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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Der alte Mann


Dana
19.03.2009, 22:38
Geh Tag um Tag zweimal
die immer gleiche Strecke,
vom Parkplatz zum Büro,
es liegt gleich um die Ecke.

Seit Jahren ist es so,
kein Grund dies festzuhalten,
gäbe es nicht das Haus,
das Fenster und den Alten.

Des Morgens liest er Zeitung,
auch das ist ganz banal,
doch abends schaut er raus
und grüßt mich jedes Mal.

Ich würd so gerne fragen:
"Wie war der Tag für Sie?"
Sein Fenster bleibt geschlossen
und draußen war er nie.

Und heut stand da der Wagen,
mein Herzschlag setzte aus.
So ging ich abends traurig
und ohne Gruß nach Haus.

Panzerknacker
20.03.2009, 07:52
Hallo Dana,
bei deinen Zeilen stellt sich mir die Frage:

Welche Farbe hatte das Auto?

Du hast deine kleine Geschichte ganz toll zu "Papier" gebracht. Für mich eigentlich schade dass sie so kurz war.
Hab sie gerne gelesen, der Michael

Dana
23.03.2009, 20:07
Lieber Knacki,
mein lyr.Ich kannte den Mann ja nicht. Es hat ihn nur täglich gesehen und dadurch ist eben diese besondere Beziehung entstanden.
Zu berichten gibt es nichts, die beiden haben nie ein Wort gewechselt.
Der Wagen war silbergrau mit schwarzem Dach.:(
Ich danke dir.
Liebe Grüße
Dana

a.c.larin
23.03.2009, 20:48
oh dana,

wie liebevoll du berichtest, in knappen zeilen, zwischen denen so viel schwingt!
man spürt, wie sehr du diesen alten mann in dein herz geschlossen hattest. es sind ja oft die kleinigkeiten, die unser leben bereichern, still und unbemerkt schmücken sie unsere tage aus:
ein zartes lächeln , ein händedruck, eine katze, die um das bein streicht, blumen , die irgendwo blühen, wo es keiner vermutet hättet,
ein sonnenstrahl, der unvermittelt durch die wolken leuchtet...
all diese kleinen boten der liebe in der welt....

und wenn sie plötzlich fehlen, dann erschrecken wir, weil uns bewusst wird:
all diese kleinigkeiten sind soooo wichtig und niemals, nie sollten wir es verabsäumen, sie einander zu gewähren.....

sehr, sehr, gerne gelesen!
larin

ginTon
23.03.2009, 21:07
hallo liebe dana,

was soll man da sagen..für mich schwingt dort eine Art von Traurigkeit, aber auch Versäumten gleichzeitig mit ein, dh die Monotonie der Dinge die uns jeden Tag begegnen scheinen uns vergessen zu lassen, das sie eines Tages nicht mehr sein können (sagen wir mal dazu alltagstrott) und zumeist wird es uns erst schmerzlich bewusst, wenn dieses kleine Alltagsodem fehlt..diese Aussage zieht sich für mich durch dieses Werk und ich denke ich werde kurz schweigen und sehr schönes werk sagen :)

LG basse

DerKleinePrinz*
23.03.2009, 21:25
http://www.smilies.4-user.de/include/Traurig/smilie_tra_060.gif (http://www.smilies.4-user.de)

Liebe Dana, das Gedicht ist unglaublich traurig. Vor allem kommt das Ende so vollkommen unerwartet und trifft mit voller Wucht. Das ist wirklich eines der bewegensten Gedichte die ich je gelesen habe, wahre Kunst so etwas rüberzubringen.
Nunja, jetzt hast du mir ein paar Tränen in die Augen gezaubert, das passiert sonst eigentlich nie...

Traurige Grüße
Der Kleine Prinz*

Panzerknacker
24.03.2009, 09:36
Hallo Dana,

ich habe eigentlich die Frage deswegen gestellt, weil die plötzliche Abwesenheit für mich nur die Farben weiß (Krankenwagen) oder schwarz (Leichenwagen) zuliesen.

Habe es vielleicht anders gedeutet, der Knacki grüßt dich

Chavali
24.03.2009, 19:16
Liebe Dana,

wie oft lässt uns eine Begebenheit nicht los, man muss immer wieder daran denken.
Hier hat das LI eine Gewohnheit aufgenommen, die ihm lieb geworden ist in all der Zeit.
Plötzlich fehlt sie und dann beginnt man nachzudenken, was sie einem bedeutet hat.

Deine Verse bergen viel Gefühl für den alten Mann.
Wunderbar umgesetzt, die Gedanken an diese Begegnungen.

Lieben Gruß,
katzi

ruhelos
27.03.2009, 14:13
hallo dana,

ich habe dein Gedicht gern gelesen. Es liest sich flüssig und das Reimschema zieht sich sauber durch das ganze Gedicht. Eine traurige Geschichte, die du hier beschreibst. Vielleicht solllte man einfach mal mutig sein und über seinen Schatten springen.

Viele Grüße
ruhelos

Dana
01.04.2009, 19:20
Liebe larin,
solang die Menschen und die Dinge da sind, erfreuen wir uns kurz und vergessen sie wieder. Erst wenn etwas Endgültiges passiert, bekommt man neben dem Trauergefühl noch eines:
"Hätte ich nicht doch etwas sagen, fragen, tun können?"
Du hast sehr einfühlsam interpretiert und verstanden.

Lieber Basti,
ja, wir fühlen danach erschreckt und traurig - und vergessen wieder.
Der Alltag und seine Pflichten vereinnahmen uns, bis uns ein neues Geschehen nachdenklich macht.

Lieber Prinzi,
das nehme ich dir nicht ab - dass dir das mit den Tränen eigentlich nie passiert.;) Deine Kommentare tragen meist sehr viel Gefühl und ich freue mich, dass mein Gedicht diese Sensibilität berührt hat.
Tränen sind etwas Positives.

Lieber Knacki,
bei uns sind die schwarzen Wagen seit ein paar Jahren grau, um nicht so eindeutig zu wirken. Jedoch, wenn man es weiß, wird ihre Bedeutung nicht gemildert. Danke für' nochmalige Melden.

Liebe Katzi,
in der Betrachtung und Nachempfindung sind wir uns sehr einig. Solche und ähnliche (kleine, unbedeutende) Begebenheiten gibt es viele. Manchmal, wenn es sich ergab, sprach ich einige Menschen an und staunte, dass sie umgekehrt genau so registriert haben und sich über ein paar Worte freuten.

Liebe ruhelos,
schau mal, was ich Katzi schrieb. Man sollte es tatsächlich öfter wagen. Damit gibt man etwas, ohne sich zu vergeben und man bekommt so viel zurück.


Euer Mitfühlen und Nachfühlen hat mich in meinem Gedicht bestätigt und erneut berührt.
Ich habe mich über jeden Kommentar sehr gefreut.

Liebe Grüße
Dana

Leier
01.04.2009, 19:31
Liebe Dana,

ich komme einmal mehr (wie so oft ) hinterhergehampelt.

Ich kenne das, was Du beschreibst, aus eigener Erfahrung. Buchstäblich.
Damals bin ich noch Kind gewesen, habe jedoch die Lücke genauso gespürt, wie Du in Deinem anrührenden Gedicht.
Ich hätte es aber nicht so schön bedichten können, wie Du es getan hast.

Lieben Gruß
von
cyparis

Erich Kykal
01.04.2009, 19:53
Hi, Dana!

Wunderbar stimmiges Gedicht über Isolation in der Stadt, Alterseinsamkeit oder selbstgewähltes Schicksal...wie immer man will.
Habe selbst was ähnliches: Der Bettler.


Eins nur:
An deiner Stelle würde ich auf die vielen überflüssigen Apostrophe verzichten. Sie beunruhigen das Schriftbild unnötig.
Ich meine bei:
Geh, raus, würd und heut.
Im gängigen Sprachgebrauch sind diese Verkürzungen schon so verankert, dass man sich das "Stricherl" ruhig schenken kann.

Außerdem:
S2Z2 Komma nach Grund.
S5Z2 Punkt am Ende besser und
S5Z3 (So...)Satz groß beginnen. Die kleine Pause trägt die Stimmung viel eleganter.

Insgesamt sehr gerne gelesen und beklugscheißert!

LG, eKy

Dana
22.04.2009, 21:20
Liebe Cypi und lieber eKy,
ich habe eure Kommentare nicht übersehen - es war purer Zeitmangel, auch wenn ich gleichzeitig aktiv gewesen bin. Zweiundzwanzig Tage sind aber noch nicht so spät, oder?

Herzlichen Dank für eure Zustimmung, Lob und dir eKy für deine Verfeinerungsvorschläge. Habe sie alle gern übernommen, klar, wenn ein Lehrer das sagt.:rolleyes:

Ich finde es bezeichnend, dass viele Ähnliches erleben. Bezeichnender jedoch ist ein weiteres Phänomän: Es geschieht immer wieder und wird erst danach wahrgenommen. Übrigens, nicht nur Traurigkeiten.

Liebe Grüße
Dana

forelle
22.04.2009, 23:26
Hallo Dana,

eine sehr traurige Geschichte. Hat mich sehr berührt. Der alte Mann ging wohl selbst nie raus. Zumindest wohl nicht für dein lyr. Ich sichtbar. Vielleicht ging er während "deiner" Arbeitszeit zum Einkaufen. Gerade weil er wohl sich nicht selbst unter Menschen wagte, ihn niemand einludt. Herausholte. Von beiden Seiten betrachtet - einfach traurig.

Berührt gelesen.

Gruß .. forelle

Dana
25.04.2009, 01:41
Liebe forelle,
deine Betrachtung hat mich wiederum berührt.
Leben werden gelebt und beobachtet. Die Beobachtung geschieht meist nebenher. Erst wenn es vorbei ist, denkt man darüber nach, ob man nicht mehr dabei hätte sein können, weil das andere so trostlos schien.
Ob es so gewesen ist, wird man nie mehr erfahren, höchstens später am eigenen Sein.
Das lyr.Ich weiß nicht, was während seiner Arbeitszeit geschehen ist. Es sah immer nur den alten Mann am Fenster.
Wie hat der alte Mann die Frau/den Mann gesehen?
Warum zeigt sich das Bedürfnis nach "einem Wort" erst dann, wenn es zu spät ist? Hat es mit eigener Scheu zu tun?
Ich weiß es nicht. Ich weiß nach wie vor nur um dieses Gefühl.
Danke für deinen hinterfragenden Kommentar.
Liebe Grüße
Dana

falscher Denker
25.04.2009, 11:16
Hallo liebes Danachen :D



Mir gefällt das Werk. Dem Inhalt und der Ausführung kann ich nur zustimmen. Die Verse sind kurz und klar formuliert. Hier werden Gefühlszuordnungen eher dem Leser überlassen und die Worte selbst dienen erzählend, fast eben wie zurückerinnernd.

Die Geschichte wirkte in meinen Augen zunächst etwas klischeelastig, aber nimm dies nicht als Kritik. Mir ist klar geworden das wir oft Klischees mit alltäglichem verwechseln und es zu diesen abstempeln. Dass wir Menschen begegnen die zu einem Teil unseres alltäglichen Lebens werden, nicht sonderlich erwähnenswert, gar verzichtbar, aber sie sind ein Teil von einem Ganzen. In diesem Falle der Weg zum Büro.

Routine, gepaart mit menschlichem Verständnis ist etwas so wichtiges in unserem Alltag. Wieso sollte da ein älterer Mann am Fenster dan nicht seinen Platz finden? Was steckt hinter dieser Person?

Wir sind nicht allwissend und das ist gut so und wir müssen unsere Kräfte somit auch einteilen. Wie viel investieren wir in Beziehungen, Kontakte, persönliche Dinge, der Arbeit selbst? Etwas Beständiges wie ein morgendlicher Gruß kann da schon sehr beruhigend sein. Denn für beide Betroffenen, wie in diesem Falle, war es sicher etwas Besonderes verpackt in der Routine. Für jeden war es eine Momentaufnahme, die durch ihre Beständigkeit strahlte.

Solange wir mehr über andere wissen wollen, erfahren wir mehr als wir alleine je wissen könnten.

Interessant und gut gelungen. Gerne gelesen und sinniert.


Liebe Grüße


Sebastian, f.D.

Dana
01.05.2009, 19:54
Liebes umsichtiges Denkerlein,:rolleyes:

Wir sind nicht allwissend und das ist gut so und wir müssen unsere Kräfte somit auch einteilen. Wie viel investieren wir in Beziehungen, Kontakte, persönliche Dinge, der Arbeit selbst? Etwas Beständiges wie ein morgendlicher Gruß kann da schon sehr beruhigend sein. Denn für beide Betroffenen, wie in diesem Falle, war es sicher etwas Besonderes verpackt in der Routine. Für jeden war es eine Momentaufnahme, die durch ihre Beständigkeit strahlte.

Das hast du so schön verpackt, dass ich es am liebsten ständig als gedichtzugehörig stehen lassen möchte.

Dass du es zunächst einem Klischee zugeordnet hast, nahm ich als berechtigte Kritik an und wünsche sie sogar. (Du darfst;))
Darum sehe ich die Momentaufnahme vordergründig.
Der Alltag im eigenen Leben wird nicht durch zur Schau gestellte Trauer übertüncht. Dann ist nämlich die Hascherei danach größer als die in den Alltag eingefügte Berührung.

Außerdem schreibst du richtig: Wir sind nicht allwissend. Der alte Mann am Fenster muss kein tristes Dasein geführt haben. Ich war für ihn auch nur eine Momentaufnahme.

Danke für eine schöne Unterhaltung.
Liebe Grüße
Dana