sich. Im Hintergrund ahnt man eine weiße Blumenwiese, auch zwischen den Bäumen ahnt man Buschwindröschen. Der Boden sieht eher so aus wie ein Blumenmeer. :Blume:

Dein Sonett, es beschreibt den Wald und begeistert! Man kann teilhaben an dem Wunder und er Stille. Besonders gefällt mir das Ende: ich lebe! Das Gedicht finde ich klasse!:Kuss

Beides zusammen, ich wiederhole mich gerne, du beschreibst hier wie man in diesem Waldbild spaziergehen kann. Mir gelingt es in diesem "wilden" Bild einen anderen Sinn zu finden. Ich habe ja die Buschwindröschen gesehen....Aber der Titel des Bildes ist ja auch: Unterholz mit Efeu. Das betrachten eines Bildes und eines Gedichtes hängt immer mit der Verfassung des Anschauenden zusammen.Hier gefällt mir dein Gedicht viel besser als das Bild. Aber du hast ja Beides vereint, so ändert sich mein Schauen und ich bekomme einen anderen Blickwinkel.:rolleyes::):Blume:

Liebe Grüße, heute ist Sonnenwende sy

Erich Kykal
21.06.2016, 13:44
Hi Sy!

Schön, dass du sie gefunden hast, es sind 2 meiner Lieblingsbilder von van Gogh.

Das Unterholzbild (Pariser Zeit) zeigt für mich weniger Blumen als vielmehr eine lichtere Stelle im Hintergrund, die von Sonnenlicht geflutet wird, während der Vordergrund im Schatten liegt, weil das junge Gehölz hier dichter steht.

Das Efeubild hat er im Sanatoriumsgarten von Saint Rémy gemalt, wo er sich kurz vor seinem Selbstmord eingewiesen hatte, nachdem er sich in Arles das Ohrläppchen abgeschnitten hatte.

Vielleicht kennst du die wichtigsten Stationen seines nur knapp 10 Jahre andauernden, aber sehr intensiven Schaffens:

Nuenen (1880-1885), Paris (1886-1887), Arles (1888-1889), Saint-Rémy (Sanatorium) (1889-1890), Auvers-sur-Oise (1890), wo er sich auch erschoss.

Entsprechend der Dynamik der Abwärtsspirale wurden seine Aufenthalte an einem Orte immer kürzer ...

LG, eKy